Der Zahlungsdienstleister Western Union gilt als Marktführer im Bereich Auslandsüberweisungen. Was viele aber nicht wissen: Seit Mai 2022 bietet das Unternehmen auch ein Girokonto fürs Smartphone an. Das Girokonto wartet dabei mit einigen spannenden Extras auf und richtet sich in erster Linie an Verbraucherinnen und Verbraucher, die regelmäßig Geld ins Ausland überweisen. Doch kann das Angebot auch mit den Offerten der Konkurrenz mithalten? Genau darüber haben wir mit Elke Lück, Vice President Central Europe, CEO Western Union Northern Europe GmbH, gesprochen.
Was ist eigentlich ein Mehr- beziehungsweise Multiwährungskonto?
Elke Lück: Ein Multiwährungskonto ist ein Bankkonto, das es dem Nutzer ermöglicht, Geld in mehr als einer Währung zu empfangen, zu bezahlen und zu halten. Der Vorteil liegt zum einen darin, dass die Kontodaten und die Bankverbindung für alle Währungen gleich bleiben. Zum anderen entfallen mögliche Wechselkursschwankungen und Wechselkursgebühren, wenn man etwa Überweisungen direkt in der Zielwährung tätigen kann, ohne dabei die Währung umtauschen zu müssen.
Bei unserem neuen digitalen Multiwährungskonto haben Premium-Mitglieder die Möglichkeit, bis zu fünf Währungskonten einzurichten, für die sie aktuell aus 16 Währungen auswählen können. Damit können sie ihr Geld so aufbewahren und handhaben, wie es für ihre Bedürfnisse am besten passt.
Deutschland ist einer der ersten Märkte, in welchem Sie Ihre neue Banking-App seit diesem Jahr anbieten. Was waren die Beweggründe für Western Union? Zumal Deutschland in Europa nicht gerade als Innovator in Sachen Digitalisierung gilt.
Lück: Ein wichtiger Beweggrund für uns war definitiv die Bedeutung des deutschen Marktes im weltweiten Geldtransfer. Laut Zahlen der Weltbank war Deutschland im vergangenen Jahr mit einem Versendevolumen von 22 Milliarden Euro der fünftgrößte Markt weltweit. Das spiegelt sich auch im Geschäft von Western Union wider.
Zudem wollten wir mit dem neuen Angebot bewusst zunächst in einem wichtigen Sender- und einem wichtigen Empfängermarkt starten, zwischen denen ein großer Korridor besteht, zwischen denen also viele Geldtransfers stattfinden. Wir haben die App daher neben Deutschland zuerst in Rumänien eingeführt, denn Rumänien ist nach der Türkei einer der wichtigsten Korridore für Deutschland. Wir werden das Angebot sukzessive auf weitere wichtige europäische Märkte ausweiten, und das Ziel ist natürlich, über Europa hinauszugehen.
Elke Lück, Vice President Central Europe, CEO Western Union Northern Europe GmbH
Interessant, denn Deutschland gilt nicht unbedingt als Vorreiter in Sachen Digitalisierung.
Lück: Was das Thema Digitalisierung betrifft, besitzt Deutschland sicherlich noch Verbesserungspotenzial. Doch auch hier wird inzwischen ein Drittel der Transaktionen über digitale Kanäle abgewickelt. Der Trend zu digitalen Lösungen hat in Deutschland insbesondere während der Covid-19-Pandemie kräftig an Fahrt gewonnen und wird auch künftig weiter zunehmen.
Was macht das Smartphone-Konto von Western Union so besonders?
Lück: Der unmittelbare Vorteil liegt darin, dass es den Nutzern als integrierte App digitales Banking und internationale Geldtransfers aus einer Hand ermöglicht. Das neue Western-Union-Konto unterscheidet sich von anderen Angeboten auf dem Markt aber auch dadurch, dass es auf dem globalen Netzwerk von Western Union aufbaut, das über Hunderttausende Filialen verfügt und fast jeden Winkel der Welt erreicht. Das bedeutet, dass das neue Angebot in der Lage ist, die digitale und die physische Welt auf eine Weise zu verbinden, die in der Branche einzigartig ist und den Kunden die volle Wahlfreiheit lässt, wie sie ihr Geld senden oder empfangen wollen.
Bietet Western Union auch eigene Sparprodukte?
Lück: Ja, wir bieten Sparkonten an, die verzinst werden. Nutzer mit dem Standard-Abonnement können ein Prozent Zinsen auf Sparkonten bis zu 3.000 Euro erhalten, bei Nutzern mit dem Premium-Abonnement sind es drei Prozent. Zudem bieten wir Zielkonten an, auf denen Nutzer für bestimmte Zwecke sparen und dafür auf einfache Weise Ziele festlegen können. Premium-Mitglieder können bis zu vier Sparkonten mit einem festgelegten Sparziel einrichten.
Auch Kreditkarten, Debitkarten und Überziehungskredit?
Lück: Aktuell beinhaltet unser digitales Bankkonto sowohl in der Standard- als auch in der Premium-Variante eine kostenlose, virtuelle Visa Platinum-Debitkarte für bequemes Onlineshopping. Darüber hinaus erhalten alle Premium-Nutzer sowie für einen begrenzten Zeitraum auch alle Standard-Nutzer eine physische Debitkarte für Abhebungen am Geldautomaten oder für Einkäufe in Geschäften.
Kreditkarten oder sonstige Kreditangebote sind derzeit nicht im Angebot enthalten. Allerdings bildet die App die Basis für unseren sogenannten Ökosystem-Ansatz. „Ökosystem“ bedeutet in diesem Zusammenhang, dass auf einer Plattform Dienstleistungen und Produkte verschiedener Anbieter kombiniert und den Kunden bereitgestellt werden. Genau das haben wir vor und wollen hierfür mit Banken, aber auch mit anderen Partnern kooperieren. Ein Ökosystem-Ansatz bedeutet immer, dass man mit mehreren Partnern zusammenarbeitet, um gemeinsam Mehrwerte für die Kunden zu schaffen.
Richtet sich dieses Kontomodell vor allem an Expats, Selbstständige, Unternehmen und Vielreisende?
Lück: Wir wollen damit eine Vielzahl von Menschen ansprechen. Durch unser ausgedehntes globales Netzwerk haben wir bereits Millionen von Bestandskunden, die uns vertrauen. Ihnen bieten wir die Möglichkeit, sie in die Welt des digitalen Bankings zu begleiten. In Deutschland gehören dazu traditionell Menschen, die aus dem Ausland hierherkommen und ihre Familie daheim versorgen wollen. Wir blicken aber auch über unsere Bestandskunden hinaus, um ganz allgemein digital-affine und mobile Menschen anzusprechen, die nach einer integrierten Lösung suchen, um ihr Geld international zu versenden, zu sparen und auszugeben. Dazu gehören unter anderem junge Menschen, die zum Studieren ins Ausland gehen.
Kann man sagen, dass das Mehrwährungskonto von Western Union die beste Alternative zum oftmals teuren internationalen Transferdienstleister ist?
Lück: Es handelt sich dabei vor allem um ein integriertes Angebot, mit dem wir unseren Kunden durch zusätzliche Services über den Geldtransfer hinaus einen Mehrwert bieten wollen. Kunden können untereinander international, auf der Stelle und gebührenfrei Geld senden und empfangen. Darüber hinaus können sie Geld in mehreren Währungen halten und überweisen und gleichzeitig Zinsen und Prämien erhalten.
Was andere Geldtransfer-Anbieter betrifft, so bieten diese in der Regel entweder eine Website oder App an, auf der Geld digital versendet werden kann, oder sie besitzen ein Filial-Netzwerk. Bei uns hingegen können Nutzer sowohl auf der Einzahlseite als auch auf der Auszahlseite ganz individuell entscheiden, ob sie eine physische oder eine digitale Methode nutzen möchten. Um ein solches Produkt anbieten zu können, braucht es natürlich ein riesiges Ein- und Auszahl-Netzwerk plus eine digitale Lösung. Hier hat Western Union eine echte Alleinstellung, durch die wir in der Lage sind, die physische und die digitale Welt in einem Produkt zu vereinen.
Verabschieden Sie sich mit dieser Neuausrichtung peu à peu von Ihrem Kerngeschäft als klassischer Geldtransfer-Anbieter?
Lück: Ich denke nicht, dass wir uns von unserem Kerngeschäft wegbewegen, denn dafür ist es zu substanziell. Dreh- und Angelpunkt unserer Strategie ist immer das Omnichannel-Angebot, also die Möglichkeit, Geldtransfers nahtlos über alle möglichen Kanäle hinweg zu tätigen. Denn bei allen Digitalisierungstrends gibt es immer noch viele Menschen, die auf diesem Weg erst am Anfang oder in der Mitte stehen. Wir möchten unseren Kunden diejenigen Produkte anbieten, die sie auf ihrem jeweiligen Standort haben möchten. Wir richten uns nach ihren Bedürfnissen und bieten sowohl rein digitale Produkte an als auch jede Mischung zwischen digital und physisch.
Wen zählen Sie im deutschen Markt zu Ihrem Wettbewerbsumfeld?
Lück: Das ist eine gute Frage, denn um darauf die richtige Antwort zu geben, müssten wir erst einmal klären, was in diesem Zusammenhang mit Wettbewerber gemeint ist. Wie bereits erwähnt, gibt es zum einen die traditionellen Anbieter mit einem Händlernetzwerk und zum anderen zunehmend auch rein digitale Anbieter. Da wir uns im Bereich Omnichannel positionieren, sehe ich derzeit keinen Wettbewerber, der ein vergleichbares Angebot hätte.
Wie wird sich das Geldtransfergeschäft zukünftig entwickeln?
Lück: Dass der weltweite Trend in Richtung Digitalisierung geht, steht wohl außer Frage. Es gibt derzeit eine große Anzahl neuer Marktteilnehmer, die versuchen, neue Produkte anzubieten und sich in Nischen zu etablieren. Entsprechend groß ist der Wettbewerb im digitalen Umfeld. Wir sind aber schon seit vielen Jahren im digitalen Geschäft sehr gut aufgestellt und haben eine sehr gute Basis dafür geschaffen, um unseren Kundinnen und Kunden auch in Zukunft die volle Bandbreite an Optionen bieten. Sicherlich wird sich in Zukunft die Art und Weise verändern, wie man Geld versendet. Vielleicht wird auch das Thema Kryptowährungen dabei künftig eine Rolle spielen. In jedem Fall werden die Menschen aber auch weiterhin mehrere Möglichkeiten haben wollen, und die werden wir ihnen bieten.
Frau Lück, vielen Dank für das Interview!