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Streitschlichtung ohne Richterspruch

Mediation & Co.: Mit außergerichtlichen Schlichtungsmethoden Streit beilegen

Annette Jäger
Autorin
Veröffentlicht am: 01.07.2021

Auf einen Blick

  • Es gibt viele verschiedene Möglichkeiten einen Streit oder eine Meinungsverschiedenheit außergerichtlich zu klären.
  • Kosten für Mediationen können von der Rechtschutzversicherung übernommen werden.
  • Wie eine Mediation, eine Schlichtung über das Schiedsamt oder der Gang zu einer Schlichtungsstelle bei der Konfliktlösung helfen kann und wie die unterschiedlichen Verfahren funktionieren, erfahren Sie in unserem Ratgeber.
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Das erwartet Sie in diesem Artikel

  1. Mediation: Definition, Ablauf, Kosten
  2. Alternative: Cooperative Praxis (CP)
  3. Gemeindliches Schiedswesen: Schlichtung über Schiedsamt & Schiedsmann
  4. Schlichtungsstellen: Ombudsmann als Ansprechpartner

Sich streiten und wieder vertragen ist der Idealzustand. Manchmal ist das aber leider nicht möglich. Wenn Konfliktparteien sich nicht einigen können, landet ein Streit oft vor Gericht. Das ist aber nicht unbedingt die beste Lösung. Ein gerichtliches Verfahren ist nicht nur teuer, oft ist das Urteil am Ende für die Beteiligten auch unbefriedigend. Vor allem wenn beide Seiten auch künftig miteinander auskommen müssen – etwa weil sie geschiedene Eltern oder Chef und Arbeitnehmer sind – trägt ein Gerichtsverfahren eher dazu bei, ein Verhältnis noch weiter zu zerrütten.

Es gibt andere Möglichkeiten, einen Streit zu schlichten, auch ohne Anwalt, auch ohne Gang vor Gericht. Außergerichtliche Schlichtungsverfahren sind oft sehr erfolgreich, eben weil sie auf eine einvernehmliche Lösung angelegt sind. Gerade in Streitigkeiten, die auf der Beziehungsebene angesiedelt sind, haben sie das Potenzial, Streit nachhaltig beizulegen und dauerhaft für ein gutes Verhältnis zu sorgen. Aber auch bei rein sachlichen Streitigkeiten, etwa um eine Handwerkerrechnung oder bei Auseinandersetzungen mit einem Versicherungsunternehmen, können Schlichtungsstellen gute Dienste leisten.

In unserem Ratgeber erfahren Sie, welche die wichtigsten außergerichtlichen Schlichtungsmethoden sind, was sie können und was sie kosten.

 

Mediation: Definition, Ablauf, Kosten

Mediation ist inzwischen ein etabliertes und bekanntes Verfahren zur Konfliktlösung. Dass sie funktioniert, zeigt sich schon allein daran, dass Rechtsschutzversicherer Tarife anbieten, die Mediation abdecken oder die den Versuch einer Mediation gar zur Voraussetzung machen, bevor ein Anwalt eingeschaltet wird.

Was ist Mediation?

Was versteht man unter Mediation? Mediation ist ein außergerichtliches Verfahren zur Konfliktlösung. Die zerstrittenen Parteien erarbeiten im gemeinsamen Gespräch selbst konstruktive Lösungen, die für alle Beteiligten tragbar sind. Ein Mediator fungiert dabei als unparteiischer Dritter, er fördert die Kommunikation zwischen den Parteien und begleitet sie auf ihrem Weg zu einer einvernehmlichen Beilegung des Konflikts. Kein außenstehender Experte oder Schiedsrichter urteilt. Bei einer Mediation geht es nicht darum, am Ende festzustellen, wer schuld ist. Vielmehr sollen am Ende eines Verfahrens alle Beteiligten als Sieger hervorgehen, es werden sogenannte „Win-Win-Lösungen“ angestrebt. In diesen Lösungen sollen sich die Interessen und Bedürfnisse aller beteiligten Parteien wieder finden. Es können auf diese Weise unbürokratische, individuelle Lösungen gefunden werden, die über die Möglichkeiten eines Gerichtsurteils hinaus gehen. Die Parteien können zudem eigene Fairness- und Gerechtigkeitsvorstellungen zugrunde legen.

Im Unterschied zu einem Gerichtsverfahren können Themen behandelt werden, die vor Gericht nicht zur Verhandlung kämen. Vor Gericht muss der Kläger sich konkret auf einen Streitpunkt festlegen, er kann nur Klage erheben auf Grund von Ansprüchen, die das Gesetz auch vorgibt. Häufig sind das aber nicht die Themen, um die es eigentlich geht, die hinter einem Konflikt stehen und die häufig eine entscheidende Rolle für eine dauerhafte Lösung spielen. So geht es beispielsweise bei einer Erbstreitigkeit nur vordergründig um eine vererbte Immobilie, dahinter steht jedoch häufig ein nie aufgearbeiteter anderer Konflikt oder ein nicht erfülltes Bedürfnis wie Wertschätzung oder Anerkennung – in einer Mediation kann dies zur Sprache kommen.

Voraussetzung für eine gelingende Mediation ist, dass beide Parteien

  • bereit sind, miteinander zu sprechen und sich gegenseitig anzuhören
  • selbst eine Lösung erarbeiten wollen
  • verhandlungsbereit und einigungswillig sind.

Eine Mediation findet immer freiwillig statt. Und: Eine Mediation ist keine Therapie!

Was sind die Vorteile einer Mediation?

  • Stärkung: Die Beziehung zwischen den Konfliktparteien wird gestärkt, weil es keinen Verlierer gibt. Bei Gerichtsverfahren hingegen sind die Parteien nicht selten hinterher zerstrittener als vorher. Außerdem trennen sich die Wege nach einem Gerichtsstreit meist: Weder Vermieter und Mieter möchten zukünftig weiter miteinander auskommen müssen, noch Chef und Angestellter. Bei einem Mediationsverfahren wird der Konflikt dagegen gelöst, die Lösungen sind tragfähig für eine Beziehung, auch in der Zukunft.
  • Schnelligkeit: Mediationsverfahren sind schneller als Gerichtsverfahren. Innerhalb kürzester Zeit – manchmal in wenigen Tagen – können sich die zerstrittenen Parteien zu einem Gespräch zusammenfinden und konkret an Lösungen arbeiten.
  • Kosten: Eine Mediation ist wesentlich günstiger als ein Gerichtsverfahren.

Wann braucht man eine Mediation?

Eine Mediation eignet sich besonders dann, wenn die zerstrittenen Parteien in Beziehung zueinander stehen und diese Beziehung fortgeführt werden soll: eine Familie, ein geschiedenes Ehepaar, Geschäftspartner.

Mediation als Verfahren zur Konfliktlösung hat sich bei Familienstreitigkeiten längst bewährt, zunehmend etabliert sie sich auch zur Konfliktlösung in Wirtschaftsunternehmen. Denn ungelöste Probleme zwischen Mitarbeitern oder zwischen Vorgesetzten und Mitarbeitern sind zeitraubend, sie hemmen die Arbeitsmotivation, es kommt zu häufigen Krankmeldungen, Fluktuationen und Abfindungszahlungen.

Besonders bewährt hat sich die Mediation bei:

  • Trennung und Scheidung
  • Unterhaltsfragen
  • Sorge- und Umgangsregelungen bei Kindern
  • Erbschaftsangelegenheiten
  • Schulfragen (zum Beispiel gewalttätige Schüler, Lehrer-Schüler-Konflikte)
  • Mobbing
  • innerbetrieblichen und arbeitsrechtlichen Problemen
  • Übergabe/Nachfolgeregelungen von Familienunternehmen
  • Reibungspunkten zwischen Geschäftspartnern
  • Uneinigkeiten in Hauseigentümergemeinschaften beziehungsweise zwischen Vermieter und Mieter
  • Streit zwischen Nachbarn

Mediation ist nicht geeignet, wenn:

  • die Streitenden nicht mehr gewillt sind, aufeinander zuzugehen
  • eine Partei die Maximalforderung für sich durchsetzen möchte
  • es in der Beziehung ein extremes Machtungleichgewicht gibt
  • Gewalttätigkeit, Kindeswohlgefährdung oder ähnliches im Raum stehen
  • psychische Krankheiten eine Rolle spielen
  • es sich um einen Präzedenzfall handelt, zu dem sich die Parteien oder eine Partei ein Richterurteil wünscht.

Wie läuft eine Mediation ab?

Es gibt verschiedene Möglichkeiten, eine Mediation zu beginnen. Im besten Fall einigen sich die Streitenden und suchen gemeinsam einen Mediator, der sie begleitet. Je nachdem wie zerstritten die Parteien sind, kann aber auch nur eine Partei einen Mediator aufsuchen, der dann selbst den Kontakt zur anderen Partei sucht und abklopft, ob dort die Bereitschaft besteht, sich auf eine Mediation einzulassen. Während der Corona-Pandemie hat sich auch das Angebot der Online-Mediation entwickelt und einige Mediatoren arbeiten auch langfristig damit. Das hat Vorteile: Zerstrittene Parteien müssen nicht zwingend in einem Raum sitzen – das kann für manche sehr entlastend sein – und die Parteien können sich geografisch an verschiedenen Orten befinden und sich dennoch auf eine Mediation einlassen.

In der Regel finden fünf Sitzungen statt: Nach der Auftragsklärung findet die Themensammlung statt, dann die Interessensklärung, danach die sogenannte Optionensammlung und die Verhandlungsphase. Die Mediation endet im Idealfall mit einer Abschlussvereinbarung.

Diese Abschlussvereinbarung ist nicht zwingend, aber oft sinnvoll, um sich auch in Zukunft auf die Einigung berufen zu können. Das bietet sich zum Beispiel an, wenn es um Streitigkeiten in einem Arbeitsverhältnis geht. Vereinbarungen über Immobilien, Grundstücke und teilweise im Familien- und Erbrecht sind formbedürftig und müssen von einem Notar beurkundet werden, um wirksam zu sein.

Was kostet eine Mediation?

Mediationen sind wesentlich günstiger als Gerichtsverfahren. Bei einem Gerichtsverfahren gibt es immer das Risiko, den Prozess zu verlieren und dann nicht nur den eigenen Rechtsanwalt, sondern auch noch den der gegnerischen Partei wie auch die Gerichtskosten komplett tragen zu müssen.

Wie die Kosten bei einer Mediation aufgeteilt werden, ist nicht geregelt und vereinbaren die Parteien selbst. Meist teilen sich die betroffenen Parteien die Kosten. Bei Streitigkeiten im Berufsleben kommt es auch vor, dass die Personalabteilung die Kosten übernimmt.

Für die Kosten einer Mediation gibt es keine Richtwerte. Es werden Stundenhonorare bezahlt, die jeder Mediator selbst festlegt. Anders als vor Gericht hat der Streitwert eines Konflikts keine Auswirkung auf das Honorar. Grundsätzlich sind Stundensätze im privaten Bereich günstiger als bei Mediationen in Großunternehmen. Es macht auch einen Unterschied ob nur zwei Parteien teilnehmen oder aber viele verschiedene Parteien in den Konflikt involviert sind. Als Faustregel gilt: In privaten Konflikten beginnt ein Honorar zwischen 100 und 120 Euro pro Stunde bei Mediatoren ohne juristischen Hintergrund, nach oben sind kaum Grenzen gesetzt. Eine Sitzung dauert in der Regel eine Stunde bis eineinhalb Stunden.

Was zahlt die Rechtsschutzversicherung?

Viele Rechtsschutzversicherer übernehmen inzwischen die Kosten für Mediation. Die Versicherer haben ein berechtigtes Interesse daran, dass der Versicherungsnehmer eine Mediation wahrnimmt, sie ist nämlich wesentlich günstiger als ein Gerichtsverfahren.

Die Rechtsschutzversicherer leisten unterschiedlich. Die einen gewähren ein bestimmtes Stundenkontingent, die anderen einen Pauschalbetrag pro Jahr. Bei manchen Unternehmen steht es dem Versicherungsnehmer frei, sich einen Mediator seiner Wahl zu suchen, bei anderen wählt der Versicherer den Mediator selbst aus. Wichtig ist, dass sich der Versicherungsnehmer vor Beginn einer Mediation erkundigt, ob der Streitfall auch abgedeckt ist. Nur wenn der Streitpunkt auch ein versicherter Rechtsschutzfall wäre, der einen Gang vor Gericht rechtfertigt, leistet die Versicherung. Streitigkeiten bei Scheidungs- oder Unterhaltsverfahren wie auch im Bereich Erbe und Mietrecht sind in der Regel ausgeschlossen.

Wie finde ich einen geeigneten Mediator?

Viele Mediatoren sind in Verbänden organisiert, zum Beispiel im Bundesverband Mediation e.V. oder bei der Bundes-Arbeitsgemeinschaft für Familien-Mediation e.V. Diese Verbände vermitteln Mediatoren.

Die Ausbildung eines Mediators ist nicht standardmäßig festgeschrieben. Im Mediationsgesetz heißt es nur: „Der Mediator stellt in eigener Verantwortung durch eine geeignete Ausbildung und eine regelmäßige Fortbildung sicher, dass er über theoretische Kenntnisse sowie praktische Erfahrungen verfügt, um die Parteien in sachkundiger Weise durch die Mediation führen zu können“ (Paragraf 5 Mediationsgesetz). Der Gesetzgeber stellt also Minimalanforderungen an eine Mediationsausbildung. Werden diese erfüllt, können sie sich zertifizierte Mediatoren nennen.

Die Verbände haben jedoch zudem selbst Ausbildungsstandards erarbeitet, die einen Hinweis auf Qualität geben. So gelten zum Beispiel beim Bundesverband Mediation e. V. jene Mediatoren als anerkannt – und erhalten ein Siegel – wenn sie eine Ausbildung von mindestens 200 Stunden absolviert haben. Das bedeutet, dass die Mediatoren eine Art Gütesiegel haben. Neben der Qualifikation ist aber auch der persönliche Eindruck entscheidend. Wichtig ist, dass die Konfliktparteien dem Mediator Vertrauen entgegenbringen können.

Viele Mediatoren sind Rechtsanwälte. Im Mediationsverfahren soll der Mediator aber keine Rechtsberatung erbringen. Mediatoren kommen deshalb aus unterschiedlichsten Berufssparten, es sind Sozialpädagogen und Psychotherapeuten darunter, Architekten, Ethnologen, Lehrer, Publizisten und Theologen. Viele haben sich auf bestimmte Themengebiete spezialisiert und arbeiten gegebenenfalls auch in Co-Mediation zusammen. In bestimmten Fällen kann es wünschenswert sein, wenn der Mediator bei einer Auseinandersetzung in einem bestimmten Bereich mit manchen Fachbegriffen oder Abläufen thematisch vertraut ist oder Kenntnisse in Familien-, Erb- und Wirtschaftsrecht mitbringt. Manchmal ist es im Einzelfall sinnvoll, sich parallel zur Mediation rechtlich beraten zu lassen, insbesondere vor Abschluss der Vereinbarung. Darauf sollte der Mediator aufmerksam machen.

Es gibt viele Möglichkeiten, einen Mediator zu finden, Verbände und Vereine bieten Suchfunktionen, zum Beispiel:

 

Alternative: Cooperative Praxis (CP)

Cooperative Praxis (oder auch: Kooperavtive Praxis) nennt sich ein weiteres Verfahren zur außergerichtlichen Konfliktlösung. Die Methode ist eine Mischung aus Mediation und Rechtsberatung. Anders als bei einer üblichen Mediation hat jede Partei im CP-Verfahren einen anwaltlichen Berater direkt an seiner Seite, der gleichzeitig Mediator ist. Möglicherweise werden auch noch andere Fachberater herangezogen, etwa Steuerberater. Zur Konfliktlösung werden Methoden der Mediation angewandt, mit dem Ziel, zu einer einvernehmlichen Lösung zu gelangen. Das Verfahren wird im Vertrags-, Familien-, Wirtschafts-, Arbeits-, IT- & Medienrecht eingesetzt, bei der Gründung von Gesellschaften, bei Unternehmensnachfolgen, innerbetrieblichen Konflikten sowie bei Streitigkeiten auf der Führungsebene im Unternehmen.

Es gibt Situationen, in denen diese Mischung aus Mediation und Rechtsberatung zu besonders effektiven und nachhaltigen Lösungen führt. Beide Parteien finden gleich in einem Zug zu einer Lösung. Damit eignet sich die Methode besonders, wenn es um Arbeits- und Unternehmensbeziehungen geht, Verträge gestaltet werden, komplexe Rechtsthemen verhandelt werden.

Einen Anwalt, der die Methode der Cooperativen Praxis anwendet und in CP ausgebildet ist, finden Interessierte zum Beispiel bei der Deutschen Vereinigung für Cooperative Praxis.

 

Gemeindliches Schiedswesen: Schlichtung über Schiedsamt & Schiedsmann

Das Schiedsamt ist eine kommunale Einrichtung, um Streit zu schlichten und ist kaum jemandem bekannt. Dabei ist eine Schlichtung über das Schiedsamt nicht nur eine der erfolgreichsten Methoden, Streit zu schlichten, sondern gehört auch zu den günstigsten.

Was sind die Aufgaben eines Schiedsmannes?

Bei einer Streitschlichtung vor dem Schiedsamt fungiert eine sogenannte Schiedsperson, ein juristischer Laie, als Schlichter. Die zerstrittenen Parteien treffen sich vor der unabhängigen Schiedsperson, sie tragen den Streit vor und suchen gemeinsam mit der Schiedsperson nach einer Lösung. Eine einzige Sitzung wird dafür angestrebt. Die Schlichtung findet in der Regel in einem Sitzungsraum der Kommune statt. Einen Anwalt zu dem Gespräch mitzunehmen, ist nicht nur unnötig, sondern auch sinnlos: Der Anwalt kann hier nicht als Bevollmächtigter agieren, er kann nur als Beistand anwesend sein, wenn das unbedingt gewünscht ist.

Schiedsamt: Bedeutung und Zuständigkeit

In zwölf von 16 Bundesländern gibt es Schiedsämter. Die vier Bundesländer, in denen das Amt nicht gesetzlich verankert ist, sind Bayern, Baden-Württemberg, Hamburg und Bremen. Die Schiedspersonen sind im Bund Deutscher Schiedsmänner und Schiedsfrauen e.V. organisiert. Dieser betreibt auch die Aus- und Weiterbildung der Schiedspersonen. Von großem Vorteil ist, dass es in der Regel keine Wartezeit gibt und Konflikte zeitnah gelöst werden können. Normalerweise liegen zwischen dem ersten Gespräch und dem Termin nur etwas mehr als 14 Tage.

Das Besondere am Schiedsamt ist: Die Einigung, die beide Parteien erzielen, hat die gleiche rechtliche Bedeutung wie ein Gerichtsurteil. Die Vereinbarungen, die schriftlich festgehalten werden, sind rechtswirksam.

Wann lohnt sich der Gang zum Schiedsamt?

Typische Fälle, in denen Schiedspersonen zum Einsatz kommen sind zum Beispiel Nachbarschaftsstreitigkeiten. Aber auch bei Streitigkeiten um Verkehrsdelikte, eine Handwerkerrechnung, bei Mietstreitigkeiten oder auch bei Fällen, in denen es um einfache Körperverletzung geht, sind Schiedspersonen geeignete Schlichter – eigentlich eignet sich das Verfahren in allen zivilrechtlichen Angelegenheiten. In manchen Fällen ist es sogar verpflichtend, erst einen Versuch der Schlichtung beim Schiedsamt zu machen, bevor man ein Gerichtsverfahren beginnen darf. Das gilt in den meisten Bundesländern zum Beispiel bei Nachbarschaftsstreitigkeiten. Nicht aktiv werden dürfen die Schiedspersonen bei Streitigkeiten, die das Familienrecht, Sozialrecht oder Arbeitsrecht betreffen.

Die Schlichtung ist hingegen meist wenig erfolgreich, wenn sich der Streit schon über Jahre hinzieht, sich Hass zwischen den Parteien entwickelt hat und eine gütliche Einigung nicht absehbar ist.

Eine Schlichtung ist auch dann wenig Erfolg versprechend, wenn Sie mit einem Konzern im Streit liegen. Wenn es etwa um Entschädigungsleistungen nach einer Flugstornierung geht, ist es schwierig in einem Konzern die eine zuständige Person auszumachen, die Entscheidungsbefugnis hat. Hinzukommt, dass die Schiedsämter lokal organisiert sind, sich der Konzernsitz aber möglicherweise in einem anderen Bundesland befindet.

Fallbeispiel Nachbarschaftsstreit: Wie läuft eine Schlichtung am Schiedsamt ab?

In welchen Schritten eine Streitschlichtung über das Schiedsamt abläuft, zeigen wir Ihnen am Fallbeispiel Nachbarschaftsstreit:

Beispiel: Nachbarschaftsstreit

Schritt 1: Sie liegen im Streit mit Ihrem Nachbarn und möchten den Streit endlich schlichten. Sie wenden sich an das Schiedsamt in Ihrer Kommune. Sie schildern dort Ihr Anliegen und stellen einen Antrag auf eine Schlichtung.

Schritt 2: Die Schiedsperson nimmt Kontakt zur anderen Streitpartei auf, setzt einen Termin für die Verhandlung fest und lädt beide Parteien zur Schlichtung ein.

Schritt 3: Bei der Schlichtung wird das Problem von beiden Parteien vorgetragen. Jeder kann sich aussprechen und hört den anderen an.

Schritt 4: Die Schiedsperson zeigt Wege auf, das Problem zu lösen und weist auch darauf hin, was ein Gang vor Gericht bedeuten würde und welche Folgen dieser hätte.

Schritt 5: Am Ende steht meist eine Lösung, die beide Seiten akzeptieren können. Diese wird in einem Protokoll festgehalten, das beide Parteien unterschreiben. Damit ist die Vereinbarung rechtswirksam und kann vor Gericht sanktioniert werden, etwa, wenn sich ein Nachbar nicht an die Vereinbarung hält.

Was kostet eine Schlichtung am Schiedsamt?

Die Kosten variieren je nach Bundesland. In Hessen beispielsweise fallen zwischen 20 und 50 Euro für eine Schlichtung an. Dazu kommen noch geringe Auslagen. Die Kosten werden unter den Parteien meist aufgeteilt. Auch diese Entscheidung trifft die Schiedsperson im Einvernehmen mit den Parteien.

 

Schlichtungsstellen: Ombudsmann als Ansprechpartner

Viele Berufsbranchen haben in ihren Verbänden oder Vereinen Schlichtungsstellen eingerichtet. Wie gehen diese bei einer Streitbeilegung vor?

Wie arbeiten Schlichtungsstellen?

Hier sollen Streitfälle außergerichtlich behandelt werden. So gibt es beispielsweise Schlichtungsstellen der Energiebranche, der Privaten Banken, der Banken und Bausparkassen, der Versicherungen oder Rechtsanwälte – aber auch im Bereich Verkehr und Reise oder Telekommunikation. Es gibt daneben auch die sogenannte Universalschlichtungsstelle des Bundes, die Verbraucherkonflikte bearbeitet, wenn es keine branchenspezifische Schlichtungsstelle gibt. Eine Liste der Verbraucherschlichtungsstellen finden Sie auf der Homepage des Bundesjustizamtes.

Was macht ein Ombudsmann?

Häufig ist ein Ombudsmann der Ansprechpartner bei einer Schlichtungsstelle, der vorgelegte Fälle prüft und als unparteiischer Schiedsmann agiert. Diese Schlichtungsverfahren sind meist kostenlos. Allerdings sind die Wartzeiten oft lang.

Wissen sollten Sie, dass Schlichtungsstellen Streitfälle nach Aktenlage beurteilen. Die Entscheidungen der Schlichtungsstellen sind häufig nicht rechtlich bindend. Oft handelt es sich um Empfehlungen. Das ist jedoch je nach Branche etwas anders geregelt. So sind zum Beispiel Entscheidungen des Ombudsmanns für Versicherungen bis zu einem Streitwert von 10.000 Euro bindend – jedoch nur für den Versicherer, nicht für den Versicherungsnehmer. Dem steht es auch nach einer Entscheidung über den Ombudsmann frei, vor Gericht zu ziehen. Das gilt übrigens für alle Schlichtungen, die über eine Schlichtungsstelle erfolgen.

Wenn der Streitwert eine bestimmte Höhe überschreitet, kann es sein, dass eine Schlichtung über einen Ombudsmann nicht möglich ist.

Beispiele für Schlichtungsstellen

Verwendete Quellen

Über die Autorin Annette Jäger

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während meines Studiums der Neueren Geschichte in München begann ich als freie Journalistin zu arbeiten, unter anderem für die Süddeutsche Zeitung. Im Jahr 2000 kam ich zu biallo.de, damals waren Versicherungsthemen für mich Neuland, über Gesundheitspolitik las ich in der Zeitung oder bekam die Auswirkungen als Patientin zu spüren. Schnell stellte ich fest, dass der unverstellte Blick von außen durchaus von Vorteil ist bei der kritischen Aufbereitung dieser Themen. Bei Biallo schreibe ich noch immer über Versicherungen, Gesundheit und Soziales. Neuland sind diese Themen heute nicht mehr.

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