Auf einen Blick
  • Die Sparda-Bank Hessen ist das einzige noch verbliebene Geldhaus der Gruppe mit einem Gratiskonto.

  • Zudem berechnet die Genossenschaftsbank Privatkunden auch keine Negativzinsen.

  • Damit erspart die Bank ihren Kunden pro Jahr rund 27 Mio. Euro.

  • Fonds verkauft sie außerdem ohne Ausgabeaufschlag.
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Markus Müller, Vorstandsvorsitzender der Sparda-Bank Hessen, erklärt uns im Interview, warum die Genossenschaftsbank am kostenlosen Girokonto festhält und bislang auf Negativzinsen bei Privatkunden verzichtet.

Sie gehören bundesweit zu den ganz wenigen Filialbanken, die noch ein bedingungslos gebührenfreies Girokonto anbietet. Warum halten Sie daran fest und leisten sich diesen „Luxus“?

Markus Müller: Als Genossenschaftsbank haben wir gemäß § 1 GenG einen Förderauftrag, der in unserer Satzung konkretisiert und festgeschrieben ist. Als Vorstand einer Genossenschaftsbank sind wir an dieser Förderleistung für unsere Mitglieder und im weiteren Sinn unsere Kunden und Kundinnen zu messen – und nicht anhand des GuV-Ergebnisses oder gar der Dividende.

Dividenden zahlen auch Banken, die Aktiengesellschaften sind. Aber die haben meist kein kostenloses Konto mehr...

Müller: Wir sind froh, eben keine Aktiengesellschaft zu sein, die auf Investoren und damit den Börsenwert und den Quartals-Gewinn ausgerichtet ist. Für 2021 haben wir eine Förderleistung von rund 32 Mio. Euro ermittelt.


Markus Müller, Vorstandsvorsitzender der Sparda-Bank Hessen im Interview mit biallo.de

Was ist darunter zu verstehen?

Müller: Diese Summe haben wir unseren Mitgliedern und Kunden als Aufwand erspart, weil wir keine Kontoführungsgebühren nehmen (rund 25 Mio. Euro), weil wir die gezahlten Negativzinsen nicht an unsere Privatkunden weitergegeben haben (rund 2,2 Mio. Euro) und weil wir bei Abschluss der SpardaFondsFlat auf Ausgabeaufschläge bei der Geldanlage in Investmentfonds unseres Partners Union Investment verzichtet haben (rund 4,8 Mio. Euro). Wir freuen uns, dass wir unseren Mitgliedern und Kunden mit unserer Beratung zu Investmentfondsanlagen in 2021 im Durchschnitt einen Vermögenszuwachs von 14 Prozent ermöglichen konnten.

Das unterscheidet ein genossenschaftliches Institut von anderen?

Müller: Ja, als Genossenschaftsbank haben wir den Auftrag, unseren Mitgliedern und Kunden einen Mehrwert zu verschaffen, soweit dies betriebswirtschaftlich möglich ist. Daher stellt der Verzicht auf Gebühren keinen „Luxus“, sondern unseren ursprünglichen Auftrag und unsere Existenzberechtigung dar.

Haben Sie mal durchgerechnet, wie viel Sie mehr einnehmen könnten, wenn Sie um die fünf Euro pro Monat fürs Girokonto nehmen würden?

Müller: Wir setzen bei dem oben angegebenen Wert von 25 Mio. Euro, die wir allen Kunden erspart haben, jährliche Kosten von 80 Euro pro Kunden an. Oder gut 6,50 Euro im Monat.

Sie haben einmal sinngemäß gesagt, das immer schon kostenlose Konto gehöre zur „Identität“ der Bank. Auch deswegen halten Sie daran fest...

Müller: Meinen vorherigen Aussagen lässt sich entnehmen, dass die nachhaltige Beziehung zu unseren Mitgliedern und Kunden auf unserem Verständnis der Förderung basiert. Nachhaltigkeit gehört zu unserer DNA. Das kostenfreie Girokonto ist Teil unserer nachhaltigen Geschäftsstrategie. Insofern kann ich es wiederholen: Das kostenfreie Girokonto ist Teil unserer Identität.

Wie hat sich diese Politik auf die Kundenzahl ausgewirkt?

Müller: Im vergangenen Jahr ist die Zahl der Kunden auf 361.263 von 354.984 gewachsen. Das entspricht einem Zuwachs um 1,8 Prozent. Brutto waren es sogar 11.359 Menschen, die sich neu für die Sparda-Bank Hessen entschieden haben. Gegen den allgemeinen Trend ist auch die Zahl der Mitglieder gestiegen – von 282.148 auf 284.110. Das ist ein Plus von 0,7 Prozent. Auch hier ist vor allem der Bruttowert beeindruckend: Neu haben sich nämlich 7.883 Menschen für eine Mitgliedschaft entschieden.

Im Internet-Zeitalter hat sich das Regionalprinzip eigentlich erübrigt. Man kann es auch online eröffnen. Lehnen Sie neue Kunden aus anderen Bundesländern ab?

Müller: In unserer Satzung ist keine Beschränkung durch den Wohnsitz mehr vorgesehen. Lediglich das Geschäftsgebiet mit Filialen ist auf Hessen beschränkt. Personen mit Wohnort in Deutschland können bei uns online ihr Girokonto eröffnen. Dazu sollte man nicht über Suchmaschinen gehen, sondern direkt unsere Homepage, sparda-hessen.de, als Einstieg wählen.

Sie verzichten bislang auch auf Negativzinsen. Befürchten Sie nicht, dass man bei Ihnen Konten eröffnet, um woanders Strafzinsen zu sparen?

Müller: Dies ist möglich, aber in der überwiegenden Zahl entscheiden sich die Kunden für uns aufgrund unserer guten Reputation zum Beispiel als World Best Bank Germany nach der Forbes-Liste, der Geschäftsausrichtung auf unsere Mitglieder und Kunden sowie den günstigen Produkten und Dienstleistungen.

Was zahlten Sie im letzten Jahr an die EZB?

Müller: Wir tätigen den Liquiditätsausgleich primär über unsere genossenschaftliche Zentralbank, die DZ Bank. Dort haben wir 2021 die oben genannten Negativzinsen von rund 2,2 Mio. Euro netto, also abzüglich von vereinnahmten Negativzinsen von institutionellen Kunden gezahlt.

Wir haben in jüngster Zeit den Eindruck, manche Geldhäuser wollen Kunden eher abschrecken…

Müller: Wir haben keine Angst vor neuen Kunden – ganz im Gegenteil: Wir freuen uns über alle, die zu uns kommen und Kunde oder – noch besser – Mitglied werden wollen. Tatsächlich ist der Anstieg bei den Kundeneinlagen selbstverständlich auch auf die steigende Kundenzahl zurückzuführen. 2021 verbuchten wir 17 Prozent mehr Kundeneinlagen als 2020. Wir freuen uns aber gleichzeitig darüber, dass unsere Kunden rund 203 Mio. Euro neu in Investmentfonds angelegt haben. Damit haben sie in nur einem Jahr so stark neu in Investmentfonds investiert wie in den drei Jahren zuvor zusammen.

Sie haben Filialen beziehungsweise SB-Center in fast allen größeren Städten in Hessen, neben Frankfurt auch Kassel oder Fulda. Wie ist Ihre Stellung hinsichtlich der Größe im Vergleich zu anderen hessischen Regionalbanken?

Müller: Wir betreiben 36 Geschäftsstellen und 24 SB-Stellen in Hessen. Wir gehören auf Basis der Bilanzsumme zu den großen Genossenschaftsbanken in Hessen. Auch im Vergleich mit den Sparkassen gehören wir zu den großen Regionalbanken in unserem Bundesland.

Sie bieten Investmentfonds ohne Ausgabeaufschlag an. Wie kommt das bei den Kunden an?

Müller: Die Investmentfondsanlagen kommen, wie oben beschrieben, bei den Kunden auch aufgrund unserer innovativen Produkte, unter anderem der SpardaFondsFlat und der SpardaRückgabeGarantie, sehr gut an.

Ist die Fonds-Anlage für diese Zielgruppe eine Alternative zu Produkten ohne oder fast ohne Zins, also zu Tages- und Festgeld?

Müller: Die Motive für die Anlage in Investmentfonds sind recht unterschiedlich. Möglicherweise sind auch Kunden dabei, die die Investition in Investmentfonds ohne Ausgabeaufschläge als Alternative für Tages- und Festgeld sehen. Mittlerweile hat es sich ja weitgehend, selbst bei den konservativeren Anlegern, herumgesprochen, dass ein Parken von Guthaben auf Sicht- oder Tagesgeldkonten einen Kaufkraftverlust nach sich zieht. Die hohe Inflationsrate tut hier ein Übriges. Wir empfehlen aber Investmentfondsanlagen in Aktienprodukte nur bei längerfristigem Anlagehorizont.

Sie haben die Anzahl der Anteile von 15 auf 60 angehoben und in Ihrem Jubiläumsjähr bieten Sie sogar 60 zusätzliche Anteile an. Wie ist die Resonanz? Endet das 2022?

Müller: Seit Jahresbeginn ermöglichen wir unseren Mitgliedern und jenen, die es werden möchten, bis zu 60 Geschäftsanteile zu zeichnen. Im Rahmen einer Sonderaktion zum Start des 120. Geschäftsjahres bieten wir sogar das Zeichnen von bis zu 120 Geschäftsanteilen an. Je länger ein Mitglied Teil unserer Gemeinschaft ist, umso mehr Anteile kann es zeichnen. Die Sonderaktion läuft bis zum 20. Februar 2023. An diesem Tag feiert die Sparda-Bank Hessen eG ihren 120. „Geburtstag“.

Herr Müller, vielen Dank für das Interview.

Biallo-Lesetipp:

Wir haben das Gratiskonto der Sparda-Bank Hessen genau unter die Lupe genommen und es in puncto Karten, Kosten, Bargeldversorgung und Banking-App für Sie gestestet. Lesen Sie, wie das  kostenlose Girokonto der Sparda-Bank Hessen in unserem Produkttest abgeschnitten hat.


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Über den Autor Horst Biallo
Jahrgang 1954, studierte Wirtschaft und absolvierte eine Ausbildung zum Wirtschaftsjournalisten bei der Tageszeitung Die Welt. Später machte er sich selbstständig, schrieb für Wirtschaftswoche, Stern und zahlreiche Tageszeitungen. Er ist Autor mehrerer Fachbücher, u.a. "Die geheimen deutschen Weltmeister" und "Die Doktormacher". Im Jahr 1999 gründete er das Verbraucherportal www.biallo.de, vier Jahre später www.geldsparen.de und 2009 www.biallo.at. Horst Biallo ist verheiratet und hat drei Kinder.
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