Altersvorsorge

Kürzung von privaten Renten rechtswidrig: Was Sparer jetzt tun können

Thomas Öchsner
Autor
Veröffentlicht am: 27.12.2025

Auf einen Blick

  • Millionen Anleger haben fondsgebundene Versicherungen abgeschlossen.  
  • Viele Versicherer haben den für die Auszahlung der Privatrente maßgebenden Rentenfaktor gekürzt.  
  • Doch einseitige Kürzungen sind laut BGH unwirksam. Hier erfahren Sie, wie Sie sich gegen solche Rentenkürzungen wehren können.  
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Dieses Urteil könnte Millionen Sparerinnen und Sparern eine Menge Geld bringen. Versicherer dürfen nicht einseitig nachträglich in fondsgebundenen Riester-Rentenverträgen den Rentenfaktor herabsetzen und damit in der Auszahlungsphase die Rente kürzen. Das hat gerade der Bundesgerichtshof (BGH) entschieden

Viele Versicherte, die in fondsgebundenen Policen auch fürs Alter Geld zurücklegen, fragen sich deshalb, ob sie vom Urteil des BGH profitieren können. Biallo beantwortet für Sie die wichtigsten Fragen.  

Worum geht es bei dem Urteil?  

In dem konkreten Fall zog die Verbraucherzentrale Baden-Württemberg gegen die Allianz Lebensversicherung vor Gericht und schaffte es bis zur höchsten Instanz, dem Bundesgerichtshof. Dort ging es um eine Klausel in der Versicherungspolice, die besagte: Die Allianz darf den Rentenfaktor kürzen, wenn aufgrund von vorher nicht absehbaren Umständen die Lebenserwartung der Versicherten stark steigt oder die Rendite der Kapitalanlagen nicht nur vorübergehend stark sinkt. Mit dem Rentenfaktor wird festgelegt, wie viel ein Versicherter oder eine Versicherte pro 10.000 Euro angespartem Kapital später als Rente erhalten. 

Im Verfahren gegen die Allianz wurde nach Angaben der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg einem Verbraucher im Jahr 2006 eine als "RiesterRente InvestGarantie" bezeichnete Rentenversicherung verkauft, mit dem Versprechen einer Rentenzahlung in Höhe von monatlich 38,74 Euro je 10.000 Euro Policenwert. Der Versicherer kürzte jedoch den Rentenfaktor auf 30,84 Euro je 10.000 Euro Policenwert, was einer Rentenkürzung um etwa 20 Prozent entspricht.

 Der vierte Zivilsenat in Karlsruhe entschied nun: Die einseitig formulierte Klausel benachteiligt Verbraucherinnen und Verbraucher unangemessen. Es fehle eine Verpflichtung des Versicherers, den Rentenfaktor später wieder zu erhöhen, sofern sich die Umstände ändern, die vorher zu der Kürzung führten. Damit sei die Regelung unwirksam. 

Die Allianz darf sich daher nicht mehr auf die Klausel berufen (Aktenz.: IV ZR 34/25, Urteil vom 10. Dezember 2025). Der Versicherer hatte als Begründung für die Kürzung unter anderem die anhaltende Niedrigzinsphase angeführt. Seitdem hat die Europäische Zentralbank (EZB) ihren Leitzins aber wieder kräftig erhöht, ohne dass der Versicherer verpflichtet gewesen wäre, die Rentenkürzung zurückzunehmen. 

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Für welche Verträge ist das Grundsatzurteil maßgebend?  

Prinzipiell gilt das Urteil zunächst nur für alle fondsgebundenen Rentenversicherungen der Allianz, in denen solch eine einseitige Klausel steckt. Laut dem BGH waren das Verträge, die zwischen Juni 2001 und November 2006 abgeschlossen wurden. Die genaue Anzahl solcher Verträge ist nicht bekannt. 

Nach Beobachtungen der Verbraucherzentralen sind die von mehreren Gerichten beanstandeten Kürzungs-Klauseln aber sowohl in einigen fondsgebundenen Verträgen der betrieblichen Altersversorgung (Pensionskassen) als auch bei der Riester-Rente und privaten fondsgebundenen Rentenversicherungen enthalten. Die Verbraucherzentralen schätzen deshalb, dass eine sechs- oder sogar siebenstellige Zahl an Sparerinnen und Sparern von Rentenkürzungen aufgrund dieser Klausel betroffen ist.

So gehen die Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen und die Bürgerbewegung "Finanzwende" zum Beispiel gemeinsam gegen unrechtmäßige Rentenkürzungen bei Kundinnen und Kunden der Zurich-Versicherung vor. Die Verbraucherschützer hatten das Unternehmen abgemahnt. Da der Versicherer jedoch keine Unterlassungserklärung abgeben wollte, wurde eine Verbandsklage vor dem Oberlandesgericht Köln erhoben. Auch die Axa Lebensversicherung und die LPV Lebensversicherung (ehemals Postbank Lebensversicherung) haben Kundenansprüche aufgrund ähnlicher Klauseln gekappt

Beide Unternehmen wurden ebenfalls von der Verbraucherzentrale NRW abgemahnt. Mangels Abgabe einer Unterlassungserklärung klagen die Verbraucherschützer auch gegen diese Versicherer. Das Landgericht Berlin wiederum schloss sich der wegweisenden Entscheidung des Oberlandesgerichts Stuttgart an (Az.: 4 O 177/23). Das OLG hatte bereits gegen die Allianz Lebensversicherung entschieden, dagegen war der Versicherer in Revision gegangen, was nun zu der Grundsatzentscheidung des BGH führte. 

Auch der Bund der Versicherten (BdV) geht davon aus, dass die Entscheidung des BGH – über die Verträge der Allianz hinaus – auch für andere Riester-, Rürup-, Betriebs- und private Rentenverträge anwendbar ist. Dies könnte für etwa eine Million Verträge gelten, die Versicherer bis Mitte der 2010er-Jahre anboten, so der BdV. 

Bei all diesen Policen sei aufgrund ähnlicher Klauseln der Rentenfaktor gekürzt worden. Für klassische private Rentenversicherungen, die nicht fondsgebunden sind, spielt das Urteil des Bundesgerichtshofs hingegen keine Rolle. Hier wird von vornherein bei Vertragsabschluss festgelegt, wie viel Rente pro Monat in Euro und Cent mindestens gezahlt wird. 

Was können geschädigte Versicherte nun tun?

Allianz-Kundinnen und -kunden mit einer Riester-Fondspolice und einem Vertrag mit der nun unwirksam gewordenen Kürzungsklausel können sich auf das BGH-Urteil berufen und den Versicherer bitten, Kürzungen zurückzunehmen beziehungsweise die Rentenhöhe nachträglich zu korrigieren. Alle übrigen Versicherten sollten ebenfalls prüfen, ob ihr Versicherer in ihrer fondsgebundenen Police eine ähnliche Klausel verwendet hat wie die Allianz. 

Falls dies der Fall ist, können sie ebenfalls versuchen, den Versicherer davon zu überzeugen, dass er Kürzungen des Rentenfaktors rückgängig zu machen hat. Noch ist allerdings unklar, ob die Entscheidung auf andere Versicherer übertragbar ist. Das hängt von der genauen Urteilsbegründung des BGH ab – und davon, ob andere Versicherer wieder per Gericht dazu gezwungen werden müssen, sich an die Grundsatzentscheidung zu halten.

Auf der Homepage der Verbraucherzentralen heißt es: "Sie können (…) sich jetzt schon gegen eine entsprechende Rentenkürzung wehren, sofern der Versicherer diese aufgrund einer derartigen Klausel vorgenommen hat". 

Die Verbraucherzentralen haben dafür einen Musterbrief zur Verfügung gestellt, der im Internet abrufbar ist. Hat ein Versicherer den Rentenfaktor gekürzt, sollte dies in der entsprechenden jährlichen Standmitteilung stehen – möglicherweise ist ein solcher Hinweis aber so versteckt, dass man dies nicht auf den ersten Blick sieht.  

Nach Auffassung der Verbraucherzentralen könnten den Musterbrief geschädigte Kunden und Kundinnen "auch für Verträge nutzen, die bereits in der Rentenphase sind". Demnach hätten die Versicherten selbst dann ein Recht auf eine Nachzahlung, wenn die Rente schon ausgezahlt wird. Hier sind allerdings Verjährungsfristen zu beachten. Weisen die Versicherer entsprechende Forderungen zurück, bleibt wohl nur der Klageweg. Das bietet sich vor allem dann ab, wenn man eine Rechtsschutzversicherung hat, die für die Prozesskosten aufkommt.  

Wollen Sie mehr zu dem Thema wissen? Wir haben bereits vor dem BGH-Urteil berichtet, hier unsere Analyse "Vorsicht Falle: Wie Versicherer zukünftige Rentenauszahlungen kürzen“"

Thomas Öchsner, Jahrgang 1961, ist seit 1991 Wirtschaftsjournalist. Bei der Münchner Abendzeitung hat er als stellvertretender Ressortleiter für das Ressort „Geld“ gearbeitet. 1999 wechselte er zur Süddeutschen Zeitung. Dort war er zunächst Redakteur für Finanzen in der Wirtschaftsredaktion in München, später neun Jahre Korrespondent für Sozial- und Arbeitsthemen in der Parlamentsredaktion in Berlin. Wieder zurück in der Münchner Zentrale leitete er das Finanzteam in der Wirtschaftsredaktion. Für die SZ hat er den wöchentlichen Newsletter „SZ Geld“ und das Magazin „GELD“ entwickelt. Seit Juni 2021 arbeitet Öchsner als selbständiger Autor für die SZ, biallo.de und andere Medien. Aktuelles Buch: Ihr Vermögensturbo ab 50, Geldanlage für eine bessere Rente.

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