Nun steht es fest: Die neue Grundsteuer kommt. Am 8. November 2019 verabschiedete auch der Bundesrat die Grundsteuerreform – der Bundestag beschloss die Neuausrichtung bereits am 18. Oktober 2019. Damit sind die vom Bundesverfassungsgericht gestellten Vorgaben erfüllt. Der Gesetzgeber war verpflichtet, noch im Jahr 2019 eine neue Grundsteuer gesetzlich festzulegen.
Das neue Gesetz trägt den Namen Grundsteuer-Reformgesetz (GrStRefG) und konnte mit den Stimmen der Regierungsparteien beschlossen werden. Die Umsetzung des Gesetzes liegt nun maßgeblich bei den Bundesländern und Kommunen, die von der Grundsteuer profitieren.
Die Änderung des Grundgesetzes war nötig, damit die Bundesländer mehr Kompetenzen erhalten. So haben die Bundesländer nun die Möglichkeit, mehr Einfluss auf Ausgestaltung der Grundsteuer zu nehmen. Damit ist auch der Weg für eine Öffnungsklausel frei.
Eine Öffnungsklausel besagt nichts anderes, als dass es einzelnen Bundesländer möglich ist, vom Bundesmodell abzuweichen und eigene Berechnungsmodelle gelten zu lassen. Dadurch wurde verhindert, dass die Bundesländer zwei Erklärungen über die Steuereinnahmen abgeben müssen. Die weitere Erklärung wäre dann die Basis für den Länderfinanzausgleich – doch das ist nun vom Tisch.
Genaue Aussagen dazu, wie sich die Grundsteuer auswirkt, gibt es zurzeit noch nicht. Der Hauptgrund: Die neue Grundsteuerreform wird erst ab 2025 wirksam. Alle Berechnungen hierzu müssen noch vorgenommen werden. Die Bundesländer haben damit auch genug Zeit zu überlegen, ob sie sich dem Modell von Bundesfinanzminister Scholz (SPD) anschließen oder durch die Öffnungsklausel ein eigenes Modell entwickeln wollen. Das gewählte Modell soll aufkommensneutral sein, also keine Mehrbelastung für Eigentümer bedeuten.
Ob dies nicht doch zu einer höheren Steuerbelastung führt, ist unklar. Zumal auch die Kommunen mitspielen müssen. Manch klamme Kommune könnte also doch auf die Idee kommen, den Hebesatz nicht so stark anzupassen und damit eine Steuererhöhung durchzuführen. Zwar hat der Deutsche Städtetag – die Interessenvertretung von Städten und Kommunen – verlautbaren lassen, es käme zu keiner Steuererhöhung, das ist aber eher als Absichtserklärung zu verstehen und keine rechtsgültige und endgültige Feststellung.
In erster Linie zielt die Grundsteuerreform auf die Beseitigung von Ungerechtigkeiten ab. Nach Auffassung des Bundesverfassungsgerichtes haben sich die Grundsteuerzahlungen von den tatsächlichen Immobilienwerten zu weit entfernt. Heute ist es möglich, dass benachbarte Immobilien unterschiedlich bewertet werden.
So sind Beispiele aus Düsseldorf (Stadtteil Unterbilk) bekannt, wo es Unterschiede von deutlich mehr als dem Dreifachen bei der Grundsteuer gibt – von circa 840 bis zu 3.050 Euro für ein vergleichbares Mehrfamilienhaus. Diese Ungerechtigkeit soll mit der Grundsteuerreform beseitigt werden.
Jedoch müssen auch die Kommunen bei der Neuregelung mitspielen. Inwieweit durch Anpassungen die Grundsteuer diesem Anspruch gerecht wird, ohne dass es zu größeren Mehrbelastungen bei bislang begünstigten Immobilieneigentümern kommt, bleibt abzuwarten.
Ab dem 1. Januar 2025 wird dann die neue Grundsteuer fällig werden. Der lange Vorlauf ist auch nötig, da zunächst die Grundstückswerte und die statistischen Miethöhen genau ermittelt werden müssen. Dazu haben die Behörden bis zum 31. Dezember 2022 Zeit. Dann muss alle sieben Jahre eine Neubewertung aller Grundstücke vorgenommen werden. Die komplette Neuberechnung erfolgt schließlich im Jahr 2024.
Wichtig bei der Neuregelung sind zwei Aspekte: Zum einen soll der Großteil der Eigentümer von einer Steuererhöhung verschont werden, die Gemeinden damit auch keinen Gewinn erzielen, andererseits aber soll in bestimmten Fällen auch eine Herabsetzung der Steuerlast möglich sein.
Dies gilt insbesondere für Sozialwohnungen, Genossenschaftsobjekte oder kommunale und gemeinnützige Wohnungsbaugesellschaften. Der zweite Aspekt zielt darauf ab, dass weiterhin der Wert der Immobilie der entscheidende Faktor bei der Bestimmung der Steuerhöhe ist. Und nicht zuletzt gibt es auch eine neue Grundstücksart – bislang waren dies A und B – nun kommt noch C hinzu.
Die folgenden Parameter beeinflussen die Höhe der Grundsteuer:
- Grundbesitzwerte
- Ausgleich für Wertsteigerungen
- Hebesätze der Kommunen
- Geschäftsgrundstücke
- Land- und forstwirtschaftliche Grundstücke
- Völlig neu sind Grundstücke der Klasse C und die
- Öffnungsklausel
Als erstes wird der sogenannte Grundbesitzwert ermittelt. Dieser richtet sich zunächst nach dem Bodenrichtwert und wird über weitere Faktoren modifiziert. Das ist im Weiteren die statistisch berechnete Nettokaltmiete des Ortes. Wichtig ist dabei die Mietniveaustufe, die durch die Lage innerhalb einer Stadt bestimmt wird. Für kleinere Orte oder Ortsteile kann es auch eine einheitliche Mietniveaustufe geben. Je höher die Mietniveaustufe, desto höher die Miete. Das Mietstufenniveau wird durch die Durchschnittsmieten durch das Statistische Bundesamt (Destatis) festgelegt.
Des Weiteren gehen in die Berechnung die Grundstücksfläche, die Art der Immobilie und auch das Alter ein. Über das System "Boris" (Bodenrichtwertsystem) der Bundesländer können die einzelnen Faktoren bestimmt werden. Bis auf ein Bundesland sind alle Länder an das System angeschlossen, das über Bodenrichtwerte informiert. Als Basis dienen die ermittelten Werte der Gutachterausschüsse für Grundstückswerte (GAG) der einzelnen Bundesländer.
Im nächsten Schritt werden die Wertsteigerungen eines Grundstückes berücksichtigt. Der sogenannte Einheitswert bezieht sich im alten Modell der Grundsteuer auf die Jahre 1935 (ehemalige DDR) und 1964 (ehemalige BRD). Dies ist einer der zentralen Kritikpunkte des Bundesverfassungsgerichtes bei der Wertermittlung. Um hier einen Ausgleich zu schaffen, wird die Steuermesszahl von 0,35 Prozent (beziehungsweise ein Prozent auf dem Gebiet der ehemaligen DDR) auf 0,034 Prozent abgesenkt. Da der Einheitswert auf dem ehemaligen Gebiet der DDR aus dem Jahre 1935 stammt, ist dort auch tendenziell mit einer Erhöhung der Grundsteuer insgesamt zu rechnen.
Der dritte Teil der Berechnung wird durch die Hebesätze der Kommunen bestimmt. Diese legen in ihrer eigenen Hoheit fest, welcher Hebesatz für Immobilien und Grundstücke gelten soll. Hierauf hat der Bundesgesetzgeber somit keinen Einfluss. Es ist jedoch zu erwarten, dass die Kommunen ihre Hebesätze für Immobilien reduzieren, damit das Versprechen eingelöst wird, dass es zwar eine Verschiebung bei dem Steueraufkommen geben kann, aber eben keine Erhöhung der Steuerlast im Allgemeinen.
Bis 2024 gelten noch zwei Arten der Grundstücke, danach kommt die Grundstücksart C hinzu.
- Grundsteuer A (agrarische Nutzung)
- Grundsteuer B (bauliche Nutzung)
Die Grundsteuer A gilt für alle landwirtschaftlich oder forstwirtschaftlich genutzten Flächen, die geringer besteuert werden, im Einzelfall auch für kirchliche Grundstücke. Die Grundsteuer B gilt für alle sonstigen Grundstücke und Immobilien und damit auch für Wohn- oder Gewerbeobjekte. Ab 2025 kommt dann die Grundstücksart C mit ins Spiel. Baureife, aber unbebaute Grundstücke können Gemeinden neu in der Grundsteuer C klassifizieren.
Als baureif gelten Grundstücke, wenn sie in einem Bebauungsplan als Bauland aufgeführt sind, ihre sofortige Bebauung möglich ist und im Bebauungsgebiet die Bebauung bereits begonnen hat oder bereits abgeschlossen ist (siehe auch § 73 Bewertungsgesetz). Neu eingefügt wurde zuletzt, dass auch Baulücken zwischen zwei bebauten Grundstücken über diese Regelung zusätzlich erfasst werden.
Mit der neuen Einstufung soll der Bodenspekulation vorgebeugt werden, denn bislang konnte der Eigentümer das baureife Gebiet einfach liegen lassen und auf höhere Preise hoffen.
Durch die neue Einstufung kann die Gemeinde zukünftig einen höheren Hebesatz für baureife Grundstücke festlegen. Welche Fristen hierbei maßgeblich sind, innerhalb derer die Bebauung beginnen muss, legt ebenfalls die Kommune fest.
- Hinweis: Zur Berechnung bei Geschäftsgrundstücken oder Grundstück zur land- oder forstwirtschaftlichen Nutzung gelten andere Berechnungsmodelle, auf die an dieser Stelle nicht weiter eingegangen werden soll.
Einige Bundesländer – besonders Bayern – wünschen sich Sonderregeln bei der Berechnung der Grundsteuer. Hierzu soll eine Öffnungsklausel geschaffen werden, die vom Bundestag mit mindestens Zwei-Drittel-Mehrheit beschlossen werden muss. Dies wird im Rahmen der Verabschiedung des neuen Grundsteuergesetzes erfolgen.
Hintergrund dabei: Bayern möchte ein wertunabhängiges Modell schaffen. Da dies auch für andere Flächenländer wie beispielsweise Niedersachsen interessant ist, wird erwartet, dass von der Öffnungsklausel auch weitere Bundesländer Gebrauch machen werden. Allerdings sehen einige Beobachter diese Öffnung auch kritisch, da es so in Deutschland kein einheitliches Modell zur Berechnung mehr gibt, sondern ein Flickenteppich an unterschiedlichen Regelungen existieren würde. Und: Einige Bundesländer könnten dann mit einer etwas günstigeren Grundsteuer zusätzlich punkten.
Bislang bekamen die Kommunen durch die Grundsteuer mehr als 14 Milliarden Euro in den Stadtsäckel. Die Bundesregierung geht nun davon aus, dass die Hebesätze der Kommunen abgesenkt werden. Bei der Beispielrechnung des Bundesfinanzministeriums wird eine Absenkung des Hebesatzes von 480 Prozent auf 421 Prozent angenommen.
Berechnungen zur neuen Grundsteuer
Beispiel für die neue Berechnung der Grundsteuer |
Gemeinde Hessen, Mietstufe 4, Einfamilienhaus 120 qm |
| Zentrum, Bodenrichtwert 400 Euro | Randlage, Bodenrichtwert 200 Euro |
Bewertung Grundvermögen | 310.100 Euro | 217.200 Euro |
Steuermesszahl | x 0,034% | x 0,034% |
Hebesatz | x 421% | x 421% |
Grundsteuer | 443,87 Euro im Jahr | 310,90 Euro im Jahr |
Quelle: Bundesfinanzministerium
Grundsteuerzahlungen für verschiedene Immobilien am Beispiel von Dresden. Hier wird auch der Unterschied zwischen Grundsteuer alt und Grundsteuer neu deutlich.
Beispielstadt Dresden Stadtbereich Ost/West Grundsteuer pro Jahr |
| Etagenwohnung 76 qm Ost | Einfamilienhaus 106 qm West |
Grundsteuer alt | 216 Euro | 255 Euro |
Grundsteuer ohne Anpassung Hebesatz 635% | 269 Euro (+ 25%) | 425 Euro (+ 67%) |
Grundsteuerreform: Anpassung auf 490 % | 207 Euro (- 4 %) | 328 Euro (+ 29 %) |
Quelle: Bundesfinanzministerium
Die Beispielrechnung zeigt, dass die Grundsteuer nach der Reform sogar etwas günstiger werden kann, aber eben auch deutlich teurer. Gäbe es keine Hebesatzanpassung innerhalb der Grundsteuerreform, würden die Kosten explodieren. Sicherheitshalber sollten sich Immobilieneigentümer – besonders in den neuen Bundesländern – auf eine tendenziell höhere Grundsteuer einstellen.
Letztendlich legen aber die Kommunen den Hebesatz nach eigenen Ermessen fest. Es heißt also abzuwarten, was die neue Grundsteuer ab 2025 bringt und welche Kosten dann anfallen. Mit der Öffnungsklausel hat es zumindest Bayern in der Hand, die Grundsteuer noch zusätzlich zu regulieren.