EU stuft auch Gas- und Atomkraftwerke als nachhaltig ein
Im Dezember 2019 hat sich die EU auf die sogenannte „Taxonomie“ geeinigt. Das Klassifizierungssystem soll die Aktivitäten von Unternehmen danach einordnen, ob sie einen nachhaltigen Beitrag leisten. Damit will die EU Geld in nachhaltige Firmen und Technologien lenken. Das soll zu einer klimaneutralen Wirtschaft beitragen.
In der entsprechenden Verordnung werden sechs Nachhaltigkeitsziele definiert – unter anderem der Klimaschutz, die nachhaltige Nutzung von Ressourcen oder die Vermeidung und Verhinderung von Umweltverschmutzung. Die Unternehmen müssen mindestens eines der Ziele erfüllen, ohne eines oder mehrere andere zu beeinträchtigen.
Großer Streitpunkt: Die EU-Kommission hat im Februar 2022 auch Atomkraft und Gas als klimafreundlich eingestuft. Das EU-Parlament bestätigte diese Entscheidung Anfang Juli. Zwar hagelte es anschließend Proteste von Umweltschützern. Dennoch dürften die beschlossenen Taxonomie-Regeln aller Voraussicht nach ab 2023 greifen. Österreich und Luxemburg haben angekündigt, gegen die EU-Pläne klagen zu wollen. Ob sie damit Erfolg haben werden, ist aber offen.
Dasselbe gilt für die Frage, ob die EU-Taxonomie nun tatsächlich, wie gedacht, zu einem EU-weiten, einheitlichen Standard für Nachhaltigkeit wird. Künftig sollen sich etwa Investmentfonds bei der Auswahl der Werte für einen Fonds an der Liste der nachhaltigen Firmen-Aktivitäten orientieren. Viele Fondsgesellschaften schließen aus ihren Nachhaltigkeitsfonds die Kernenergie aber bereits weitgehend aus. Es muss sich erst noch zeigen, wie und ob sich das aufgrund der EU-Taxonomie ändert.
Es ist daher gut möglich, dass Anleger auch künftig nicht nur auf einen Maßstab zurückgreifen müssen, um zu beurteilen, welche Fonds, ETFs oder Unternehmen nachhaltig sind. Sie können dafür die bereits bestehenden Gütesiegel und nachhaltige Indizes nutzen.
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Im Überblick – Siegel, Indizes & Ratings für nachhaltige Investments
Eine einheitliche Zertifizierung gibt es für nachhaltige Kapitalanlagen auch in Deutschland bislang nicht. Neben verschiedenen Labels können Verbraucher auch Aktienindizes und Ratings für ihre Wahl nutzen. Wir bieten Ihnen einen Überblick zu den wichtigsten Orientierungshilfen bei der Auswahl grüner Geldanlagen:
FNG-Siegel
Seit 2015 vergibt der Fachverband für nachhaltige Geldanlagen (FNG) ein Siegel für Publikumsfonds. Mindestens 90 Prozent des Portfolios müssen nachhaltige Mindeststandards erfüllen. Dazu zählen laut FNG Transparenzkriterien und die Berücksichtigung von Arbeits- sowie Menschenrechten, Umweltschutz und Korruptionsbekämpfung, wie sie im UN Global Compact zusammengefasst sind – einer Leitlinie der Vereinten Nationen für eine gerechte Ausgestaltung der Globalisierung. Zudem werden die Fonds auf Basis von Emittenten-Analysen auf Nachhaltigkeitskriterien hin überprüft. Investitionen in Kernkraft, Kohlebergbau, Kohleverstromung, Fracking, Ölsande sowie Waffen und Rüstung sind tabu.
ECOreporter-Siegel
Der Brancheninformationsdienst ECOreporter hat 2013 ein eigenes Siegel auf den Markt gebracht. Das Label wird für ein Jahr in den drei Kategorien Banken, Anlageberatungen, Finanzprodukte verliehen. Bei Banken etwa wird geprüft, ob Kredite, Eigenanlagen und Investmentprodukte bestimmte Ausschlusskriterien und Toleranzgrenzen besitzen. Sie lauten:
- Bau und Betrieb Atomenergie (5 %)
- Waffen, Rüstung (Produktion/Handel, 5 %)
- Ausbeuterische Kinderarbeit nach ILO-Standard
- Praktizierte Todesstrafe
- Schwere Menschenrechtsverletzungen
Wer das Siegel erhalten möchte, muss zudem bei Investitionen in Aktien oder Anleihen Gentechnik, Tierversuche, Glücksspiele und Suchtmittel ausschließen.
Global Challenges Index
Seit 2007 können sich Aktien-Anleger am Global Challenges Index (GCX) orientieren. Der Index der Börse Hannover listet 50 Unternehmen auf, die sich stark für die Bewältigung globaler Herausforderungen wie Armut, Klimawandel, Trinkwasser-Versorgung oder Erhalt von Artenvielfalt einsetzen.
Geprüft werden die Index-Titel durch die Münchener Nachhaltigkeits-Ratingagentur ISS-oekom. Nach Angaben der Börse Hannover hat der GCX von 2007 bis August 2018 eine Performance von 166 Prozent erzielt.
Dow Jones Sustainability Index
Die DJSI sind eine Familie von Aktienindizes, die seit 1999 ökonomische, ökologische und soziale Kriterien der Einzeltitel berücksichtigen. Die drei Dimensionen werden zu je einem Drittel gewichtet. Es bestehen globale (DJSI-World), europäische (DJSI Europe) und nordamerikanische (DJSI North America) Index-Gruppen.
Auf Basis des "Best-in-Class"-Prinzips identifiziert der zuständige Schweizer Vermögensverwalter Robeco Sustainable Asset Management (RobecoSAM) die Unternehmen mit den besten Nachhaltigkeitsleistungen. Von den 2.500 weltgrößten Konzernen wählen die Analysten die aus, die auf den drei Feldern die besten Leistungen ihrer Branche erbringen. Der DJSI World listet die zehn Prozent besten Unternehmen aller Branchen, in den DJSI Stoxx kommen die 20 Prozent Branchenbesten.
Climetrics – Rating
2017 sind die weltweit tätigen Non-Profit-Organisation CDP und ISS-Ethix Climate Solutions mit dem ersten Klima-Rating für Aktienfonds und ETFs gestartet. Die Bewertung der Fonds auf einer Skala von 1 bis 5 zeigt den Einfluss der Anlageprodukte auf den Klimawandel und macht so Vergleiche möglich.
Zwei Aspekte werden mit dem Symbol eines grünen Blattes benotet: 85 Prozent des Ratings ergeben sich aus den Klima-Auswirkungen der Portfolio-Positionen, der Rest aus der Einschätzung der Fondsgesellschaft, wie sie den Klimawandel bei Investments und Unternehmensführung berücksichtigt.
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