Kommt nach der Sommerwelle direkt der Herbst-Tsunami? Viele Experten befürchten derzeit, dass die Corona-Pandemie gegen Ende des Jahres wieder heftig aufflammen wird. „Eine sehr schwere Zeit liegt vor uns“, warnte Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach jetzt. Die Bundesregierung will deshalb ab dem Herbst die Möglichkeit für erneute Booster-Impfungen schaffen. Das könnten dann bereits Impfstoffe sein, die an die neuen Virus-Varianten wie etwa Omikron angepasst sind.
Impfstoffe der zweiten Generation
Rund 30 solcher Forschungs-Projekte zählt der Verband forschender Arzneimittelhersteller (vfa) derzeit, bei denen an Impfstoffen gearbeitet wird, die besser gegen neue Coronavirus-Varianten schützen sollen. Ganz vorne mit dabei sind der Mainzer Impfstoff-Hersteller Biontech mit seinem US-Partner Pfizer und die US-Firma Moderna. Sie waren die ersten, deren Corona-Impfstoffe in Europa zugelassen wurden. Die Kurse ihrer Aktien hatten sich zum Teil mehr als verzwanzigfacht. Seit dem Kursgipfel im Spätsommer 2021 haben beide Aktien jedoch mehr als die Hälfte verloren.
Bringt der Herbst nun eine neue Impfstoff-Rallye? In jedem Fall können Impfstoff-Aktien für Anleger weiterhin interessant sein. Denn die Pandemie ist noch längst nicht vorbei – und Experten rechnen damit, dass es künftig weitere weltweite Massenerkrankungen geben wird. Wie geht es also weiter mit den Impfstoff-Papieren? Welche Chancen haben die Hersteller langfristig – und welche vielversprechenden Neulinge gibt es auf dem Markt? Biallo.de beantwortet die wichtigsten Fragen zu den Impfstoff-Aktien.
Wie ist der Stand bei den Impfstoffen?
In der EU gibt es derzeit fünf zugelassene Impfstoffe. Neben den Mitteln von Biontech/Pfizer und Moderna sind das die Vakzine des britisch-schwedischen Konzerns AstraZeneca, des US-Herstellers Janssen (Johnson & Johnson) und der US-Firma Novavax. Als sechster Impfstoff steht der Totimpfstoff der französischen Firma Valneva vor der Zulassung.
Trotz der bereits zugelassenen Impfstoffe wird jedoch weltweit weiter geforscht. Insgesamt gebe es derzeit gut 370 Firmen und Forschungseinrichtungen, die neue Mittel gegen das Virus entwickeln, heißt es beim Pharmaverband vfa: „Einige arbeiten an Impfstoffen der zweiten Generation, während andere noch ihre Impfstoffe der ersten Generation weiterentwickeln.“ So haben etwa Biontech/Pfizer und Moderna sehr früh mit der Arbeit an Impfstoffen begonnen, die an neue Virus-Varianten angepasst sind. Auch der US-Hersteller Novavax entwickelt ein auf Omikron abgestimmtes Mittel.
Hintergrund für die anhaltenden Forschungsanstrengungen ist die Fähigkeit des Virus, sich immer wieder zu verändern. Neue Varianten sind dabei in der Regel ansteckender als ihre Vorgänger. Das zeigen die hochansteckenden Omikron-Varianten “BA.4” und „BA.5“, mit der sich auch viele Geimpfte anstecken. Bislang sind die Krankheitsverläufe zwar meist mild. Skeptiker glauben aber, dass daraus auch wieder Varianten entstehen können, die schwere Erkrankungen in hoher Zahl verursachen. Impfstoffe zu entwickeln, die zuverlässiger vor aggressiven Virus-Varianten schützen, ist daher ein wichtiges Ziel der Forschung.
Wie funktionieren die angepassten Impfstoffe?
Die neuen Impfstoffe bauen in den meisten Fällen auf den bisherigen Impfstoffen auf. Diese wiederum nutzen – vereinfacht gesagt – den Bauplan des Virus, das sogenannte Spike-Protein, um im Körper eine Immunreaktion hervorzurufen. Der Körper erkennt das Protein und bildet Antikörper dagegen. Im Prinzip funktionieren so die meisten Impfstoffe. Der Weg allerdings, wie die Information über das Protein in den Körper gelangt, ist unterschiedlich.
So basieren die Impfstoffe von Biontech und Moderna auf der sogenannten Boten-RNA, auch "messenger RNA" (mRNA) genannt. Sie enthält nur die genetische Information des Erregers. Die Körperzelle baut das Protein dann nach. Ähnlich funktionieren sogenannte DNA-Impfstoffe – und auch Vektor-Impfstoffe. Der Impfstoff von Novavax hingegen enthält das Virus-Protein selbst, das gentechnisch hergestellt wurde. Beim Totimpfstoff von Valeva schließlich werden abgetötete Corona-Viren verwendet. Sie können sich nicht mehr vermehren, rufen jedoch eine Immunreaktion hervor.
Um nun einen angepassten RNA- oder DNA-Impfstoff zu entwickeln, tauschen die Forscher die RNA- oder DNA-Abschnitte, die das Spike-Protein enthalten, durch einen Abschnitt der neuen Virus-Variante aus. Die Entwicklung der neuen Impfstoffe durchläuft dabei fünf Phasen (siehe Grafik).