





Auf einen Blick
Das Kurzarbeitergeld wurde jüngst erhöht. Aber nur um zehn Prozent und das erst im vierten Monat des Bezugs. Das reicht bei vielen hinten und vorne nicht. In vielen Fällen kann es dann helfen, einen Antrag auf Arbeitslosengeld II, den Kinderzuschlag oder Wohngeld zu stellen oder einen Nebenjob suchen. Für manche Verheiratete kann sich darüber hinaus ein Steuerklassenwechsel lohnen. Hierüber informiert Sie dieser Ratgeber.
Die Bundesregierung hat am 22. April 2020 beschlossen, dass in bestimmten Fällen das Kurzarbeitergeld nach günstigeren Regeln zu berechnen ist. Und zwar kann das Kurzarbeitergeld zeitweise bis zu 87 Prozent des ausfallenden Nettoentgelts betragen. Die Ausnahmeregelungen gelten aber nur dann, wenn die Arbeitszeit in der Kurzarbeit auf die Hälfte oder weniger reduziert wurde – also insbesondere auch für "Kurzarbeit Null". Betriebe müssen unter anderem bis zum 31. Dezember 2020 Kurzarbeit eingeführt haben und das Kurzarbeitergeld kann längstens bis zum 31. Dezember 2021 ausgezahlt werden.
Nachfolgende Grafik zeigt im Überblick die schrittweise Anhebung des Kurzarbeitergeldes bis Januar 2021 am Beispiel eine Arbeitnehmers, dessen Kurzarbeit im Mai 2020 begonnen hat.
Wichtiger Hinweis: Die zeitweise Höherstufung erfolgt von Amts wegen und ohne Antrag!
Viele Arbeitnehmer dürften aber vorher bereits in finanzielle Schwierigkeiten kommen, denn schließlich verringern sich die Ausgaben – etwa für Miete – nicht.
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Wer Kurzarbeitergeld erhält, hat häufig dazu noch Anspruch auf Arbeitslosengeld II (ALG II, umgangssprachlich Hartz IV). Denn für die Betroffenen gelten günstige Regelungen zur Einkommensanrechnung – weit günstigere Regelungen als für diejenigen, die bereits auf die Versicherungsleistung Arbeitslosengeld I angewiesen sind. Auch aus diesem Grund ist der Bezug von Kurzarbeitergeld für Arbeitnehmer weit günstiger als der Bezug der Versicherungsleistung Arbeitslosengeld.
Generell gilt: ALG II gibt es nicht nur für Arbeitslose, sondern auch für Beschäftigte oder Selbstständige mit (zu) niedrigem Einkommen. Voraussetzung ist natürlich, dass die Betroffenen als "bedürftig" gelten.
Hierbei gelten jedoch in der Corona-Krise erleichterte Bedingungen (vor allem was Vermögen und Wohnkosten betrifft). Dazu aber weiter unten mehr.
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Das eigene Einkommen wird auf ALG II angerechnet. Fällt es zu hoch aus, gibt es kein ALG II. Solange diese Schwelle nicht erreicht ist, reduziert sich die Zahlung ("Aufstockung") des Arbeitslosengeld II mit zunehmendem Einkommen. Dabei gibt es allerdings Freibeträge. Und bei denen gelten für Erwerbstätige "privilegierte" Regeln. Sie dürfen von ihrem Einkommen deutlich mehr behalten als ALG-II-Bezieher, die nur "mühelos" erzielbares Einkommen haben (etwa Kindergeld, Unterhaltsvorschuss oder die Versicherungsleistung Arbeitslosengeld).
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Wichtig für Kurzarbeitende ist nun, dass sie, wenn es um ihren ALG-II-Anspruch geht, als Erwerbstätige gelten, selbst dann übrigens, wenn sie auf "Kurzarbeit Null" gesetzt sind und faktisch überhaupt nicht arbeiten. Deshalb werden von ihren Erwerbseinkünften monatlich bis zu 330 Euro beim Arbeitslosengeld II nicht berücksichtigt.
Biallo-Tipp: Damit Sie leicht ermitteln können, wie hoch Ihr Einkommen in der Kurzarbeit mit ALG-II-Anspruch ist, hat biallo.de einen einfach zu bedienenden Rechner entwickelt.
Neben dem Grundfreibetrag gelten bei höheren Arbeitseinkommen zusätzlich noch folgende Freibeträge, die zu einem Gesamtfreibetrag addiert werden:
Einem Arbeitnehmer, der auf Kurzarbeit Null gesetzt ist und ein Kurzarbeitergeld in Höhe von monatlich 1.600 Euro erhält, wird nach diesen Rechenregeln – für den Fall, dass er ein minderjähriges Kind hat – ein Freibetrag in Höhe von 330 Euro zugestanden.
Dieser Freibetrag gilt für alle Bezieher von Kurzarbeit. Bei Kurzarbeitern, die noch teilzeitbeschäftigt sind, gilt er für die Summe von Bruttolohn und Kurzarbeitergeld.
Ein Beispiel: Ein Arbeitnehmer erzielt in der Kurzarbeit ein monatliches Bruttoentgelt von 800 Euro und erzählt dazu noch 800 Euro Kurzarbeitergeld. Für die Berechnung des Freibetrags erzielt er ein Einkommen in Höhe von 1.600 Euro. Dafür wird ihm ein Freibetrag in Höhe von 330 Euro anerkannt. Wichtig für Bezieher von Teilzeitlohn: Zusätzlich sind auch die Sozialversicherungsbeiträge und die gezahlte Lohnsteuer absetzbar. Diese Abzüge belaufen sich im Beispiel bei Steuerklasse I/IV auf 161 Euro. Das bedeutet: Von den (Brutto-)Einkünften in Höhe von 1.600 Euro gelten in diesem Fall (1600 – 330 – 161 =) 1.109 Euro als anrechenbar. Bei Beziehern von Kurzarbeitergeld Null ist die Rechnung weniger kompliziert, weil es hiervon ja weder Abzüge für die Sozialversicherung noch für die Steuer gibt.
Wichtig noch: In Bedarfsgemeinschaften, die ALG II beziehen, gilt die skizzierte Freibetragsregelung für jeden einzelnen Familienangehörigen, der einer Erwerbstätigkeit nachgeht. Die Regelung kann also mehrfach genutzt werden.
Kurz-arbeitergeld (plus Bruttolohn) |
100 Euro |
200 Euro |
300 Euro |
400 Euro |
500 Euro |
600 Euro |
700 Euro |
800 Euro |
900 Euro |
1.000 Euro |
1.100 Euro |
1.200 Euro |
1.300 Euro |
1.400 Euro |
1.500 Euro |
Freibetrag |
100 Euro |
120 Euro |
140 Euro |
160 Euro |
180 Euro |
200 Euro |
220 Euro |
240 Euro |
260 Euro |
280 Euro |
290 Euro |
300 Euro |
310 Euro* |
320 Euro* |
330 Euro* |
* Von Einkommen über 1200 Euro können nur ALG-II-Empfänger mit minderjährigen Kindern einen Zusatzfreibetrag absetzen.
Die Höhe des ALG-II-Anspruchs ermitteln die Jobcenter generell, indem Bedarf und anrechenbares Einkommen gegenübergestellt werden.
Der Bedarf lässt sich einfach errechnen durch die Formel "Warmmiete plus Regelsatz". 2020 beträgt der (Eck-)Regelsatz für Alleinstehende 432 Euro im Monat. Nehmen wir an, dass die monatliche Miete 700 Euro beträgt, so kommt im Monat ein Bedarf in Höhe von 1.132 Euro zusammen.
Nehmen wir weiterhin an, dass der Betroffene 1.200 Euro Kurzarbeitergeld erhält. Hiervon geht ein Freibetrag von 300 Euro ab, so dass das anrechenbare Einkommen 900 Euro beträgt. Mithin besteht ein Anspruch auf aufstockendes Arbeitslosengeld II in Höhe von (1.132 minus 900 =) 232 Euro.
Bei einer Familie würde folgendermaßen gerechnet: Für ein (Ehe-)Paar beträgt der Regelsatz 778 Euro. Hat das Paar zwei Kinder unter sechs Jahren, so kommen weitere 500 Euro hinzu. Beträgt die monatliche Miete beispielsweise 1.000 Euro, so kommt im Monat für eine vierköpfige Familie ein Bedarf in Höhe von 2.278 Euro zusammen.
Beträgt das Kurzarbeitergeld 1.600 Euro, so wird hiervon der Freibetrag von 330 Euro abgezogen, es bleiben also 1.270 Euro an anrechenbarem Einkommen. Hinzu kommt das Kindergeld, das für zwei Kinder 408 Euro beträgt. Damit summiert sich – soweit es keine weiteren Einkünfte gibt – das anrechenbare Einkommen auf 1.678 Euro. Dieser Betrag wird dem Bedarf gegenübergestellt. Im Beispielfall wäre der Bedarf 600 Euro höher als das Einkommen. In dieser Höhe kann dann ein Anspruch auf Arbeitslosengeld II bestehen. Hat der Ehepartner – beispielsweise – einen 450-Euro-Job, so wird auch ihm hierfür ein Freibetrag zugestanden. Bei einem Verdienst von 450 Euro sind das genau 170 Euro. Als anrechenbar bleiben damit 280 Euro. In diesem Fall würde sich der ALG-II-Anspruch der Familie damit um 280 Euro auf monatlich 320 Euro mindern.
Regelbedarf für das Jahr 2020 |
|
---|---|
Alleinstehende / Alleinerziehende |
432 Euro |
(Ehe-)Partner ab 18 Jahre |
389 Euro |
Weitere Erwachsene* |
345 Euro |
Jugendliche von 14 bis unter 18 Jahren |
328 Euro |
Kinder von 6 bis unter 14 Jahren |
308 Euro |
Kinder unter 6 Jahren |
250 Euro |
* Erwachsene in stationären Einrichtungen und nicht erwerbstätige Erwachsene unter 25 Jahren im Haushalt der Eltern
Den vereinfachten Antrag für die Zeit bis zum 30. Juni 2020 finden Sie auf den Webseiten der Arbeitsagentur oder hier. Den Antrag können Sie online stellen oder in den Hausbriefkasten Ihres Jobcenters einwerfen.
Wer Kurzarbeitergeld bezieht und ein Kind beziehungsweise Kinder hat, für den gibt es eine weitere Variante zur Einkommensaufstockung, die in vielen Fällen vorteilhafter ist. Sie können den Kinderzuschlag (KiZ) erhalten, der nicht von den Jobcentern, sondern von den Familienkassen der Arbeitsagenturen ausgezahlt wird. Die Leistung wurde in Corona-Zeiten leicht angepasst und firmiert aktuell unter dem Namen Notfall-Kinderzuschlag.
Der KiZ funktioniert in vielerlei Hinsicht ganz ähnlich wie das Arbeitslosengeld II. So gelten die eben skizzierten Anrechnungsregeln beim ALG II auch beim KiZ.
Er ist gedacht für Eltern, deren Einkommen für ihren eigenen Lebensunterhalt ausreicht, nicht jedoch für den ihres Kindes oder ihrer Kinder. Er beträgt derzeit höchstens 185 Euro pro Monat und Kind und hängt ähnlich wie bei Hartz IV – grundsätzlich jedenfalls (siehe unten) – vom Vermögen der Familie ab. Für Anspruch und Höhe der Leistung zählte bislang das Einkommen der vergangenen sechs Monate vor der Antragstellung. Nun wird ausnahmsweise die Prüfung des KiZ nur auf das Einkommen im letzten Monat vor der Antragstellung bezogen, um so Einkommenseinbrüche infolge der Krise zu erfassen. Das bedeutet: Wer zum Beispiel im April erstmals Kurzarbeitergeld erhält, bei dem prüft die Familienkasse bei einer Antragstellung im Mai auf Grundlage des Kurzarbeiter-Einkommens, ob Anspruch auf den KiZ besteht.
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Den KiZ können Elternpaareerhalten, die monatlich über ein Bruttoeinkommen von mindestens 900 Euro verfügen. Bezieht einer der Partner ein Kurzarbeitergeld, das diesen Mindestbetrag übersteigt, kommt also grundsätzlich ein Antrag auf den Kinderzuschlag in Frage. Für Alleinerziehende gilt eine Mindest-Einkommensgrenze von 600 Euro. Hier handelt es sich jeweils um Bruttobeträge.
Die Berechnung der Leistung ist kompliziert und sie zu erklären, sprengt den Rahmen dieses Ratgebers.
Als Faustregel kann gelten: Unter den folgenden Voraussetzungen haben Sie mit einiger Wahrscheinlichkeit Anspruch auf den Kinderzuschlag:
Sind diese Voraussetzungen erfüllt, so werden sie durch den Kinderzuschlag meist noch etwas besser gestellt als durch das Arbeitslosengeld II. Zudem hat mancher lieber mit der Familienkasse der Arbeitsagentur als mit dem Jobcenter zu tun. Häufig ist allerdings unklar, auf welche der beiden Leistungen Anspruch besteht. Was also tun? "Grundsätzlich können Kundinnen und Kunden gleichzeitig beide Leistungen beantragen", erklärt Christian Ludwig von der Bundesagentur für Arbeit. Wichtig ist allerdings: In diesem Fall muss man den "Leistungsträger über die Antragstellung beim anderen Träger informieren".
Biallo-Tipp: Ihren Anspruch auf Kinderzuschlag können Sie mit dem Kinderzuschlagsrechner von biallo.de ermitteln.
Den vereinfachten Antrag auf Kinderzuschlag für den Zeitraum vom 01. April 2020 bis zum 30. September 2020 finden Sie auf den Webseiten der Arbeitsagentur oder hier. Den Antrag können Sie online stellen oder in den Hausbriefkasten Ihrer Familienkasse einwerfen.
Beim Arbeitslosengeld II gelten in der Corona-Krise erleichterte Bedingungen. Diese betreffen vor allem die Prüfung der Angemessenheit der Wohnsituation und des Vermögens. Hinsichtlich des Vermögens gilt das auch beim Kinderzuschlag.
Die Vermögensprüfung hat jetzt vorübergehend ihren Schrecken verloren. Jetzt ist das Vorlegen detaillierter Unterlagen meist nicht nötig. Es gilt ein vereinfachtes Verfahren. Für neue Anträge auf Hartz IV wird (rückwirkend) vom 1. März bis zum 30. Juni 2020 nun "Vermögen für die Dauer von sechs Monaten nicht berücksichtigt" – sofern es nicht "erheblich" ist. Das steht in Paragraf 67 SGB II. Dabei "vermuten" die Jobcenter, "dass kein erhebliches Vermögen vorhanden ist, wenn die Antragstellerin oder der Antragsteller dies im Antrag erklärt". Im aktuellen vereinfachten ALG-II-Antrag findet sich hierzu die Frage: "Meine Bedarfsgemeinschaft verfügt über erhebliches Vermögen". Wenn Sie hier "Nein" ankreuzen, müssen Sie in der Regel keine weiteren Angaben zu Ihrem Vermögen machen.
Wann Vermögen als "erheblich" gilt, wird in den Erklärungen der Bundesagentur für Arbeit zum Antrag auf ALG II folgendermaßen erklärt: "Erheblich ist sofort für den Lebensunterhalt verwertbares Vermögen der Antragstellerin/des Antragstellers über 60.000 Euro sowie über 30.000 Euro für jede weitere Person in der Bedarfsgemeinschaft. Beispiele: Girokonten, Sparbücher, Schmuck, Aktien, Lebensversicherungen." Bei einer vierköpfigen Familie gelten damit Rücklagen bis zu 150.000 Euro noch nicht als "erheblich". Wer fürs Alter mit einem Riester- oder Rürup-Vertrag zusätzlich vorgesorgt hat, für den gilt auch Guthaben, das auf diesen Verträgen angesammelt ist, grundsätzlich nicht als verwertbar. Das käme im Beispielfall zu den 150.000 Euro hinzu. Das bedeutet: Die meisten Antragsteller werden im neuen ALG-II-Formular mit gutem Gewissen erklären können, dass ihr Vermögen "nicht erheblich" ist.
Im Grundsatz gilt bei ALG II: Anerkannt und berücksichtigt werden hier auf Dauer nur "angemessene" Unterkunftskosten. Was als "angemessen" zählt, ist dabei je nach Wohnort höchst unterschiedlich.
Nun gilt: Die Miete (bei Wohneigentümern: der Kreditzins) kann – auch wenn sie nach den örtlichen Regelungen unangemessen hoch ist – vom Jobcenter voll als notwendige Ausgabe anerkannt werden und somit übernommen werden.
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Wenn Sie bis zum 30. Juni 2020 einen Antrag auf ALG II stellen, gelten Ihre "tatsächlichen Unterkunftskosten" als angemessen. Das regelt Paragraf 67 des zweiten Sozialgesetzbuchs (SGB II). Ihre Unterkunftskosten werden also nicht auf den Prüfstand gestellt. Wenn sich nach diesen sechs Monaten Ihre Situation noch nicht nachhaltig geändert hat, können Sie weiterhin volles ALG II erhalten und haben mindestens sechs Monate Zeit, sich eine billigere Wohnung zu suchen. In dieser Zeit werden auch Ihre "zu hohen" Unterkunftskosten weiterhin übernommen.
Beim Kinderzuschlag – auch beim Notfall-Kiz – gilt ohnehin gegenüber dem ALG II hinsichtlich der Unterkunftskosten eine großzügigere Regelung. Hier werden auch Mieten berücksichtigt, die für ALG-II-Bezieher als unangemessen gelten würden. In der Durchführungsanweisung der Bundesagentur für Arbeit zum Kinderzuschlag heißt es hierzu unter Punkt C.3.1.2.1 ausdrücklich: "Abzustellen ist immer auf die tatsächlichen Bedarfe. Eine Angemessenheitsprüfung wie im SGB II erfolgt nicht."
Wer durch Kurzarbeit plötzlich auf einen erheblichen Teil seines Einkommens verzichtet, für den wird es unter Umständen eng mit der Wohnungsmiete. Für die Notfälle, in denen Miete vorübergehend gar nicht gezahlt werden kann, ist es wichtig zu wissen, dass für die Zeit bis Ende Juni dieses Jahres für Mieter ein außerordentlicher Kündigungsschutz besteht – auch wenn die Mietzahlung ausbleibt.
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Allerdings: Darauf lohnt es sich niemals zu vertrauen, denn die Miete muss später schließlich doch gezahlt werden. Wenn´s knapp mit der Miete wird, sollte man daher in jedem Fall umgehend Wohngeld beantragen. Wer bislang bereits Wohngeld erhalten hat, kann bei Kurzarbeit umgehend einen Erhöhungsantrag stellen. Hierauf besteht dann ein Anspruch, wenn sich das Gesamteinkommen um mehr als 15 Prozent verringert hat.
Biallo-Tipp: Wohngeld zu beziehen, ist möglicherweise für viele Menschen gegenüber dem ALG-II-Bezug die angenehmere Variante. Wichtig zu wissen ist daher: Selbst wenn Sie etwa bei Kurzarbeit grundsätzlich Anspruch auf ALG II hätten, können Sie auf einen entsprechenden Antrag verzichten und stattdessen Wohngeld beantragen. Die Wohngeldstelle darf Ihren Antrag nicht mit der Begründung abweisen, Sie könnten ja ALG-II beziehen.
Allerdings sollten Sie sich vom Wohngeld nicht zu viel erwarten. 2020 ist die jüngste Wohngeldreform in Kraft getreten. Das durchschnittlich gezahlte Wohngeld beträgt nach den Berechnungen des Bundesinnenministeriums für einen durchschnittlichen anspruchsberechtigten Zwei-Personen-Haushalt 190 Euro pro Monat. Zudem gelten – anders als aktuell beim ALG II – bei der anrechenbaren Miete Höchstbeträge. Wohngeld deckt damit häufig nur einen kleinen Teil der Miete ab.
Die Regeln fürs Wohngeld – für das die Länder zuständig sind – wurden aufgrund der aktuellen Krise nicht verändert, die Inanspruchnahme wurde allerdings erleichtert. Hierzu liegt ein Schreiben des Bundesinnenministeriums an die für Wohngeld zuständigen Landesministerien beziehungsweise Senatsverwaltungen vor. Danach können Mieter und Wohnungseigentümer, die in der eigenen Wohnung leben, nun einen formlosen Wohngeldantrag per E-Mail stellen. Für ihre Bedürftigkeit müssen sie künftig weniger Nachweise erbringen, deren Plausibilität wird weniger hart geprüft. Unter anderem soll auf die Prüfung von Vermögen verzichtet werden, ausgenommen es gibt Hinweise auf ein großes Vermögen. Das galt allerdings bisher schon. Außerdem kann man sich bei finanziellen Engpässen Wohngeldvorschüsse für bis zu drei Monate auszahlen lassen.
Der Antrag auf Wohngeld muss bei der Wohngeldbehörde der jeweiligen Kommune gestellt werden. Die Kommunen sollen – so das Bundesinnenministerium – Wohngeldanträge "hochprioritär" bearbeiten, was in vielen Kommunen derzeit allerdings noch immer eine lange Warteschleife bedeuten kann. Möglicherweise sind die Jobcenter und Familienkassen da besser aufgestellt.
Für manche verheiratete Bezieher von Kurzarbeitergeld kann sich eine Änderung der vom Ehepaar gewählten Steuerklassenkombination lohnen. Denn die Höhe des Kurzarbeitergeldes richtet sich nach der aktuell im Monat des Kurzarbeitergeld-Bezugs auf der elektronischen Lohnsteuerkarte eingetragenen Steuerklasse. Ein solcher Wechsel wird auch noch berücksichtigt, wenn er während des Kurzarbeitergeldbezugs erfolgt – allerdings nicht rückwirkend für bereits abgerechnete Monate.
Wichtig: Das gilt so nur beim Kurzarbeitergeld und nicht beim Arbeitslosengeld. Bei der Versicherungsleistung Arbeitslosengeld sorgen differenzierte gesetzliche Regeln dafür, dass eine Steuerklassenänderung, um höheres ALG zu erzielen, in der Regel nicht anerkannt wird. Diese Klauseln werden nach Paragraf 101, Absatz 1, Satz 6 SGB III beim Kurzarbeitergeld ausdrücklich nicht angewandt.
Beide Partner sind beschäftigt und haben sich für die Steuerklassenkombination IV/IV entschieden. Partner A verdient 4.000 Euro brutto, Partner B 2.000 Euro brutto. Nun wird Partner A auf "Kurzarbeit Null" gesetzt.
Der Betroffene wechselt sofort in Steuerkasse III, Partner B hat damit Steuerklasse V.
Dabei gibt es einen erheblichen Unterschied im Nettoentgelt, das der Betroffene ohne Kurzarbeit erzielen würde. Hierbei wurde der Brutto-Netto-Rechner von biallo.de zur Ermittlung der Netto-Werte benutzt.
Netto bei "normaler" Arbeitszeit |
Kurzarbeitergeld bei Kurzarbeit Null (67 Prozent) |
|
---|---|---|
Steuerklasse III |
2.781,35 |
1.863,50 |
Steuerklasse IV |
2430,32 |
1.628,31 |
Differenz |
351,03 |
235,19 |
Die Tabelle oben zeigt, dass der Wechsel in Steuerklasse III dem Betroffenen in diesem Fall ein um 235 Euro höheres Kurzarbeitergeld bringt.
Nun werden Sie vermutlich einwenden, dass dann der andere Partner deutlich mehr Lohnsteuer zahlen muss und entsprechend Netto weniger verdient. Und das ist auf den ersten Blick tatsächlich so. Das monatliche Nettogehalt von Partner B sinkt um fast 270 Euro. Dennoch kann sich der Wechsel der Steuerklassen lohnen. Denn auch bei der Steuer gilt: Abgerechnet wird zum Schluss. Lohnsteuer ist nämlich eine Steuervorauszahlung. Die tatsächliche Steuerbelastung stellt sich erst im Folgejahr heraus, wenn die Steuererklärung abgegeben wurde, was übrigens bei der Steuerklassenkombination III/V Pflicht ist. Bei der Steuerfestsetzung spielen die Steuerklassen, die vorher gewählt wurden, keinerlei Rolle. Das bedeutet: Die fällig werdende Einkommenssteuer fällt im Prinzip bei jeder Steuerklassenwahl gleich aus. Wer zu viel vorausgezahlt hat (durch Steuerklasse V), bekommt entsprechend Steuer erstattet. Wer zu wenig vorausgezahlt hat, muss Steuer nachzahlen.
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Wer den "Steuerklassentrick" nutzt, um mehr Kurzarbeitergeld zu erhalten, sollte allerdings besonders an den sogenannten Progressionsvorbehalt denken. Denn Kurzarbeitergeld selbst ist zwar nicht steuerpflichtig. Der Bezug dieser Leistung sorgt allerdings dafür, dass das steuerpflichtige Einkommen stärker belastet wird. Je höher das Kurzarbeitergeld ausfällt, desto mehr wirkt sich das aus.
Und noch eins sollten Ehepaare bedenken, die die Steuerklassen ändern. Das Ganze kann nach hinten losgehen, wenn der Partner mit der "schlechteren" Steuerklasse – meist ist das die Frau – später den Arbeitsplatz verliert und auf die Versicherungsleistung Arbeitslosengeld angewiesen ist. Mit Steuerklasse V fällt das Arbeitslosengeld nämlich deutlich niedriger aus – und das lässt sich durch einen simplen Steuerklassenwechsel vielfach nicht "reparieren".
Den Antrag zum Steuerklassenwechsel finden Sie hier.
Angesichts der Corona-Krise hat die Bundesregierung in der Nacht zum 22. April 2020 vorübergehend günstigere Regelungen zur Höhe des Nebeneinkommens in der Kurzarbeit beschlossen, ein Gesetzesentwurf lag hierzu bei Redaktionsschluss dieses Ratgebers allerdings noch nicht vor.
Die Betroffenen dürfen danach bis Ende 2020 in der Zeit ihrer Kurzarbeit in einer Nebenbeschäftigung ihren Nettoeinkommensverlust komplett ausgleichen, ohne dass es zu einer Kürzung des Kurzarbeitergeldes kommt.
Wer also beispielsweise zuletzt in seiner regulären Arbeitszeit 2.000 Euro netto verdient hat, darf mit dem gegebenenfalls verbliebenen Lohn in der Teilzeitarbeit, mit Kurzarbeitergeld und dem Nettoentgelt aus der Nebenbeschäftigung auch in der Zeit der Kurzarbeit wieder genau dieses Einkommensniveau erreichen.
Biallo-Tipp: Sie möchten rund um das Thema Steuern auf dem Laufenden bleiben? Dann schauen Sie sich doch einfach in unserer neuen Themenwelt Recht und Steuern um.
Ab dem Jahr 2021 gelten dann wieder die "alten" Regeln zur Nebeneinkommensanrechnung. Danach müssen Beschäftigte mit einem Nebenjob eine Kürzung ihres Kurzarbeitergeldes hinnehmen. Dies gilt allerdings nicht, wenn der Nebenjob bereits vor dem Eintritt der Kurzarbeit ausgeübt wurde.