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DeutschlandAuf einen Blick
Es geht um etliche Millionen Euro. Viele Sparerinnen und Sparer lassen sich bei der Riester-Rente staatliche Zulagen entgehen, weil sie die Förderung der Riester-Rente nicht richtig nutzen. Das zeigt eine statistische Sonderauswertung der Deutschen Rentenversicherung (DRV). Demnach erhält seit Jahren nur etwa die Hälfte der Zulagenempfänger die volle Grundzulage. Freuen kann sich darüber nur einer: Bundesfinanzminister Lars Klingbeil, der für die geförderte Altersvorsorge weniger Geld ausgeben muss.
Bei der Riester-Rente ist der Staat nach wie vor ziemlich großzügig: Jährlich gibt es eine Grundzulage von maximal 175 Euro und obendrauf pro Kind, das bis Ende 2007 geboren wurde, 185 Euro. Für Kinder, die ab 2008 geboren wurden, rückt der Staat pro Kind sogar 300 Euro pro Jahr heraus. Die volle Zulage erhalten Riester-Sparende aber nur, wenn sie sich stets an eine Grundregel halten: Für die vollen Riester-Zulagen ist jedes Jahr der Mindesteigenbeitrag zu zahlen. Dieser beträgt vier Prozent des rentenversicherungspflichtigen Einkommens aus dem Vorjahr, begrenzt auf maximal 2.100 Euro. Von diesem Betrag werden mögliche Zulagen noch abgezogen. Wer weniger einzahlt, erhält entsprechend weniger Zulagen aufs Riester-Konto überwiesen.
Ein Beispiel: Eine Riester-Sparerin (ein Kind, 2011 geboren, mit Anspruch auf Kinderzulage, weil es auch Kindergeld gibt) hat im Jahr 2024 insgesamt 35.000 Euro als Angestellte verdient. Vier Prozent sind davon 1.400 Euro, abzüglich der Grundzulage von 175 Euro und der Kinderzulage von 300 Euro hat sie also 2025 einen Mindesteigenbeitrag von 925 Euro im Jahr oder etwas mehr als 77 Euro im Monat zu zahlen.
Die Zulage gibt’s aber nur, wenn man jedes Jahr einen Antrag stellt oder den sogenannten Dauerzulagenantrag nutzt. Um die Zulagen zu beantragen, können sich die Sparerinnen und Sparer zwei Jahre Zeit lassen. Über die Nutzung der Zulagen sind daher erst jetzt die Daten für 2022 vollständig analysiert. Über die Auswertung dieser Daten haben gerade die Süddeutsche Zeitung und das Internetfachportal ihre-vorsorge.de berichtet. Das Ergebnis zeigt, dass viele Menschen mit der Grundregel der Riester-Rente offenbar nicht zurechtkommen.
In diesem Jahr belief sich der Bestand an Riester-Verträgen auf knapp 15 Millionen, so die Statistik des Bundesarbeitsministeriums. Stornierte Verträge sind davon bereits abgezogen. Die Anzahl der ruhenden Verträge ohne Beitragsleistung wird laut dem Ministerium "derzeit auf gut ein Fünftel bis knapp ein Viertel geschätzt". Unterm Strich blieben bereits im Beitragsjahr 2022 nur noch 9,802 Millionen Riester-Sparende, die Geld in ihren Vertrag einzahlen und als "geförderte Personen" in der Statistik der Rentenversicherung auftauchen.
Von den Zulagenempfängern erhielten aber lediglich 50,2 Prozent die volle Grundzulage in Höhe von 175 Euro im Jahr. Alle anderen, das waren fast 4,8 Millionen, bekamen weniger. Und nicht nur das: In dieser Gruppe erhielten etwa die Hälfte nicht einmal die halbe Zulage, also weniger als 88 Euro. Im Durchschnitt wurde eine Grundzulage von 130,99 Euro ausgezahlt, das sind etwa 44 Euro weniger, als maximal vom Staat geschenkt zu bekommen wäre.
Nur etwas besser sieht es bei der Kinderzulage aus. Hier liegen der DRV für 2022 keine Zahlen über die Fälle mit 100 Prozent realisierten Zulagen vor. Eine für das Beitragsjahr 2020 erfolgte Sonderauswertung habe jedoch einen Anteil von 65,4 Prozent ergeben mit einer Förderung zu 100 Prozent, teilte ein Sprecher der DRV mit.

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DeutschlandDie neu vorgelegte Statistik der Rentenversicherung bestätigt einen langfristigen Trend: Vor zehn Jahren hatte die DRV auf Anfrage der SZ ebenfalls Zahlen vorgelegt, und zwar für das Beitragsjahr 2011. Schon damals erhielt nur gut die Hälfte (56,4 Prozent) derjenigen, die Zulagen beantragten, die volle Grundzulage. Im Durchschnitt wurden 2011 etwa 125 Euro ausbezahlt – und nicht die volle Grundzulage in Höhe von damals 154 Euro. Knapp 70 Prozent bekamen die Kinderzulage in voller Höhe. Vergleicht man die alten mit den neuen Zahlen, zeigt sich: Zuletzt schöpften noch weniger Riester-Sparende die volle Förderung aus.
Dass sich viele Riester-Sparende das Geld vom Staat entgehen lassen, dürfte mehrere Gründe haben: Viele sind offenbar überfordert, den für sie richtigen Eigenbeitrag zu ermitteln, um die volle Förderung abgreifen zu können. Nicht wenige dürften auch übersehen, dass sie den eigenen Beitrag anpassen müssen, wenn sich die Einkommensverhältnisse oder die Zahl der Kinder verändern. Daran hat auch der sogenannte Dauerzulagenantrag nichts geändert. Zu den möglichen Gründen teilte ein Sprecher der Rentenversicherung ihre-vorsorge.de mit: "Hierzu liegen uns keine Daten vor, sodass wir hierzu keine Aussagen treffen können."
Merten Larisch, Experte für Altersvorsorge bei der Verbraucherzentrale Bayern, sprach auf SZ-Anfrage von einem "komplizierten Prozedere, das viele Riester-Sparer so überfordert, dass sie sich lieber erst gar nicht damit beschäftigen wollen". Die Formel, wie sich der passende Eigenbeitrag zusammensetzt, hält Larisch für "nicht lebensnah genug, um sie zu verinnerlichen". Verbraucherinnen und Verbraucher wüssten schon, dass sie jedes Jahr eine Steuererklärung abgeben müssten. "Aber wer denkt schon daran, seinen Riester-Vertrag zu überprüfen und den Eigenbeitrag zu ändern, etwa wenn man von einem Teilzeitjob in einen Vollzeitjob oder wieder zurückwechselt oder in Elternzeit geht." Dies könne sogar dazu führen, dass Menschen vorübergehend zu viel einzahlen, da sie auch mit einem geringeren Eigenbeitrag die volle Förderung bekommen könnten.
Nun scheint es aber doch zu der schon von der früheren Ampel-Regierung angekündigten Reform der privaten Altersvorsorge zu kommen. So sind laut einem gerade erst bekannt gewordenen Entwurf des Bundesfinanzministeriums zur Reform der privaten Altersvorsorge einige neue Sparmöglichkeiten vorgesehen. Außerdem will die Bundesregierung die staatliche Förderung vereinfachen.
Die Begründung für die Reform zeigt, dass die schwarz-rote Koalition auf die seit Jahren bestehende Kritik an der Riester-Rente nun offenbar reagieren will: So wird darauf verwiesen, dass die Zahl der Riester-Verträge bereits seit 2018 rückläufig sei. Dies liege nicht nur an den lange Zeit niedrigen Zinsen, sondern auch an den "kostentreibenden und renditemindernden Vorgaben für steuerlich geförderte Altersvorsorgeverträge", heißt es in dem Gesetzesentwurf. Und weiter: Die hohen Kosten, die geringe Rendite sowie "die komplexe Förderung, eine geringe Flexibilität über den Lebenszyklus und die mangelnde Transparenz bei der Produktauswahl" hätten eine grundlegende Reform der steuerlich geförderten privaten Altersvorsorge nötig gemacht.
Ziel dabei sei, "ein effizientes ergänzendes Angebot von Altersvorsorgeverträgen für breite Bevölkerungsgruppen zu schaffen. Dafür soll die private Altersvorsorge kostengünstiger, renditestärker, unbürokratischer, flexibler, einfacher und transparenter werden". Von der vereinfachten staatlichen Förderung sollen besonders "die Bezieher von kleinen und mittleren Einkommen profitieren".
Bis das Gesetz in Kraft treten wird, werden noch einige Monate ins Land gehen. Vorerst sollten sich Riester-Sparende deshalb an die Empfehlung der deutschen Rentenversicherung halten: Demnach sollten Vorsorgesparerinnen und -sparerer regelmäßig ihre Angaben im Zulagenantrag und ihren Mindesteigenbeitrag prüfen und dafür den Riester-Rechner auf der Homepage der DRV zu nutzen. Außerdem rät die Rentenversicherung: Riester-Sparende sollten nicht vergessen, ihren Anbieter über persönliche Veränderungen zu informieren. "Relevant ist zum Beispiel, wenn Sie ein Kind bekommen, heiraten, sich scheiden lassen oder wenn sich Ihr Gehalt verändert."
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