Bei Genocrowd ist es bei mindestens einem Projekt zu einem längeren Zahlungsverzug gekommen. Scheitert das Projekt, droht Investorinnen und Investoren im schlimmsten Fall der Totalverlust. Doch ist im Ernstfall wirklich schon das ganze Geld verloren? Oder haben Anleger noch eine Chance? Wir haben bei der Anwaltskanzlei Brüllmann angefragt, die bereits in mehreren Fällen Mandanten bei Verlusten mit Crowdfundings vertreten hat. 

Schadensersatz ist denkbar 

Wenn ein Crowdinvesting-Projekt scheitert, muss das nicht zwingend bedeuten, dass Anlegerinnen und Anleger auf den Verlusten sitzen bleiben. Das zeigte ein Gerichtsurteil vom 7. Februar dieses Jahres. Darin hat das Landgericht Ravensburg zugunsten eines Anlegers entschieden, der über eine Crowdfunding-Plattform einen fünfstelligen Betrag in mehrere Fundings investiert und nicht zurückbekommen hatte. Nach dem Urteil muss diese Plattform den Anleger für den vollen Betrag plus Zinsen entschädigen (Az. 2 O 99/24).  

In der Urteilsbegründung heißt es, dass die Crowdfunding-Plattform den Anleger "nicht hinreichend deutlich" über die Risiken des Darlehensvertrags und über das Projekt aufgeklärt hat. Dabei wurden Anleger durchaus auf ein "Totalausfallrisiko" hingewiesen. Allerdings sei unter anderem nicht ausreichend deutlich geworden, "dass das Totalausfallrisiko aufgrund des qualifizierten Nachrangs wesentlich erhöht ist". 

Chance für Genocrowd-Anleger? 

Mit der beklagten Plattform haben die Genocrowd-Projekte gemein, dass sie über Darlehen mit qualifiziertem Rangrücktritt finanziert werden – was bei Crowdfundings auch üblich ist. Damit enden die offensichtlichen Gemeinsamkeiten aber auch schon. Ob sich das Urteil auch auf Projekte bei der Genocrowd-Plattform übertragen ließe, ist also nicht leicht zu beantworten, wie wir auch im Gespräch mit Anwalt Marcel Seifert erfuhren, der bei der Kanzlei Brüllmann für Kapitalmarkt-Themen zuständig ist. 

Es war jedenfalls nicht der erste Prozess gegen eine Crowdfunding-Plattform. Und: "Solche Verfahren enden oft anderweitig, ohne dass darüber berichtet wird. Je nach Gericht und Sachverhalt kann das Verfahren mal so und mal so ausgehen", sagt Seifert. Wirtschaftliche Schwierigkeiten oder falsche Prognosen an sich seien jedenfalls noch kein Grund für einen Schadenersatz. 

Darauf kommt es an 

Ob Anleger bei einem Crowdfunding-Projekt als ausreichend informiert gelten können, hängt von allen relevanten Unterlagen ab. Für die Darlehensbedingungen gelten laut Seifert zum Beispiel dieselben Regeln, die auch für allgemeine Geschäftsbedingungen gelten. Das heißt, "sie müssen transparent sein und der Verbraucher muss sie verstehen können". Kritisch könnten beispielsweise Formulierungen sein, die sehr komplex sind.

Wichtig kann auch die Nachrangklausel selbst werden. Wie diese genau formuliert ist, sei prinzipiell dem Emittenten, also dem Kreditnehmer, überlassen. Sogar auf die Vermarktung könne es ankommen, wenn etwa in einem Prospekt falsche Tatsachen geschildert werden, so Seifert. 

Lohnt sich ein Rechtsstreit? 

Eine falsch formulierte Klausel im Vertrag und schon gibt es das investierte Geld zurück? So einfach ist es leider nicht. Wenn die Projektgesellschaft insolvent ist, kommt dieser gegenüber nur ein insolvenzrechtlicher Anspruch in Betracht.  

Wenn aber die Nachrangklausel nicht den rechtlichen Anforderungen genügt, bedeutet das für geschädigte Anleger zumindest, dass sie in den ersten Rang aufsteigen und damit im Insolvenzfall anderen Gläubigern gleichgestellt wären, so Seifert. Praktisch bedeutet dies, dass die Chancen steigen, zumindest einen Teil des Geldes wiederzubekommen. Alternativ kann ein Schadensersatzanspruch gegenüber der Plattform bestehen. 

Das können Sie tun

Wenn es irgendwo klemmt und oder auch zum Zahlungsverzug kommt, ist das noch kein Grund, in Panik oder Eile zu geraten, sagt Seifert. Sollte die Sache ernster werden, dürfte es aber kein Fehler sein, bei einem Experten nachzufragen und sich beraten zu lassen. Eine Erstberatung zu solchen Fällen bieten Kanzleien wie Brüllmann oft schon gegen einen vergleichsweise niedrigen Pauschalbetrag an. Ähnlich sieht es bei den Verbraucherzentralen aus. Kostenlose Angebote gibt es leider nur wenige. Ein stellt etwa die Plattform Advocado dar, die bei Trustpilot vergleichsweise gut bewertet wird. 

Falls es trotz allem zum Schlimmsten, also zum Totalverlust, kommt, sollten Anleger noch prüfen, ob und wie sie die Verluste steuerlich geltend machen können. Grundsätzlich ist dies nach einem Urteil des Bundesfinanzhofs nämlich möglich. Voraussetzung ist aber, dass bereits "endgültig feststeht, dass keine weiteren Rückzahlungen mehr erfolgen werden". 

Hinweis: Eine konkrete Einschätzung zum betroffenen Projekt oder zu weiteren möglichen Fällen wollte Marcel Seifert noch nicht abgeben. Auch von der Plattform und dem Emittenten haben wir auf unsere Anfragen noch keine Antworten erhalten. Bei neuen Entwicklungen oder Erkenntnissen werden wir Sie auf unserer Website informieren. Mehr zu den anderen Produkten der Raiffeisenbank sowie unsere allgemeine Einschätzung zum Thema finden Sie im laufend aktualisierten Beitrag zur Raiffeisenbank im Hochtaunus.

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Schreibt seit etlichen Jahren schwerpunktmäßig über das Thema Geldanlage mit all seinen Facetten. In der Vergangenheit arbeitete er als (Finanz-) Redakteur für verschiedene Websites und Blogs (unter anderem für Check24 und Utopia.de). Seine Leser möchte er vor allem darin unterstützen, wichtige Anlageentscheidungen selbstständig zu treffen.

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