Wer ein niedriges Alterseinkommen hat, kann ab Erreichen der regulären Altersgrenze ergänzend die Grundsicherung im Alter erhalten. Die steigenden Wohnungsmieten und der neue ab 2021 geltende Rentenfreibetrag bei der Grundsicherung sorgen mittlerweile dafür, dass in Großstädten wie München sogar Durchschnittsrentner mit einer Bruttorente von 1.250 Euro noch einen (kleinen) Zuschuss vom Sozialamt erhalten können. Auf die Grundsicherung besteht – soweit die Voraussetzungen erfüllt sind – ein Rechtsanspruch.
Im Folgenden beantworten wir zunächst die wichtigsten Fragen zur Grundsicherung. Im Anschluss gehen wir detailliert auf den neuralgischen Punkt "Unterkunftskosten" ein.
Grundsicherung im Alter: Die wichtigsten Fragen und Antworten
1. Wie hoch ist die Grundsicherung?
2. Gibt es Grenzen für die anerkannten Mieten?
3. Gibt es Sonderleistungen für Schwerbehinderte?
4. Was gilt bei ärmeren Rentnern, die noch einen Job ausüben?
5. Werden Renten aus zusätzlicher Vorsorge auf die Grundsicherung angerechnet?
6. Übernimmt das Sozialamt auch private Versicherungsbeiträge?
7. Muss ich erst meine finanziellen Rücklagen aufbrauchen, bevor ich Grundsicherung im Alter erhalte?
8. Werden meine Kinder zur Kasse gebeten?
9. Gibt es Beschränkungen bei Auslandsaufenthalten?
10. Wird die gesetzliche Rente vollauf die Grundsicherung anerechnet?
Übernahme von Unterkunfts- und Heizkosten
1. Angemessene Unterkunftskosten
Die Mietkosten – und ebenso die Belastungen, die ein selbst genutztes Eigenheim verursacht – müssen "angemessen" sein. Zur Überprüfung der Angemessenheit gibt es keine bundeseinheitliche Regelung. In jeder Kommune werden unterschiedliche Maßstäbe angesetzt. Als Wohnungsgröße akzeptieren die meisten Ämter bei Mietern in der Regel für Alleinstehende 45 oder 50 Quadratmeter. Für jede weitere im Haushalt lebende Person kommen an den meisten Orten weitere 15 Quadratmeter hinzu.
Doch letztlich kommt es bei der Beurteilung der Angemessenheit nicht auf die Wohnungsgröße, sondern auf die Gesamthöhe der Unterkunftskosten an. Die – inzwischen allgemein akzeptierte – Methode zur Ermittlung der akzeptablen Grundmieten hat das Landessozialgericht NRW entwickelt. Es hat die Formel "angemessene Wohnfläche mal marktüblicher Zins am Wohnort" in seinem rechtskräftigen Urteil vom 1. August 2005 für korrekt befunden (Az. L 19 B 21/05 AS). Dabei soll ein Quadratmeterpreis im unteren, jedoch nicht im untersten Bereich des örtlichen Mietspiegels zugrunde gelegt werden.
Für einen Alleinstehenden, dem im Grundsatz eine Wohnung mit 45 oder 50 Quadratmeter zugestanden wird, bedeutet das zum Beispiel: Wenn die örtlich angemessene Quadratmetermiete sieben Euro beträgt, so wäre eine Wohnungsmiete (kalt) von (50 mal sieben =) 350 Euro akzeptabel. Das würde selbst dann gelten, wenn die Wohnung nur 30 Quadratmeter groß ist, aber auch bei einer Wohnungsgröße von 60 Quadratmeter – und einer entsprechend niedrigeren Quadratmetermiete.
Biallo-Tipp: Diese Regelung kommt Älteren entgegen, die häufig – nachdem die Kinder ausgezogen sind und nachdem gegebenenfalls auch der Partner oder die Partnerin verstorben ist – in Wohnungen leben, die nach den Regeln der Ämter zur Wohnungsgröße unangemessen sind. Da die Miete – auch wegen der längeren Dauer der Mietverhältnisse – häufig allerdings nicht unangemessen hoch ist, müssen die Ämter vielfach weiterhin die von den Betroffenen gezahlte Miete als angemessen akzeptieren.
Um es nochmals zu verdeutlichen: Wenn die Gesamtmiete nach den örtlichen Regeln "angemessen" ist, kann die Wohnung eines Alleinstehenden durchaus auch 80 Quadratmeter groß sein. Das ist nach den gerichtlich festgezurrten Regeln nicht von Interesse. Soweit ein Sozialamt anders verfährt, kann man sich hiergegen Erfolg versprechend mit rechtlichen Mitteln (Widerspruch und Klage) wehren.
Angemessene monatliche Unterkunftskosten in Großstädten:
Stadt | 1 Person Bruttokaltmiete (Euro) | 2 Personen Bruttokaltmiete (Euro) |
---|---|---|
Berlin | 421,50 | 495,00 |
Hamburg | 501,50 | 609,60 |
München | 670,00 | 881,00 |
Köln | 633,00 | 767,00 |
Frankfurt a.M. * | 519,00 | 591,00 |
* Grundmiete ohne Nebenkosten. Die angemessene Miete richtet sich nach dem Baujahr des Gebäudes (hier unterstellt: 1995 bis 2009).
Quelle: eigene Recherche / Stand: 14.12.2020
Aufgrund der jeweils unterschiedlichen Situation auf dem Wohnungsmarkt, differieren die als angemessen angesehenen Miethöhen von Ort zu Ort deutlich.
In Berlin gilt derzeit (Ende 2020) für einen Alleinstehenden eine monatliche Bruttokaltmiete von 421,50 Euro als angemessen, bei zwei Personen sind es 495,00 Euro. In begründeten Einzelfällen – etwa bei langer Wohndauer, bei Alleinerziehenden und "wesentlichen sozialen Bezügen" akzeptieren die Ämter Überschreitungen der genannten Beträge um zehn Prozent.
In Köln hält das Sozialamt für Singles Kaltmieten einschließlich Kaltnebenkosten von 633 Euro (für zwei Personen 767 Euro) für angemessen. Die angemessene Wohngröße beträgt für eine Person 50 Quadratmeter und für zwei Personen 65 Quadratmeter. Darüber hinaus werden Heizkosten von 1,30 Euro pro Quadratmeter im Normalfall akzeptiert.
2. Verfahren bei unangemessen hohen Unterkunftskosten
Zunächst muss auf eine vorübergehend noch geltende Sonderregelung hingewiesen werden, die wegen der aktuellen Corona-Krise eingeführt wurde: Bei allen Anträgen auf Grundsicherung, die bis zum 31. März 2021 gestellt werden, wird die Angemessenheit der Unterkunftskosten nicht geprüft. Diese werden also gegebenenfalls voll übernommen. Dies gilt auch dann, wenn sie nach den örtlichen Regeln unangemessen hoch sind. Erst nach Ablauf des Bewilligungszeitraums werden die Unterkunftskosten zum Thema.
Generell gilt aber. Bei zu hohen Unterkunftskosten räumen die Ämter den Betroffenen zunächst eine "Schonfrist" von in der Regel sechs Monaten ein. Sie fordern die Betroffenen jedoch zur Senkung der Unterkunftskosten (meist also zum Umzug, zuweilen auch zur Untervermietung) auf. Allerdings geschieht die Senkung nicht automatisch nach sechs Monaten, nachdem die Aufforderung ergangen ist. Bildlich gesprochen liegt der Ball nach der Aufforderung des Sozialamts zur Kostensenkung bei dem jeweiligen Leistungsbezieher. Dieser kann:
a) darlegen, warum ein Umzug (oder auch eine Untervermietung) in seinem Fall unzumutbar ist, und
b) beginnen, eine preiswertere Wohnung zu suchen.
Bei b) ist es dringend anzuraten, mit dem Sozialamt genau zu vereinbaren, welche Nachweise erforderlich sind, um zu belegen, dass man in ausreichendem Maße eine Wohnung gesucht hat. Wer nachweisen kann, dass er vergeblich eine preiswerte Wohnung gesucht hat, hat weiterhin Anspruch darauf, dass die vollen Unterkunftskosten übernommen werden.
Klar ist jedenfalls: Wenn man dem Amt gegenüber weder darlegt, warum ein Umzug unzumutbar ist, noch beginnt, eine preiswertere Wohnung zu suchen, wird das Amt nicht mehr die volle, sondern nur noch die "angemessene" Miete berücksichtigen.
Es kommt auf den Einzelfall an
Bei Senioren, die Grundsicherung beziehen, kommt es – noch stärker als beim Arbeitslosengeld II – immer auf den Einzelfall an. Wichtig ist etwa, ob Pflegebedarf besteht, ob die Wohnung seniorengerecht ist, ob zum Beispiel die Tochter oder der Sohn im gleichen Haus wohnt und bei der Haushaltsführung hilft und so weiter und so fort.
Zudem ist zu beachten, dass seniorengerecht umgebaute Wohnungen durchweg teurer sind. Deshalb wird für Senioren bei der Angemessenheitsprüfung oft ein großzügigerer Maßstab angelegt als für Jüngere. Die konkreten Gründe, warum es im Einzelfall wichtig ist, in der angestammten Wohnung zu bleiben, muss man aber natürlich dem Amt gegenüber darlegen.
Wichtig: Wer Grundsicherung im Alter bezieht, sollte im eigenen Interesse möglichst schnell klären, ob seine Unterkunftskosten in seinem Wohnort als angemessen gelten und alle Argumente auf den Tisch legen, die in seinem Fall dafür sprechen, dass auch höhere Kosten auf Dauer anerkannt werden sollten.
In einer Entscheidung vom 19. Februar 2009 hat das Bundessozialgericht beispielhaft Umstände aufgeführt, die der Zumutbarkeit eines Umzugs entgegenstehen können (Az.: B 4 AS 30/08 R). Erwähnt ist dabei ausdrücklich die "Einschränkung der Umzugsfähigkeit aus gesundheitlichen Gründen– auch "solchen, die nicht zur Pflegebedürftigkeit führen".
Demnach kann es "auf Grund einer Erkrankung erforderlich sein, die bisherige Wohnung beizubehalten, weil sie etwa mit Hilfsmitteln ausgestattet ist, die auf die spezielle gesundheitliche Situation des betreffenden Hilfebedürftigen zugeschnitten sind. Andere gesundheitliche Einschränkungen, etwa der Geh- und Bewegungsfähigkeit, verbunden mit einem zu deren Ausgleich aufgebauten Hilfssystem im Umfeld können ebenfalls dazu führen, dass die Umzugsalternative nur im eng begrenzten sozialen Umfeld zu suchen ist, sodass es für die Rechtmäßigkeit der Senkung der Leistung darauf ankäme, ob ein Umzug im sozialen Umfeld möglich ist, weil dort hinreichend anmietbarer Wohnraum zum Preis der Referenzmiete vorhanden ist".
Biallo-Tipp
Einen Umzug müssen die Betroffenen allerdings vorab mit dem Sozialamt abstimmen. Vor Abschluss eines Vertrags über eine neue Unterkunft müssen sie den zuständigen Träger der Sozialhilfe über ihr Vorhaben in Kenntnis setzen. Sind die neuen Kosten nach den örtlichen Regelungen zu hoch, muss der Sozialhilfeträger den unangemessenen Teil der Ausgaben nicht unbedingt akzeptieren, es sei denn, er hat "den darüber hinausgehenden Aufwendungen zugestimmt". Das regelt Paragraf 29 SGB XII.
3. Übernahme von Heizkosten
Egal, ob es sich um hilfebedürftige Mieter oder Eigentümer handelt: Heizkosten werden nach Paragraf 22 des Zweiten Sozialgesetzbuchs von den Ämtern in der Regel "in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen erbracht". Diese "tatsächlichen" Kosten müssen allerdings "angemessen" sein.
Die "Angemessenheit" von Heizkosten zu bestimmen, ist allerdings schwierig. Zur Bestimmung angemessener Heizkosten sollen sich die Ämter nach der Rechtsprechung des BSG an den örtlichen und – wenn dieser nicht vorhanden ist – am bundesweiten Heizspiegel orientieren.
Eine Übersicht darüber, in welchen Kommunen es Heizspiegel gibt, finden Sie im Internet, wenn Sie in einer Suchmaschine "kommunaler-Heizspiegel" eingeben. Den bundesweiten Spiegel finden Sie unter heizspiegel.de. Dem Heizspiegel können Sie entnehmen, welche Heizausgaben pro Quadratmeter als günstig, mittel, erhöht oder zu hoch gelten.
Das Bundessozialgericht hat in seiner Entscheidung vom 2. Juli 2009 einen ganz konkreten Rechenweg vorgegeben, mit dem zu bestimmen ist, welche Heizkosten noch als angemessen gelten. Originalton BSG: "Der Grenzwert, den der Senat zu Grunde legt, ist das Produkt aus dem Wert, der auf 'extrem hohe' Heizkosten bezogen auf den jeweiligen Energieträger und die Größe der Wohnanlage hindeutet (rechte Spalte), und dem Wert, der sich für den Haushalt des Hilfebedürftigen als abstrakt angemessene Wohnfläche (...) ergibt" (B 14 AS 36/08 R).
Sind Ihre Heizkosten nicht höher, als sich nach dieser Rechnung ergibt, so gelten diese nach der BSG-Entscheidung als hinnehmbar. Ihre Heizkosten müssen dann vom zuständigen Hartz-IV-Träger ohne weiteres übernommen werden.
Keine pauschale Kürzung bei unangemessen großer Wohnung
Nicht selten wohnen Hartz-IV-Bezieher in Unterkünften, die nach den SGB-II-Regeln unangemessen groß sind. In solchen Fällen haben manche Träger die übernommenen Heizkosten von vornherein auf das Maß einer angemessenen Wohnungsgröße umgerechnet. Sie haben beispielsweise bei Einzelpersonen, die in einer 60-Quadratmeter-Wohnung lebten, die damit nach den vor Ort geltenden Regeln gegebenenfalls um 15 Quadratmeter zu groß war, die übernommenen Heizkosten um 15/60 gekürzt. So wurde selbst bei relativ niedrigen Heizkosten verfahren. Auch das ist nicht korrekt entschied das BSG am 2. Juli 2009: Solange die Heizkosten in einer zu großen Wohnung angemessen sind, müssen diese voll übernommen werden (Az.: B 14 AS 36/08 R).
Problematisch wird es erst, wenn Ihre Heizkosten den errechneten Wert übersteigen, denn das BSG meint: "Darüber hinausgehende Heizkosten entstehen dann offensichtlich aus einem Verbrauch, der dem allgemeinen Heizverhalten in der Bevölkerung nicht mehr entspricht."
Sechs-Monats-Frist zählt auch bei unangemessenen Heizkosten
Doch auch in den Fällen, in denen die Heizkosten nach Ansicht der Ämter zu hoch ausfallen, werden diese zunächst einmal für einen Zeitraum von sechs Monaten im Regelfall voll übernommen. So hat bislang bereits das Bundessozialgericht entschieden und seit 2011 ist dies in Paragraf 22 Absatz 1 SGB II geregelt.
Danach muss das Amt – ähnlich wie bei einer unangemessen hohen Miete – eine Kostensenkungsaufforderung an den Betroffenen verschicken. Dieser muss also aufgefordert werden, binnen einer bestimmten Frist die Heizkosten zu senken. Dies kann unter Umständen durch ein Herunterfahren der Heizung oder durch ein anderes Lüftungsverhalten gelingen.
Möglicherweise sind die hohen Heizkosten allerdings auch durch Faktoren bedingt, die Mieter nicht – oder zumindest nicht kurzfristig – beeinflussen können, etwa durch Lage und Alter der Wohnung oder durch die Gebäude- und Fensterisolierung. Ist dies der Fall, so sollten die Betroffenen genau dies dem Amt mitteilen und eventuell vorschlagen, einen Gutachter einzuschalten.
4. Verfahren bei Eigentümern
Immer wieder kommen auch Eigentümer von selbst genutzten Wohnungen und Häusern im Alter in finanzielle Nöte. Auch sie können – bei Bedürftigkeit – Grundsicherung bekommen. Wer Wohneigentum besitzt und selbst nutzt, darf dieses auch als Grundsicherungsbezieher behalten – vorausgesetzt das Eigentum gilt überhaupt als "angemessen". Ansonsten gilt es als verwertbares Vermögen und muss verwertet werden, bevor Grundsicherung gezahlt wird.
Andere Regeln gelten jedoch bei der Kostenübernahme: Zwar übernehmen die Ämter die Unterkunftskosten, wenn ein Haus oder die Eigentumswohnung als akzeptabel eingestuft ist – doch längst nicht alle Kosten. Wenn Sie ein Eigenheim oder eine Eigentumswohnung bewohnen, gehören zu den übernahmefähigen Kosten der Unterkunft die damit verbundenen finanziellen Belastungen. Dazu zählen zum Beispiel angemessene Schuldzinsen für Hypotheken, Grundsteuer, Erbbauzins sowie Nebenkosten wie sie auch bei Mietwohnungen in der Nebenkostenabrechnung auftauchen.
Wichtig ist weiterhin: Auf Dauer – in der Regel heißt das für mehr als sechs Monate – erkennen die Sozialämter für Besitzer einer selbst genutzten Immobilie Unterkunftskosten nur in der Höhe an, wie sie auch bei Mietern anerkannt werden. Begründet wird das mit dem Gleichheitsgrundsatz des Grundgesetzes, der eine Ungleichbehandlung von Mietern und Eigentümern nicht zulässt.
Die Betroffenen sind also unter Umständen gezwungen, innerhalb relativ kurzer Zeit ihre Unterkunftskosten zu senken, etwa durch Untervermietung. Gegebenenfalls wird dann aber auch der Verkauf der Immobilie schnell zum Thema. Hiergegen können wiederum die oben genannten Gründe vorgebracht werden, die nach Ansicht der Sozialgerichte einen Umzug unzumutbar machen.