Wohngeld steht Menschen zu, deren Einkünfte nicht ganz reichen, um den Lebensunterhalt selber zu bestreiten. Der Zuschuss kann nicht mit Arbeitslosengeld II oder Grundsicherung kombiniert werden.
Die Höhe des Wohngelds hängt ab von der Anzahl der Haushaltsmitglieder, der Höhe der Miete oder Belastung sowie dem Einkommen.
Ab 2021 gilt der neue Grundrentenfreibetrag, der dazu führen kann, dass der Wohngeldanspruch steigt und mehr Personen Wohngeld bekommen können. Manche Wohngeldbezieher können aber auch in die Grundsicherung rutschen.
Bei Wohngeldanträgen kommt es immer wieder zu Problemen. Einige Fragen wie jene nach Einkünften und Vermögen haben es in sich. Nicht selten werden Anträge wegen fehlerhafter Angaben abgelehnt.
Ob Erstantrag, Verlängerung oder Erhöhungsanspruch – Missverständnisse und Probleme sind bei Wohngeldanträgen an der Tagesordnung. Viele Anträge werden negativ beschieden, bei anderen zieht sich die Bearbeitung unnötig lange hin, immer wieder wecken Bescheide Zweifel. Grund sind oft fehlerhaft ausgefüllte Formulare. Doch auch Sachbearbeiter in Wohngeldämtern können irren. Die Mehrzahl der Antragsfehler lässt sich leicht vermeiden. Hinter einigen Fragen in den Anträgen steckt mehr, als es den Anschein hat. Nicht zuletzt an ihnen entscheidet die Höhe des Wohngelds.
Das Statistische Bundesamt zählte Ende 2019 rund 504.400 Haushalte, die Wohngeld erhielten. Das waren 1,2 Prozent aller privaten Haushalte. Damit war die Zahl der Haushalte, die Wohngeld beziehen, gegenüber 2018 um acht Prozent gesunken. Durchschnittlich 153 Euro erhielten Haushalte, bei denen allen Mitgliedern Wohngeld zusteht. Wohngeldempfänger sind in erster Linie Rentner. Unter den reinen Wohngeldhaushalten war Ende 2019 in den meisten Fällen der Haupteinkommensbezieher Rentner oder Pensionär (rund 225.000 Haushalte). Aber auch viele Familien sind auf Wohngeld angewiesen. Bei rund 184.000 Haushalten ist der Haupteinkommensbezieher Arbeitnehmer oder Beamter. Unter den Haushalten von Auszubildenden und Studierenden wurden rund 23.500 unterstützt.
Wohngeldreform 2020
Das Wohngeld ist zum 1. Januar 2020 refomiert worden. Dadurch vergrößerte sich wieder der Kreis der Menschen, denen diese Hilfe zusteht. Das sind die Kernpunkte der Reform:
Höheres Wohngeld: Nach Berechnungen des Bundesbauministeriums erhalten Haushalte durchschnittlich 30 Prozent mehr Zuschuss. Im Fall von Zweipersonenhaushalten etwa erhöht er sich im Schnitt von 145 auf 190 Euro.
Anpassung der Mietenstufen: Gemeinden und Kreisen sind die Grenzwerte für die Miete, die die Wohngeldbehörden anrechnen, neu zugeordet worden. Für manche gilt jetzt eine höhere "Mietenstufe", manche sind herabgestuft worden. Bei vielen ist die Mietenstufe gleich geblieben.
Neue Mietenstufe: Zusätzlich zu den bisherigen sechs Mietenstufen gibt es jetzt die Mietenstufe VII. Sie gilt für Gemeinden und Kreise, in denen die Mieten extrem hoch sind. Aktuell greift sie zum Beispiel in München und vielerorts im Münchner Umland. Bei Singlehaushalten rechnen die Wohngeldämter bis zu 633 Euro Miete an, bei fünf Haushaltsmitgliedern sind es bis zu 1.217 Euro (s. Tabelle).
Neue Einkommensgrenzen: Es gelten höhere Grenzwerte für monatliche Gesamteinkommen, um noch anspruchsberechtigt zu sein. Für Singlehaushalte der Mietenstufe IV ist die Einkommensgrenze von 955 auf 1.061 Euro angehoben worden, für Zweipersonenhaushalt dieser Mietenstufe von 1.307 auf 1.454 Euro. Für Haushalte der Mietenstufe VI mit vier Mitgliedern liegt die Grenze jetzt bei 2.393 Euro (vorher: 2.166 Euro).
Höherer Freibetrag bei Schwerbehinderung: Dieser Freibetrag für Menschen mit Schwerbehinderung ist um 300 Euro auf jährlich 1.800 Euro erhöht worden. Voraussetzung für die Anrechnung: ein Grad der Behinderung von 100 oder – bei geringerem Grad – Pflegebedürftigkeit (Paragraf 14 SGB XI) und häusliche oder teilstationäre Pflege oder Kurzzeitpflege.
Alle zwei Jahre mehr Wohngeld: Der Zusschuss soll alle zwei Jahre an die Miet- und Einkommensentwicklung angepasst werden. Demnach wäre 2022 die nächste Anpassung fällig. Doch auch 2021 gibt es Veränderungen beim Wohngeldbezug – durch den neuen Grundrentenfreibetrag sowie durch Entlastungen bei den Heizkosten.
Die Einführung der Grundrente zum 1. Januar 2021 bedeutet für viele Wohngeldempfänger zwei neue Rechengrößen. Das ist zum einen der Zuschlag aus der Grundrente. Zum anderen bringt die Regelung einen Rentenfreibetrag, der bei der gesetzlichen Rente angerechnet wird. Zuschlag und Freibetrag sind an Voraussetzungen geknüpft.
Den Freibetrag bekommt nur zugestanden, wer mindestens 33 Beitragsjahre in einer Rentenversicherung hat, die zur sogenannten ersten Säule der Alterssicherung gehört. Neben der gesetzlichen Rentenversicherung sind das die Beamtenversorgung, die Versorgung der freien Berufe und die Alterssicherung der Landwirte. Zeiten in einer Betriebsrentenversicherung zählen also nicht.
„Erfüllt ist die Voraussetzung auch, wenn jemand Hinterbliebenen-Rente bezieht und der Verstorbene 33 Jahre in gesetzliche Rentenversicherung eingezahlt hat“, erklärt Ingo Schäfer, Rentenexperte beim Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB).
Was diese 33 Jahre angeht, verweist er darauf, dass ein versicherungspflichtiger Mini-Job auch dazuzählt. Zudem angerechnet werden Kindererziehungszeiten – die ersten zehn Jahre für einen der beiden Elternteile -, Zeiten, in denen Angehörige gepflegt wurden, sowie Zeiten, in denen Kurzarbeitergeld, Krankengeld oder Übergangsgeld bezogen wurde, wie Schäfer betont. Nicht berücksichtigt werden Phasen mit Arbeitslosengeld (ALG), ALG II oder Arbeitslosenhilfe.
Der Freibetrag wird individuell berechnet. Von der gesetzlichen Rente werden die ersten 100 Euro gar nicht angerechnet. Vom darüber liegenden Renteneinkommen werden 30 Prozent nicht angerechnet. Diese 30 Prozent kommen also zu den 100 Euro hinzu. Der Freibetrag ist gedeckelt, maximal ist er so hoch wie der halbe Regelbedarfssatz – aktuell (2020) also 216 Euro. 2021 sind es 223 Euro.
Beispiel:Zu den ersten 100 Euro kommen, nimmt man den geltenden Regelbedarfssatz für Alleinstehende in Höhe von 432 Euro, maximal 116 Euro hinzu (100 + 116 = 216 (halber Bedarfssatz). Das bedeutet, der maximale Freibetrag wird erreicht bei einer Brutto-Rente ab 486,67 Euro (100 + 116 x 3,33). Liegt die Brutto-Rente darüber, beispielsweise bei 700 Euro, werden ebenfalls 216 Euro nicht mehr berücksichtigt.
Der Freibetrag kann dazu führen, dass das Wohngeld steigt beziehungsweise, dass erstmals ein Anspruch darauf entsteht. Er kann aber auch zur Folge haben, dass das anzurechnende Mindesteinkommen unterschritten wird und man in die Grundsicherung rutscht.
Wie sich der Freibetrag (maximaler Freibetrag in Höhe von 216 Euro) auf die Höhe des Wohngeldes für Rentner auswirkt, die keinen Zuschlag aus der Grundrente erhalten, zeigen die folgenden Beispielrechnungen:
Beispiel 1: aktuelles Recht
anerkannte Miete
Rente aus der GRV
anzurechnendes Einkommen
Wohngeld
350 €
800 €
720 €
131 €
mit Freibetrag
anerkannte Miete
Rente aus der GRV
anzurechnendes Einkommen
Wohngeld
350 €
800 €
504 €
227 €
Beispiel 2 aktuelles Recht
anerkannte Miete
Rente aus der GRV
anzurechnendes Einkommen
Wohngeld
450 €
800 €
720 €
198 €
mit Freibetrag
anerkannte Miete
Rente aus der GRV
anzurechnendes Einkommen
Wohngeld
450 €
800 €
504 €
309 €
Beispiel 3: aktuelles Recht
anerkannte Miete
Rente aus der GRV
anzurechnendes Einkommen
Wohngeld
450 €
700 €
630 €
246 €
mit Freibetrag
anerkannte Miete
Rente aus der GRV
anzurechnendes Einkommen
Wohngeld
450 €
700 €
414 €
351 €
Das Wohngeld steigt durch den Einkommensfreibetrag in den beispielhaften Fällen um 96, 111 und 115 Euro. (Beispielrechnungen des DGB).
Der Rentenzuschlag durch die neue Grundrente erhöht das Einkommen und mindert so den Anspruch auf Wohngeld oder kann ihn auf null senken. Ob jemand den Rentenzuschlag erhält und wie hoch er gegebenenfalls ausfällt, ist das Ergebnis einer Berechnung, für die die Rentenversicherung den gesamte Versicherungslauf betrachten muss. Sie muss unter anderem aus den Grundrentenzeiten die für die Bewertung relevanten Grundrentenbewertungszeiten ermitteln. Das sind die Monate mit mindestens 0,025 Entgeltpunkten. Rentner müssen sich gedulden: „Die Rentenversicherung verschickt ihre Bescheide frühestens ab Sommer 2021, und es dauert wahrscheinlich mindestens bis Ende des Jahres, bis sie alle Rentenkonten durchgerechnet hat“, sagt Ingo Schäfer.
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Entlastung bei den Heizkosten
Zum ersten Januar 2021 kommt Geringverdienern und Rentnern beim Wohngeld eine „CO2-Komponente“ zugute. Hintergrund ist die Bepreisung von Kohlendioxid ab nächstem Jahr, sie lässt die Heizkosten ansteigen. Zum Ausgleich rechnen die Wohngeldämter zusätzliche Beträge zu Miete und Belastung (Paragraf 12,WoGG) an.
Maßgeblich für die Höhe der CO2-Komponente ist die durchschnittliche Wohnfläche, die je nach Zahl der Haushaltsmitglieder zugrunde gelegt wird. Für einen Single-Haushalt beträgt diese Richtfläche 48 Quadratmeter, für einen Zwei-Personen-Haushalt 62 Quadratmeter, für jedes weitere Haushaltsmitglied kommen zwölf Quadratmeter hinzu. Pro Quadratmeter kalkulieren die Behörden 0,30 Euro ein. Das ergibt folgende Entlastungsbeträge:
HaushaltsmitgliederEntlastung in Euro
1 14,40
2 18,60
3 22,20
4 25,80
5 29,40
Für jedes weitere zu berücksichtigende Haushaltsmitglied steigt der Entlastungsbetrag um 3,60 Euro.
Die Miete oder Belastung, die ab Januar in die Berechnung des Miet- oder Lastenzuschusses eingeht, ist die Summe aus (Paragraf 11, WoGG):
Bruttokaltmiete oder Belastung (siehe Abschnitt Lastenzuschuss). Die Beträge sind gedeckelt durch die Höchstbeträge für Miete und Belastung (Paragraf 12, WoGG).
Entlastungsbetrag bei den Heizkosten.
Beispiel 1: Ein Single-Haushalt mit der Mietenstufe V hat eine Bruttokaltmiete in Höhe von 500 Euro. Der anrechenbare Höchstbetrag beläuft sich auf 525 Euro. Zu den 500 Euro werden 14,40 Euro hinzugerechnet, das heißt, das Wohngeld wird auf der Basis einer Miete von 514,40 Euro berechnet.
Beispiel 2: Die Bruttokaltmiete eines Zwei-Personen-Haushalts mit der Mietenstufe VI liegt bei 750 Euro – das sind 53 Euro mehr als der anrechenbare Höchstbetrag nach Paragraf 12. In die Berechnung des Wohngelds fließt ein Betrag in Höhe von 715,60 Euro (697 + 18,60 Euro) ein.
Als sie das Gesetz erarbeitet hat, ist die Bundesregierung davon ausgegangen, dass Wohngeldempfänger durch die Entlastung bundesweit im Schnitt rund 15 Euro mehr pro Monat erhalten. Und sie errechnete, dass aufgrund der Regelung 35.000 Haushalte ab 2021 erstmals oder wieder Anspruch auf Wohngeld erlangen können.
Sozialverbände sehen die Regelung als kleinen Schritt in die richtige Richtung. „Allerdings werden Wohngeldhaushalte bisher nicht ausreichend bei ihren insgesamten Energiekosten unterstützt. Wir fordern deshalb seit Längerem die Einführung einer Energiekomponenten“, sagt Jennifer Puls vom Paritätischen Gesamtverband. Der Wohlfahrtsverband hält darüber hinaus die Einführung einer „Klimakomponente“ für notwendig. „Wohngeldhaushalte sollten die Möglichkeit erhalten, Wohnungen mit höheren Energiestandards anzumieten beziehungsweise ihre Wohnung nach einer energetischen Sanierung behalten zu können.", sagt Puls.'
Den CO2-Entlastungsbetrag müssen Wohngeldempfänger nicht eigens beantragen. Für aktuelle Bewilligungsbescheide, die über den 31. Dezember 2020 hinaus gelten, sieht der Gesetzgeber eine Übergangsregelung vor (Paragraf 42c, WoGG). Danach müssen die Ämter über die Höhe des Wohngeldes für die Zeit ab 1. Januar 2021 bis zum Ende des jeweiligen Bewilligungszeitraum unter Einbeziehung der CO2-Komponente neu entscheiden.
Wer Wohngeld beantragt, braucht Geduld. Ungefähr vier bis acht Wochen dauert die Bearbeitung üblicherweise. Vielerorts zieht es sich deutlich länger hin. Deutschlandweit summiert sich die Zahl der Bearbeitungsfälle in Wohngeldstellen Quartal für Quartal auf 300.000 bis 400.000.
Bilanz in den ersten drei Quartalen des Jahres 2019: Bei 15 Prozent der Bearbeitungsfälle handelte es sich um "Erstbewilligungen”, bei 40 Prozent um "Wiederholungsbewilligungen”. Fast 28 Prozent machten "Ablehnungen und Wegfälle” aus.
Was die Bilanz aus Verbrauchersicht trübt: Das Wohngeld wird nicht jährlich an die Mietpreis- und andere Preisentwicklungen angepasst, wie das etwa bei den Hartz-IV-Regelsätzen geschieht. Übliche Einkommenssteigerungen zum Ausgleich der Inflationsrate haben zur Folge, dass Wohngeldempfänger weniger Zuschuss bekommen oder aus der Förderung herausfallen – trotz gestiegener Wohnkosten.
Wer hat Anspruch auf Wohngeld?
Wohngeld ist für einkommensschwache Menschen gedacht, es soll "der wirtschaftlichen Sicherung angemessenen und familiengerechten Wohnens” dienen. So steht es im Wohngeldgesetz (WoGG). Anspruch auf die Unterstützung haben sowohl Mieter als auch Eigentümer von Immobilien. Mietern zahlt der Staat das Wohngeld als Mietzuschuss, Eigentümern als Lastenzuschuss. Mietzuschuss gewährt wird auch Bewohnern von Alten- und Pflegeheimen. Die Lastenzuschuss-Regelung schließt Menschen mit eigentumsähnlichem Dauerwohnrecht, Wohnungsrecht oder Nießbrauch ein.
Ausgeschlossen vom Wohngeld sind Empfänger von Transferleistungen wie Arbeitslosengeld II und Grundsicherung. Denn deren Unterkunftskosten werden vom Jobcenter oder Sozialamt bereits übernommen. Auch Mitglieder von Bedarfsgemeinschaften bleiben daher unberücksichtigt.
Ob und wie viel Wohngeld es im Einzelfall gibt, hängt ab von der Anzahl der Haushaltsmitglieder, der Miete oder Belastung und dem Gesamteinkommen.
Als Haushaltsmitglieder angerechnet werden neben dem Antragsteller der Ehe- oder Lebenspartner, Kinder und darüber hinaus etwa Großeltern, Onkel und Tanten; es zählen alle, die mit dem Mieter oder Eigentümer "in gerader Linie oder zweiten oder dritten Grades in der Seitenlinie verwandt oder verschwägert” sind (Paragraf 5, Abs. 1, WoGG). Vorausgesetzt freilich, der betreffende Wohnraum ist "der Mittelpunkt ihrer Lebensbeziehungen”.
Was Mietkosten betrifft, ist für die Höhe des Wohngeldes die Bruttokaltmiete ausschlaggebend. Sie errechnet sich aus der Grundmiete plus den Kosten für Wasser, Abwasser- und Müllbeseitigung und Treppenbeleuchtung. Außen vor bleiben bei der Berechnung des Zuschusses die Kosten für Heizung und Warmwasser und Garage oder Kfz-Stellplatz.
Wer ein Haus mit mehr als zwei Wohnungen hat und eine davon selber bewohnt, bekommt Wohngeld auf der Basis des "Mietwertes”, also der Miete für eine vergleichbare Wohnung.
Die Belastung von Eigentümern bemessen die Behörden an den Ausgaben für einen etwaigen Immobilienkredit - Zins und Tilgung - , den Bewirtschaftungs- und Verwaltungskosten sowie der Grundsteuer. Für Instandhaltungs- und Betriebskosten gilt eine Pauschale in Höhe von 36 Euro pro Quadratmeter im Jahr.
Als Gesamteinkommen zählt die Summe der Jahreseinkommen der Haushaltsmitglieder. Weg fallen Abzugsbeträge für Steuern und Sozialversicherungsbeiträge sowie Unterhaltsleistungen und Freibeträge zum Beispiel für pflegebedürftige Haushaltsmitglieder. Zusätzlich können Antragsteller - wie beim Fiskus - Werbungs- und Kinderbetreuungskosten geltend machen. Nicht mitgezählt werden bei der Berechnung des Einkommens auch Kindergeld, Kinderzuschlag und Mindestbetrag beim Elterngeld.
Dem anrechenbaren Gesamteinkommen sind nach oben und nach unten Grenzen gesetzt. Wer zu wenig oder zu viel verdient, geht bei der Wohngeldstelle leer aus. Dabei spielen unterschiedliche Größen eine Rolle.
Ein Mindesteinkommen macht der Staat zur Bedingungen, um zu vermeiden, dass Wohngeld zweckentfremdet wird, zum Beispiel für Ernährung oder Kleidung. Nur wer seinen Lebensunterhalt, sprich sozialhilferechtlichen Bedarf, zumindest größtenteils selber bestreitet, dem steht Miet- oder Lastenzuschuss zu.
Der sozialhilferechtliche Bedarf setzt sich zusammen aus Regelbedarf plus individuellem Bedarf plus Bruttowarmmiete (SBG II SGB XII). Kommt unter dem Strich ein Betrag heraus, der höher ist als das angegebene Einkommen, hat das Amt Spielraum: Unter Umständen kalkuliert es mit einem niedrigeren Regelbedarf und setzt so die Hürde herab. Geregelt ist das in den Verwaltungsvorschriften zum Wohngeldgesetz (WoGVwV 15.01).
Wo die Obergrenze für das Gesamteinkommen liegt, ergibt sich zum einen aus der Zahl der Haushaltsmitglieder, zum anderen ist der Wohnort entscheidend. Je nach Niveau der Mietpreise sind "Mietstufen” festgeschrieben. Sie reichen von I bis VII. Jeder Kommune mit mehr als 10.000 Einwohnern ist eine Mietstufe zugeordnet, für kleinere Kommunen ist übergeordnet eine für den Kreis definiert. Je teurer das Pflaster, desto höher die Stufe.
Für Alleinstehende in München (Mietenstufe VII, bisher VI) etwa liegt die Grenze für das monatliche Gesamteinkommen bei 1.151 Euro. Für Singles in Stuttgart oder Hamburg (Mietenstufe VI) markieren 1.121 Euro die Grenze (bisher: 1.010 Euro). Familien mit zwei Kindern stoßen in München bei 2.440 Euro ans Limit, in Stuttgart oder Hamburg bei 2.393 Euro (bisher: 2.166 Euro). In Cham, Goslar oder im Kreis Lüchow-Danneberg (Mietenstufe I) ist die Obergrenze für Alleinstehende bei 948 Euro (bisher: 855 Euro) gezogen, für Vier-Personen-Haushalte bei 2.109 Euro (bisher: 1.909 Euro). Abzugs- und Freibeträge kommen immer noch oben drauf (vgl. Gesamteinkommen).
Gedeckelt ist auch die Miete, die in die Berechnung des Wohngeldes eingeht. Gleichermaßen gilt das für die Belastung. Die Deckelung erfolgt mittels der Mietstufen, maßgeblich ist außerdem die Anzahl der Haushaltsmitglieder. Bei der Ermittlung der Höchstbeträge hat sich der Gesetzgeber allein an Wohnraum orientiert, für den Wohngeld aufgewendet wird. Nur Mieten und Belastungen bis zu diesen Beträgen sind relevant für den Zuschuss. Jeder Euro darüber hinaus, fällt unter den Tisch. Einem Single mit der Mietstufe VI rechnet das Amt maximal 633 Euro an, einem vierköpfigen Haushalt bis zu 1.065 Euro.
Zum Vergleich: Für einen Alleinstehenden mit der Mietstufe I gilt ein Höchstbetrag von 338 Euro, bei vier Haushaltsmitgliedern klettert der Wert auf 568 Euro.
Biallo-Tipp
Tabellen mit den Obergrenzen für Einkommen und Zuschüssen gibt es auf der Website des Bundesbauministeriums.
Grenzwerte für die Miete, die die Wohngeldstelle je nach Anzahl der Haushaltsmitglieder anrechnet:
Anzahl der zu berücksichtigenden Haushaltsmitglieder
in Gemeinden mit Mieten der Stufe
Höchstbetrag in Euro seit 1. Januar 2020
1
I II III IV V VI VII
338 381 426 478 525 575 633
2
I II III IV V VI VII
409 461 516 579 636 697 767
3
I II III IV V VI VII
487 549 614 689 757 830 912
4
I II III IV V VI VII
568 641 716 803 884 968 1065
5
I II III IV V VI VII
649 732 818 918 1010 1106 1217
Mehrbetrag für jedes weitere zu berücksichtigende Haushaltsmitglied
I II III IV V VI VII
77 88 99 111 121 139 153
Quelle: Bundesbauministerium
Knackpunkte bei Wohngeldanträgen
Aus Sicht der Behörden liegt das Hauptproblem bei Wohngeldanträgen auf der Hand. "Oft ist der Antrag in vielen Punkten unausgefüllt, Angaben bleiben unklar und zu allgemein. Zudem sind häufig keine oder falsche Unterlagen beigefügt”, sagt Edith Petry, Sprecherin des Sozialreferats in München. Sachbearbeiter haken dann nach. Doch auch auf Nachfrage blieben zahlreiche Antragsteller Angaben schuldig, und Verfahren würden "wegen fehlender Mitwirkung eingestellt”, sagt Petry.
In den Augen von Verbrauchern stellen sich Knackpunkte bei Wohngeldanträgen nicht immer dar. Einige Fragen, die Behörden stellen, haben es in sich. Arne Haase erlebt die Problematik tagtäglich. Er ist einer der Betreiber der Webseite wohngeldantrag.de. Haase und seine Mitstreiter - unter ihnen Mitarbeiter von Wohngeldstellen - beraten Verbraucher ehrenamtlich. Sie beobachten, dass sich bestimmte Fehler in Anträgen häufen.
Die können bis zur Ablehnung von Anträgen oder teils sogar zur strafrechtlichen Verfolgung führen. "Von 100 Anrufern, die wir jeden Tag haben, haben 20 einen Brief von der Behörde bekommen, dass ein Ordnungswidrigkeits- oder Strafverfahren droht”, berichtet Haase. Das sind die Knackpunkte:
Mindesteinkommen
Decken die Einkünfte nicht den sozialhilferechtlichen Bedarf, kann die Behörde von einem um 20 Prozent verringerten Regelbedarf (SGB II, SGB XII) ausgehen. Bei Alleinstehenden rechnet sie dann mit 346 statt 432 Euro, bei Paaren mit 622 statt 778 Euro (389 Euro je Partner). Entsprechend sinkt das für Wohngeld erforderliche Mindesteinkommen. Vorher findet ein schriftliches Anhörungsverfahren statt.
Antragsteller müssen dabei auflisten, welche Einnahmen und Ausgaben sie haben. Wenn eine unabweisbare Ausgabe fehle, könne es kritisch werden, sagt Arne Haase. "Eine Frau, die keine Hygieneartikel angibt, macht sich unglaubwürdig.” Ein anderes Beispiel: "Man gibt seine Handynummer im Antrag an, nennt aber keine Kosten für Telekommunikation.”
Aufgelistet werden muss gegebenenfalls auch der individuelle Bedarf. Dazu gehören unter anderem die Kosten für eine notwendige Haushaltshilfe, Mehrbedarfe bei Schwangeren, Alleinerziehenden oder schwerkranken Menschen sowie Beträge zur Vorsorge. Anders als beim Regelbedarf ziehen die Behörden von dieser Summe nicht 20 Prozent ab.
Ebenfalls in voller Höhe zum sozialrechtlichen Bedarf gerechnet wird die Bruttowarmmiete. Stromkosten müssen nur beziffert werden, wenn die Heizung mit Strom läuft.
Um die Hürde beim Mindesteinkommen zu nehmen, gilt es, entsprechende Nettoeinnahmen nachzuweisen, wie Haase betont. Grundsätzlich sollten Antragsteller auch Einkommen auflisten, die für die Höhe des Wohngeldes unerheblich sind, empfiehlt er. Kindergeld etwa rechne das Amt zum Mindesteinkommen. Das Gleiche gelte für einen Studienkredit.
Lesetipp: Nachwuchs ist teuer. Gut 200.000 Euro und mehr kostet ein Kind bis zum 18. Geburtstag. Wenn es studiert, wird es noch deutlich teurer. Womit Eltern rechnen müssen und wie sie finanziell vorsorgen können, erfahren Sie in unserem Ratgeber Was kostet ein Kind? – Diese Kosten entstehen bis zur Volljährigkeit.
Kapitalerlöse
Wenn Einkünfte aus Kapitalvermögen im Wohngeldantrag nicht offengelegt werden, ist Ärger programmiert. Dabei muss es nicht um große Beträge gehen. "Es genügt schon, wenn jemand ein Tagesgeldkonto hat und 50 Euro Zinsen im Jahr erhält”, sagt der Experte. Der Wohngeldstelle falle das beim automatischen Datenabgleich mit dem Bundesamt für Finanzen auf. Dann drohe ein Bußgeld, in einer Reihe Bundesländern ein Strafverfahren.
Vermögen zu verschweigen, ist nicht nur heikel, sondern auch unnötig. Denn beim Wohngeld sind im Vergleich zu anderen Sozialleistungen hohe Freigrenzen definiert. Für den Antragsteller liegt sie bei 60.000 Euro, für jedes weitere Haushaltsmitglied bei 30.000 Euro. Nach einem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG 5 C 21.12) sind auch höhere Vermögen zulässig. Dies sei "im Lichte der individuellen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse zu beurteilen”, heißt es. Hintergrund: Berlin hat die Freigrenze für das erste Haushaltsmitglied auf 80.000 Euro hochgeschraubt.
Unterhaltsanspruch
Die Frage nach einem Unterhaltsanspruch kann bei Alleinerziehenden und Azubis in der Erstausbildung zu Problemen zu führen. Kreuzen sie "nein” an, bohrt das Amt nach. Von Alleinerziehenden will es wissen, wie es mit dem Unterhaltsvorschuss aussieht. Bei Azubis erkundigt es sich nach dem Unterhalt von den Eltern. "Beide Unterhaltsarten sind gegenüber dem Wohngeld vorrangig”, betont Haase.
Eheähnliche Gemeinschaft
Als Haushaltsmitglied angesehen wird auch, wer mit dem Antragsteller in einer "Einstandsgemeinschaft” zusammenlebt. Davon geht das Amt aus, wenn "nach verständiger Würdigung der wechselseitige Wille anzunehmen ist, Verantwortung füreinander zu tragen und füreinander einzustehen”. Dieser Wille wird vermutet (§ SGB 2, Abs. 3a), wenn:
Partner mehr als ein Jahr unter einem Dach leben,
oder mit einem gemeinsamen Kind zusammenleben,
oder Kinder oder Angehörige im Haushalt versorgen,
oder befugt sind, über Geld des anderen zu verfügen.
Im Hinblick auf das Wohngeld bedeutet das: Einerseits erhöht sich die Zahl der Haushaltsmitglieder, andererseits wird das Einkommen des Partners angerechnet. Wenn etwa der Mann als Freiberufler noch weniger Geld verdient, die festangestellte Lebensgefährtin bereits viel, wackelt möglicherweise die obere Einkommensgrenze.
"Gemeinsames Wirtschaften liegt schon vor, wenn ein Partner seinen Anteil für die Miete auf das Konto des anderen überweist”, sagt Haase. Und wenn jemand trickst? "Das fliegt in 99 Prozent der Fälle auf.” Die Behörde schalte den Prüfdienst der Sozialämter ein, der steht dann morgens um sechs vor der Tür. "Man muss ihn nicht hereinlassen. Doch wenn man das nicht tut, wird das Wohngeld verweigert”.
Kinder gertrennt lebender Eltern
Mütter und Väter, die getrennt leben, müssen angeben, wer sich zu welchem Anteil um den Nachwuchs kümmert. Teilen sich die Eltern die Aufgabe zur Hälfte, zählen die Kinder als Mitglieder in beiden Haushalten - wodurch das Wohngeld jeweils steigt. Das trifft auch noch zu, wenn der Betreuungsanteil jedes Elternteils mindestens ein Drittel ausmacht. Wer zwei oder mehr Kinder hat und keines mindestens zu einem Drittel betreut, erhält nur das jüngste dieser Kinder als Haushaltsmitglied angerechnet (Paragraf 5 WoGG).
Änderung der Einkünfte
Werden sich Einkünfte eines Haushaltsmitglieds in den nächsten zwölf Monaten ändern? Die Frage klingt simpel, hat aber einen Haken. Wird sie bejaht, hat das zur Konsequenz, dass das Amt den Bewilligungszeitraum für das Wohngeld - normalerweise zwölf Monate - entsprechend verkürzt. Wenn die Änderung dann ausbleibt oder erst später eintritt, muss man dies nachweisen.
Angesichts der teils monatelangen Bearbeitungszeit von Behörde, kann es zu einer Durststrecke kommen. "Daher sollte man hier eher mit Nein antworten und erst, wenn sich die Einkünfte verändert haben, einen Änderungsantrag stellen”, rät der Experte.
Bafög und BAB
Wie Sozialhilfe und Arbeitslosengeld II sind Bafög und Berufsausbildungsbeihilfe (BAB) Ausschlusskriterien. Alleinlebende Auszubildende und Studenten, die diese Leistungen beziehen, haben keine Chancen auf Wohngeld. "Die Ausschlussregelung greift auch, wenn jemand eigentlich Anspruch auf Bafög hat, aber die Unterstützung nicht bekommt, weil die Eltern zu viel verdienen", erklärt Haase.
Anders sieht es aus, wenn der Betreffende mit seiner Partnerin zusammenzieht und die prinzipiell kein Bafög-Kandidat ist. "Dann kann der Student zusammen mit der Partnerin Anspruch auf Wohngeld haben”.
Ein Hinweis für Vermieter: Wenn der Mieter seine Miete nicht zahlen kann oder will, bringt das private Vermieter mit Kreditverpflichtungen schnell in finanzielle Bedrängnis. Eine Mietausfallversicherung kann hier Abhilfe schaffen.
Wenn Zweifel am Bescheid aufkommen
Verbraucher können gegen einen Wohngeldbescheid Widerspruch einlegen. Sie gehen dabei kein Risiko ein. Schlimmstenfalls weist ihn die Behörde ab, Betroffenen entstehen keine Gebühren. Der Widerspruch muss schriftlich erfolgen. Wer nicht selbst schreiben will, kann seine Angaben in der Widerspruchsstelle des Amtes zu Protokoll geben.
Der Klageweg steht in den meisten Bundesländern erst offen, wenn man dem Widerspruch gescheitert ist. In Bayern sind Widerspruch und Klage alternativ möglich. In Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen gibt es nur die Möglichkeit, vor Gericht zu ziehen. Wo auch immer der Antragsteller wohnt, in der Praxis zeigen sich zwei Probleme.
Das sind einmal die Kosten. Wer Wohngeld benötigt, bezahlt nicht mal so nebenbei einen Anwalt. Helfen kann ein sogenannter Beratungshilfeschein. Der muss beim Amtsgericht beantragt werden. Eine andere Möglichkeit ist ein Antrag auf Prozesskostenhilfe.
Schwierig gestalten kann sich daneben die Suche nach einem Anwalt. Mit Wohngeldrecht kennen sich nicht allzu viele freie Rechtsanwälte aus. Auch Juristen bei Verbraucherzentralen und Mietervereinen befassen sich nicht näher damit.
Tipps für die Suche erhält man in der Heimatstadt eventuell bei sozialen Verbänden, Vereinen oder Einrichtungen; in München gibt es Sozialbürgerhäuser, die weiterhelfen können. Ansonsten empfiehlt es sich, über eine der einschlägigen Anwaltsdatenbanken im Internet zu suchen.
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Sämtliche Angaben ohne Gewähr. Datenstand 10.10.2024
Experteninterview: "Überbordende Bürokratie”
Welche Fehler unterlaufen Ämtern bei Wohngeld und Lastenzuschuss? Wie oft passiert das? Biallo sprach mit der Rechtsanwältin Birgit Steidel von der Kanzlei Breiter in Wiesloch. Die Kanzlei ist auf Arbeits- und Sozialrecht spezialisiert.
Frau Steidel, kommt es oft zu Problemen mit Anträgen auf Wohngeld oder Lastenzuschuss?
Birgit Steidel: Beschwerden von Verbrauchern, denen die Behörde zu wenig Wohngeld oder Lastenzuschuss bewilligt hat, sind bei uns eher die Ausnahme. In unserer Praxis sind das in der Regel Fälle, in denen Behörden von Verbrauchern Geld zurückfordern. Es kommt immer wieder vor, dass sich Leistungsempfänger nicht melden, wenn sich ihre Lebens- oder Einkommenssituation geändert hat. Tatsächlich kann man sich dann aber sehr schnell hohen Rückforderungen, wenn nicht sogar dem Verdacht des Sozialleistungsbetrug ausgesetzt sehen.
Wie wahrscheinlich ist es, dass ein Bescheid nicht korrekt ist?
Steidel: Wenn man sich andere sozialrechtliche Entscheidungen ansieht, muss man sagen: Die Fehlerquote hier in der Region ist in manchen Bereichen hoch. Das fällt etwa bei Leistungen nach dem SGB XII auf, insbesondere bei Sozialhilfe wegen Alter oder Erwerbsminderung.
Wie stellt sich das in der Praxis dar?
Steidel: Durch überbordende Bürokratie. Landratsämter fordern immer wieder neue Unterlagen und fast schon wöchentlich neue Informationen von den Betroffenen an. Das könnte auch Zermürbungstaktik sein. Nicht selten verlieren Behörden angesichts der vielen Unterlagen selber den Überblick und am Ende ist ein falscher Bescheid dann "doppelt falsch".
Wie sollten Verbraucher reagieren, wenn ein Wohngeldbescheid falsch ist?
Steidel: Viele Antragsteller erkennen nicht, dass sie Anspruch auf höhere Leistungen haben. Wer meint, dass der Bescheid nicht stimmt, sollte Widerspruch einlegen – der Widerspruch muss grundsätzlich nicht begründet werden, weil die Behörde dem Amtsermittlungsgrundsatz unterliegt, allerdings gelangt man eventuell schneller an die richtige Entscheidung, wenn man der Behörde mitteilt, weshalb man der Ansicht ist, dass der Bescheid falsch ist.
Und wenn man die Frist versäumt?
Steidel: Dann besteht eventuell die Möglichkeit, einen Überprüfungsantrag nach Paragraf 44 SGBX zu stellen.
Und was, wenn der Widerspruch zurückgewiesen wird?
Steidel: Dann bleibt nur der Weg vor Gericht, dabei ist zu berücksichtigen, dass Streitigkeiten um Wohngeld nicht vor den Sozialgerichten ausgetragen werden, sondern es ist das Verwaltungsgericht zuständig. Problematisch ist dabei dass die Betroffenen in der Regel nicht das Geld haben, um einen Anwalt einzuschalten.
Diesen Menschen hilft doch der Staat. Dafür gibt es den Beratungshilfeschein und die Prozesskostenhilfe.
Steidel: Viele scheuen sich davor, einen Beratungshilfeschein zu beantragen. Das ist ihnen peinlich. Sie beantragen den Schein erst dann, wenn sie sich sehr hohen Rückforderungen gegenüber sehen Und wenn sie es tun, ist leider noch lange nicht gewährleistet, dass der Beratungshilfeschein auch bewilligt wird. Im Hinblick auf die Prozesskostenhilfe ist zu beachten, dass diese innerhalb von vier Jahren von der Staatskasse zurückgefordert werden kann, wenn sich die Einkommens- und Vermögensverhältnisse bessern.
Das heißt also in der Praxis: Viele fehlerhafte Wohngeldbescheide, wenig Widerstand?
Steidel: Wie gesagt, bei uns sind fehlerhafte Wohngeldbescheide eher die Ausnahme. Es ist aber zu vermuten, dass es eine große Anzahl von Bescheiden gibt, welche nicht korrekt sind.