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Das Thema grüne Geldanlage kommt bei Banken und Sparkassen künftig öfter zur Sprache als bisher. Ab dem 2. August nämlich müssen die Anlageberater der Geldinstitute ihre Kundinnen und Kunden nach deren Vorlieben bei nachhaltigen Anlageprodukten befragen. Das schreibt die EU-Richtlinie „Mifid II“ vor. Die Europäische Union will grünen Anlageformen damit stärkeres Gewicht verleihen. Biallo.de beantwortet die wichtigsten Fragen zu der neuen Regelung und erklärt, was sie für Anleger bedeutet.
Was ändert sich bei der Anlageberatung?
Bislang fragten die Berater beim Thema Geldanlage die Kundinnen und Kunden idealerweise danach, welche Anlagen sie schon besitzen, wie viel Geld ihnen für ihr Investment zur Verfügung steht, welche Rendite sie erwarten und welches Risiko sie bei der Anlage eingehen wollen. Nun kommt noch die Frage nach der Nachhaltigkeit dazu – also ob Sie mit Ihrem Geld auch einen positiven Effekt auf die Umwelt und die Gesellschaft erzielen wollen, indem sie etwa in Öko-Fonds oder in nachhaltige ETFs investieren.
Abfragen müssen das die Berater in Banken und Sparkassen. Aber auch Versicherungsvertreter, die fondsgebundene Rentenversicherungen anbieten, müssen den Nachhaltigkeitsaspekt abklopfen. Das kann etwa mit der Frage geschehen: „Haben Sie grundsätzlich Interesse an nachhaltiger Geldanlage?“ Antworten die Kundinnen und Kunden mit „Nein“, hat sich das Thema Nachhaltigkeit im Beratungsgespräch schon erledigt. Lautet die Antwort „Ja“, muss der Berater genauer nachhaken: Er muss die Vorlieben („Präferenzen“) des Anlegers herausfinden – und ihm dann entsprechende nachhaltige Produkte anbieten.
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Wie läuft die nachhaltige Anlageberatung ab?
Welche Fragen die Berater den Kunden stellen, kann im Prinzip jedes Geldhaus selbst festlegen. Der Fachverband Forum Nachhaltige Geldanlagen (FNG) hat einen Leitfaden mit einem möglichen Ablauf entworfen. Dabei wird unter anderem abgefragt, welche konkreten Umwelt- oder sozialen Ziele die Anleger mit ihrer Geldanlage verfolgen wollen. Oder ob sie bestimmte Investitionen vermeiden möchten, wie etwa in Kohle, Rüstung oder Atomenergie.
Für das Gespräch schreibt die EU dabei einige grundsätzliche Fragen vor. Das macht das Ganze kompliziert – sowohl für Berater als auch für Kunden.So heißt es etwa beim Deutschen Sparkassen- und Giroverband (DSGV): Die Sparkassen berücksichtigten Nachhaltigkeitsaspekte schon lange in den Beratungsgesprächen. Die Fragestrecke musste jetzt jedoch „auf Grund der neuen gesetzlichen Vorgaben stark erweitert werden“. Die Kunden würden nun „in bis zu drei Fragen nach ihren Nachhaltigkeitspräferenzen gefragt“.
Auch der Bundesverband deutscher Banken (BdB) sieht in den Anforderungen der EU durch die sogenannte Taxonomie sowie EU-Offenlegungsverordnung „eine große Herausforderung“ für die Banken und ihre Kunden: „Es müssen sehr kleinteilige Unterschiede der verschiedenen Nachhaltigkeitspräferenzen erfragt werden, die ein Laie kaum versteht.“ Insgesamt werde dadurch das Beratungsgespräch „komplexer, aber nicht verständlicher“.
Welche Probleme gibt es bei der nachhaltigen Anlageberatung noch?
Selbst wenn es den Beratern gelingt, gemäß der EU-Vorgaben die Vorlieben der Kunden möglichst genau herauszufinden, müssen sie ihnen auch noch die passenden Produkte anbieten. Je nach Geldinstitut kann das Angebot dabei ganz unterschiedlich ausfallen. So heißt es etwa beim DSGV: „Über das Produktsortiment entscheiden die einzelnen Sparkassen.“ Auch der Bankenverband betont: „Die Zusammenstellung der Produktpalette bleibt der geschäftspolitischen Entscheidung des einzelnen Instituts überlassen.“
Das Problem: Es gibt zwar mittlerweile eine stattliche Anzahl nachhaltiger Fonds oder ETFs. Eine einheitliche Definition von Nachhaltigkeit existiert aber bislang nicht. Wie grün die Produkte daher wirklich sind, ist für Anleger oft schwer zu beurteilen. So hat die EU zwar mit ihrer Taxonomieverordnung einen Versuch unternommen, eine Definition für Nachhaltigkeit zu liefern. Das Regelwerk ist aber höchst umstritten. Denn darin gelten etwa auch Atomkraft und Gas als nachhaltig.
Die neue Pflicht zur nachhaltigen Anlageberatung werde daher „vor allem der heute bereits weit verbreiteten Praxis des Greenwashings weiteren Vorschub leisten“, meint Niels Nauhauser, Finanzexperte bei der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg. Es stehe zu befürchten, dass Verbraucherinnen und Verbrauchern über die neue Regelung „Geldanlagen verkauft werden, die eine nachhaltige Wirkung versprechen, dies aber nicht einhalten können“, sagt Nauhauser.
Doppelte Chance: auf bis zu 5,4 Prozent Rendite und 10.000 Euro
Die angestrebte Rendite ist variabel. Anlagen können Risiken bergen: solidvest.de/risikohinweise. Die ausgewiesene Verzinsung ist kein Indikator für die künftige Wertentwicklung. Nach Kosten liegt die Rendite bei p.a. 4,30%. Ab einer Anlagesumme von 100.000 Euro bei p.a. 4,44%.
Was können Kunden tun, bevor sie sich beraten lassen?
Sie sollten sich schon vorab klar machen, ob Sie überhaupt Interesse an nachhaltigen Produkten haben – und wenn ja, was Ihnen dabei besonders wichtig ist. Wollen Sie etwa nur bestimmte Bereiche von Ihrer Geldanlage ausschließen oder gezielt in einen bestimmten Bereich investieren, etwa in den Klimaschutz oder in soziale Projekte? Je konkreter die Vorstellung, desto besser „kann die Beraterin oder der Berater die entsprechenden Produkte empfehlen“, heißt es beim Bankenverband. Allerdings hat die EU noch nicht alle Vorschriften für die Nachhaltigkeit festgelegt. Es könne daher sein, dass es „aktuell wenig oder keine Produkte gibt, die den Anforderungen der Kunden entsprechen, wenn sie ein bestimmtes Nachhaltigkeitsziel wählen“, so der Bankenverband.
Hinzu kommt: Nicht jeder Fonds oder ETF auf dem „nachhaltig“ oder „grün“ steht, erfüllt auch tatsächlich strenge Nachhaltigkeitskriterien. Noch immer gibt es sehr viele Produkte, die grüner scheinen, als sie sind. Verbraucherschützer Nauhauser rät Kunden deshalb, sich bewusst zu machen, „dass es keinerlei Evidenz dafür gibt, dass die Anlage in als nachhaltig gelabelte Produkte auch die versprochene Wirkung entfaltet“. Wer daher Wert darauf legt, dass sein Geld tatsächlich nachhaltige Effekte erzielt, kommt nicht umhin, sich auch auf eigene Faust über die jeweiligen Produkte zu informieren.
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Wie finden Anleger heraus, welche Produkte nachhaltig sind?
Um herauszufinden, welche Produkte tatsächlich das Klima schützen, die Energiewende vorantreiben oder soziale Projekte fördern, können sich Anleger unter anderem an Nachhaltigkeits-Siegeln orientieren. Ein solches Siegel gibt es etwa vom Forum Nachhaltige Geldanlagen. Auch in der Fonds-Datenbank der beiden Umweltorganisationen Facing Finance und Urgewalt kann man nachsehen, ob ein Fonds oder ein ETF fair ist oder ob er Unternehmen enthält, die ihr Geld mit Rüstung oder Kohle verdienen oder die Arbeitsrechte missachten. Weitere Siegel und Kriterien zur Nachhaltigkeit haben wir in einem eigenen Artikel zusammengefasst. Außerdem zeigen wir Ihnen auf biallo.de, worauf Sie bei nachhaltigen Fonds und nachhaltigen ETFs achten müssen – und welche grünen Fonds und ETFs für Sie am ehesten geeignet sind.