Auf einen Blick
  • Der digitale Vermögensverwalter Liqid erzielt regelmäßig Top-Platzierungen im Performance-Ranking der Rating-Agentur Firstfive und zählt damit zu den besten Vermögensverwaltern Deutschlands.

  • Im Interview mit biallo.de erklären Gründer & CEO Christian Schneider-Sickert sowie Managing Director Kim Felix Fomm das Erfolgsrezept und die Anlagestrategie von Liqid.
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Der digitale Vermögensverwalter Liqid ist in den vergangenen Monaten kräftig gewachsen. Im September 2016 gestartet, verwaltet das Berliner Start-up mittlerweile ein Kundenvermögen von fast 300 Millionen Euro. Das Besondere: Mit Liqid können Anleger an den Anlagestrategien von HQ Trust partizipieren, dem Family Office von Harald Quandt. Dessen Vermögensverwaltung ist eigentlich nur einem erlauchten Kreis von Superreichen vorbehalten. Im Interview mit biallo.de erklären Gründer & CEO Christian Schneider-Sickert sowie Managing Director Kim Felix Fomm das Geschäftsmodell von Liqid und wie sie die Lage an den Aktienmärkten derzeit einschätzen.

Herr Schneider-Sickert und Herr Fomm, zuerst noch mal Glückwunsch! Liqid hat bei einer Untersuchung des Wirtschaftsmagazins "Capital" im Juli als Testsieger abgeschnitten. Was bedeutet Ihnen diese Auszeichnung?

Schneider-Sickert: Wo uns diese Auszeichnung natürlich unterstützt: Dass wir eine große Opportunität nicht nur darin sehen, vernünftige und langfristig profitable Investmentstrategien zu entwickeln, sondern auch darin, diese auf eine Art zu vermarkten, dass sie ein bisschen greifbarer und menschennäher sind als das, was wir in der Vergangenheit in der Finanzindustrie gesehen haben. Deshalb ist für uns der Capital-Sieg ein schönes Zwischenergebnis, weil wir auch in unserer Kommunikation versuchen, abstrakte oder komplexe Zusammenhänge greifbar darzustellen. Das hat auch die Jury so gesehen, was uns natürlich sehr freut.

Sie fokussieren sich mit Ihren Produkten auf wohlhabende Kunden. Hier nimmt Liqid unter den deutschen Robos eine Sonderrolle ein, da man bei Ihnen erst ab einem Anlagebetrag von 100.000 Euro einsteigen kann. Die Frage bleibt: Könnten Sie nicht noch schneller wachsen, wenn Sie zum Beispiel die Mindestanlage auf 10.000 Euro senken und Sparpläne anbieten würden?

Schneider-Sickert: Die Frage ist durchaus berechtigt. Wir könnten wahrscheinlich schneller wachsen. Aber wir sind auch überzeugt, dass man nicht versuchen sollte, alles für jeden zu sein. Unser Fokus liegt ganz klar auf den wohlhabenden Kunden und deshalb haben wir auch die Mindestanlage von 100.000 Euro. Das ist ein fester Teil unseres Gesamtkonzepts, weil wir glauben, dass der Kunde zumindest auf absehbare Zeit neben der digitalen Effizienz auch noch eine persönliche Betreuung braucht. Und die lässt sich nur vernünftig darstellen, wenn man eine gewisse Minimumgrenze einzieht.

Hinzu kommt, dass wir noch ganz am Anfang stehen, was unser Produktangebot angeht. Wir haben drei Kernstrategien in zehn Risikoklassen und ein Angebot im Bereich Private Equity, aber wir werden das Angebot gerade im Bereich alternative Investments noch deutlich erweitern. Und genau das sind die Opportunitäten, die für den Kunden erst ab einem Volumen von 100.000 Euro plus X realisierbar sind. Das Geschäft selbst ist nicht besser und nicht schlechter als der klassische Retail-Markt. Aber um ein Angebot zu stricken, das wirklich zu einer bestimmten Zielgruppe passt, muss man sich eben fokussieren. Das sind salopp gesagt die Kunden, die zu anspruchsvoll für die Bank um die Ecke sind, aber vielleicht an der ein oder anderen Stelle noch zu klein oder nicht mehr interessant genug für die Privatbanken, die in der Vergangenheit sehr konsequent ihre Minimumanlagen in Richtung eine Million oder zum Teil mehr hochgeschraubt haben.

Fomm: Was man hier noch festhalten sollte: Durch diesen Fokus auf das Zielsegment können wir die Vermögensverwaltung sehr preisgünstig anbieten. Vor allem, wenn man die Verwaltungsgebühr in Relation zu Retail-Angeboten setzt. Unser Private-Equity-Angebot ist auch konkurrenzlos günstig – bei einem Zugang zu Top-Fonds, wie er sonst nur Großanlegern offen steht.

Auf die alternativen Anlageformen kommen wir gleich noch zu sprechen. Welches Bild würden Sie vom durchschnittlichen Liqid-Kunden zeichnen?

Schneider-Sickert: Leider ist er zunächst vor allem männlich. Aber das ist ja ein Problem, das wir alle in der Finanzindustrie haben: Dass die Rolle von Frauen, die ja allgemein als sehr gute Investoren gelten, oft noch kleiner ist, als sie sein sollte. Das Alter unserer Kunden bewegt sich im Schnitt zwischen 40 und 60 Jahren, was ja auch im Hinblick auf unser Anlagevolumen Sinn macht. Bei den Berufen sehen wir ein breites Spektrum, angefangen mit vielen Freiberuflern, aber auch Managern und Unternehmern. Das Anlagevolumen liegt derzeit konstant über 200.000 Euro. Fast die Hälfte unserer Kunden hat noch keine Erfahrung mit einer Vermögensverwaltung gemacht, was uns sehr freut, weil wir ein unglaubliches Potenzial darin sehen, Kunden, die vorher noch nicht in der Vermögensverwaltung waren, diese Dienstleistung anzubieten.

Auf der anderen Seite haben wir auch einige sehr erfahrene Anleger, die vielleicht mit dem, was sie bisher in der traditionellen Industrie bekommen haben, nicht mehr zufrieden waren. Wir sehen das größte Potenzial bei den Kunden, die weniger erfahren oder versiert sind, weil für sie das Thema Finanzen einfach zu komplex ist. Und gerade hier kommt die diskretionäre Vermögensverwaltung ins Spiel, weil sie Kunden, die sich im fortgeschrittenen Alter einfach nicht mehr mit dem Thema beschäftigen möchten, eine sehr arbeitssparende und vertrauensbasierte Alternative zum Selbstanlegen bietet.

Jetzt gibt es bei Liqid die rein ETF-basierte Strategie "Liqid Global" und "Liqid Select", wo auch aktive Fonds und Termingeschäfte als Absicherung zum Einsatz kommen. Welche Strategie wird derzeit mehr nachgefragt?

Schneider-Sickert: Wir haben von Anfang an bewusst gesagt: Das Wichtigste beim Investieren ist die strategische Anlageallokation. Das heißt, Anleger müssen sich langfristig zwischen risikoreichen und risikoarmen Anlagen so positionieren, wie sie es finanziell und psychologisch aushalten können. Diese Aufteilung im Großen ist erst mal der wichtigste Treiber des Anlageerfolgs.

Ob man dann eher die aktive oder doch die passive Steuerung des Vermögens wählt, ist aus unserer Sicht sekundär. Deswegen haben wir auch bewusst unseren Kunden diese Wahl offen gelassen. Wir sehen seit unserem Markteintritt ein ausgewogenes Verhältnis zwischen beiden Strategien. Einen Teil der Kunden reizt es eben, automatisiert und kostengünstig mit der passiven Strategie zu investieren. Es gibt aber auch diejenigen, die sagen, wir schlafen einfach ruhiger, wenn wir das Gefühl haben, dass da im Hintergrund noch Experten sind, die auf mein Geld schauen und es den Marktentwicklungen entsprechend aktiv anpassen. Von daher ist die Aufteilung ungefähr fifty-fifty.

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Und welche Strategie performt besser: die aktive oder die passive?

Fomm: In den zurückliegenden steigenden Phasen war es nicht überraschend, dass die passive Strategie besser performt hat. Es ist ja häufig zu beobachten, dass aktive Anlagekonzepte eine Outperformance eher in relativ schwachen Börsenphasen realisieren. Beide Strategien haben sich aber seit Auflage sehr gut entwickelt. Was uns besonders freut: Mit den Global-Portfolios, also bei der passiven Strategie, sind wir konstant unter den Top 5 im Firstfive-Ranking. Das Ranking vergleicht Depots der Privatbanken und Vermögensverwalter in Deutschland, dabei sind bekannte Namen wie Flossbach von Storch, Berenberg und die BHF-Bank. Wir schneiden konstant hervorragend ab, obwohl wir nicht wie manch andere Privatbank 20 verschiedene Strategien anbieten, wo die Wahrscheinlichkeit sowieso hoch ist, dass eine mal oben landet. Bei uns ist das sehr systematisch. Wir können über alle Risikoklassen hinweg eine langfristig extrem gute Performance zeigen. Die Select-Strategie hängt derzeit zwar ein bisschen hinterher. Das ist aber wie gesagt nicht ungewöhnlich, da die vergangenen zwei, drei Jahre sehr gute Börsenjahre waren.

Das heißt, wenn der Markt jetzt seitwärts laufen oder sogar drehen sollte, dann könnte die Select-Strategie ihren Vorteil ausspielen?

Fomm: Wir haben natürlich die Glaskugel auch nicht, aber das ist auf jeden Fall unsere Erwartung. Wir wählen ja auch die Manager im Select-Portfolio sehr sorgfältig aus mit den Kollegen von HQ Trust. Die achten darauf, wie viel Risiko die Manager eingehen und welche Absicherungsstrategien sie fahren. Von daher kann man schon sagen, dass wir hier sehr gut aufgestellt sind. Es sind zum Beispiel auch Hedgefonds mit eher defensiven Managern im Select-Portfolio enthalten. Für die Diversifikation ist das eine sehr sinnvolle Anlageklasse, da sie meist nur eine geringe Korrelation mit anderen Anlageklassen aufweist. Das lässt sich im passiven Portfolio mit ETFs nicht umsetzen.

Jetzt bieten Sie seit Kurzem auch die Möglichkeit, nachhaltig zu investieren. Wie kommt das Thema bei Ihren Kunden an?

Schneider-Sickert: Sehr gut. Was uns geärgert hat und auch eine Motivation für uns war: Viele Angebote im Nachhaltigkeitsbereich sind gerade auf der aktiven Fondsseite extrem teuer. Außerdem besteht bei vielen Einzelangeboten nach wie vor das Problem, dass sich der Kunde nicht selbst ein Portfolio bauen kann, das entsprechend diversifiziert ist und halbwegs konsequente und konsistente Kriterien anlegt. Hier wollten wir einfach das Beste aus Nachhaltigkeit und vernünftigem Investieren kombinieren. Wir haben als Basis unsere Global-Strategie zugrunde gelegt, die sich auch in Wackelphasen als sehr resistent erwiesen hat.

Es gibt ja viele Diskussionen darüber, wie man das Risiko am besten kontrolliert und unsere Ansicht ist, dass man nicht unbedingt mit einer aktiven Risikosteuerung reingehen muss, sondern dass man auch mit einer breiten, globalen Diversifikation viel abpuffern kann. Und das hat unsere Global-Strategie über die ganze Zeit erfolgreich gemacht. Wir haben also die Investmentphilosophie von Global genommen und haben sie mit nachhaltigen Instrumenten umgesetzt. Bei unseren Kriterien sieht der Kunde auch ganz klar, was ausgeschlossen wird und warum.

Wie gehen Sie bei der nachhaltigen Titelauswahl genau vor?

Fomm: Wir verfolgen mit dem Portfolio einen zweistufigen Ansatz, wobei auch die ESG-Kriterien zum Einsatz kommen. Auf der Aktienseite werden die Unternehmen in zwei Schritten ausgewählt. Im ersten Schritt werden bestimmte Branchen von vornherein ausgeschlossen, etwa Alkohol, Tabak, Waffen etc. Im zweiten Schritt wird das übrig gebliebene Universum noch mal einem Rating unterzogen – basierend auf den knapp 40 ESG-Kriterien. Nur Firmen, die ein Rating von gut oder sehr gut haben, landen dann schließlich im Portfolio.

Jetzt ist ja oft das Pauschalurteil zu hören, dass Nachhaltigkeit zu Lasten der Rendite geht. Können Sie das bestätigen?

Fomm: Herr Schneider-Sickert hat ja bereits angeführt, dass es uns geärgert hat, dass es für den Anleger keine Möglichkeit gibt, gut in nachhaltige Geldanlagen zu investieren. Wir sind überzeugt, dass wir durch unsere kostengünstige ETF-basierte Strategie und unsere niedrige Verwaltungsgebühr die Nachteile von sozialen Investments, die es in der Vergangenheit gab, kompensieren können. Es gibt durchaus Belege für einzelne Aktienmärkte, vor allem in den Emerging Markets, dass nach ESG-Kriterien ausgewählte Unternehmen sogar besser performen als konservative Investments. Nicht zuletzt deshalb sind wir auch zuversichtlich, dass das nachhaltige Portfolio mit der konservativen Global-Variante mithalten kann.

Wir sagen jetzt aber nicht, dass diese Investments generell besser performen, auch wenn das vielleicht gerade en vogue ist und einige Anbieter machen. Das wird sich über die nächsten Jahre noch zeigen müssen. Für uns ist es eine klare Voraussetzung gewesen, dass der Kunde nicht aus Rendite-Gründen abwägen muss, ob er nachhaltig investieren will oder nicht. Das ist eine gleichwertige Lösung mit einer kleinen Einschränkung: Die Portfolios sind etwas weniger diversifiziert, weil eben bestimmte Branchen ausgeschlossen werden wie Alkohol, Tabak etc. Wobei man auch sagen muss, dass diese Branchen in den vergangenen Jahren nicht übermäßig performt haben.

Ein Alleinstellungsmerkmal von Liqid ist auch, dass Sie Ihren Anlegern ermöglichen, an der Anlageklasse Private Equity zu partizipieren. Ist das nur etwas für Profis oder auch für Einsteiger?

Schneider-Sickert: Das hat auch wieder mit unserer Kundenfokussierung zu tun. Private Equity ist in der Form, wie wir es machen, rein regulatorisch gesehen nur für erfahrene Anleger geeignet. Zumal die Anlageklasse langfristig ausgelegt ist. Das hat der Regulator so entschieden und das muss man so hinnehmen.

Vom Halteprofil her unterscheidet sich Private Equity aber kaum von der Immobilie, die man aus Investitionszwecken kauft. Die meisten Investoren haben bei Immobilien eine zehnjährige Haltefrist. Das ist ungefähr das, was man auch bei Private Equity erwarten würde. Wir glauben, dass die Asset-Klasse Private Equity zumindest bei halbwegs größeren Vermögen auf jeden Fall ins Portfolio gehört. Große Investoren haben regelmäßig bis zu 30 Prozent ihres Vermögens in Private Equity allokiert. Daher denken wir, dass die Anlageklasse für viele unserer Kunden eine gute Ergänzung zum Aktienportfolio ist. Wir gehen davon aus, dass Private Equity auch künftig Überrenditen zum Aktienmarkt erzielen wird, wie wir es über viele Jahre gesehen haben. Vor allem in einem insgesamt reduzierterem Ertragsumfeld hat Private Equity nach wie vor strukturelle Vorteile, die es ausspielen kann.

Mit unserer Investmentlösung in diesem Bereich haben wir es zudem geschafft, das klassische Problem der Diversifikation zu umschiffen. Denn meistens ist es ja so: Wenn Sie in einen Private-Equity-Fonds erst mal reinkommen wollen, müssen Sie das mit so großen Beträgen machen, dass Sie über die ein, zwei Fonds hinaus keine Diversifikation einbauen können. Bei uns erhält der Kunde aber die Möglichkeit, ab 200.000 Euro in ein ganzes Portfolio an Private-Equity-Beteiligungen zu investieren. Somit wird sein Vermögen über verschiedene Märkte und Anbieter diversifiziert, was wir beim Investieren generell für sehr wichtig halten.

Sie hatten anfangs erwähnt, dass Sie noch andere alternative Investments planen wie etwa Private Debt oder Real Estate – also private Schulden oder Immobilien. Wann ist es hier soweit?

Schneider-Sickert: Auf jeden Fall noch in diesem Jahr. Das steht aktuell auf unserer Roadmap. Allerdings wird hier auch wie bei Private Equity unser Ansatz sein, dass wir nicht irgendein Angebot liefern wollen, sondern der Ethos sollte schon bleiben, dass wir etwas konstruieren, das dem Kunden einen Mehrwert bietet. Sprich einen Zugang, der in der Vergangenheit so noch nicht existiert hat. Von daher werden wir auch bei diesen Anlageklassen kostengünstige Vehikel aufsetzen, mit denen die Kunden dann genau an die Opportunitäten herankommen, die bisher eher im Family- oder Multi-Familly-Office-Bereich zu finden waren.

Fomm: Was wir beim Thema Real Estate sicher nicht machen werden, ist das, was man bei geschlossenen Fonds häufig gesehen hat, nämlich dass eine Einzelimmobilie an einen geschlossenen Fonds verkauft wird und man nach zehn Jahren – wenn der einzige Mieter rausgeht – dann nicht mehr weiß, was man damit machen soll. Sondern analog zu Private Equity würden wir ein Portfolio aus spezialisierten Fonds aufbauen, die wiederum auch diversifiziert in Immobilien investieren. Also nicht das klassische Core-Geschäft, wo eine Immobilie langfristig gehalten wird, sondern eher die Value-Add- beziehungsweise Opportunistic-Strategie.

Dann schauen wir noch mal auf die Aktienmärkte: Nach fast zehnjähriger Hausse ist die heiße Phase bereits eingeläutet. Wie schätzen Ihre Marktexperten das Risiko im Moment ein?

Fomm: Es gibt natürlich eine Reihe von Risikofaktoren, die in den vergangenen vier bis sechs Monaten etwas virulenter geworden sind. Natürlich spielt hier auch das Agieren der Trump-Administration mit rein, die mit dem Aufkündigen von internationalen Verträgen auch für Unsicherheit an den Märkten sorgt. Auch der sich verschärfende Handelskonflikt ist ein Risiko. Auf der anderen Seit geht es hier auch nicht um gigantische Summen, auch wenn 60 Milliarden US-Dollar auf den ersten Blick viel erscheinen mögen. Selbst in Deutschland, das ja deutlich kleiner ist als die USA, hat man mittlerweile ein BIP von drei Billionen Euro. Das heißt, da sind die Größenordnungen noch nicht so, dass sich das massiv auf die wirtschaftliche Entwicklung durchschlagen wird, aber es ist natürlich ein Risikofaktor.

Analog dazu auch ein Thema, was 2015 schon mal ein bisschen hochgeschwappt, aber dann wieder in der Versenkung verschwunden ist: Es gibt in China durchaus Fragezeichen im Hinblick auf die wirtschaftliche Entwicklung. Die Chinesen haben ein extrem großes Schattenbanken-System und einen überhitzten Immobilien-Sektor. Das heißt, in dem Bereich sind auch die Select-Portfolios sehr vorsichtig aufgestellt.

Ebenso bei den schon sehr gut gelaufenen Technologie-Aktien. Wir haben ja schon teilweise deutliche Korrekturen bei den Tech-Aktien gesehen, von daher ist das schon eine ganz sinnvolle Aufstellung. Wie bereits erwähnt, haben auch wir keine Glaskugel. Das wollen wir auch niemandem verkaufen. Aber wir sehen auf jeden Fall die genannten Risikofaktoren. Die aktiven Portfolios sind entsprechend aufgestellt. All unsere Portfolios sind extrem breit diversifiziert. In den Portfolios sind über die Fonds zwischen viereinhalb und achttausend Titel enthalten, was sich bereits in kurzen Abschwungphasen als sehr erfolgreich gezeigt hat. Wir haben deutlich niedrigere Schwankungen als die klassischen Anbieter.

Natürlich sind wir jetzt nach zehn Jahren in der zweitlängsten Aufwärtsphase der vergangenen 80 Jahre. Die Frage ist aber immer auch: Was sind Alternativen? Es gibt aus Investmentsicht und auch aus statistischer Sicht keine Alternative zu einem breit diversifizierten Portfolio, wenn man Vermögen aufbauen will. Wenn man einen sehr kurzen Zeithorizont hat, dann würden wir im aktuellen Umfeld schon raten, eher vorsichtig zu sein und sich in niedrigeren Risikoklassen zu engagieren.

Schneider-Sickert: Das größte Risiko sehen wir allerdings darin, nicht investiert zu sein. Viele versuchen immer, den Markt zu timen, und sagen, ich warte lieber sechs Monate. Wenn man sich die langfristigen Returns gerade der Deutschen im Vergleich zu anderen europäischen Nachbarn anschaut, rächt sich das halt über die Zeit. Es ist zigfach bewiesen: Wichtig ist, langfristig investiert zu sein, weil die kurzen Phasen, in denen ein Großteil der langfristigen Gewinne eingefahren wird, unglaublich schwer vorherzusehen sind.

Von daher glauben wir, wenn jemand einen Zeithorizont von fünf bis zehn Jahren oder länger hat, dann ist das Wichtigste überhaupt, einfach investiert zu bleiben. Wir passen sowieso die passiven Portfolios entsprechend der Wirtschaftsleistung automatisch an, auch innerhalb der Subanlageklassen. Aber das Timen der Marktphasen ist bewiesenermaßen ein Spiel, was die meisten verlieren.

Das heißt, wenn es jetzt so einen Abschwung geben würde wie von Herbst 2008 bis Frühjahr 2009, dann würden Sie nicht komplett auf die Shortseite wechseln?

Fomm: Das hängt auch von der Strategie ab, die Sie gewählt haben. In der aktiven Strategie steuern wir schon dagegen. Wir sind ja in den aktiven Fonds schon sehr breit aufgestellt und haben hier auch Hedgefonds mit drin. Bei diesen Hedgefonds, die immer auch diversifizierte Strategien verfolgen und sehr defensiv ausgerichtet sind, gibt es natürlich auch Strategien, die Leerverkäufe fahren können.

Auf Portfolio-Ebene werden wir aber keine Leerverkäufe machen und keine Short-Strategien fahren. Dafür gibt es spezialisierte Manager, die einen wichtigen Baustein für ein breit diversifiziertes Portfolio liefern. Falls so ein Krisenszenario eintritt, werden die Kollegen von HQ Trust im Zweifelsfall Risiken rausnehmen, aber auch antizyklisch handeln. Genau das ist ja unsere Investmentphilosophie. Das heißt, in Situationen, wo es vielleicht richtig nach unten geht, ergeben sich immer auch sehr gute Investmentchancen. Und wenn sie diese Monate verpassen, in denen der Markt dann wieder nach oben dreht, dann geht erheblich Rendite verloren.

Von daher: Ja, bei einem krisenhaften Marktszenario werden natürlich die Portfolios entsprechend angepasst, sind aber im Zweifelsfall auch vorher schon so aufgestellt worden, weil wir bestimmte Risikofaktoren schon vorher antizipieren können.

Wie oft schichten Sie die Portfolios derzeit im Schnitt um?

Fomm: Das lässt sich überhaupt nicht pauschal sagen. Wir haben bei den Global-Portfolios einen dreistufigen Rebalancing-Mechanismus: Auf der Risiko-Ebene, auf der Anlageklassen-Ebene und dann noch auf der Subanlagenklassen-Ebene. Das ist wirklich kundenindividuell, wie oft umgeschichtet wird. Das hängt auch immer davon ab, ob es stärkere oder schwächere Marktbewegungen gibt.

Auf der Select-Seite haben wir jetzt erst vor kurzem wieder eine Portfolioanpassung gehabt. Wir schichten dann um, wenn es aus unserer Sicht sinnvoll erscheint. Das Problem vieler Anbieter ist, dass mit Umschichtungen viel zu viel Umsatz produziert wird. Selbst bei einer All-in-Fee, wie wir Sie anbieten, muss man daher trotzdem versuchen, unnötigen Turnover zu vermeiden, weil man bei jedem Handel den Spread, also die Differenz zwischen An- und Verkaufskurs, auch in einem All-in-Fee-Modell verliert. Besonders häufige Umschichtungen sind kein Qualitätsmerkmal, sondern eher ein Warnsignal dafür, dass unnötige Kosten produziert werden.

Nach dem Motto "Hin und Her macht Taschen leer"…

Fomm: Das ist ein Sprichwort, was sehr viel Wahrheit in sich trägt.

Schauen wir abschließend noch auf den Gesamtmarkt: Die digitale Vermögensverwaltung boomt. Laut Oliver Wyman sollen die verwalteten Kundenvermögen allein in Deutschland bis 2021 von derzeit gut zwei Milliarden Euro auf dann 35 Milliarden Euro ansteigen. Sind Sie auch so optimistisch?

Schneider-Sickert: Wo die Kollegen da genau ihre Zahlen herbekommen, sei mal dahingestellt. Aber den generellen Trend sehen wir schon. Hier gibt es zwei Treiber: Einmal haben Sie natürlich eine kostengünstige und leicht zugängliche Alternative zu den traditionellen Vermögensverwaltern. Auf der anderen Seite haben Sie ein großes Potenzial, bisher nicht investierter Gelder in den Kapitalmarkt zu bringen. Aus unsere Sicht ist das eine wesentliche Stärke des digitalen Modelles, weil sie einer breiteren Gruppe die Vermögensverwaltung zugänglich macht.

Die Zahlen erscheinen vielleicht auf den ersten Blick etwas explosionsartig. Auf der anderen Seite haben wir auch schon in anderen Märkten – sei es in Amerika oder in Großbritannien – gesehen, dass diese neue digitale Dienstleistung in diesem Feld so schnell wächst. Wir sehen die Zahlen zumindest tendenziell keineswegs als unrealistisch an, wobei es in der Zwischenzeit auch eine Bereinigung im Markt geben wird. Es haben sich zuletzt sehr viele auf das Thema gestürzt, aber es werden sicher nicht alle dabei bleiben. Das umfasst nicht nur die Fintechs, sondern auch die traditionellen Banken.

Stichwort Konsolidierung: Anbieter Scalable kooperiert bereits erfolgreich mit Deutschlands größter Direktbank ING-Diba. Ist so eine Kooperation für Sie auch ein Thema oder wollen Sie eigenständig bleiben?

Schneider-Sickert: Wir haben in unserem Segment eine etwas andere Ausgangssituation. Wenn man im Massenmarkt aktiv ist, ist eine Kooperation keine schlechte Geschichte. Aber in unserem Segment der anspruchsvollen Privatkunden ist das etwas anderes. Scalable ist mit den absoluten Assets durch die ING-Kooperation sicher momentan Gesamtmarktführer. Wir sehen aber schon, dass wir uns in unserem Segment eine ganz klare Positionierung erarbeiten. Wir werden das auch auf absehbare Zeit weiterhin eigenständig machen.

Bankenunabhängigkeit ist eine unserer Prämissen und wir glauben, dass das auch die Kunden zu schätzen wissen. Wir können uns mit unseren durchschnittlichen Investitionssummen auch rein wirtschaftlich gesehen erlauben, bankenunabhängig und eigenständig zu sein. Wir haben ja schon eine Reihe von Kooperationen, zum Beispiel mit der Lufthansa. Solche wird es sicher auch noch in Zukunft geben, aber nicht auf Banken-Ebene.

Sie haben trotz Ihres Fokus auf die wohlhabenden Kunden schon jetzt einen Marktanteil von weit mehr als zehn Prozent. Wollen Sie den Anteil halten oder womöglich sogar ausbauen?

Schneider-Sickert: Das ist sicher ein Marktanteil, den man halten oder erhöhen kann. Das ist wie bei den traditionellen Anbietern sicher kein Markt, wo es den einen oder die zwei Gewinner geben wird. Da ist genug Platz für mehrere Anbieter. Wir würden es natürlich begrüßen, wenn wir in unserem Segment weiterhin eine führende Rolle einnehmen. Wir stehen erst am Anfang dessen, was möglich ist.

Wollen Sie Ihre Anteile auch irgendwann versilbern, zum Beispiel über einen Börsengang? Bei dem hohen Wachstumstempo dürfte das sicher ein Thema sein…

Schneider-Sickert (lacht): Ans Versilbern denken wir noch nicht. Es geht jetzt erst mal darum, ein schnell wachsendes Unternehmen zu bauen und dann sehen wir weiter. Diese digitalen Modelle kommen ja erstaunlich schnell – und in unserem Segment schneller, als die meisten denken – auch an einen Punkt, wo sie sich durchaus wirtschaftlich selber tragen. Das heißt, es besteht überhaupt keine Eile zu einem Verkauf oder einem Börsengang. Wenn man mal die 500 bis 600 Millionen Assets under Management erreicht hat, wo wir ja schon sehr gut unterwegs sind, dann kann man diese Modelle auch langfristig eigenständig fahren. Da muss man aber dann schauen, was sich ergibt.

Herr Schneider-Sickert und Herr Fomm, besten Dank für das Interview.

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Über den Autor Sebastian Schick

nach seinem Studium für das Lehramt an Gymnasien mit der Fächerkombination Deutsch/Latein/Geschichte in Würzburg und Berlin entschied sich Sebastian Schick für den Journalismus. 2005 absolvierte er die Ausbildung zum Rundfunkjournalisten an der Akademie für Neue Medien in Kulmbach. Direkt im Anschluss volontierte er beim Deutschen Anleger Fernsehen (DAF), wo er sich in seiner zehnjährigen Laufbahn ein umfangreiches Fachwissen zum Thema Geldanlage und Börse aneignete. 2014 baute er in Kooperation mit dem Kurier Medienhaus als Chefredakteur und Moderator den österreichischen TV-Sender DAF-Austria mit auf. 2016 wechselte er zur Biallo & Team GmbH und übernahm Mitte 2017 die Redaktionsleitung. 

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