Seit November gelten neue Regeln für die Stromkennzeichnung von Anbietern. Sorgt das nicht für Klarheit?
Sieverding: Es ist gut, dass der bereits über die EEG-Umlage finanzierte Ökostrom in der Kennzeichnung aus dem Unternehmensmix verschwindet. Der Unternehmensmix muss jetzt tatsächlich das Beschaffungsverhalten des Anbieters widerspiegeln. Vorher konnten selbst Versorger, die keinerlei Strom aus erneuerbaren Energiequellen bezogen, einen überwiegend grünen Unternehmensmix ausweisen. Ich habe die Hoffnung, dass durch die neue Regelung Bewegung in den Markt kommt. Aber man muss die Realität sehen: Fraglich ist, inwieweit diese Daten auf der Website des Anbieters oder in der Stromrechnung – der Unternehmensmix muss da ausgewiesen sein – von Kunden wahrgenommen werden. Auch können Verbraucher nach wie vor nicht erkennen, welcher Anteil des Stromes durch Herkunftsnachweise als grün dargestellt wird und welcher Anteil aus Ökostrom-Anlagen stammt.
Wer beim Anbieterwechsel nicht ganz genau hinguckt, zahlt mit seinem Tarif also für Greenwashing?
Sieverding: Einige Anbieter engagieren sich für die Energiewende und bieten Tarife mit einem immerhin geringen Mehrwert. Zum Beispiel durch den Bau eigener Photovoltaik-Parks und Windkraftanlagen oder durch alternative Energieprojekte. Doch das jetzige System macht es diesen Anbietern schwer bis unmöglich, sich erkennbar am Markt abzugrenzen.
Inwieweit bieten Ökostrom-Labels Orientierung?
Sieverding: Ich halte die Diskussion über Labels für überzogen. Ökostromlabels hätten einen höheren Mehrwert, wenn sie sich auf Tarife mit echtem Nutzen für Energiewende konzentrieren würden. Zwei, die etwas hervorstoßen, sind das Grüner-Strom-Label und das Ok-Power-Siegel. Mit dem Grüner-Strom-Label können sich Anbieter zum Beispiel auch zertifizieren lassen, dass ein bestimmter Prozentsatz des Stroms aus Deutschland kommt. Das Gefälle zwischen Labels ist groß, nach unten hin gibt es eine Reihe, die völlig nutzlos sind.