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Gerichtsverfahren

EuGH: Wie wichtig ist der Schufa-Score?

Franziska Baum
Redakteurin
Aktualisiert am: 24.10.2023

Auf einen Blick

  • Der Schufa-Score gilt als Anhaltspunkt für die Kreditwürdigkeit und Zahlungsfähigkeit von Verbraucherinnen und Verbrauchern.
  • Der EuGH stellt aktuell die Frage, wie wichtig der automatisch berechnete Schufa-Score sein darf.
  • Die Auskunftei hat im Zuge des Verfahrens ein Schreiben versendet, welches nun für Verwirrung sorgt.
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Das erwartet Sie in diesem Artikel

  1. Schufa schreibt Geschäftskunden an
  2. Wie der Schufa-Score Verbraucher beeinträchtigt
  3. Unternehmen zeigen sich irritiert

Neues Konto, den Telefonanbieter wechseln oder sich für eine freie Wohnung bewerben – nichts geht ohne die Auskunft der Schufa. Doch ein laufendes Verfahren vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) könnte das Modell ins Wanken bringen. Denn bei diesem Prozess geht es um die Frage: Wie wichtig darf der automatisch berechnete Schufa-Score für die Entscheidungsfindung sein, ob Verbraucher einen Vertrag erhalten oder nicht?

 

Schufa schreibt Geschäftskunden an

Geschäftskunden haben von der Schufa vor Kurzem ein vertrauliches Schreiben erhalten, das NDR und Süddeutscher Zeitung vorliegt. In dem Schreiben fordert die Schufa ihre Geschäftspartner auf, unter anderem zu bestätigen, dass der Schufa-Score „nicht zu einer automatischen Ablehnung eines Vertragsabschlusses“ führt und eine „Vertragsentscheidung nicht bereits vorwegnimmt“. Der Schufa-Score dürfe „kein K.o.-Kriterium für die Begründung eines Vertragsverhältnisses“ sein.

Hintergrund: Der Generalanwalt des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) hatte bereits im Frühjahr durchblicken lassen, dass der Schufa-Score womöglich nicht mit der europäischen Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) vereinbar ist. Laut Paragraf 22 Absatz 1 DSGVO darf eine Entscheidung, die gegenüber einer Person „rechtliche Wirkung entfaltet oder sie in ähnlicher Weise erheblich beeinträchtigt“, nicht „ausschließlich auf einer automatisierten Verarbeitung – einschließlich Profiling“ – beruhen. Wenn aber zum Beispiel ein Mobilfunkanbieter den Schufa-Score als alleiniges Kriterium heranzieht, ob ein Handyvertrag zustande kommt oder nicht, könnte es sich um solch eine automatisierte Entscheidung handeln.

Die Schufa selbst versucht gegenüber NDR und SZ zu beschwichtigen: "Wir gehen nach aktuellem Kenntnisstand davon aus, dass der Score in aller Regel nicht maßgeblich für die Entscheidungsfindung ist", heißt es. Offenbar will man sich diesbezüglich noch einmal absichern, bevor der EuGH demnächst sein Urteil spricht. Die Schufa versucht scheinbar mit allen Mitteln zu beweisen, dass der Score doch gar nicht so wichtig ist, wie alle immer annehmen.

 

Wie der Schufa-Score Verbraucher beeinträchtigt

Sie haben gerade Fragezeichen auf der Stirn? Das geht nicht nur Ihnen so. Viele der angeschriebenen Geschäftskunden fragen sich ebenfalls, was das Schreiben soll. Schließlich ist der Schufa-Score für die Beurteilung der Kreditwürdigkeit von immenser Bedeutung. Je niedriger der Score ist, desto schlechter sind Ihre Aussichten als Verbraucher oder Verbraucherin, einen Vertrag oder einen guten Kredit zu erhalten. Bei einem Score unter 90 kann es da schon schwierig werden.

Normal ist es so, dass der Score der Schufa aus vielen Daten, wie der Anzahl an Krediten und Zahlungsausfällen errechnet wird. Die genaue Methode ist allerdings ein Geschäftsgeheimnis. Dennoch will die Schufa transparenter werden und hat auf der eigenen Seite konkrete Merkmale genannt, die in die Berechnung einfließen, auch wenn nicht alle Kriterien bislang offengelegt sind. Sie wollen ein Girokonto ohne Schufa beantragen? In einem weiteren Artikel auf biallo.de erklären wir Ihnen, wo Sie ohne Schufa-Abfrage oder trotz eines negativen Schufa-Eintrages ein Girokonto eröffnen können.

 

Unternehmen zeigen sich irritiert

Die angeschriebenen Unternehmen zeigen sich laut NDR und SZ bisweilen irritiert. Gerade für Telekommunikationsfirmen, Versandhändler und Onlineshops ist der Score besonders bedeutsam, da sie nicht viel über Neukunden wissen. Vermutlich hängt die Entscheidung, ob Verbraucher einen Vertrag bei diesen Unternehmen bekommen, zum Großteil vom Score ab. Die Frage ist, wie die Unternehmen reagieren werden. Lassen sie die Schufa hängen, weil das Schreiben eigentlich das Gegenteil behauptet? Nämlich dass der Score gar nicht so wichtig ist?

Wir sind gespannt, wie sich der Europäische Gerichtshof entscheiden wird. Sollte die Entscheidung gegen die Schufa fallen, ist das Unternehmen gezwungen, umzudenken und sich neu zu strukturieren. Solch ein Urteil könnte weitreichende Folgen haben. Beispiel Wohnungsmakler: Bisher wurde bei der Wohnungssuche die Bonitätsauskunft verlangt. Wer schlecht bewertet war, hatte geringere Chancen, die Wohnung zu bekommen. Vermutlich dürfte nach einem Urteil gegen die Schufa die Bonitätsauskunft nicht mehr zwingend angefordert werden.

Update 24. Oktober 2023

Auch wenn der EuGH noch keine Entscheidung gefällt hat, gibt es erste Veränderungen bei der Schufa. Laut Medienberichten löscht die Auskunftei gerade die Daten von 20 Millionen Handynutzern. Auf ihrer Webseite schreibt die Schufa dazu: 

Telekommunikationsunternehmen und die Schufa haben entschieden, Informationen zu Vertragskonten aus dem Telekommunikationsbereich zu löschen. Es handelt sich um sogenannte Positivdaten, die im Besonderen zum Schutz vor Betrug und Datenmissbrauch durch Dritte an die SCHUFA gemeldet wurden. Die Löschung startet am 20. Oktober 2023. 

Nach wie vor sollen Informationen zu Zahlungsausfällen an die Schufa gemeldet und im Rahmen von Bonitätsscores und -auskünften verarbeitet werden. Die Auswirkung auf den Score sei laut der Auskunftei gering. Bei 53 Prozent würde der Score leicht sinken und bei 47 Prozent leicht steigen. Ihren aktuellen Basisscore können Sie jederzeit als Datenkopie kostenfrei anfordern. Der Score wird immer zu Beginn eines Quartals aktualisiert. 

Verbraucherschützer, die schon lange für weniger Datenspeicherung bei der Schufa werben, wird dieser Schritt besonders freuen. Kritisch dagegen sehen einige Anwälte die Löschaktion. So gibt es Kanzleien, die wegen der unberchtigten Datenweitergabe im Namen von Tausenden Verbrauchern Klage einreichen und Schadenersatz im vierstelligen Bereich fordern wollten. Denen werden die Beweise durch die Löschung der Daten genommen. Nach der Löschung ist nicht mehr feststellbar, welche Daten die Mobilfunkbetreiber illegal an die Schufa weitergegeben haben.

Update Ende

Was denken Sie, wie sich der EuGH entscheiden wird? Welche Entscheidung wünschen Sie sich? Uns interessiert Ihre Meinung zu diesem Thema. Gern können Sie uns diese an redaktion@biallo.de senden. Und wenn Sie keine Neuigkeiten aus dem Bereich Finanzen verpassen möchten, empfehlen wir Ihnen, unseren kostenlosen Newsletter zu abonnieren.

Über die Redakteurin Franziska Baum

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Bereits in ihrer Schulzeit war Franziska für die Jugendredaktion der Sächsischen Zeitung tätig. Nach ihrem Germanistik-Studium in Dresden sammelte sie weitere Erfahrungen als Online-Redakteurin bei führenden Technik-Magazinen und später im Verbraucherschutz. Seit 2016 war Franzi (so ihr Spitzname) als Redakteurin am Aufbau des Onlineportals verbraucherschutz.com (früher onlinewarnungen.de) beteiligt. Dort betreute sie unter anderem den Social Media Bereich, plante und verfasste eigene Tipps, News und Anleitungen zu aktuellen Themen. Durch diese Arbeit hat Franzi sich ein ausgeprägtes Wissen im Bereich Verbraucherschutz angeeignet. Bei biallo.de bringt sie genau dieses Wissen ein. Außerdem ist Franziska in der Leserbetreuung tätig. Ihr Ziel ist es, den Leserinnen und Lesern zu helfen und ein gutes Gefühl zu geben. 

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