Wenn das Eigentum nicht mehr zu einem passt
Zu groß oder zu klein, zu laut oder zu abgelegen, zu viele Treppen oder zu wenig Natur - mit solchen Problemen schlagen sich nicht nur Mieter herum, sondern auch Eigenheimbewohner. Für die einen wird das Haus im Grünen zur Last. Die Kinderzimmer sind verwaist. Trotzdem muss alles gepflegt und in Schuss gehalten werden. Dachrinnen reinigen, Obstbäume und Hecken beschneiden, Unkraut jäten, Schnee schippen - wie lange wird man das noch schaffen?
Deshalb denken immer mehr Eigentümer daran, ihr Haus zu verkaufen und in eine kleine komfortable Eigentumswohnung zu ziehen. Für die anderen ist die erste eigene Immobilie auch nicht mehr der passende Ort. Es fehlt ein Zimmer für den Nachwuchs oder der Balkon, Platz fürs Home-Office oder das Au-Pair. Ein Haus am Stadtrand wäre schön, aber der Markt ist ziemlich leergefegt. Die Suche nach etwas Passendem wird wohl länger dauern. Deshalb scheuen sich sowohl der Haus- als auch der Wohnungsbesitzer ihre Immobilien zum Verkauf anzubieten, bevor sie fündig geworden sind - ein Teufelskreis.
Partnersuche auf dem Immobilienmarkt
Der eine hat, was der andere sucht und umgekehrt - sie müssten sich nur finden. Bei Dirk Wullkopf, Immobilienmakler in Hamburg, gingen zufällig gleichzeitig zwei Anfragen ein, die wie zwei Puzzleteile in einander passten: Eine Familie suchte ein Haus und wollte dafür ihre Wohnung im Stadtteil Ottensen verkaufen. Und ein älterer Herr plante, sich von seinem Haus zu trennen und eine zentraler gelegene Eigentumswohnung zu erwerben. Beide wünschten sich die gleichzeitige Abwicklung von Verkauf und Kauf, um lästige Übergangslösungen zu vermeiden. Wullkopf vereinbarte gegenseitige Besichtigungstermine und ein paar Wochen später fand der Umzug statt. Damit war eine neue Geschäftsidee geboren: der Immobilientausch.
Wer seine selbst bewohnte Immobilie veräußern und eine neue erwerben möchte, hat immer ein Problem mit dem Timing. Was findet man wohl schneller: einen Käufer oder das Traumobjekt. Um nicht auf der Straße zu sitzen, halten sich die meisten Eigentümer zunächst mit dem Angebot der Immobilie zurück, sie steht dem Markt also nicht zur Verfügung. Dieses Dilemma durchbricht der Immobilientausch, den mittlerweile viele Makler anbieten.
Die ersten Schritte in Richtung Immobilientausch sind:
- Der Makler erhält alle wichtigen Daten über die zum Verkauf stehende und die gesuchte Immobilie
- Das Objekt wird besichtigt, falls gewünscht ein Wertgutachten erstellt und in die Tausch-Datenbank aufgenommen
- Sobald der Makler bzw. ein Rechner mögliche Tauschpartner ausmachen, erhalten beide die jeweiligen Angebote
- Bei gegenseitigem Interesse stellt der Makler den Kontakt her und vereinbart Besichtigungstermine.
Ein paar Unterschiede zwischen Immobilienmaklern gibt es allerdings. So wird der Umgang mit den Daten der Verkaufs- und Suchobjekte ganz verschieden gehandhabt. Bei einigen wie etwa "Das Maklerteam" in Landsberg am Lech oder SB Immobilien in Stuttgart erscheinen die Objekte nicht auf der Internetseite. Sie landen in einem geschlossenen Pool.
Andere wie Aigner in München veröffentlichen zwar die zum Verkauf stehenden Immobilien, nicht aber, was im Gegenzug dafür gesucht wird. Bei Andreas Mayr am Bodensee herrscht dagegen Offenheit: Wie sonst auch üblich wird das Kaufobjekt relativ detailliert ohne Namen und Adresse vorgestellt und die gesuchte Immobilie kurz skizziert - was sinnvoll erscheint. Denn sicherlich gibt es viele potentielle Immobilienwechsler, die genau vor dieser Problematik des Timings stehen und noch nie etwas von Immobilientausch gehört haben.
Ein weiteres wichtiges Kriterium für Verkäufer ist die Frage der Exklusivität. Während manche Makler von den Kunden die alleinigen Vermarktungsrechte erwarten und einen schriftlichen Auftrag über Verkauf und Kauf verlangen, sind bei anderen Registrierung und Bewertung des Objekts unverbindlich und kostenlos. Dies ist für alle von Vorteil, die zeitlich unter Druck stehen und den Tausch vielleicht nur als eine von mehreren Optionen ansehen. Ihnen bleibt die Möglichkeit, auf verschiedenen Kanälen ihr Objekt anzubieten und nach einem passenden Ersatz zu suchen.
Ring-Tausch-Varianten
Schnelle Erfolge beim Immobilientausch darf man nicht erwarten. Denn nach den einstimmigen Erfahrungen aller Anbieter gibt es weit mehr verkaufswillige Haus- als Wohnungsbesitzer. Es ist die Elterngeneration zwischen 50 und 65 Jahren, die es aus der Eigenheimsiedlung am Rand der Stadt zurück ins Zentrum zieht.
Junge Familien aber, die ein Haus suchen, besitzen nicht so häufig bereits eine Eigentumswohnung. Allerdings wollen ältere Verkäufer auch nicht unbedingt nochmal etwas kaufen. Ein Wechsel in eine Mietwohnung ist deshalb ebenso möglich. Für Günter Strehle von Das "Maklerteam" und Partner von Wüstenrot Immobilien, sind beim Immobilientausch mehr Varianten denkbar als der direkte Eigentumstausch. Er hat die Erfahrung gemacht, dass Ring-Tausch-Geschäfte einfacher und schneller zustande kommen. Dabei zieht beispielsweise der Hausverkäufer in eine Mietwohnung und für die Eigentumswohnung der Hauskäufer wurde ein dritter Interessent gefunden.
Bislang basiert die Partnersuche auf genauen Befragungen der Kunden durch seine Mitarbeiter, doch künftig soll dies eine Software erledigen, "die auch Tauschkonstellationen mit drei Partnern erkennen kann". An ihr wird derzeit mit Hochdruck gearbeitet, denn Strehle sieht im Immobilientausch ein in der Zukunft noch ausbaufähiges und erfolgversprechendes Konzept.
"Allerdings wird hierzu eine Menge an Expertise in Sachen realistischer Bewertung der Tauschobjekte, rechtssicherer Tauschgeschäfte und Nebenleistungen wie Umzugs- und Ausräumservice/Handwerker usw. nötig sein, um das Paket gerade für ältere Menschen verständlich, sicher, erklärbar, rund und gut zu machen."
Wichtig im Vorfeld: den Wert der Immobilie richtig einschätzen
Wer vor 30 Jahren ein Haus gebaut oder renoviert hat, fühlt sich darin natürlich nach wie vor wohl. Abnutzungserscheinungen und Mängel werden ebenso ausgeblendet wie der Wandel im Geschmack. "Viele Senioren überschätzen den Wert ihres Eigenheims", so die Erfahrung von Dennis Marzahn von Wettengl + Marzahn Immobilien in Augsburg.
Dann ist die Enttäuschung groß, wenn für den Erlös eines älteren Hauses beispielsweise rund um München keine Eigentumswohnung im Zentrum der bayerischen Hauptstadt finanzierbar ist. Denn dort sind die Preise in den letzten zehn Jahren um durchschnittlich 120 Prozent gestiegen, während ältere freistehende Häuser im Umland nur um die Hälfte an Wert gewonnen haben.
Um einen realistischen, fairen Tausch zu ermöglichen, "müssten sich beide Interessenten auf einen unabhängigen Sachverständigen einigen, der den Wert ihrer beiden Immobilien ermittelt - und dann auch dessen Wertgutachten akzeptieren", empfiehlt Peter-Georg Wagner vom Immobilienverband Deutschland. Dabei legt der Fachmann nicht nur einen realistischen Kaufpreis fest, sondern fördert auch alle Mängel zu Tage und damit den nötigen Renovierungsbedarf.
Das ist bei einem älteren Haus unbedingt zu empfehlen, denn marode Elektroleitungen und Wasserrohre, die Wärmeeffizienz von Fenstern oder ein ungedämmtes Dach erkennt man bei einer Besichtigung nicht mit bloßem Auge. Gibt es gar Nässeschäden, morsche Dachbalken oder verbaute giftige Materialien wie Asbest kann die Renovierung schnell zu einer Kostenexplosion führen.
Aber auch beim Wohnungskauf erwarten den ehemaligen Hausbesitzer manche Überraschungen. Zunächst einmal sollte man sich darüber im Klaren sein: Mit Schalten und Walten wie man möchte, ist es in einer Wohneigentümergemeinschaft (WEG) vorbei. Obwohl man Eigentümer der Wohnung ist, kann man deren Haustür oder Fenster nicht einfach austauschen, das Balkongeländer in einer anderen Farbe streichen, ein Sonnensegel im Mauerwerk verankern oder eine zusätzliche Bio-Tonne ordern und neben den Müll-Containern abstellen.
Bei allen Fragen, die die Gesamtoptik des Hauses und die Anlage drumherum wie Eingangsbereich, Garagen, Fahrradständer etc. betreffen, entscheidet die Eigentümergemeinschaft. Auskunft über Rechte und Pflichten in der WEG gibt die Teilungserklärung, die man vor dem Kauf gründlich studieren sollte.
Protokolle der Eigentümerversammlungen checken
Außerdem sollte man sich die Protokolle der Eigentümerversammlungen der letzten Jahre ansehen. Durch sie erfährt man, ob beispielsweise eine teure energetische Sanierung, der Einbau eines Aufzugs oder andere Renovierungsarbeiten bereits beschlossen wurden und/oder welche Mängel und deren Behebung im Raum stehen. Handelt es sich um umfangreiche Baumaßnahmen, könnte die Instandhaltungsrücklage nicht ausreichen und auf den neuen Eigentümer gleich zusätzliche Kosten zukommen. Hier gilt es genau zu prüfen, was man finanziell stemmen kann. Ist zusätzlich zum Kapital aus dem Hausverkauf ein Kredit nötig, muss man die Finanzierung ebenfalls vor dem Tauschkauf sicherstellen.