Dass die neue Grundsteuer kommt, steht seit dem 08. November 2019 fest. Das neue Gesetz trägt dann den Namen Grundsteuer-Reformgesetz (GrStRefG) und konnte mit den Stimmen der Regierungsparteien beschlossen werden. Die Umsetzung des Gesetzes liegt nun maßgeblich bei den Bundesländern und Kommunen, die von der Grundsteuer profitieren.
Die Änderung des Grundgesetzes war nötig, damit die Bundesländer mehr Kompetenzen erhalten. So haben die Bundesländer nun die Möglichkeit, mehr Einfluss auf Ausgestaltung der Grundsteuer zu nehmen. Damit ist auch der Weg für eine Öffnungsklausel frei.
Eine Öffnungsklausel besagt nichts anderes, als dass es einzelnen Bundesländer möglich ist, vom Bundesmodell abzuweichen und eigene Berechnungsmodelle gelten zu lassen. Dadurch wurde verhindert, dass die Bundesländer zwei Erklärungen über die Steuereinnahmen abgeben müssen. Die weitere Erklärung wäre dann die Basis für den Länderfinanzausgleich – doch das ist nun vom Tisch.
Erste Bundesländer legen Pläne offen und beschließen die Änderungen
Als erstes Bundesland hat Baden-Württemberg eine veränderte Grundsteuer verabschiedet. Am 4. November 2020 wurde ein Modell mit einem modifizierten Bodenwert beschlossen. Ab 2025 sollen der Bodenwert und die Grundstücksfläche als Basis für die Berechnung gelten. Damit sollen die Eigentümer von Wohngebäuden entlastet, in größeren Städten die Eigentümer von ungenutzten Brachflächen hingegen höher zur Kasse gebeten werden. Ob eine Entlastung jedoch zustande kommt, hängt von den Kommunen ab, die noch die sogenannten Hebesätze anpassen müssen. Insoweit ist eine tatsächliche Steuererhöhung in Baden-Württemberg nicht ausgeschlossen. Eine genaue Darstellung der steuerlichen Auswirkungen ist im Moment nicht möglich, hierzu müssten erst alle Kommunen die neuen Hebesätze veröffentlichen.
Bayern beschloss am Nikolaustag 2020 im Kabinett die Neuregelung der Grundsteuer. Entgegen der Neuregelung in Baden-Württemberg steht hier nicht der Wert des Grundstücks im Fokus. Die Höhe der Steuer bemisst sich nach der Grundstücksfläche und der Gebäudefläche. Auf die Grundstücksfläche entfallen vier Cent pro Quadratmeter, auf die Gebäudefläche 50 Cent pro Quadratmeter. Bei der Gebäudefläche ist ein Abschlag von bis zu 30 Prozent bei der Nutzung als Wohnraum möglich, darüber hinaus sind Abschläge für denkmalgeschützte Gebäude, besondere Grundstücke oder den sozialen Wohnungsbau vorgesehen.
Auch in Hamburg wurden die Eckpunkte für die Berechnung der Grundsteuer festgelegt. Am 1. September 2020 wurde bestimmt, dass die Grundstücksfläche und die Wohnlage als Maßstab dienen. Bei den Wohnlagen will man sich an der Differenzierung durch den Mietspiegel orientieren. Auf die Grundstücksfläche fallen zwei Cent an, auf die Gebäudefläche 40 Cent jeweils je Quadratmeter, für Wohnanlagen soll es Vergünstigungen geben. Für brachliegende Grundstück soll die neue Grundsteuer C gelten. Liegt eine Baugenehmigung vor, wird das Grundstück aber nicht zeitnah bebaut, soll die erhöhte Grundsteuer C gelten.
In den meisten anderen Bundesländern ist man noch nicht so weit. Saarland, Sachsen und Hessen wollen die Möglichkeit der Öffnungsklausel nutzen und ein eigenes Model für die Grundsteuer entwickeln. Niedersachsen möchte sich am bayrischen Modell orientieren. In allen drei Fällen steht noch nicht fest, wann die Eckpunkte zur neuen Grundsteuer veröffentlicht werden. Berlin, Brandenburg, Bremen, Rheinland-Pfalz, Sachsen-Anhalt und Thüringen setzen auf das Modell des Bundes mit den Bestandteilen: Grundstücksfläche, Bodenrichtwert, Nettokaltmiete. Immobilienart, Gebäudefläche und Gebäudealter. Noch keine Entscheidungen sind in Mecklenburg-Vorpommern, Nordrhein-Westfalen und Schleswig-Holstein getroffen worden.
Warum eine Reform der Grundsteuer nötig wurde
In erster Linie zielt die Grundsteuerreform auf die Beseitigung von Ungerechtigkeiten ab. Nach Auffassung des Bundesverfassungsgerichtes haben sich die Grundsteuerzahlungen von den tatsächlichen Immobilienwerten zu weit entfernt. Heute ist es möglich, dass benachbarte Immobilien unterschiedlich bewertet werden.
So sind Beispiele aus Düsseldorf (Stadtteil Unterbilk) bekannt, wo es Unterschiede von deutlich mehr als dem Dreifachen bei der Grundsteuer gibt – von circa 840 bis zu 3.050 Euro für ein vergleichbares Mehrfamilienhaus. Diese Ungerechtigkeit soll mit der Grundsteuerreform beseitigt werden.
Jedoch müssen auch die Kommunen bei der Neuregelung mitspielen. Inwieweit durch Anpassungen die Grundsteuer diesem Anspruch gerecht wird, ohne dass es zu größeren Mehrbelastungen bei bislang begünstigten Immobilieneigentümern kommt, bleibt abzuwarten.
Die neue Grundsteuer - Bundesmodell
Ab dem 1. Januar 2025 wird dann die neue Grundsteuer fällig werden. Der lange Vorlauf ist auch nötig, da zunächst die Grundstückswerte und die statistischen Miethöhen genau ermittelt werden müssen. Dazu haben die Behörden bis zum 31. Dezember 2022 Zeit. Dann muss alle sieben Jahre eine Neubewertung aller Grundstücke vorgenommen werden. Die komplette Neuberechnung erfolgt schließlich im Jahr 2024.
Wichtig bei der Neuregelung sind zwei Aspekte: Zum einen soll der Großteil der Eigentümer von einer Steuererhöhung verschont werden, die Gemeinden damit auch keinen Gewinn erzielen, andererseits aber soll in bestimmten Fällen auch eine Herabsetzung der Steuerlast möglich sein.
Dies gilt insbesondere für Sozialwohnungen, Genossenschaftsobjekte oder kommunale und gemeinnützige Wohnungsbaugesellschaften. Der zweite Aspekt zielt darauf ab, dass weiterhin der Wert der Immobilie der entscheidende Faktor bei der Bestimmung der Steuerhöhe ist. Und nicht zuletzt gibt es auch eine neue Grundstücksart – bislang waren dies A und B – nun kommt noch C hinzu.
Die folgenden Parameter beeinflussen die Höhe der Grundsteuer:
- Grundbesitzwerte
- Ausgleich für Wertsteigerungen
- Hebesätze der Kommunen
- Geschäftsgrundstücke
- Land- und forstwirtschaftliche Grundstücke
- Völlig neu sind Grundstücke der Klasse C und die
- Öffnungsklausel
Grundbesitzwert
Als erstes wird der sogenannte Grundbesitzwert ermittelt. Dieser richtet sich zunächst nach dem Bodenrichtwert und wird über weitere Faktoren modifiziert. Das ist im Weiteren die statistisch berechnete Nettokaltmiete des Ortes. Wichtig ist dabei die Mietniveaustufe, die durch die Lage innerhalb einer Stadt bestimmt wird. Für kleinere Orte oder Ortsteile kann es auch eine einheitliche Mietniveaustufe geben. Je höher die Mietniveaustufe, desto höher die Miete. Das Mietstufenniveau wird durch die Durchschnittsmieten durch das Statistische Bundesamt (Destatis) festgelegt.
Des Weiteren gehen in die Berechnung die Grundstücksfläche, die Art der Immobilie und auch das Alter ein. Über das System "Boris" (Bodenrichtwertsystem) der Bundesländer können die einzelnen Faktoren bestimmt werden. Bis auf ein Bundesland sind alle Länder an das System angeschlossen, das über Bodenrichtwerte informiert. Als Basis dienen die ermittelten Werte der Gutachterausschüsse für Grundstückswerte (GAG) der einzelnen Bundesländer.
Im nächsten Schritt werden die Wertsteigerungen eines Grundstückes berücksichtigt. Der sogenannte Einheitswert bezieht sich im alten Modell der Grundsteuer auf die Jahre 1935 (ehemalige DDR) und 1964 (ehemalige BRD). Dies ist einer der zentralen Kritikpunkte des Bundesverfassungsgerichtes bei der Wertermittlung. Um hier einen Ausgleich zu schaffen, wird die Steuermesszahl von 0,35 Prozent (beziehungsweise ein Prozent auf dem Gebiet der ehemaligen DDR) auf 0,034 Prozent abgesenkt. Da der Einheitswert auf dem ehemaligen Gebiet der DDR aus dem Jahre 1935 stammt, ist dort auch tendenziell mit einer Erhöhung der Grundsteuer insgesamt zu rechnen.
Der dritte Teil der Berechnung wird durch die Hebesätze der Kommunen bestimmt. Diese legen in ihrer eigenen Hoheit fest, welcher Hebesatz für Immobilien und Grundstücke gelten soll. Hierauf hat der Bundesgesetzgeber somit keinen Einfluss. Es ist jedoch zu erwarten, dass die Kommunen ihre Hebesätze für Immobilien reduzieren, damit das Versprechen eingelöst wird, dass es zwar eine Verschiebung bei dem Steueraufkommen geben kann, aber eben keine Erhöhung der Steuerlast im Allgemeinen.
Neue Grundstücksart C bei der Grundsteuer
Bis 2024 gelten noch zwei Arten der Grundstücke, danach kommt die Grundstücksart C hinzu.
- Grundsteuer A (agrarische Nutzung)
- Grundsteuer B (bauliche Nutzung)
Die Grundsteuer A gilt für alle landwirtschaftlich oder forstwirtschaftlich genutzten Flächen, die geringer besteuert werden, im Einzelfall auch für kirchliche Grundstücke. Die Grundsteuer B gilt für alle sonstigen Grundstücke und Immobilien und damit auch für Wohn- oder Gewerbeobjekte. Ab 2025 kommt dann die Grundstücksart C mit ins Spiel. Baureife, aber unbebaute Grundstücke können Gemeinden neu in der Grundsteuer C klassifizieren.
Als baureif gelten Grundstücke, wenn sie in einem Bebauungsplan als Bauland aufgeführt sind, ihre sofortige Bebauung möglich ist und im Bebauungsgebiet die Bebauung bereits begonnen hat oder bereits abgeschlossen ist (siehe auch § 73 Bewertungsgesetz). Neu eingefügt wurde zuletzt, dass auch Baulücken zwischen zwei bebauten Grundstücken über diese Regelung zusätzlich erfasst werden.
Mit der neuen Einstufung soll der Bodenspekulation vorgebeugt werden, denn bislang konnte der Eigentümer das baureife Gebiet einfach liegen lassen und auf höhere Preise hoffen.
Durch die neue Einstufung kann die Gemeinde zukünftig einen höheren Hebesatz für baureife Grundstücke festlegen. Welche Fristen hierbei maßgeblich sind, innerhalb derer die Bebauung beginnen muss, legt ebenfalls die Kommune fest.
- Hinweis: Zur Berechnung bei Geschäftsgrundstücken oder Grundstücken zur land- oder forstwirtschaftlichen Nutzung gelten andere Berechnungsmodelle, auf die an dieser Stelle nicht weiter eingegangen werden soll.
Öffnungsklausel zur Berechnung der Grundsteuer
Einige Bundesländer – besonders Bayern – wünschen sich Sonderregeln bei der Berechnung der Grundsteuer. Hierzu wurde eine Öffnungsklausel erwirkt.
Hintergrund dabei: Bayern möchte ein wertunabhängiges Modell schaffen. Da dies auch für andere Flächenländer wie beispielsweise Niedersachsen interessant ist, wird erwartet, dass von der Öffnungsklausel auch weitere Bundesländer Gebrauch machen werden. Allerdings sehen einige Beobachter diese Öffnung auch kritisch, da es so in Deutschland kein einheitliches Modell zur Berechnung mehr gibt, sondern ein Flickenteppich an unterschiedlichen Regelungen existieren würde. Und: Einige Bundesländer könnten dann mit einer etwas günstigeren Grundsteuer zusätzlich punkten.
Wie sich die neue Grundsteuer berechnet
Bislang bekamen die Kommunen durch die Grundsteuer mehr als 14 Milliarden Euro in den Stadtsäckel. Die Bundesregierung geht nun davon aus, dass die Hebesätze der Kommunen abgesenkt werden. Bei der Beispielrechnung des Bundesfinanzministeriums wird eine Absenkung des Hebesatzes von 480 Prozent auf 421 Prozent angenommen.
Berechnungen der neuen Grundsteuer
Beispiel für die neue Berechnung der Grundsteuer |
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Gemeinde Hessen, Mietstufe 4, Einfamilienhaus 120 qm |
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Zentrum, |
Randlage, |
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Bewertung Grundvermögen |
310.100 Euro |
217.200 Euro |
Steuermesszahl |
x 0,034% |
x 0,034% |
Hebesatz |
x 421% |
x 421% |
Grundsteuer |
443,87 Euro im Jahr |
310,90 Euro im Jahr |
Quelle: Bundesfinanzministerium
Die folgende Tabelle zeigt Grundsteuerzahlungen für verschiedene Immobilien am Beispiel von Dresden. Hier wird auch der Unterschied zwischen der alten Grundsteuer und der neuen Grundsteuer deutlich.
Beispielstadt Dresden Stadtbereich Ost/West Grundsteuer pro Jahr |
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Etagenwohnung |
Einfamilienhaus |
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Grundsteuer alt |
216 Euro |
255 Euro |
Grundsteuer ohne Anpassung Hebesatz 635% |
269 Euro ( 25 %) |
425 Euro ( 67 %) |
Grundsteuerreform: Anpassung auf 490 % |
207 Euro (- 4 %) |
328 Euro ( 29 %) |
Quelle: Bundesfinanzministerium
Die Beispielrechnung zeigt, dass die Grundsteuer nach der Reform sogar etwas günstiger werden kann, aber eben auch deutlich teurer. Gäbe es keine Hebesatzanpassung innerhalb der Grundsteuerreform, würden die Kosten explodieren. Sicherheitshalber sollten sich Immobilieneigentümer – besonders in den neuen Bundesländern – auf eine tendenziell höhere Grundsteuer einstellen.
Letztendlich legen aber die Kommunen den Hebesatz nach eigenen Ermessen fest. Es heißt also abzuwarten, was die neue Grundsteuer ab 2025 bringt und welche Kosten dann anfallen. Mit der Öffnungsklausel hat es zumindest Bayern in der Hand, die Grundsteuer noch zusätzlich zu regulieren.