Rolf Winkel
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Auf einen Blick
  • Mit der Corona-Krise steigen die Arbeitslosenzahlen. Wer arbeitslos wird, sollte sich rechtzeitig arbeitssuchend melden und sich eine Arbeitsbescheinigung ausstellen lassen.

  • In Zeiten von Corona gibt es drei Monate länger Arbeitslosengeld.

  • Wie Sie bei der Beantragung von ALG I vorgehen müssen und welche Fristen zu beachten sind, erläutern wir Ihnen in unserem aktuellen Ratgeber der Woche.

  • Den kompletten Ratgeber gibt es auch als PFD-Download.
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Der Ratgeber der Woche in der Kurzfassung

Die Corona-Pandemie lässt die Arbeitslosenzahlen steigen. Arbeitslos melden, Arbeitsbescheinigung besorgen, Antragstellung in Corona-Zeiten – wie gehen Betroffene richtig vor? Eine Schritt-für-Schritt-Anleitung.

Frühzeitig arbeitssuchend melden

Wer die Kündigung erhält, sollte sich spätestens drei Monate vor dem Ende eines Arbeitsverhältnisses arbeitssuchend melden. Bei späterer Kündigung muss die Meldung spätestens drei Tage nach deren Erhalt erfolgen. Wichtig: Das gilt auch bei befristeten Arbeitsverhältnissen – und zwar selbst dann, wenn noch gute Chancen auf eine weitere Beschäftigung bestehen. Wer sich nicht an diese Regeln hält, muss damit rechnen, dass es in der ersten Woche der Arbeitslosigkeit kein Arbeitslosengeld gibt. Arbeitsuchend melden, das geht auch online. Besser ist es aber, frühzeitig einen Termin mit der Arbeitsagentur auszumachen.

Das Amt früh fordern

Viele Leistungen der Arbeitsförderung gibt es nicht nur für Arbeitslose, sondern auch für Arbeitnehmer, die sich vor dem Eintritt der Arbeitslosigkeit arbeitsuchend gemeldet haben. Möglich ist beispielsweise die Übernahme von Umzugskosten wegen eines neuen Jobs oder von Pendelkosten. Bei solchen Leistungen gilt das Windhundprinzip: „Wer zuerst kommt, mahlt zuerst“. Ist der Etat für solche Leistungen aufgebraucht, hat man Pech gehabt.

Arbeitsbescheinigung besorgen

Grundlage für die Berechnung des Arbeitslosengelds ist, was der Arbeitgeber in der Arbeitsbescheinigung einträgt. Auch wer von Job zu Job wechselt, sollte sich immer eine solche Bescheinigung ausstellen lassen. Der Arbeitgeber ist hierzu übrigens gesetzlich verpflichtet. Arbeitnehmer sollten sich die Bescheinigung persönlich aushändigen lassen und diese kontrollieren. Dann können Probleme auf kurzem Weg geklärt werden. In Frage fünf des Formulars geht es zum Beispiel um die „Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses“. Kreuzt der Arbeitgeber hier „vertragswidriges Verhalten“ als Beendigungsgrund an, so droht dem Entlassenen eine mehrwöchige Sperre des Arbeitslosengelds. Arbeitnehmer sollten gegebenenfalls nachfragen, worin das vertragswidrige Verhalten bestanden haben soll. Wer mit den Arbeitgeber-Angaben nicht einverstanden ist, sollte umgehend auf eine Korrektur drängen.

 Bei Frage sieben muss das Arbeitsentgelt der letzten zwölf Monate angegeben werden. Auf dieser Grundlage errechnet sich in der Regel die Höhe des Arbeitslosengelds. Häufig gelten jedoch günstigere Regelungen, wenn detaillierte Angaben für einen längeren Zeitraum vorliegen. Das gilt etwa für viele, die im letzten Jahr vor der Arbeitslosigkeit bereits Einkommenseinbußen hinnehmen mussten. Auch, wer in den letzten Jahren wegen einer Verkürzung seiner Arbeitszeit weniger verdient hat, kann häufig darauf pochen, dass sein Arbeitslosengeld auf Basis einer günstigeren Grundlage berechnet wird.

Arbeitslos melden

Spätestens am ersten Tag der „richtigen“ Arbeitslosigkeit. Das ist Voraussetzung für die Zahlung von Arbeitslosengeld. Anspruch hierauf hat in der Regel, wer in den letzten 30 Monaten mindestens zwölf Monate arbeitslosenversichert war. Wichtig: Personalausweis oder Reisepass mit Meldebescheinigung mitbringen, falls erforderlich auch Aufenthalts- und Arbeitserlaubnis.

Manchmal lohnt Antragsverschiebung

Wie lange Arbeitslosengeld gezahlt wird, hängt auch vom Alter bei der Antragstellung ab. Wer an diesem Tag bereits 58 Jahre ist, kann zum Beispiel 24 Monate Arbeitslosengeld erhalten. Wird der Antrag kurz davorgestellt, gibt es diese Leistung maximal 18 Monate lang. Ein Verschieben der Antragstellung gilt keinesfalls als missbräuchlich. Die Arbeitsagentur muss gegebenenfalls sogar von sich aus auf diese Möglichkeit hinweisen.

Drei Monate länger Arbeitslosengeld wegen Corona

Im Jahr 2020 gilt eine vorübergehende Sonderregelung. Für diejenigen, deren Arbeitslosengeld bis Ende dieses Jahres ausläuft, verlängert sich der Anspruch hierauf um weitere drei Monate. 

Knapp drei Millionen Arbeitslose gibt es derzeit bereits in Deutschland. Die Corona-Krise wird wohl auch in der zweiten Jahreshälfte zu mehr Arbeitslosigkeit führen. Im Folgenden informieren wir Sie über die wichtigsten Regeln beim Arbeitslosengeld.

Arbeitslosengeld I: Das wichtigste in Kürze

Wenn Sie Ihre Arbeit verlieren, haben Sie meist Anspruch auf Arbeitslosengeld, häufig auch Arbeitslosengeld I (ALG I) genannt. Dabei handelt es sich um eine – zeitlich beschränkte – Versicherungsleistung, die von den örtlichen Arbeitsagenturen gezahlt wird. Anspruch hierauf haben Erwerbslose, die in einer Rahmenfrist welche in der Regel die letzten 30 Monate vor dem Antrag auf Arbeitslosengeld umfasst, mindestens zwölf Monate lang versicherungspflichtig beschäftigt waren. Arbeitslosengeld I wird für Arbeitslose unter 50 Jahren maximal ein Jahr lang gezahlt. Für Ältere steigt die Höchstdauer der Arbeitslosengeld-Zahlung auf bis zu 24 Monate. Gezahlt wird die Leistung maximal bis Sie das für Ihren Jahrgang geltende reguläre Rentenalter erreicht haben. Die Höhe der Leistung hängt im Wesentlichen davon ab, wie viel Sie zuletzt verdient haben. Im Regelfall ersetzt das Arbeitslosengeld etwa zwei Drittel Ihres vorherigen Nettolohns.

  • Hinweis: Auf Arbeitslosengeld haben Sie, soweit Sie die Anspruchsvoraussetzungen erfüllen, unabhängig von Ihrem eigenen Vermögen und gleichgültig wie viel Ihr Ehepartner verdient, einen Rechtsanspruch.

Voraussetzung für die Zahlung der Leistung ist, dass Sie sich dem Arbeitsmarkt zur Verfügung stellen und bereit sind, selbst aktiv eine neue Arbeit zu suchen. In der Regel schließt die Arbeitsagentur mit Ihnen einen sogenannten „Eingliederungsvertrag“. Darin ist festgeschrieben, welche Aktivitäten Sie entwickeln, um einen neuen Job zu finden. Andererseits muss darin auch stehen, wie die Arbeitsagentur Sie hierbei unterstützt.

Soweit Sie die geforderten zwölf Versicherungsmonate vor ihrer Arbeitslosigkeit nicht nachweisen können, kommt für Sie gegebenenfalls ein Antrag auf Arbeitslosengeld II (häufig auch Hartz IV genannt) in Frage. Das gilt auch, wenn Sie Ihren Anspruch auf Arbeitslosengeld I aufgebraucht haben und noch keine neue Stelle gefunden haben. Arbeitslosengeld II wird im Gegensatz zum Arbeitslosengeld I nur nach Überprüfung Ihrer Bedürftigkeit gezahlt. Das heißt: Nur, wenn Sie nach den Gesetzesbestimmungen als „bedürftig“ anerkannt werden, bekommen Sie diese Leistung. Wenn Sie etwa mit einem gut verdienenden Ehepartner verheiratet sind oder beträchtliches eigenes Vermögen haben, gelten Sie häufig nicht als bedürftig, und erhalten kein Arbeitslosengeld II.

Lesen Sie auch: Corona-Krise – Wenn das Kurzarbeitergeld nicht reicht


ALG I plus ALG II möglich

Der Bezug von ALG II und ALG I schließen sich nicht gegenseitig aus. Vielfach haben Bezieher der Versicherungsleistung Arbeitslosengeld I zusätzlich noch Anspruch auf aufstockendes ALG II. Dies gilt beispielsweise vielfach für Arbeitslose mit mehreren Kindern. Denn beim ALG I werden Kinder, sieht man von einem Zuschlag von sieben Prozentpunkten für Arbeitslose mit einem oder mehreren kindergeldberechtigten Kindern ab, nicht berücksichtigt.

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Vor dem Antrag auf Arbeitslosengeld – die ersten Schritte

Wenn Sie pünktlich und ohne unnötige Abstriche Arbeitslosengeld erhalten möchten, sollten Sie vorab vor allem folgende Punkte beachten:

Schritt 1: Melden Sie sich frühzeitig arbeitsuchend – Verspätung kostet Geld

Spätestens drei Monate vor dem Ende eines Arbeitsverhältnisses müssen Sie sich arbeitssuchend melden. Wenn sie erst später erfahren, dass Ihr Arbeitsverhältnis endet, müssen Sie sich spätestens drei Tage, nachdem Sie hiervon Kenntnis genommen haben, arbeitsuchend melden. Die Pflicht zur frühzeitigen Arbeitslosmeldung gilt auch bei befristeten Arbeitsverhältnissen. Wichtig: Sie müssen sich auch dann arbeitssuchend melden, wenn noch offen ist, ob ein befristeter Arbeitsvertrag verlängert wird.

  • Biallo-Tipp: Die Arbeitssuchendmeldung ist auch online unter www.arbeitsagentur.de möglich.

Einwöchige Sperre droht: Wenn Sie sich „verspätet“ bei der Arbeitsagentur melden, tritt im Regelfall eine einwöchige Sperrzeit ein. Das bedeutet: In der ersten Woche der Arbeitslosigkeit erhalten Sie kein Arbeitslosengeld I. Zugleich wird die Dauer Ihres Anspruchs auf Arbeitslosengeld I um eine Woche gekürzt.

Schritt 2: Arbeitsbescheinigung des Arbeitgebers besorgen

Wenn Sie Arbeitslosengeld beantragen, hängt viel von der „Arbeitsbescheinigung“ ab, die Ihr Arbeitgeber ausfüllen muss. Wenn Sie in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Arbeitslosigkeit mehrere Beschäftigungsverhältnisse hatten, benötigen Sie gegebenenfalls von allen Arbeitgebern eine solche Bescheinigung. Die Arbeitsbescheinigung(en) sollten Sie sich so frühzeitig wie möglich ausstellen lassen – möglichst noch, während Sie im Betrieb tätig sind. Denn dann können Unstimmigkeiten vielfach noch unbürokratisch ausgeräumt werden. Die Bescheinigung sollten Sie sich persönlich aushändigen lassen und diese kontrollieren. Ihr Arbeitgeber sollte sie nicht ungeprüft der Arbeitsagentur zuschicken. Das Formular „Arbeitsbescheinigung“ finden Sie im Internet, wenn Sie in einer Suchmaschine die “Arbeitsbescheinigung für den Bereich SGB III“ eingeben. Eine Arbeitsbescheinigung sollten Sie immer verlangen – auch wenn es eine Anschlussbeschäftigung gibt.

Gerade, wenn Arbeitnehmer von sich aus und nahtlos ihren Arbeitgeber wechseln, spielt die Arbeitsbescheinigung zunächst keinerlei Rolle. Das ändert sich, wenn der neue Job verloren geht. Natürlich kann man dann nachträglich noch eine Arbeitsbescheinigung des früheren Arbeitgebers erhalten. Dieser ist zur Ausstellung sogar gesetzlich verpflichtet. Dennoch hakt es hier in der Praxis häufiger. Und noch wichtiger: Dann können Probleme, die es in Zusammenhang mit dieser Bescheinigung gibt, nicht mehr auf kurzem Weg geklärt werden.

Unter anderem können bei diesem Formular in folgender Hinsicht Probleme auftauchen:

  • Sperrzeit: In Frage 5 geht es um Angaben zur „Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses“. Kreuzt der Arbeitgeber hier „vertragswidriges Verhalten“ als Beendigungsgrund an, so droht dem Entlassenen eine mehrwöchige Sperre des ALG I durch die Arbeitsagentur. Betroffene sollten deshalb nachfragen, worin das vertragswidrige Verhalten bestanden haben soll. Wenn Sie mit den Arbeitgeber-Angaben nicht einverstanden sind, sollten Sie umgehend auf eine Korrektur drängen.

  • Arbeitsentgelt: Bei Frage 7 muss das Arbeitsentgelt der letzten zwölf Monate angegeben werden. Auf dieser Grundlage wird in der Regel die Höhe des ALG I berechnet. Häufig zahlt es sich für Arbeitnehmer allerdings aus, wenn der Arbeitgeber – gegebenenfalls auf einem Zusatzblatt – Angaben zu Einkünften der letzten 24 Beschäftigungsmonate aufführt. Das gilt vor allem dann, wenn Sie im letzten Jahr vor der Arbeitslosigkeit bereits Einkommenseinbußen hinnehmen mussten.

  • Wöchentliche Arbeitszeit: In Frage 6 der Arbeitsbescheinigung wird gefragt, ob sich Ihre durchschnittliche regelmäßige Arbeitszeit in den letzten 42 Monaten des Beschäftigungsverhältnisses geändert hat. Die Angaben des Arbeitgebers hierzu sind vor allem dann wichtig, wenn Sie zuletzt Teilzeit, früher jedoch mit längerer Arbeitszeit beschäftigt waren. Gegebenenfalls wird dann Ihr Arbeitslosengeld auf Grundlage des höheren Arbeitsentgelts aus der Beschäftigung mit längerer Arbeitszeit berechnet.

Allerdings können Sie – wenn es zu einem Verfahren beim Arbeitsgericht kommt – im Rahmen eines arbeitsgerichtlichen Vergleichs auch eine Änderung der Arbeitsbescheinigung erreichen. Falls Sie mit der Version des Arbeitgebers nicht einverstanden sind, können Sie der Arbeitsagentur gegenüber eine „alternative“ Darstellung abgeben. 

Schritt 3: Persönliche Arbeitslosmeldung

Mit der Arbeitssuchend-Meldung allein ist es nicht getan. Sie müssen sich spätestens am ersten Tag Ihrer Arbeitslosigkeit offiziell arbeitslos melden und Arbeitslosengeld beantragen. Arbeitslosmelden müssen Sie sich im Regelfall persönlich (Personalausweis mitbringen beziehungsweise Reisepass mit Meldebestätigung, Aufenthaltserlaubnis, Arbeitserlaubnis).

  • Biallo-Tipp: Wenn die persönliche Meldung wegen einer Schließung der Arbeitsagenturen nicht möglich ist, geht das auch telefonisch. Später erhalten Sie dann eine Einladung, um sich persönlich zu melden. Auch Arbeitslosengeld können Sie online beantragen. Dafür müssen Sie sich bei der Bundesagentur für Arbeit unter www.arbeitsagentur.de anmelden oder registrieren. Den Antrag auf Arbeitslosengeld können Sie dann online ausfüllen und abschicken.

Hinweis: Der Personalausweis verfügt über eine Online-Ausweisfunktion für eine schnelle und einfache Identifizierung. Damit lassen sich Konten eröffnen, SIM-Karten freischalten oder Behördengänge erledigen.


Wer erhält ALG I?

Die Regel: Zwölf Monate Versicherungszeit bringen Anspruch

ALG I wird nach dem Gesetz nur für Arbeitnehmer gezahlt, die

  • arbeitslos sind,
  • sich bei der Arbeitsagentur arbeitslos gemeldet,
  • die notwendige Anwartschaftszeit („Vorversicherungszeit“) erfüllt und
  • das reguläre Rentenalter noch nicht erreicht haben.

Die Anwartschaftszeit erfüllen Erwerbslose, die in einer Rahmenfrist von 30 Monaten (= 900 Tage) vor Eintritt der Arbeitslosigkeit mindestens zwölf Monate (= 360 Tage) lang versicherungspflichtig beschäftigt waren. Bis Ende 2019 zählten nur die letzten 24 Monate. Damit wurden die Hürden vor dem Anspruch auf ALG I zum Jahreswechsel 2019/2020 gesenkt.

  • Biallo-Tipp: Stückeln ist erlaubt. Auch mehrere kürzere Beschäftigungszeiten bringen einen Anspruch auf ALG I. Dabei spielt es keine Rolle, ob Sie diese zwölf Monate ohne Unterbrechung (an einem Stück) gearbeitet haben oder ob es zwischendurch Beschäftigungspausen gegeben hat. Es zählen allerdings nur die Beschäftigungsverhältnisse der letzten 30 Monate.

Beispiel: Herbert O. war jahrelang in einem Hamburger Kleinunternehmen als Assistent der Geschäftsführung beschäftigt. Nach seiner Kündigung bezog er sechs Monate ALG I (von einem Gesamtanspruch auf zwölf Monate). Dann fand er für sechs Monate eine befristete Beschäftigung. Dies reichte nicht für einen neuen Anspruch auf ALG I. Denn hierfür wären zwölf Monate erforderlich gewesen. Stattdessen konnte er jedoch auf seinen Restanspruch von sechs Monaten ALG I zurückgreifen. Nach drei Monaten Leistungsbezug fand er erneut eine befristete Beschäftigung über sechs Monate. Anschließend wurde er wieder arbeitslos. Nun konnte er aus den beiden befristeten Beschäftigungen, die er nach seinem ursprünglichen Antrag auf Arbeitslosengeld ausgeübt hatte, zwölf Monate sozialversicherter Beschäftigung nachweisen, was ihm einen neuen Anspruch auf sechs Monate ALG I brachte. Diese wurden zu den drei Monaten des verbliebenen „alten“ Anspruchs auf ALG I addiert. Insgesamt kam er so auf eine Anspruchsdauer von neun Monaten.

Die Ausnahme: Anspruch auf ALG I bereits nach sechs Versicherungsmonaten

Für Arbeitnehmer mit überwiegend kurzen Beschäftigungsverhältnissen gilt eine Sonderregelung. Sie erhalten Arbeitslosengeld I, wenn sie innerhalb der letzten 30 Monate mindestens sechs Monate mit einer versicherungspflichtigen Beschäftigung nachweisen können  (Paragraf 142 Absatz 2 SGB III).

Wichtig ist die Regelung unter anderem für Kulturschaffende (zum Beispiel Schauspieler). Denn diese sind häufig – etwa für die Dauer einer Fernsehproduktion – immer wieder nur für kurze Zeitabschnitte beschäftigt und zwischenzeitlich arbeitslos. Daher können sie dann die für den Anspruch auf ALG I erforderliche Anwartschaftszeit von zwölf Monaten innerhalb der letzten 30 Monate vielfach nicht erfüllen. Um von der Sonderregelung profitieren zu können, müssen die Betroffenen zwei Voraussetzungen gleichzeitig erfüllen:

  • Zum einen kommt es auf die Dauer ihrer Beschäftigungsverhältnisse in den letzten 30 Monaten vor einem Antrag auf Arbeitslosengeld I an. Die Jobs müssen überwiegend auf kurze Zeit (maximal auf 14 Wochen) befristet gewesen sein. Wer beispielsweise in den letzten 30 Monaten in fünf verschiedenen, jeweils auf sechs Wochen befristeten Filmprojekten beschäftigt war, erfüllt diese Voraussetzung. Wer dagegen zwei befristete Jobs hatte, die jeweils drei Monate dauerten, erfüllt die Voraussetzung nicht.

  • Von der Sonderregelung zur Anwartschaft profitiert nicht, wer zuletzt ein deutlich überdurchschnittliches Jahreseinkommen erzielt hat. Genauer: Das Einkommen der Betroffenen darf im Jahr vor der Arbeitslosigkeit das 1,5-Fache der Bezugsgröße nach Paragraf 18 Absatz 1 des SGB IV nicht überschritten haben. 2020 liegt die Bezugsgröße bei einem Bruttojahreseinkommen von 38.220 Euro. Das 1,5-Fache davon sind 57.330 Euro.

Praktisch bedeutet das: Wer 2020 höhere Einkünfte hat, muss Zeiten zwischenzeitlicher Arbeitslosigkeit im Jahr 2021 durch eigene Rücklagen überbrücken.

Lesen Sie auch: Grundsicherung, Bafög, Wohngeld – Welche Rücklagen sind erlaubt?

Anspruchsdauer

Für Arbeitslose unter 50: Maximal gibt es ein Jahr lang ALG I

Wer ALG I beantragt und unter 50 Jahre alt ist, kann diese Leistung nur maximal ein Jahr lang beziehen. Zwölf Monate ALG I gibt es allerdings nur für diejenigen, die in der für die Anspruchsdauer maßgeblichen Rahmenfrist von fünf Jahren vor der Antragstellung mindestens 24 Monate lang versicherungspflichtig waren. Bei kürzeren versicherungspflichtigen (Beitrags-)Zeiten läuft das ALG I entsprechend kürzer: Wer nur zwölf Monate versicherungspflichtig war, erhält für sechs Monate ALG I. Bei jeweils vier zusätzlichen Beitragsmonaten verlängert sich dann der Anspruch um jeweils zwei Monate.

Für 50-Jährige und ältere gibt es länger Arbeitslosengeld I

Wer mindestens 50 Jahre alt ist, kann bis zu 15 Monate ALG I erhalten. Für Arbeitslose zwischen 55 und (unter) 58 Jahren gibt es die Leistung für maximal 18 Monate – bei nachgewiesenen 36 Beschäftigungsmonaten. Wer 58 oder älter ist, bekommt bis zu 24 Monate ALG I. Dies gilt dann, wenn der Betroffene in den letzten fünf Jahren mindestens 48 Monate mit versicherungspflichtiger Tätigkeit nachweisen kann.

  • Biallo-Tipp: Unter Umständen kann es sich für Sie lohnen, Ihren Antrag auf ALG I aufzuschieben. Wenn die Dauer Ihres Anspruchs ausgerechnet wird, kommt es nicht auf Ihr Alter am Tag der Entlassung an. Es zählt vielmehr das Alter an dem Tag, an dem Sie den Antrag auf die Leistung von ALG I stellen. Dieses Datum wird in Ihrem Antrag vermerkt. Wenn Sie zum Beispiel kurz vor Ihrem 58. Geburtstag arbeitslos werden, sollten Sie genau kalkulieren. Falls Sie befürchten, längere Zeit ohne Job zu bleiben, sollten Sie mit Ihrem Antrag auf ALG I warten, bis Sie 58 Jahre alt sind.

Nach Paragraf 137 Absatz 2 SGB III können Sie, bis die Arbeitsagentur über Ihren Antrag auf ALG I entschieden hat, noch bestimmen, dass Ihr Anspruch erst ab einem späteren Termin wirksam werden soll – etwa an Ihrem 58. Geburtstag. Dann erhalten Sie zwar bis zum Tag der Antragstellung keine Unterstützung, können dafür aber später unter Umständen länger ALG I kassieren. Beachten Sie aber, dass Sie dann in der Wartezeit unter Umständen nicht krankenversichert sind. Sie sollten sich in diesem Fall daher auch mit Ihrer Krankenkasse in Verbindung setzen.

Für diejenigen, die bei der Verschiebung der Arbeitslosmeldung bis hin zu einem Geburtstag, der ihnen einen längeren Anspruch auf ALG I bringt,  das Gefühl haben, dass es sich um ein fast schon gesetzeswidriges Verhalten handelt, seien auf ein Urteil des Landessozialgericht Hessen hingewiesen, in dem es um „Altersgrenzen“ bei der Dauer des Anspruchs auf Arbeitslosengeld (ALG) ging.

  • Biallo-Tipp: Das Landessozialgericht Hessen entschied: Wenn jemand kurz vor dem 58. Geburtstag ALG beantragt, müssen die Ämter „spontan“ (also ungefragt) darauf hinweisen, dass es für den Betroffenen besser wäre, mit der Antragstellung bis zum Geburtstag zu warten (Az. L 7/10 AL 185/04, rechtskräftig). Berät die Behörde nicht entsprechend, so muss der Betroffene – wenn er Rechtsmittel einlegt – so gestellt werden, als habe er erst am 58. Geburtstag ALG beantragt („sozialrechtlicher Herstellungsanspruch“).

Lesen Sie auch: Arbeitslosengeld I – Häufig eine Brücke in die Rente

Verwirrende Rahmenfristen

Für die Dauer der Zahlung von ALG I ist eine Fünfjahresfrist maßgebend. Wenn die Arbeitsagenturen dagegen prüfen, ob die Betroffenen überhaupt einen Anspruch auf ALG I haben, legen sie die Anspruchs-Rahmenfrist von 30 Monaten zugrunde. Nur wer innerhalb dieses Zeitraums zwölf versicherungspflichtige Monate nachweisen kann, erhält überhaupt ALG I.

Dauer des Anspruchs auf Arbeitslosengeld I

Alter bei Antragstellung

Versicherungsmonate innerhalb der letzten fünf Jahre vor Antragstellung 1)

Dauer des Anspruchs in Monaten

unter 50 Jahren

12

6

unter 50 Jahren

16

8

unter 50 Jahren

20

10

unter 50 Jahren

24

12

ab 50 Jahren

30

15

ab 55 Jahren

36

18

ab 58 Jahren

48

24

1) Davon müssen 12 Monate innerhalb der letzten 30 Monate vor dem Antrag auf Arbeitslosengeld I nachgewiesen werden. Ansonsten besteht kein Anspruch auf ALG I.

Corona-bedingte Sonderregelung für 2020

Vor dem Hintergrund der Corona-Krise, die dafür sorgt, dass die Chancen der derzeit Arbeitslosen, „eine neue Beschäftigung zu finden und aufzunehmen, in gravierender Weise eingeschränkt sind“ (so die Formulierung in der Gesetzesbegründung), wurde für 2020 eine „vorübergehende Sonderregelung zum Arbeitslosengeld“ getroffen. Danach soll in allen Fällen, in denen sich der Anspruch auf Arbeitslosengeld 2020 bis auf einen Tag gemindert hat, die Anspruchsdauer um drei Monate verlängert werden. Die Regelung findet sich in Paragraf 421 d SGB III. 

Es handelt sich um keine generelle Verlängerung des Arbeitslosengeld-Anspruchs um drei Monate. Von der Regelung profitieren nur Arbeitslose, deren Anspruch auf Arbeitslosengeld zwischen dem 1. Mai und dem 31. Dezember 2020 ausläuft, beziehungsweise genauer: Nur noch einen Tag beträgt.

Vor diesem Hintergrund der so konzipierten Regelung lohnt sich für manche Arbeitslose ein Blick auf die Bestimmungen zur „Minderung der Anspruchsdauer“ zu werfen, die sich in Paragraf 148 SGB III befinden. Danach mindert sich die Dauer des Anspruchs auf Arbeitslosengeld – wenig erstaunlich – um jeweils einen Tag für jeden Tag des Bezugs der Leistung. Interessanter ist da schon die Regelung, dass sich der Anspruch auf die Leistung auch um – beispielsweise – Tage einer Sperrzeit mindert. Das bedeutet: Im Einzelfall kann 2020 eine Sperrzeit beim ALG I dafür sorgen, dass der Anspruch auf die Leistung nicht erst im Januar 2021, sondern bereits im Dezember 2020 endet – mit der Folge, dass sich der Anspruch auf ALG I um drei Monate verlängert.

  • Biallo-Tipp:  Wenn die Voraussetzungen für die Verlängerung des ALG-I-Anspruchs erfüllt sind, erfolgt die Verlängerung automatisch und von Amts wegen. Es ist kein gesonderter Antrag dafür erforderlich.

Lesen Sie auch: Selbstständige – Mit Hartz IV durch die Corona-Krise

Höhe des Arbeitslosengelds

Im Standardfall wird das ALG I auf Grundlage des letzten Arbeitseinkommens der Betroffenen berechnet. Als Arbeitslosengeld I zahlen die Ämter Ihnen im Normalfall rund 60 Prozent des vorherigen Nettoverdienstes. Soweit Sie mindestens ein Kind haben, für das Sie Kindergeld erhalten, liegt die Lohnersatzquote bei 67 Prozent des vorherigen „Nettoentgelts“.

  • Biallo-Tipp: Für Arbeitslose ist es damit besonders wichtig, zu prüfen, ob sie Anspruch auf Kindergeld haben. Auf die Zahl der Kinder kommt es dabei nicht an. Entscheidend für die Arbeitsagenturen ist, ob Arbeitslose oder ihre (Ehe-)Partner für mindestens ein Kind einen Anspruch auf Kindergeld beziehungsweise einen steuerlichen Kinderfreibetrag haben (wobei es sich nicht um ein leibliches Kind handeln muss) – dabei reicht auch ein halber Freibetrag. Auch die Kinder des eingetragenen Lebenspartners werden berücksichtigt.

Insbesondere Erwerbslose, die wieder oder zum ersten Mal (weil sie ein Baby bekommen haben) Anspruch auf Kindergeld haben, sollten dies der Agentur sofort melden. Auch Erwerbslose mit volljährigen Kindern sollten genau prüfen, ob für diese (etwa weil ein Kind arbeitslos wird oder eine Ausbildung aufnimmt) erneut oder noch immer ein Anspruch auf Kindergeld besteht. Denn in diesem Fall gibt es nicht nur den staatlichen Kinderzuschuss, sondern auch höhere Leistungen der Arbeitsagentur.

Die Agentur rechnet dabei nach dem Monatsprinzip ab: Auch wenn ein Kind – beispielsweise – erst am 31. Oktober geboren wurde, steht den Eltern für den vollen Oktober der höhere Leistungssatz beim ALG I zu. Die sieben Prozent mehr ALG I können bei einem hohen Arbeitslosengeld-Anspruch bis zu knapp 300 Euro pro Monat ausmachen.

Lesen Sie auch: Steuererklärung – In Anlage K mit Kindern steuern sparen


Maßgeblich ist das Nettoentgelt

Das Nettoentgelt, das bei der Berechnung des ALG I zugrunde gelegt wird, ist allerdings nicht identisch mit dem tatsächlich zuletzt verdienten Nettolohn oder -gehalt. So werden nicht die steuerlichen Abzüge berücksichtigt, die für den einzelnen Arbeitslosen tatsächlich maßgebend sind. Der Pauschbetrag für Schwerbehinderte, Unterhaltszahlungen sowie weitere Frei- und Pauschbeträge bleiben bei der Berechnung des Arbeitslosengeldes I im Regelfall außen vor.

Gewisse Gestaltungsmöglichkeiten gibt es dabei für Verheiratete und „Verpartnerte“ (nach dem Lebenspartnerschaftsgesetz). Wer Arbeitslosengeld (ALG) I bezieht und Steuerklasse III hat, bekommt Monat für Monat oft einige hundert Euro mehr als mit Klasse V. Das funktioniert allerdings nur, wenn man sich rechtzeitig die bessere Klasse besorgt. Um Missbrauch zu vermeiden, bestimmt das Gesetz nämlich: In der Regel zählt für die Berechnung des ALG I die zu Jahresbeginn eingetragene Steuerklasse.

Doch es gibt eine Ausnahme von dieser Regel: Die Klasse „IV mit Faktor“. Dabei handelt es sich um eine Kombination der „alten“ Klasse IV mit individuellen Steuerfreibeträgen – etwa für Werbungskosten oder Kindergartengebühren. Wer sich die Klasse IV mit Faktor beim Finanzamt eintragen lässt, muss nicht nur weniger Steuern vorauszahlen, sondern bekommt oft auch mehr ALG I. Denn ein Wechsel in Klasse IV mit Faktor ist – so die Bundesagentur für Arbeit – „immer beachtlich“.

Quellen

  • Arbeitslosenprojekt TuWas (Hrsg.): Leitfaden für Arbeitslose. Der Rechtsratgeber zum SGB III. 35. Auflage. 2020. Fachhochschulverlag. ISBN 978-3-947273-31-7
  • Horst Marburger: SGB III - Arbeitsförderung - Arbeitslosengeld I: Vorschriften und Verordnungen, Walhalla-Verlag. ISBN-13     9783802972720
  • Bundesagentur für Arbeit: Merkblatt für Arbeitslose.

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Über den Autor Rolf Winkel
ist unser Spezialist für alles, was mit den Sozialversicherungen und Sozialleistungen  zu tun hat. Er ist gelernter Sozialwissenschaftler und schreibt seit 35 Jahren Sozialratgeber, unter anderem die vom DGB-Bundesvorstand herausgegebenen „111 Tipps für Arbeitslose - Arbeitslosengeld I“ und die „111 Tipps zu Arbeitslosengeld II und Sozialgeld“. Seit 2005 arbeitet er für biallo.de und betreut die Monatszeitschrift "Soziale Sicherheit".
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