Post vom Energieversorger sorgt regelmäßig für Ärger: wenn die Preise für Strom und Erdgas angehoben werden. Seit 2018 ging es laut Statistischem Bundesamt stetig aufwärts. Erdgas verteuerte sich um über 18 Prozent, für Elektrizität muss Mitte 2020 im Schnitt sieben Prozent mehr bezahlt werden – mit 31,5 Cent je Kilowattstunde kostet Strom mittlerweile bei uns so viel wie nie zuvor. Doch Verbraucher scheint das wenig zu berühren.
Stromanbieter: So kommen Sie bequem an günstige Energietarife
Auf einen Blick
- Strom und Erdgas werden immer teurer. Ein Versorgerwechsel kann erheblich Kosten sparen.
- Wechselhelfer nehmen Verbrauchern ständige Preisvergleiche ab und organisieren Energieverträge.
- Bessere Tarife für Strom oder Erdgas werden automatisch abgeschlossen.


Nur wenige Haushalte wechseln Stromanbieter
Zwar kann beim Wechsel des Energielieferanten kräftig gespart werden. Doch nur jeder dritte Haushalt hat das der Bundesnetzagentur zufolge schon einmal praktiziert. "Viele wissen nicht, dass sie wechseln können oder glauben, dass es sich nicht rechnet", sagt Tiana Preuschoff von der Verbraucherzentrale Niedersachsen und weist darauf hin, dass der richtige Strom- und Gastarif mehrere Hundert Euro Unterschied auf der Jahresrechnung ausmachen könne. Wem der Versorgertausch zu aufwändig oder schwierig ist, kann sogenannte Tarif-Aufpasser beauftragen.
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Tarif-Aufpasser optimieren kontinuierlich
Die Dienstleister übernehmen nicht nur den kompletten Wechselprozess. Sie versprechen auch, die Verträge kontinuierlich zu prüfen und zu verbessern. Vor allem das unterscheidet sie von Vergleichsportalen. Anders als Check24, Verivox oder Toptarif zeigen die sogenannten Tarif-Optimierer nicht nur einmal die günstigsten Konditionen, sondern kümmern sich – wenn gewünscht – über Jahre. Rechtzeitig vor dem Ablauf eines Vertrags oder bei Preiserhöhungen, die eine Sonderkündigung möglich machen, landen dann automatisch neue Vetragsvorschläge in der Mailbox.
Das Geschäftsmodell kontert die Praxis der Versorger, neuen Kunden besonders günstige Tarife und hohe Bonuszahlungen zuzusichern – und die Verträge ab dem zweiten Vertragsjahr schrittweise zu verteuern. Treue wird also mit steigenden Kosten belohnt. Weil sich aber viele Kunden schwer damit tun, jedes Jahr die besten Strom- oder Erdgaskonditionen zu suchen und abzuschließen, kommt eine Studie von Finanztest von 2019 zum Ergebnis: Tarif-Optimierer sind bequem. Und sie lohnen sich.
Rund ein Dutzend Wechselassistenten am Markt
Mit der Berliner Firma Switchup startete 2014 der erste Wechselassistent in Deutschland. Rund ein Dutzend Anbieter sind heute am Markt aktiv. Dazu zählen Energyhopper, Esave, Cheapenergy24, remind.me, Scanenergy, Stromauskunft, Switchandsave, Switch Clever, Wechselfabrik, Wechselfuchs und Wechselpilot.
Alle arbeiten mit Algorithmen, die auf der Basis von mehreren Dutzend Tarifmerkmalen und den individuellen Präferenzen Empfehlungen geben. Wie die Bots sortieren, veröffentlichen einige Unternehmen wie Switchup auf ihren Webseiten. Haben Versorger beispielsweise auffällig hohe Beschwerdezahlen auf Verbraucherschutz-Seiten wie Reclabox, werden ihre Tarife erst gar nicht angeboten.
"Preislich können Tarif-Aufpasser überzeugen"
Bei allen Wechselassistenten können klassische sowie Öko-Tarife gewählt werden. Finanztest ermittelte zudem mit Testkunden, dass die Wechsel reibungslos abliefen und die Angebote höchstens fünf Prozent teurer waren als die günstigsten Tarife von Vergleichsportalen. "Preislich können die Tarif-Aufpasser durchaus überzeugen", bestätigt Tiana Preuschoff von der Verbraucherzentrale Niedersachsen, die 2018 eine erste Untersucherung von Wechseldienstleistern vorlegt hatte. Ein Fazit: Kunden müssen sich mit möglichen Entgelten für die Dienstleistung beschäftigen.
Anbieter nutzen zwei Bezahlmodelle
Die Wechseldienste berechnen in der Regel Provisionen zwischen 20 und 30 Prozent der Ersparnis. Switchup und Stromauskunft, die gleichzeitig Vergleichsportal und Wechselservice sind, arbeiten kostenlos. Auch Scanenergy verlangt keine Gebühren. Denn ihre Kosten übernimmt der neue Versorger. "Vertrauen ist unsere Währung. Deshalb kostet unser Service nichts. Und der Algorithmus kennt die Höhe der Provision nicht", sagt Céline Iding von Switchup.
Wie viel ein Anbieterwechsel letztlich spart, hängt von verschiedenen Parametern wie dem bisherigen Tarif, dem persönlichen Verbrauch sowie dem Wohnort ab. Bei Strom variieren zum Beispiel Tarifkomponenten wie Netzentgelte regional. Bis 2023 sollen die Kosten angeglichen werden, die die Netzbetreiber Tennet, 50Hertz, Amprion und TransnetBW für den Stromtransport über große Entfernungen in Rechnung stellen.
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CO2-Bepreisung auf Gebäude und Verkehr startet 2021
Unter dem Strich lohnt sich ein Versorgerwechsel fast immer. Zumal die Energiepreise bei uns in den nächsten Jahren deutlich anziehen dürften – der Umwelt zuliebe. Denn 2021 startet die neue CO2-Bepreisung auf Benzin, Diesel, Heizöl und Gas. Klimaschädliches Heizen und Autofahren wird also teurer.
Wie sich die Preise für Energieträger hierzulande entwickeln, hat der Internationale Währungsfonds (IWF) Ende 2019 errechnet. Der Prognose zufolge könnte der Preis für Erdgas bis 2030 um rund 50 Prozent steigen. Auch Strom wird sich dem IWF zufolge in den nächsten zehn Jahren um 18 Prozent verteuern. Die persönlichen Energiekosten clever managen, kann die Steigerungen abbremsen.
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Elf Biallo-Tipps für Wechseldienste
1. AGB: Die Allgemeinen Geschäftsbedingungen der jeweiligen Tarife sollten einfach zu finden sein. Zudem dürfen im Kleingedruckten keine Kostenfallen versteckt sein. Laufzeit des Vertrags, Preisgarantie oder Bonuszahlungen müssen transparent aufgeschlüsselt sein.
2. Angebot: Wer sich für eine kontinuierliche Tarifoptimierung entscheidet, muss die Angebote für das zweite sowie die Folgejahre rechtzeitig einige Wochen vor der Kündigungsfrist auf dem Tisch liegen haben.
3. Bonus: Versorger ködern gerne mit Boni, doch ein Treue-Bonus ist etwas anderes als ein Sofortbonus. Schauen Sie also genau hin. Rechnen Sie beim Tarifvergleich den Bonus anfangs raus, das zeigt die tatsächlichen Energiekosten.
4. Ersparnis: Wird die Ersparnis ausgewiesen, muss als Bezugswert der aktuelle Tarif gewählt werden. Zudem muss der Anbieter eine eventuelle Provision herausrechnen.
5. Kosten: Achten Sie darauf, dass die Wechselassistenten entweder eine Erfolgsbeteiligung in Form einer Provision berechnen oder vom neuen Versorger bezahlt werden.
6. Laufzeit: Verträge mit einer Laufzeit von mehr als einem Jahr und einer Kündigungsfrist von bis zu sechs Wochen können sinnvoll sein, wenn die Tarife die besten Preise bieten.
7. Optimierung: Kunden können wählen, ob sie nur einen Wechsel wünschen oder eine kontinuierliche Optimierung über Jahre.
8. Post: Schickt der Versorger Preiserhöhungen per Post ins Haus, muss das Schreiben dem Tarifaufpasser gleich weiter geleitet werden. "Es gibt nicht den Fall, dass man sich als Kunde um gar nichts mehr kümmern muss", warnt Verbraucherschützerin Tiana Preuschoff.
9. Provision: Die Höhe einer eventuellen Provision im ersten Jahr und in den Folgejahren muss prominent auf der jeweiligen Homepage aufgeführt sein.
10. Vergleich: Holen Sie bei einem Tarif-Aufpasser ein Angebot ein und vergleichen Sie es mit dem günstigsten Angebot eines Vergleichsportals. Der Tarif darf maximal fünf Prozent teurer sein.
11. Zustimmung: Je nach Angebot kommt der Tarifwechsel erst nach Zustimmung des Kunden zustande – oder der Dienstleister wechselt automatisch, wenn nicht widersprochen wird.