Herr Mair, mit wiLLBe bieten Sie Anlegerinnen und Anlegern eine einfache Möglichkeit, Tages- und Festgeld auch in ausländischen Währungen anzulegen. Wie viele Ihrer Kunden nutzen derzeit Fremdwährungskonten in Schweizer Franken oder US-Dollar?
Wolfgang Mair: Wir beobachten einen deutlichen kulturellen Unterschied zwischen unseren Kunden aus Deutschland und denen aus der Schweiz und Liechtenstein. In der Schweiz ist das Thema Fremdwährung allgegenwärtig, da man oft auf andere Währungen angewiesen ist. Daher ist die Nachfrage nach Fremdwährungskonten in der Schweiz recht hoch, wir liegen da bei 45 bis 60 Prozent.
Das Interesse deutscher Kundinnen und Kunden bleibt hingegen verhalten, was vermutlich auf die weit verbreitete Assoziation von Fremdwährungsanlagen mit hohen Gebühren zurückzuführen ist.
Es liegt an uns, die Vorzüge solcher Produkte überzeugender zu kommunizieren. Dazu gehören beispielsweise die attraktiveren Zinssätze bei US-Dollar-Anlagen oder der Inflationsschutz, den der Schweizer Franken bieten kann.
Wolfgang Mair, Leiter Digitale Geschäftsmodelle bei der Liechtensteinischen Landesbank.
Wenn deutsche Anleger sich für ein Fremdwährungskonto entscheiden, welche Währung bevorzugen sie eher – US-Dollar oder Schweizer Franken?
Wolfgang Mair: Für kurzfristige Anlagen wie Tagesgeld ist der Schweizer Franken deutlich beliebter, während bei Festgeldanlagen der US-Dollar bevorzugt wird. Das liegt daran, dass Anleger beim US-Dollar die höheren nominalen Zinsen für längere Zeiträume nutzen wollen, während sie beim Tagesgeld die Sicherheit des Schweizer Franken schätzen.
Welche Vorteile sehen Sie für Anleger, die Fremdwährungskonten in Schweizer Franken oder US-Dollar nutzen?
Wolfgang Mair: Es gibt Kunden, die schlicht auf der Suche nach der höchsten Rendite sind und so versuchen, mit Fremdwährungsanlagen noch etwas mehr herauszuholen. Zudem gibt es Kunden, die diversifizieren wollen. Hier spielt insbesondere der Schweizer Franken eine Rolle, der im Vergleich zum Euro seit 2020 mehr als zehn Prozent aufgewertet hat.
Können Sie konkrete Beispiele nennen, wie sich diese möglichen Vorteile in der Praxis auswirken?
Wolfgang Mair: Ein anschauliches Beispiel ist ein deutscher Arzt, mit dem ich gesprochen habe. Für ihn spielen die Zinsen eine untergeordnete Rolle. Er hat durch die Anlage in Schweizer Franken mehr verdient, da er sich so aus der Inflationsdynamik des Euro herausnehmen konnte. Die meisten Kunden spekulieren nicht auf kurzfristige Wechselkursschwankungen, sondern diversifizieren ihr Vermögen in inflationsstabile Währungen oder versuchen, durch den US-Dollar noch zusätzliche Prozente mitzunehmen. Hauptvorteile sind also Inflationsschutz und höhere nominale Zinsen in anderen Währungen.
Spielt da auch das Misstrauen gegenüber der Eurozone eine Rolle?
Wolfgang Mair: Absolut. Ein erheblicher Teil unserer deutschen Kundschaft wählt den Schweizer Franken, um sich gegen Unsicherheiten in der Eurozone abzusichern. Die Liechtensteinische Landesbank ist stark im Schweizer-Franken-Raum verankert, was zusätzliche Sicherheit bietet. Zudem ist es für deutsche Kunden einfacher, ein Konto in Liechtenstein zu eröffnen als in der Schweiz, da dies mit weniger Aufwand und Kosten verbunden ist.
Liechtenstein gehört zu den wenigen Triple-A-Staaten, und Sparguthaben sind bis zu einer Höhe von 100.000 Schweizer Franken pro Person abgesichert. Doch das Land ist sehr klein und hat keine Notenbank, die im Ernstfall einspringen kann. Wie sicher sind also die Einlagen wirklich?
Wolfgang Mair: Die Einlagensicherung in Liechtenstein ist solide, auch wenn mathematisch gesehen der Fonds nicht ausreichen würde, wenn mehrere große Banken gleichzeitig in Schieflage geraten würden. Das ist jedoch in Deutschland oder anderen EU-Ländern nicht anders.
Der entscheidende Punkt ist das niedrige Risikoprofil der liechtensteinischen Banken, die sich auf Vermögensverwaltung und konservative Kreditvergabe fokussieren. Die Chance, dass eine große Liechtensteiner Bank wirklich so nachhaltig in Schieflage gerät, dass der Einlagensicherungsfonds eingreifen muss, ist deutlich geringer als anderswo. Zudem hat Liechtenstein eine Null-Prozent-Staatsverschuldung. Vor diesem Hintergrund würde ich mich aus einer makroökonomischen Risikoperspektive in Liechtenstein deutlich wohler fühlen als in anderen europäischen Staaten.
Aber bei der Einlagensicherung gibt es natürlich auch ein Wechselkursrisiko – auch wenn der Kurs des Schweizer Frankens seit Mitte 2022 beständig über dem Euro liegt und sich seit mehr als vier Jahren im Aufwärtstrend befindet.
Wolfgang Mair: Genau. Aktuell sind 100.000 Schweizer Franken gut 105.000 Euro (Anm. d. Red. Stand 30.7.2024). Und der Franken hat in den vergangenen Jahren gegenüber dem Euro eher aufgewertet. Gleichwohl müssen auch bei der Einlagensicherung die Kursrisiken beachtet werden.
Wechselkursschwankungen sind generell ein Risiko bei Fremdwährungskonten. Was empfehlen Sie Anlegern, um dieses Risiko zu minimieren?
Wolfgang Mair: Anlegern sollte bewusst sein, dass Fremdwährungsgeschäfte mit Kursrisiken verbunden sind. Dass sich die Kurse nicht gleich bewegen, ist aber gleichzeitig auch der Grund, warum man in Fremdwährungen investiert. Es geht darum, das Portfolio gegen Inflationsrisiken abzusichern. Diversifikation ist hier entscheidend. Anleger sollten keine Gelder in exotische Währungen investieren, die sie kurzfristig benötigen. Es kann aber durchaus sinnvoll sein, einen Teil des Notgroschens in Schweizer Franken zu sichern, um die Inflationsstabilität des Portfolios zu erhöhen.
Welche Kosten müssen Anleger bei Tages- und Festgeldkonten in Fremdwährung berücksichtigen?
Wolfgang Mair: Unsere Tages- und Festgeldkonten sind kostenlos. Für Währungswechsel schlagen wir nur 0,10 Prozent auf den Interbankenkurs auf, um unsere Kosten zu decken. Damit sind wir im europäischen Vergleich unter den kostengünstigsten Anbietern.
Was auffällt: Die Zinsen beim Festgeld von wiLLBe ändern sich täglich. Das ist schon sehr ungewöhnlich für ein Festgeldangebot.
Woran orientieren sich die Zinssätze bei der LLB und welcher Zins gilt bei Eröffnung eines Festgeldkontos?
Wolfgang Mair: Die Zinssätze orientieren sich an den Kapitalmarktzinsen, die sich täglich ändern und den Refinanzierungskosten der LLB. Die Zinsen werden täglich um 9:00 Uhr aktualisiert und sind in der wiLLBe-App jederzeit einsehbar. Der Zins, der bei Vertragsabschluss in der App angezeigt wird, gilt für die gesamte Laufzeit des Festgeldkontos, unabhängig vom Zeitpunkt des Geldeingangs. Ab September 2024 wird es aber auch eine Live-Tabelle auf der Website geben, die täglich aktualisiert wird.
Die Wettbewerber handhaben das aber anders.
Wolfgang Mair: Wir haben uns bewusst für diesen Ansatz entschieden, weil es uns ermöglicht, bessere Preise zu setzen. Das bedeutet: Wir können dem Kunden tägliche Änderungen mitgeben und müssen keine Sicherheitsmarge einkalkulieren.
Neben den täglich schwankenden Zinsen ist auch die breite Palette an Laufzeiten ungewöhnlich. Insgesamt gibt es 21 Laufzeiten – von einem Monat bis zu maximal zehn Jahren. Was war die strategische Überlegung dahinter?
Wolfgang Mair: Für uns macht es keinen operativen Unterschied, ob wir alle Laufzeiten, die wir ohnehin am Markt haben, anbieten oder nicht. Deshalb war unsere Überlegung: maximale Flexibilität zu bieten. Es gibt Situationen, in denen Kunden eine spezifische Laufzeit suchen, um vielleicht auf ein spezielles Ereignis hin zu sparen. Kurz gesagt, möchten wir unsere Sparprodukte bestmöglich an die Bedürfnisse der Kunden anpassen.
Welchen Anteil sollten Fremdwährungen an einem Portfolio ausmachen?
Wolfgang Mair: Das hängt stark von der Gesamtstruktur des Portfolios ab. Wer viele internationale Aktien besitzt, hat bereits ein gewisses Fremdwährungsrisiko. Persönlich würde ich nicht mehr als zehn und 15 Prozent meines Portfolios in US-Dollar investieren, um zu diversifizieren. Den Schweizer Franken finde ich spannender, weil die absolute Wechselkursentwicklung entscheidender ist als die nominalen Zinsen. Aufgrund der Weltlage und der steigenden Unsicherheit würde ich etwa zwischen 30 und 35 Prozent meines Sparguthabens in Schweizer Franken anlegen.
Herr Mair, vielen Dank für das Gespräch.