Keine Anlageform hat in den vergangenen Jahren so an Bedeutung gewonnen wie ETFs. Mehrere Billionen Euro stecken weltweit in börsengehandelten Indexfonds. Sie sind einfach und kostengünstig. ETFs sind aber kein Rundum-sorglos-Paket: Sie haben auch Tücken. Dazu gehören die Auswahl des richtigen Index, die Höhe der Kosten oder auch übertriebene Aktienbewertung im ETF. Wir erklären Ihnen, auf welche Stolperfallen Sie achten sollten.
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1. Falscher Index
ETFs bilden einen Börsenindex nach. Sie sollten daher einen Index wählen, der zu Ihrem Anlageziel passt. Für die Basis-Anlage mit Aktien etwa eignet sich der MSCI World. Er enthält die rund 1.600 wichtigsten börsennotierten Firmen der weltweiten Industrieländer. Wenn Sie allerdings auf der Internetseite Ihrer Bank in der Suchmaske den Begriff „MSCI World“ eingeben, bekommen Sie oft mehr als 100 oder 200 ETFs angezeigt. Beispielhaft sehen Sie das hier auf der Seite der Comdirect.
Alle diese ETFs investieren in weltweite Börsenindizes. Vielfach handelt es sich dabei aber um spezialisierte Indexfonds: Sie enthalten zum Beispiel nur Unternehmen einer bestimmten Branche, etwa der Informationstechnologie oder des Gesundheitssektors. Solche ETFs eignen sich höchstens als Beimischung zu einem Basis-Investment. Sie sind schwankungsanfälliger und mitunter auch vergleichsweise teuer.
Achten Sie deshalb beim Kauf darauf, welchen ETF Sie auswählen. Am besten geben Sie gezielt die Kennnummer (ISIN) des ETFs, den Sie haben wollen, in die Suchmaske ein. Als Basis-Anlage etwa eignen sich der iShares Core MSCI World (ISIN IE00B4L5Y983) oder der Vanguard FTSE All World (IE00BK5BQT80).
2. Zu hohe Kosten
ETFs sind eine kostengünstige Geldanlage. Im Gegensatz zu gemanagten Fonds etwa fällt beim Kauf kein Ausgabeaufschlag an. Auch die laufenden Kosten sind günstiger. Dennoch gibt es Unterschiede. Beispiel MSCI World: Von dem breit gestreuten, weltweiten Index gibt es ETFs von unterschiedlichen Anbietern. Der Index ist bei allen derselbe. Aber die laufenden Kosten der ETFs unterscheiden sich: Sie reichen von 0,18 bis 0,30 Prozent.
Der Kostenunterschied kann bei einer längeren Laufzeit ins Geld gehen. Ein Beispiel: Wer 50.000 Euro bei jährlich fünf Prozent Rendite anlegt, hat bei laufenden Kosten von 0,18 Prozent nach zehn Jahren ein Endkapital von knapp 80.000 Euro. Betragen die Kosten 0,30 Prozent, sind es nur gut 79.000 Euro. Der Ertrag des günstigeren ETF ist also um fast 1.000 Euro höher. Je länger der Anlagehorizont und je höher die Anlagesumme ist, desto größer fällt dieser Unterschied aus.
Werfen Sie bei der Auswahl eines ETFs daher auch einen kritischen Blick auf die laufenden Kosten. Sind zum Beispiel zwei oder mehr Indexfonds gleich gut für Ihre Anlageziele geeignet, bevorzugen Sie den günstigeren ETF.
3. Übertriebene Aktienbewertungen
Die meisten ETFs bilden große Indizes ab, unter anderem den Deutschen Aktienindex (Dax) oder den viel größeren US-Index S&P 500. Das Problem dabei: Die Indizes werden nicht nach Qualität der Unternehmen zusammengesetzt. Stattdessen wählen die Indexanbieter die Firmen nach deren Börsenwert aus. Der ist umso höher, je höher der Aktienkurs eines Unternehmens ist.
Sind etwa die Aktien von Technologietiteln besonders teuer, kauft man im Index auch einen hohen Anteil davon. So haben Aktien großer US-Technologiefirmen wie Apple, Microsoft oder Amazon in den vergangenen Jahren deutliche Gewinne verzeichnet. Sie werden daher auch in zahlreichen Indizes und ETFs stark gewichtet. Gerät die Technologiebranche jedoch in eine Krise, verlieren diese Aktien deutlich an Wert. Wegen der hohen Gewichtung trifft das technologielastige ETFs besonders stark.
Um dieses Risiko zu verringern, können Sie neben einem weltweiten ETF zusätzlich einen ETF auf einen Index kaufen, der Technologietitel weniger stark gewichtet – etwa den Stoxx Europe 600. Er enthält 600 europäische Firmen. Darunter sind auch Technologiefirmen, sie spielen aber keine überproportional große Rolle. Ein passender ETF ist etwa der Lyxor Core Stoxx Europe (ISIN LU0908500753).
4. Mögliches Währungsrisiko
Das starke Gewicht von US-Firmen in vielen ETFs ist mit einer weiteren Stolperfalle verbunden: dem Währungsrisiko. Aktien aus anderen Ländern werden in anderen Währungen notiert. Wertet eine Währung gegenüber dem Euro ab, dann erhalten Sie beim Verkauf der Aktien aus diesem Land weniger Euros als zuvor. Schwächelt also eine fremde Währung gegenüber dem Euro, kann sich Ihre ETF-Rendite verringern.
Ein Beispiel ist der MSCI World: US-Aktien tragen derzeit fast zu zwei Dritteln zu seinem Wert bei. Danach folgen mit weitem Abstand japanische (sechs Prozent), britische (vier Prozent) und kanadische (drei Prozent) Firmen. Eine starke Abwertung des US-Dollars gegenüber dem Euro kann demnach ein Risiko für Anleger des ETF sein. Umgekehrt gilt aber auch: Legt der Dollar gegenüber dem Euro zu, ist das positiv für Euro-Anleger.
Um das Risiko eines schwachen Dollars abzumildern, können Sie zum Beispiel einen weltweiten ETF wählen, bei dem der Anteil der in US-Dollar notierten Aktien geringer ist. Der MSCI All Country World Index (MSCI ACWI) etwa enthält rund 3.000 Firmen. Dazu gehören auch Unternehmen aus Schwellenländern. Der Anteil der US-Firmen ist mit 58 Prozent noch immer hoch – aber deutlich niedriger als beim MSCI World. Ein ETF auf den Index ist der iShares MSCI ACWI (ISIN IE00B6R52259). Auch die Beimischung eines breit gestreuten Index mit europäischen Aktien wie des Stoxx Europe 600 vermindert das Währungsrisiko.
5. Zu geringes Fondsvolumen
ETFs auf denselben Index unterscheiden sich nicht nur bei den laufenden Kosten. Sie haben auch ein unterschiedliches Fondsvolumen. Damit ist das gesamte Geld gemeint, das Anlegerinnen und Anleger in einen ETF investiert haben. Die Unterschiede können enorm sein. Im iShares Core MSCI World etwa stecken derzeit fast 40 Milliarden Euro. Beim ETF des Vermögensverwalters UBS auf denselben Index dagegen ist es nur eine Milliarde Euro.
Zur Stolperfalle kann das Volumen eines ETF werden, wenn es so klein wird, dass die Fondsgesellschaft den Fonds schließt, weil sich der Verwaltungsaufwand ab einer bestimmten Investitionssumme nicht mehr lohnt. Als Richtwert dafür gilt eine Grenze von 50 Millionen Euro. Anleger werden über die Schließung benachrichtigt und können in einem ihre Anteile verkaufen. Das wird aber zum Nachteil, wenn der Kurs des ETF schlecht steht.
Vor dem Kauf eines ETFs sollten Sie daher stets auch einen Blick auf die Größe des Indexfonds werfen. Das Volumen sollte wenigstens mehrere hundert Millionen Euro betragen. Denn je mehr Geld in einen Fonds fließt, desto unwahrscheinlicher ist es, dass er irgendwann geschlossen wird.
Lesen Sie in einem weiteren Ratgeber auf biallo.de, ob ETFs oder aktive Fonds besser abschneiden. Die komplette Bezeichnung eines ETF kann für Neueinsteiger oftmals verwirrend wirken. Deshalb haben wir Ihnen in einem weiteren Artikel die wichtigsten Kennzeichen und Abkürzungen von ETFs genauer erläutert.