

Auf einen Blick
Der Dauerstreit um die umstrittene Grundsteuerreform ist vorerst entschieden. Der Bundesfinanzhof (BFH) hat drei Klagen gegen das Bundesmodell, das in elf der 16 Bundesländer gilt, als unbegründet abgewiesen. Es dient als Bewertungsgrundlage für Wohneigentum und ist somit entscheidend für die Berechnung der Grundsteuer seit dem 1.1.2025. Das Urteil des höchsten deutschen Finanzgerichts betrifft rund 20 Millionen Wohnungen und Wohnhäuser in Berlin, Brandenburg, Bremen, Mecklenburg-Vorpommern, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, Saarland, Sachsen, Sachsen-Anhalt, Schleswig-Holstein und Thüringen. Durch die Neubewertung ihrer Immobilien ist die Steuerbelastung für viele Eigentümer gestiegen. 2024 spülte die Grundsteuer 16 Milliarden Euro in die öffentlichen Kassen. Für die Kommunen ist die Grundsteuer eine der wichtigsten Einnahmequellen.
Das oberste Finanzgericht hält die Bewertung von Wohnungseigentum nach dem Bundesmodell für verfassungskonform (Urteil vom 10.12.2025, Nr. 078/25). Die Münchner Richter bestätigten damit in drei Fällen die Entscheidung der jeweiligen Vorinstanz. Das Grundsteuerreformgesetz sei formell verfassungsgemäß und auch die Vorschriften zur Bewertung der Immobilien verstoßen nicht gegen den allgemeinen Gleichheitssatz des Grundgesetzes. Konkret ging es um die Neuberechnung des Grundsteuerwerts im Bundesmodell. Diese stützt sich auf pauschalierte Durchschnittswerte, wie den von Gutachterausschüssen festgelegten Bodenrichtwert sowie einer statistisch ermittelten, fiktiven Nettokaltmiete.
Abhängig von Wohnfläche, Gebäudeart und Baujahr der Immobilie errechnet das Finanzamt, welche Miete sich im Falle einer Vermietung erzielen ließe. Das Argument der Kläger, diese Werte seinen ungenau und berücksichtigten weder objektspezifische Besonderheiten noch das tatsächliche Mietniveau vor Ort, ließen die Finanzrichter nicht gelten. Vielmehr dürfe der Gesetzgeber bei der Ausgestaltung der Bemessungsgrundlage einer Steuer "generalisierende, typisierende und pauschalierende Regelungen treffen, ohne allein schon wegen der damit unvermeidlich verbundenen Härten gegen den allgemeinen Gleichheitssatz zu verstoßen", urteilte der BFH.
Da der Grundsteuervollzug vollautomatisiert ablaufen soll, bleibt die Einzelfallgerechtigkeit auf der Strecke. Ziel des Gesetzgebers ist es, die Bewertung von bundesweit 36 Millionen Immobilien im Massenverfahren zu vereinfachen. Eine Abweichung von 30 Prozent nach oben oder unten zwischen dem Wert des zu bewertenden Grundstücks und dem Durchschnittswert der jeweiligen Bodenrichtwertzone hält der Bundesfinanzhof für zulässig.
Auch die Wertberechnung von Wohnungseigentum anhand pauschaler Nettokaltmieten im Ertragswertverfahren führe zu keiner verfassungswidrigen Ungleichbehandlung. Zwar liegen für Immobilien in guten Lagen die angesetzten Werte in der Regel unter den tatsächlichen Mieten, während Wohngebäude in schlechteren Lagen durch den Ansatz einer höheren, häufig nicht erzielbaren Pauschalmiete benachteiligt werden. Solche Wertverzerrungen seien aber hinzunehmen. Die vollständigen Urteile sollen Anfang 2026 veröffentlicht werden.
Geklagt hatten drei Wohnungseigentümer aus Berlin, Köln und Sachsen. Der Bund der Steuerzahler (BdSt) und der Verband Haus & Grund Deutschland unterstützten zwei Verfahren wegen ihrer grundsätzlichen Bedeutung für die Bewertung von Wohnimmobilien im Zuge der Neuberechnung der Grundsteuer. Der Grund: Die verwendeten pauschalisierten Werte entsprechen weder den Marktverhältnissen vor Ort, noch berücksichtigen sie wertbeeinflussende Faktoren. Für eine 54 Quadratmeter große Eigentumswohnung in Köln setzte das Finanzamt einen Bodenrichtwert von 2.280 Euro an.
Für ein Grundstück in unmittelbarer Nähe, aber in besserer Wohnlage, das denselben Eigentümern gehört, dagegen nur 530 Euro. Dieser große Unterschied war für die Kläger nicht nachvollziehbar. Sie wollten den Ansatz des niedrigeren Werts auch für ihr Wohngrundstück erreichen. Ohne Erfolg. Die vom Finanzamt errechnete Wertsteigerung von 130 Prozent im Vergleich zur früheren Bewertung bleibt bestehen.
Im Berliner Fall argumentierten die Kläger, dass die angesetzte Pauschalmiete nach dem neuen Bewertungsgesetz nicht realistisch sei. Sie vermieten eine Eigentumswohnung in der Hauptstadt für 5,07 Euro pro Quadratmeter. Für die Neubewertung im Zuge der Grundsteuerreform (Stichtag: 1.1.2022) verwendete die Finanzbehörde den amtlichen Pauschalwert von 9,32 Euro pro Quadratmeter. Diese fiktive monatliche Kaltmiete liegt rund 84 Prozent über der tatsächlich erzielten Miete. Die Vermieter können die Miete aber nicht einfach erhöhen, da eine Anhebung nur in einem engen Rahmen bis zur ortsüblichen Vergleichsmiete möglich ist. Der Berliner Mietspiegel wies zu diesem Zeitpunkt eine ortsübliche Miete von lediglich 6,47 Euro pro Quadratmeter aus.
Die angesetzte Miete lässt sich also gar nicht erzielen, wird aber zur Berechnung der Grundsteuer herangezogen. Trotz dieser offensichtlichen Widersprüche in Einzelfällen sehen die obersten Finanzrichter den Gleichheitsgrundsatz nicht verletzt. Bei allen Klägern führte die Neubewertung ihrer Immobilien zu einer deutlich höheren Steuerbelastung.


Die Neuberechnung der Grundsteuerwerte zum 1.1.2022 durch die Finanzämter ist rechtens und damit auch die auf dieser Basis erlassenen Grundsteuerbescheide der Kommunen. Wer darauf spekulierte, dass das oberste Finanzgericht die neue Grundsteuer kippt, und künftig weniger Steuern fürs Wohnen anfallen, wurde enttäuscht. Dies betrifft sowohl Wohnungseigentümer als auch Mieter. Denn Vermieter legen die Grundsteuer über die Nebenkosten auf ihre Mieter um.
Weicht die Bewertung des Finanzamts deutlich vom realen Wert ab, gibt es für Sie als Eigentümer nur eine Möglichkeit, dies zu korrigieren. Vorausgesetzt, Ihr Bescheid über den Grundsteuerwert ist noch "offen". Dazu müssen Sie rechtzeitig Einspruch beim Finanzamt eingelegt und diesen etwa mit verfassungsrechtlichen Bedenken begründet haben. In diesem Fall können Sie mit einem Gegengutachten einen niedrigeren Wert nachweisen. Allerdings wird der Bescheid nur geändert, wenn der tatsächliche Wert von Grundstück und Immobilie mindestens 40 Prozent unter dem vom Finanzamt festgesetzten Grundsteuerwert liegt. Ein Gutachten hilft also nur in extremen Einzelfällen, und das Kostenrisiko tragen Sie selbst.
Obwohl auch der BFH die Rechtmäßigkeit der Grundsteuerreform nicht anzweifelt, wird das Bundesverfassungsgericht das letzte Wort haben. Kläger und unterstützende Verbände haben angekündigt, nach Karlsruhe zu ziehen. Sie wollen Verfassungsbeschwerde einlegen. "Die Entscheidung des BFH überzeugt uns in der Sache nicht", sagte der Präsident von Haus und Grund Deutschland, Kai Warnecke. Er findet, dass "der Toleranzbereich in vielen Punkten überschritten ist." Auch der Präsident des Bunds der Steuerzahler, Reiner Holznagel, strebt eine Überprüfung durch das Bundesverfassungsgericht an und kritisiert die übermäßig hohe Belastung vieler Steuerzahler. Ursprünglich sollte die Grundsteuerreform aufkommensneutral sein und nicht zu deutlichen Steuererhöhungen bei Eigentümern und Mietern führen.
In der Tat ist die Grundsteuer 2025 für viele private Immobilienbesitzer gestiegen. Der Verband Haus und Grund wertete Mitte des Jahres rund 2.000 Rückmeldungen zur Grundsteuerreform aus. In 80 Prozent der Fälle ist die Steuerbelastung im Schnitt um über 100 Prozent gestiegen. Doch das liegt nicht allein an den pauschalen Bewertungsansätzen. Viele Kommunen haben ihre Hebesätze erhöht, weil sie knapp bei Kasse sind. Die Höhe der Grundsteuer berechnet sich nämlich nach folgender Formel:
Grundsteuerwert x Steuermesszahl x kommunaler Hebesatz.
Die gesetzlich festgelegte Steuermesszahl beträgt im Bundesmodell 0,31 Promille für überwiegend wohnlich genutzte Grundstücke, 0,34 Promille für den Rest.
Eine höhere Grundsteuer verteuert das Wohnen. Thüringen, das die Bewertung nach dem Bundesmodell vornimmt, hat deshalb eine Reform der Reform beschlossen. Der Freistaat nutzte die Länderöffnungsklausel, um nachzubessern. Um Wohneigentum steuerlich zu entlasten, wurde die Steuermesszahl für Wohngrundstücke auf 0,23 Promille abgesenkt. Für geschäftliche und unbebaute Grundstücke setzen die Finanzämter dagegen künftig eine erhöhte Messzahl von 0,59 Promille an. In diesem Bereich ist das Grundsteueraufkommen 2025 deutlich gesunken.
Das Thüringer Gesetz zur Anpassung der Grundsteuerreform trat im November 2025 in Kraft. Ab dem Jahr 2027 wird die Grundsteuer mit den neuen Werten berechnet. Die Finanzämter müssen rund 750.000 Steuerbescheide ändern. Die Kommunen sollen durch die Reform keine Mehreinnahmen erzielen und ihre Hebesätze bei Bedarf nach unten korrigieren.
Die Bundesländer Baden-Württemberg, Bayern, Hamburg, Hessen und Niedersachsen haben von vornherein eigene Grundsteuergesetze verabschiedet. Die Bewertung von Wohneigentum und Grundstücken erfolgt nach anderen Regeln als im Bundesmodell. Daher spielt das aktuelle Urteil des Bundesfinanzhofs für Immobilien in diesen fünf Ländern keine Rolle. Die Ländermodelle orientieren sich mehr an der Grundstücksfläche.
Während in Bayern lagebedingte Wertunterschiede keine Rolle für die Grundsteuerberechnung spielen, versuchen die anderen Länder diese einzupreisen. Baden-Württemberg nutzt dazu die Bodenrichtwerte, Hessen und Niedersachen berücksichtigen zudem sogenannte Lagefaktoren. Hamburg berechnet die Grundsteuer für Objekte in weniger guten Wohnlagen mit einer niedrigeren Steuermesszahl. Doch auch gegen diese landeseigenen Grundsteuermodelle sind Klagen beim Bundesfinanzhof anhängig.
Bis das Bundesverfassungsgericht entscheidet, bleibt also alles beim Alten. Die Wertermittlung des Finanzamts behält seine Gültigkeit. Laut Gesetz ist erstmals zum 1.1.2029 eine Neubewertung von Grundstücken und Wohnungen vorgesehen – danach alle sieben Jahre. Dies soll aber weitestgehend automatisiert ablaufen, so dass sich der Aufwand für Eigentümer in Grenzen halten dürfte. Hessen hat einen späteren Stichtag gewählt. Eine Überprüfung der Grundsteuerwerte erfolgt dort erst zum 1.1.2036 – danach alle 14 Jahre. Niedersachsen, Bayern und Hamburg sehen erstmal keine Neubewertung vor.
Eine Grundsteuererklärung von Eigentümerseite ist aber erforderlich, wenn sich wesentliche Änderungen ergeben. Dazu gehören beispielsweise: