Option: Wohneigentum erwerben
Wenn Sie relativ viel „auf der hohen Kante“ haben und bislang zur Miete wohnen, sollten Sie ernsthaft prüfen, ob das Geld für den Erwerb einer Eigentumswohnung oder eines kleinen Häuschens reicht. Denn „angemessenes“ Wohneigentum, das selbst bewohnt wird, ist vor einer Verwertung geschützt. Das Jobcenter kann Ihren Antrag auf ALG II also nicht unter Verweis auf die selbstgenutzte Immobilie ablehnen. Das gilt nicht nur unter den aktuell erleichterten Bedingungen der Corona-Krise, sondern generell. Wenn Sie bereits Wohneigentum besitzen, und demnächst größere Investitionen für eine energetische Sanierung oder Modernisierungen anstehen – etwa der Kauf eines neuen Heizkessels oder der Einbau neuer Fenster – können Sie diese gegebenenfalls vorziehen.
Bedürftigkeitsprüfung ALG II: Ab 2022 gelten wieder die Nomralregelungen
Ab dem Jahr 2022 gelten wieder die „Normalregelungen“ zur Bedürftigkeitsprüfung beim ALG II. Doch auch dann ist für Bezieher ein „angemessenes“ Vermögen erlaubt: Wenn Sie 21 Jahre oder älter sind, können Sie Ihren Grundfreibetrag nach der Methode „Alter in Jahren × 150 Euro“ ausrechnen. Hinzu kommt noch ein Freibetrag in Höhe von 750 Euro für notwendige Anschaffungen.
Beispiel: Wenn Sie 40 Jahre alt sind, können Sie also mit einem Barvermögen von 6.750 Euro noch ALG II erhalten. Der Freibetrag setzt sich zusammen aus (40 x 150 Euro =) 6.000 Euro nach der Lebensaltersberechnung und 750 Euro für notwendige Anschaffungen. Leben Sie mit einem Partner zusammen, so kommt für ihn ein nach der gleichen Methode berechneter Freibetrag hinzu. Für Kinder unter 18 Jahren gilt ein Freibetrag in Höhe von 3.100 Euro, jeweils zuzüglich der 750 Euro für Anschaffungen.
Die Grenze des durch diese Standardfreibeträge erlaubten Vermögens werden schnell überschritten, wenn größere Rücklagen fürs Alter vorhanden sind. Doch hier gibt es Handlungsmöglichkeiten, die rechtzeitig ergriffen werden müssen. Rechtzeitig bedeutet: Vor einem ALG-II-Antrag, der 2022 gestellt wird.
Hierzu ein Beispiel: So viel darf Familie Müller fürs Alter behalten
Hermann Müller (57) und seine Frau Marianne (56) haben in besseren Zeiten zur privaten Vorsorge Lebensversicherungs- und Riester-Rentenverträge abgeschlossen. Nachdem die Firma, in der beide beschäftigt waren, bankrott ging, sind jetzt beide schon länger arbeitslos und spätestens ab Anfang 2022 auf Hartz-IV-Leistungen angewiesen. Wie viel Rückstellungen fürs Alter sind vor dem Zugriff des Amtes gesichert?
Gesetzliche Rente
Zum einen kann und darf das Amt ihnen natürlich nicht ihre erworbenen Ansprüche bei der gesetzlichen Rente nehmen. Diese sind immer vollständig geschützt.
Riester-Rente
Daneben sind auch ihre Ansparungen aus den beiden Riester-Verträgen sicher. Doch Achtung: Herr und Frau Müller sollten die Verträge keinesfalls kündigen. Denn das, was dann ausgezahlt wird, zählt sofort zum anrechenbaren Vermögen.
Kapitallebensversicherungen
Außerdem besitzt Hermann Müller noch eine Kapitallebensversicherung, die bis zu seinem 62 Lebensjahr läuft. Würde er die Versicherung auflösen – was jederzeit möglich ist – so bekäme er derzeit 20.000 Euro heraus. Dazu hat das Ehepaar noch knapp 4.000 Euro als „Notgroschen“ auf einem Sparbuch geparkt. Zusammen sind das 24.000 Euro.
Beide Ehepartner sind zusammen 113 Jahre alt. Als Freibetrag für verwertbares Vermögen würde Ihnen also 113 x 150 Euro = 16.950 Euro zugestanden. Hinzu kommen noch insgesamt 1.500 Euro für notwendige Anschaffungen. Das ergibt zusammen 18.450 Euro. Also übersteigen die frei verfügbaren Rücklagen die dem Ehepaar eingeräumten Freibeträge deutlich. Auf den ersten Blick scheint es demnach so zu sein, als ob dem Ehepaar zunächst kein Hartz IV zustünde.
Ein Hinweis: Wenn Selbstständige ihre Beiträge zur Altersvorsorge nicht mehr zahlen können, müssen sie ihre Veträge nicht kündigen. Sie können Arbeitslosengeld II beantragen und auf diese Weise übernimmt das Jobcenter dann unter Umständen indirekt die Altersvorsorge-Beiträge.
Bei Lebensversicherungen & Co: Was gilt hier?
In einem solchen Fall können Sie die Joker-Karte „Vertragsänderung“ ziehen. Denn eine Kapitallebensversicherung oder Rentenversicherung können Sie „Hartz-IV-sicher“ stellen. Dafür müssen Sie allerdings Ihren Versicherungsvertrag ändern. Denn zusätzlich zum 150-Euro-Freibetrag für „verwertbares“ Vermögen sind beim ALG II weitere 750 Euro pro Lebensjahr und Partner anrechnungsfrei – allerdings nur für „geldwerte Ansprüche, die der Altersvorsorge dienen“. Das bestimmt Paragraf 12 Abs. 2 Nr. 3 SGB II. Dieser Zusatzfreibetrag zur Altersvorsorge wird jugendlichen Antragstellern – beispielsweise Schülern – genauso gewährt wie älteren. Lediglich Kindern unter 15 Jahren wird dieser Freibetrag nicht zugestanden, da diese als „nicht erwerbsfähig“ gelten.
Allerdings wird der Zusatzfreibetrag nur für private Altersrücklagen gewährt, die vor dem Rentenalter nicht „verwertbar“ sind. An das angesparte Vermögen dürfen die ALG-II-Antragsteller oder ihre Partner also vor dem Rentenalter nicht herankommen können. Voraussetzung ist nämlich, dass die Verwertung der Guthaben „vor Eintritt in den Ruhestand vertraglich unwiderruflich ausgeschlossen ist“, so die Bundesagentur für Arbeit (BA) in ihren Hinweisen. Auch ein Rückkauf beziehungsweise eine Kündigung oder eine Beleihung darf nicht möglich sein. Dies müsse aus der jeweiligen Vereinbarung hervorgehen, schreibt die BA. Ein Ausschluss der Verwertung vor dem 60. Lebensjahr reiche dabei aus. Die BA gibt hierzu auch einen Formulierungsvorschlag: „Fälligkeit vor Vollendung des 60. Lebensjahrs ist ausgeschlossen, vorheriger Rückkauf/vorherige Kündigung ausgeschlossen".
Übrigens: Um von der 750-Euro-Regelung profitieren zu können, kann im Versicherungsvertrag ruhig festgelegt sein, dass die fällige Summe nach Vertragsablauf „auf einen Schlag“ ausgezahlt wird. Die Zahlung einer lebenslangen Rente wird nicht verlangt. Soweit der Betroffene allerdings – sei es mit 60 oder später – über die Versicherungsleistungen verfügen kann, gelten diese beim ALG II als anrechenbar. Unter Umständen besteht dann etwa wegen einer höheren Kapitalauszahlung kein Anspruch mehr auf ALG II.
Bei Lebensversicherungen ist eine Vertragsänderung erforderlich
Kapitallebens- und Rentenversicherungen können – selbst, wenn sie bis zum Rentenalter abgeschlossen sind – jederzeit bei Bedarf aufgelöst und kapitalisiert werden. Damit sind sie zunächst einmal nicht vor dem Zugriff der Hartz-IV-Ämter geschützt. Besitzer dieser Versicherungen sollten deshalb vor dem Antrag auf ALG II die Verwertung des angesparten Vermögens – bis zur Höhe des Freibetrags zur Altersvorsorge (750 Euro pro Lebensjahr) – unmöglich machen. Dazu kann mit der Versicherungsgesellschaft ein teilweiser Verwertungsausschluss vereinbart werden. Das wird durch eine Regelung in Paragraf 168 Absatz 3 des Versicherungsvertragsgesetzes möglich.