Es scheint in Mode gekommen zu sein, dass Bausparkassen gut verzinste Altverträge kündigen. Immer wieder erhalten wir Zuschriften von Lesern, die das bestätigen. Doch wann darf eine Bausparkasse einen Vertrag überhaupt kündigen?
BGH-Urteil ist eindeutig
Dazu gibt es ein klares Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) vom Februar 2017 (Az.: XI ZR 185/16): Bausparer sollen bei Erreichen der Mindestsparzeit ausreichend Zeit für ihre Entscheidung erhalten, ob sie das Bauspardarlehen in Anspruch nehmen möchten. Die Bedenkzeit sollte laut BGH mindestens zehn Jahre betragen. Das bedeutet: Wenn die Ansparphase gewöhnlich sieben bis zehn Jahre dauert, kann ein Bausparvertrag von Seiten der Bausparkasse frühestens nach 17 Jahren gekündigt werden.
"Diese Frist darf durch eine Klausel nicht weiter verkürzt werden", sagt Niels Nauhauser, Abteilungsleiter Altersvorsorge, Banken und Kredite bei der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg. Hintergrund: Wegen solcher Klauseln hat die Verbraucherzentrale Baden-Württemberg noch zwei Klagen laufen – gegen die LBS Südwest (Az.: XI ZR 474/18) und den Verband der Privaten Bausparkassen (AZ: 15 O 513/16). Deren Klauseln räumen den Kassen ein generelles Recht ein, Bausparverträge nach 15 Jahren Laufzeit zu kündigen.
Klage gegen Badenia erfolgreich
Eine weitere Klage gegen die Deutsche Bausparkasse Badenia wegen einer ähnlichen Klausel haben die Verbraucherschützer gewonnen, da die Badenia die Revision beim BGH im Oktober 2018 zurückzog und das Urteil des Oberlandesgerichts (OLG) Karlsruhe vom Juni 2018 damit rechtskräftig ist (Az.: 17 U 131/17).
Zur Erinnerung: Das OLG Karlsruhe hatte sich dem Urteil des Landgerichts Karlsruhe (Az.: 10 O 509/16) angeschlossen, dass die Kündigungsklausel der Badenia die Verbraucher unangemessen benachteiligt. Die Klausel vereitele den Zweck eines Bausparvertrages, so das OLG Karlsruhe. Mit Rücknahme der Revision darf die Bausparkasse die betreffende Klausel nicht mehr verwenden und sich in bestehenden Verträgen nicht mehr darauf berufen.
Biallo-Tipp
Die LBS Südwest hält an der Revision beim BGH fest. "Wir denken nach wie vor, dass die Klausel durchaus ihre Berechtigung hat", sagt Albrecht Luz, Pressereferent der LBS Südwest. Mittlerweile hat die Bausparkasse ihre Allgemeinen Bedingungen (ABB) in neuen Bausparverträgen angepasst. Ebenso wie der Verband der Privaten Bausparkassen in seinem Musterformular.
"Die aktuell geltenden Musterbedingungen räumen dem Verbraucher vor der Kündigung eines zuteilungsreifen Vertrages deutlich mehr Zeit ein, um zu entscheiden, ob er nun seinen Darlehensanspruch einlösen will oder nicht", sagt Alexander Nothaft, Leiter Kommunikation beim VPB. "Der Verband hat schon zuvor immer wieder betont, dass er eine Vertragsklausel benötige, die es ermögliche, auf unvorhersehbare Situationen durch eine Laufzeitbegrenzung zu reagieren."
Darlehen durch Nachzahlung sichern
Laut Nothaft sei es nie die Absicht gewesen, jemandem den Darlehensanspruch abzuschneiden: "Verbraucher, die innerhalb von 15 Jahren keinen Darlehensanspruch erwerben, weil sie weniger als den vereinbarten Regelsparbeitrag eingezahlt haben, haben bei Anwendung der aktuellen Musterbedingungen die Chance, sich das Darlehen durch Nachzahlung zu sichern."
Die Verbraucherzentrale Baden-Württemberg hat dennoch Bedenken, ob die neuen Bedingungen mit geltendem Recht vereinbar sind. "Wir werden das sorgfältig prüfen, ob wir erneut rechtliche Schritte einleiten", sagt Nauhauser.
Der Bausparkassen-Verband wiederum prüft derzeit, ob er an der Berufung beim Kammergericht Berlin festhält. Allerdings hat auch die Verbraucherzentrale Berufung eingelegt, da es insgesamt um drei Klauseln geht und eine davon das Landgericht Berlin nicht beanstandet hatte.
Der Termin für das Berufungsverfahren in zweiter Instanz ist für den 24. Juni 2020 anvisiert. Wann der Bundesgerichtshof im Fall LBS Südwest ein Urteil fällt, ist noch nicht bekannt.