Die meisten älteren Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen können es sich kaum vorstellen, bis 65 oder gar bis 67 durchzuarbeiten – zumindest nicht mit einer vollen Stelle. Daher sind viele auf der Suche nach Alternativen. Klar ist dabei: Wer krank und arbeitsunfähig ist, für den ist die Krankenversicherung zuständig, die in solchen Fällen nach der sechswöchigen Lohnfortzahlung des Arbeitgebers bis zu 72 Wochen Krankengeld zahlt.
In einigen Branchen gibt es als Überbrückung hin zur Rente noch die Altersteilzeit. Diese kann übrigens auch in Branchen, in denen kein entsprechender Tarifvertrag besteht, individuell zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer vereinbart werden.
Arbeitslos mit 60: Was passiert, wenn ich kurz vor der Rente arbeitslos werde?
Für den Fall, dass ältere Arbeitnehmer ihren Job verlieren, steht ihnen, genau wie Jüngeren, die Versicherungsleistung Arbeitslosengeld (ALG I / Arbeitslosengeld 1) zu. Wer arbeitslos ist, arbeitsfähig ist und Arbeit sucht, für den ist die Arbeitslosenversicherung zuständig – und nicht die Rentenversicherung. Dies gilt auch dann, wenn bereits ein Anspruch auf ein vorzeitiges Altersruhegeld besteht.
Die Versicherungsleistung Arbeitslosengeld erhalten Arbeitnehmer längstens bis zum Ende des Monats, in dem sie das reguläre Rentenalter erreichen. Das gilt auch dann, wenn sie bereits vorher Anspruch auf ein vorgezogenes Altersruhegeld haben. Eine Aussteuerung in die Frührente gibt es beim ALG I nicht. Im Folgenden erhalten Sie einen Überblick über die beim Arbeitslosengeld geltenden Regeln.
Wer hat Anspruch auf Arbeitslosengeld (ALG I)?
Arbeitslosengeld (ALG) wird von den Arbeitsagenturen an Erwerbslose gezahlt, die vor der Arbeitslosmeldung längere Zeit Beiträge zur Arbeitslosenversicherung abgeführt haben.
Auf ALG haben Arbeitslose einen Rechtsanspruch – unabhängig vom eigenen Vermögen. Auch auf das Einkommen des Ehepartners kommt es nicht an. Arbeitslosengeld wird an Arbeitnehmer gezahlt, die
- arbeitslos sind,
- sich bei der Arbeitsagentur arbeitslos gemeldet und
- die nötige Anwartschaftszeit (Versicherungszeit) erfüllt haben.
Die zuletzt genannte Voraussetzung erfüllen Erwerbslose, die in einer Rahmenfrist von zwei Jahren (rückgerechnet ab dem Tag des Antrags auf ALG I) mindestens zwölf Monate lang versicherungspflichtig beschäftigt waren.
- Wichtig: Seit 1. Januar 2020 reicht es, wenn in den letzten 30 Monaten zwölf versicherungspflichtige Monate nachgewiesen werden.
Vom Anspruch auf Arbeitslosengeld ist die Anspruchsdauer zu unterscheiden.
Arbeitslos im Alter: Wie lange bekommt man Arbeitslosengeld?
Wie lange Anspruch auf ALG besteht, hängt von der Dauer der versicherungspflichtigen Beschäftigung in den vergangenen fünf Jahren vor dem Tag des Antrags auf Arbeitslosengeld 1 und dem Lebensalter der Betroffenen ab:
Arbeitslosengeld bis zum Alter von 50 Jahren
Wer ALG I beantragt und unter 50 Jahre alt ist, kann diese Leistung nur maximal ein Jahr lang beziehen. Zwölf Monate ALG I gibt es allerdings nur für diejenigen, die in der maßgeblichen Rahmenfrist von fünf Jahren vor der Antragstellung mindestens 24 Monate lang versicherungspflichtig waren. Bei kürzeren versicherungspflichtigen Beitragszeiten läuft das ALG I entsprechend kürzer. Wer nur zwölf Monate versicherungspflichtig war, erhält für sechs Monate ALG I. Bei jeweils vier zusätzlichen Beitragsmonaten verlängert sich dann der Anspruch um je zwei Monate.
Wie lange bekommt man Arbeitslosengeld 1 ab 50?
Wer mindestens 50 Jahre alt ist, kann bis zu 15 Monate Arbeitslosengeld erhalten. Für Arbeitslose zwischen 55 und 58 Jahren gibt es die Leistung für maximal 18 Monate, bei nachgewiesenen 36 Beschäftigungsmonaten.
Wer 58 oder älter ist, bekommt bis zu 24 Monate ALG I.
Dauer der Versicherungspflicht ist entscheidend
Längst nicht allen älteren Arbeitslosen steht dabei die jeweils für ihr Alter geltende Maximaldauer zu. Neben dem Alter kommt es nämlich auch auf die Zeiten an, in denen Arbeitslosenversicherungsbeiträge gezahlt wurden. Ausschlaggebend sind hier im Normalfall die letzten fünf Jahre vor der Antragstellung:
- Nur wer in dieser "Dauer-Rahmenfrist" von fünf Jahren mindestens 48 Monate versicherungspflichtig war, kann als 58-Jähriger 24 Monate ALG I erhalten.
- Wenn die Dauer des Anspruchs ausgerechnet wird, kommt es nicht auf das Alter am Tag der Entlassung an. Es zählt vielmehr das Alter an dem Tag, an dem der Betroffene den Antrag auf Arbeitslosengeld stellt. Dieses Datum wird im Antrag vermerkt.
Altersgrenzen: Verschiebung des Antrags auf Arbeitslosengeld kann sich lohnen
Wenn Sie kurz vor Ihrem 50., 55. oder 58. Geburtstag arbeitslos werden, sollten Sie genau kalkulieren. Falls Sie befürchten, dass Sie längere Zeit ohne Job bleiben werden, sollten Sie den Antrag auf Arbeitslosengeld bis zu Ihrem Geburtstag aufschieben. Nach Paragraf 118 Absatz 2 des dritten Sozialgesetzbuchs können Sie, bis die Arbeitsagentur über Ihren Antrag auf Arbeitslosengeld entschieden hat, noch bestimmen, dass Ihr Anspruch erst ab einem späteren Termin wirksam werden soll – etwa an Ihrem 55. Geburtstag. Dann erhalten Sie zwar bis zum Tag der Antragstellung keine Unterstützung, dafür können Sie aber später unter Umständen drei oder sechs Monate länger Arbeitslosengeld erhalten.
Vergessen Sie aber nicht, dass Sie dann in der Wartezeit unter Umständen nicht krankenversichert sind. Sie sollten sich in diesem Fall daher auch mit Ihrer Krankenkasse in Verbindung setzen.
Wann kann beim Arbeitslosengeld eine Sperrzeit drohen?
Wer seinen Arbeitsplatz selbst aufgegeben hat und dafür keinen wichtigen Grund hatte, muss mit einer Sperrzeit rechnen. Dann gibt es in den ersten zwölf Wochen der Arbeitslosigkeit kein Arbeitslosengeld. Zudem wird die Dauer des Anspruchs auf Arbeitslosengeld um ein Viertel gekürzt. Für Arbeitslose ab 58 Jahren bedeutet dies in der Regel, dass ALG maximal 18 statt 24 Monate gezahlt wird.
Was muss ich bei einem Aufhebungsvertrag beachten?
Wenn Sie Ihr Arbeitsverhältnis einvernehmlich (ob mit oder ohne Kündigung und Zahlung einer Abfindung) per Aufhebungsvertrag beenden, sollten Sie sich vor einer Unterschrift in jedem Fall Bedenkzeit erbitten und sich dringend rechtlich beraten lassen – etwa durch den gewerkschaftlichen Rechtsschutz. Denn durch Ihre Unterschrift verzichten Sie meist auf Ihre Rechte nach dem Kündigungsschutzgesetz. Und zum anderen müssen Sie damit rechnen, dass bei anschließender Arbeitslosigkeit die Arbeitsagentur gegen Sie eine Sperrzeit verhängt.
Sich nach Altersteilzeit arbeitlos melden – was gilt hier?
Strittig war in den vergangenen Jahren, ob Arbeitnehmern oder Arbeitnehmerinnen, die sich nach dem Ende ihrer Altersteilzeit (ATZ) arbeitslos meldeten, eine Sperrzeit droht. Dem hat das Bundessozialgericht (BSG) mit einer Entscheidung vom 12. September 2017 einen Riegel vorgeschoben.
Generell gilt: Wer einen Altersteilzeitvertrag abgeschlossen hat, der hat in der Regel seinen vorher bestehenden unbefristeten Arbeitsvertrag aufgegeben und diesen gegen einen befristeten (Altersteilzeit-)Vertrag eingetauscht. Das Ende der Beschäftigung (nach dem ATZ-Ende) wurde damit vorab vereinbart.
Das Bundessozialgericht (BSG) befand jedoch: Es kommt auf die Situation vor dem Abschluss der Altersteilzeitvereinbarung an, also unter Umständen auf Absichtserklärungen, die vor mehr als zehn Jahren abgegeben wurden. Wenn die Betroffenen bei Abschluss der ATZ-Vereinbarung eindeutig beabsichtigt hatten, nach dem Ende der ATZ in Rente zu gehen, haben sie – so das BSG – einen "wichtigen Grund" gehabt, ihren alten unbefristeten Arbeitsvertrag aufzulösen und stattdessen einen befristeten Altersteilzeitvertrag abzuschließen (Az.: B 11 AL 25/16 R).
Seitdem hat sich durch die Einführung der abschlagsfreien Altersrente ab 63 für besonders langjährig Versicherte die Rechtslage deutlich verändert. Wenn ein Betroffener sich deshalb nun entscheidet, nach dem Ende der Altersteilzeit erst einmal keine Rente zu beantragen, kann ihm dies nicht vorgeworfen werden, befand das BSG. Die Umentscheidung sei legitim. Deshalb dürfe keine Sperrzeit verhängt werden.