





Auf einen Blick
Das hätten sich die stolzen und vornehmen Deutsch-Banker vor ein paar Jahren sicher nicht vorstellen können. Dass Deutschlands größtes Geldhaus Finanzprodukte von anderen Banken vertreibt, weil ihre eigenen offenbar zu schlecht sind.
Fürs eigene „FestzinsSparen“ erhält der Kunde 0,01 Prozent Zinsen bei zwölf Monaten Laufzeit. Ist er damit unzufrieden, wechselt er auf der Website der Deutschen Bank in den „Zinsmarkt“ und entscheidet sich für das Angebot der französischen My Money Bank. Dort gibt es immerhin 0,35 Prozent für zwölf Monate. Das ist zwar deutlich weniger als die 1,00 Prozent Festgeldzinsen der FCA Bank oder die 0,90 Prozent der Klarna in unserem Festgeld-Vergleich, aber dafür auch um einiges bequemer. Denn wer schon Kunde bei der Deutschen Bank ist, kann das Angebot aller Fremdbanken einfach über das Onlinebanking abschließen. Man muss sich also nicht nochmals bei der neuen Bank per Post- beziehungsweise Videoident legitimieren, um ein Festgeldkonto abzuschließen.
Kein Wunder, dass dies ankommt. „Der Zinsmarkt ist ein großer Erfolg – für unsere Kunden und für uns als Bank. Seit dem Start haben die Kunden dem Zinsmarkt mehr als vier Milliarden Euro an Einlagen anvertraut“, sagt eine Sprecherin der Deutschen Bank. Zurzeit könnten die Kunden zwischen 27 unterschiedlichen Festgeldangeboten wählen und zwar mit Laufzeiten zwischen einem Monat und sieben Jahren. Die Offerten stammen von fünf Banken aus vier verschiedenen Ländern. Dieses Angebot will und wird die Bank im kommenden Jahr weiter ausbauen.
Sicher kommt diese Offerte noch aus einem anderen Grund so gut an: Vermögende Kunden mit Einlagen über 100.000 Euro können Gelder dort anlegen, ohne 0,50 Prozent Negativzinsen zahlen zu müssen, die bei dieser Bank ab 100.000 Euro für Privatkunden fällig werden, so wie bei mittlerweile rund 240 anderen Geldhäusern.
Nicht nur die Deutsche Bank geht so „fremd“. Knapp 300 Banken und Sparkassen haben sich auf solch lockere Sitten eingelassen, darunter auch große Häuser wie die Hamburger Sparkasse (Haspa) oder die Ostsächsische Sparkasse in Dresden. Diese bietet seit Juli 2020 Festgelder ausländischer Banken an.
„Wir sind der festen Überzeugung, dass in diesem Produktangebot das Beste aus zwei Welten zusammenkommt. Wir leben inzwischen in einer Welt, in der viele innovative Finanzprodukte auf dem Markt sind. Diese können und wollen wir unseren Kunden nicht vorenthalten. Das wissen auch unsere Kunden sehr zu schätzen und nehmen das Angebot als Ergänzung zu unserer Produktpalette gerne an“, sagt Linda Menzel, stellvertretende Unternehmenssprecherin der Ostsächsischen Sparkasse Dresden.
Es bleibt jedoch nicht nur beim Verkauf fremder Geldanlageprodukte. Volks- und Raiffeisenbanken wie die aus Köln-Bonn oder auch Sparkassen wie die am Bodensee oder in Bremen verkaufen Baufinanzierungen von ING, DKB oder Gladbacher Bank. Warum das so ist, verrät ein Blick auf den Baugeldvergleich der Sparkasse Bremen. Ein Darlehen über 100.000 Euro und zehn Jahren Laufzeit kostet bei ihr 1,05 Effektivzins pro Jahr. Sind dem Kunden die Bauzinsen zu hoch, verkauft ihm der Sparkassen-Berater die Baufinanzierung der ING für 0,74 Prozent effektiv pro Jahr. Er hat damit zwar weniger verdient als mit dem eigenen Kredit. Aber eine Provision der ING ist besser als nichts.
Nicola Oppermann von der Sparkasse Bremen meint denn auch: „Wir kannibalisieren uns nicht, wir erwirtschaften durch unsere Vermittlertätigkeiten ein Mehrgeschäft. Aufgrund der Markttransparenz bestärkt es teilweise unsere Kundschaft, eher bei uns zu bleiben. Sie sehen, welche Kondition sie am Markt 'wirklich' bekommen, nachdem wir mit den persönlichen Daten die Anfrage am Markt gestellt haben. Der Kunde beziehungsweise die Kundin erkennt spätestens hier oft die Wahrheit zwischen Werbekondition und tatsächlicher Kundenkondition.“
Bei den Ratenkrediten gibt es diese Entwicklung schon länger: „88 Prozent der Genossenschaftsbanken nutzen Produktangebote der Teambank,“ sagt deren Pressesprecherin Andrea Brinkmann. Die werden unter dem Label „easycredit“ vermarktet. Damit erfolgreich im Geschäft ist auch die SWK Bank aus Bingen. Deren Geschäftsführer Ulf Meyer erläutert: „Wir bieten günstige Ratenkredite nicht nur direkt über das Internet an. Schon seit vielen Jahren nutzen einige Sparkassen und private Banken unseren innovativen Ratenkredit-Prozess, um ihren Kunden wettbewerbsfähige Konditionen bieten zu können. Je nachdem merkt der Kunde vielleicht gar nicht, dass der Kredit, den er bei der anderen Bank abschließt, vielleicht sogar bei uns produziert wird.“ Außerdem, verrät er uns, „sind wir Dienstleister im Einlagen- und Kreditbereich für eine Vielzahl von anderen Banken im Hintergrund“.