Elternunterhalt & Pflegeheim: Was gilt?
Ein Platz in einem Pflegeheim ist oft die teuerste Art der Pflege. Trotzdem kann es viele gute Gründe für den Umzug ins Heim geben. Alles rund um die Kosten, Zuzahlung der Pflegekasse, Eigenanteil und Tipps für die Suche nach einem Platz im richtigen Pflegeheim erfahren Sie in einem weiteren Ratgeber von uns.
Pflegeversicherung darf Umzug ins Pflegeheim nicht ablehnen
Die Pflegeversicherung muss den Umzug ins Pflegeheim nicht genehmigen und sie darf den Umzug ins Heim nicht verhindern. Was im Übrigen auch finanziell gesehen keinen Sinn machen würde, denn die Leistungen der Pflegeversicherung für die Pflege zu Hause sind inzwischen vielfach sogar höher als die Leistungen für die Heimpflege. Daher hat der Gesundheitsausschuss des Deutschen Bundestages bei der Beratung des Pflegestärkungsgesetzes klargestellt: "Hinsichtlich der Pflegebedürftigen der Pflegegrade 2 bis 5 ist in der Regel davon auszugehen, dass sie nicht ohne gute Gründe ein vollstationäres Pflegeheim wählen, um ihre Versorgung sicherzustellen." Eine Überprüfung der Gründe und Motive für den Wechsel ins Heim stelle deshalb entweder eine unnötige Belastung des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung oder der Pflegebedürftigen selbst dar.
Das bedeutet: Pflegebedürftigen steht es – zumindest was die Pflegeversicherung betrifft – völlig frei, sich entweder für die ambulante oder die stationäre Pflege zu entscheiden. Etwas anders sieht es aber unter Umständen aus, wenn der Sozialhilfeträger mit ins Spiel kommt.
Sozialamt: Mitsprache bei Wechsel ins Pflegeheim
Wenn beim Sozialamt im Zusammenhang mit einem geplanten Einzug in ein Pflegeheim Hilfe zur Pflege beantragt wird, prüft dieses, ob ein Wechsel ins Pflegeheim notwendig ist. Hierzu regelt Paragraf 65 des zwölften Sozialgesetzbuchs: "Pflegebedürftige der Pflegegrade 2, 3, 4 oder 5 haben Anspruch auf Pflege in stationären Einrichtungen, wenn häusliche oder teilstationäre Pflege nicht möglich ist oder wegen der Besonderheit des Einzelfalls nicht in Betracht kommt." Und Paragraf 64, der die Überschrift "Vorrang" trägt, regelt: "Soweit häusliche Pflege ausreicht, soll der Träger der Sozialhilfe darauf hinwirken, dass die häusliche Pflege durch Personen, die dem Pflegebedürftigen nahestehen, oder als Nachbarschaftshilfe übernommen wird."
Welche Maßstäbe dabei für die Notwendigkeit des Heimeinzugs angelegt werden, dürfte sehr von den örtlichen Gegebenheiten abhängen. Das Hauptaugenmerk wird dabei wohl auf mögliche Alternativen zum Wechsel ins Pflegeheim gelegt werden. Hierbei wird es um Fragen gehen wie:
Die Klärung solcher Fragen ist möglicherweise durchaus im Interesse der Betroffenen. Unter Umständen kommen dabei auch interessante Alternativlösungen zustande.
Beispiel: Die 86-jährige Anne Schäfer ist in Pflegegrad 3 eingestuft und wird von ihrer berufstätigen Tochter betreut. Anne Schäfer nutzt das Angebot einer Tagespflege an drei Tagen in der Woche. An diesen Tagen bringt ihre Tochter sie morgens auf dem Weg zur Arbeit in die Tagespflegeeinrichtung und holt sie auf dem Rückweg nachmittags wieder ab. Die Tagespflege wird aus dem hierfür vorgesehenen Etat der Pflegeversicherung finanziert. Aufgrund einer Verschlechterung der gesundheitlichen Situation von Anne Schäfer wäre eine fünftägige Nutzung der Tagespflege erforderlich. Doch hierfür reicht der für die Tagespflege bei Pflegegrad 3 vorgesehene Etat der Pflegeversicherung nicht aus. Das ist ein entscheidender Grund für den Plan, ins Pflegeheim umzuziehen. In einem solchen Fall kann unter Umständen mit dem örtlichen Sozialamt vereinbart werden, dass das Amt die verbleibenden Restkosten für die Tagespflege übernimmt. Dann würde sich ein Umzug ins Heim erübrigen. Falls aber eine Betreuung in den eigenen vier Wänden nicht sichergestellt ist, darf das Sozialamt den Wechsel ins Pflegeheim nicht blockieren.
Pflegeheim: Weitgehend freie Heimwahl
Das Sozialamt darf – wenn der Wechsel ins Heim notwendig ist – die Betroffenen auch nicht zur Wahl des billigsten Heimes verpflichten. Das entschied das Bundessozialgericht (BSG) am 5. Juli 2018. Teure Seniorenresidenzen scheiden aber aus.
Die Konstellation, über die das BSG zu entscheiden hatte, wird man in Deutschland überall antreffen: Mehrere Pflegeheime stehen für Betroffene zur Auswahl (gegebenenfalls im Einzelfall auch mit längeren Wartelisten). Doch die Heimkosten sind unterschiedlich. Darf der Sozialhilfeträger dann einem Pflegebedürftigen vorschreiben, das kostengünstigste Heim zu wählen – und andernfalls die Restkostenübernahme ablehnen oder begrenzen? Genau darüber wurde in Kassel entschieden, wobei es um gut 11.000 Euro Schulden ging, die eine inzwischen Verstorbene innerhalb der sieben Jahre, die sie im klagenden Pflegeheim lebte, angehäuft hatte.
Der Sozialhilfeträger bezog sich dabei auf eine Regelung in Paragraf 9 Absatz 2 des zwölften Sozialgesetzbuchs, in dem es um die Sozialhilfe geht. Darin heißt es: "Der Träger der Sozialhilfe soll in der Regel Wünschen nicht entsprechen, deren Erfüllung mit unverhältnismäßigen Mehrkosten verbunden wäre". Genau das sei hier nicht der Fall gewesen, befand das Bundessozialgericht. Denn das ausgewählte Heim habe lediglich die mit den Kostenträgern vereinbarten Pflegesätze berechnet. An den Verhandlungen dazu habe der Sozialhilfeträger mitgewirkt – auch er sei an die Ergebnisse, die dabei erzielt wurden, gebunden. Das BSG stellte klar, dass das "Wunsch- und Wahlrecht der leistungsberechtigten Person" durch den gesetzlichen Mehrkostenvorbehalt nicht beschränkt ist, "wenn sie – wie hier – eine Einrichtung wählt, mit der für den Beklagten verbindliche Pflegesatz- bzw. Vergütungsvereinbarungen" bestehen (Az.: B 8 SO 30/16).
Hilfe zur Pflege
Die Hilfe zur Pflege ist Teil der Sozialhilfe zur Unterstützung pflegebedürftiger Personen gedacht. Die Sozialleistung wird nur einkommens- und vermögensabhängig gewährt und greift, wenn eine pflegebedürftige Person oder ihre Angehörigen nicht in der Lage sind, die Kosten für die notwendige Pflege selbst zu tragen. Unter bestimmten Bedingungen übernimmt das Sozialamt bei Pflegebedürftigkeit dieselben Leistungen wie die Pflegekasse. Hilfe zur Pflege muss rechtzeitig beantragt werden.
Antrag Hilfe zur Pflege
Den Antrag auf "Hilfe zur Pflege" stellt man beim örtlichen Sozialamt. Das muss die pflegebedürftige Mutter oder der pflegebedürftige Vater selbst tun – außer, wenn die Kinder oder andere Personen hierfür eine Vollmacht haben. Bei der daraufhin vorgenommenen Bedürftigkeitsprüfung gibt es nur im Hinblick auf die Heranziehung der Kinder die beschriebene Entlastung. Die pflegebedürftigen Elternteile müssen dagegen nach wie vor ihre Bedürftigkeit nachweisen.
Hilfe zur Pflege: Voraussetzungen
Hilfe zur Pflege wird nur geleistet, wenn die Betroffenen bedürftig sind. Das heißt: Im Prinzip müssen Pflegebedürftige und, soweit vorhanden, auch ihr Ehepartner zunächst die Kosten selbst aus ihrem Einkommen und den Leistungen der Pflegeversicherung schultern und erst einmal muss auch das Vermögen – bis auf Schonvermögen – dafür aufgebraucht werden.
Hilfe zur Pflege & SGB XII: Anrechenbares Einkommen der Betroffenen
Allerdings gelten hier – zumindest solange die Pflege zu Hause und nicht im Heim erfolgt – großzügigere Regelungen als bei der Grundsicherung im Alter. Anders als bei dieser, wird bei der Hilfe zur Pflege nicht das gesamte Einkommen angerechnet, es gelten vielmehr höhere Freibeträge.
Die für den Anspruch auf Hilfe zur Pflege relevante Einkommensgrenze ist in Paragraf 85 SGB XII definiert. Den Betroffenen steht zunächst ein Grundfreibetrag in Höhe des doppelten (Eck-)Regelsatzes zu. Das sind 2022 (2 x 449 =) 898 Euro. Hinzu kommt ein Familienzuschlag in Höhe von 70 Prozent des Eckregelsatzes für den nicht getrennt lebenden Ehe- beziehungsweise Lebenspartner sowie für jeden vom Sozialhilfesuchenden respektive dessen Ehe-/Lebenspartner überwiegend unterhaltenen Angehörigen. Dies sind dann nochmals 314,30 Euro. Dieser Freibetrag wird übrigens auch dann noch gewährt, wenn der Ehepartner im Pflegeheim lebt. Hinzu kommen noch die Unterkunftskosten. Damit kann für einen Alleinstehenden eine Hilfe zur Pflege ohne Einkommensanrechnung auch bei einem Monatseinkommen von 1.500 Euro in Frage kommen – zumindest in Regionen mit hohen Wohnkosten.
Bei dauerhafter Versorgung in vollstationären Einrichtungen gilt eine härtere Regelung. Diese findet sich in Paragraf 88 SGB XII. Danach kann von den Betroffenen auch denn, wenn ihr Einkommen unterhalb der oben skizzierten Einkommensgrenze liegt, der Einsatz des Einkommens für die eigene Pflege verlangt werden, "wenn eine Person für voraussichtlich längere Zeit Leistungen in einer stationären Einrichtung bedarf".
Hilfe zur Pflege – ab wann zahlt das Sozialamt?
Praktisch bedeutet dies: Wer voraussichtlich für ein Jahr oder länger in einer vollstationären Einrichtung wie einem Pflegeheim versorgt werden muss, muss damit rechnen, dass er sein gesamtes Einkommen für anfallende Pflegekosten aufwenden muss, bevor das Sozialamt mit der Hilfe zur Pflege eintritt. Das Einkommen muss – bis auf das sogenannte Taschengeld (2023: 135,54 Euro pro Monat) – voll eingesetzt werden, bevor das Sozialamt zahlt.