Börse

Investieren im “Silicon Wadi“: Was Israel Anlegern bietet

Alexander Rudow
Autor
Veröffentlicht am: 24.07.2020

Auf einen Blick

  • Israel hat eine technologisch fortgeschrittene Marktwirtschaft und ist in Bezug auf Lebenserwartung, Bildung und Pro-Kopf-Einkommen stark entwickelt.
  • Das Land ist besonders attraktiv für Investoren. Als Standort von Hightech bietet Israel interessante Perspektiven.
  • Für Privatanleger bietet sich ein ETF mit den größten israelischen Unternehmen an – und der Kauf einzelner Aktien.
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Haben Sie schon einmal eine Weltkarte betrachtet, auf der die Industriestaaten des MSCI World eingezeichnet sind? Dieser Index enthält die "entwickelten Märkte" aus 23 Ländern. Da sieht man Nordamerika, ein paar Staaten aus dem Raum Asien/Pazifik und dazwischen (West-)Europa. Die drei großen Regionen repräsentieren die gesamte Welt der wohlhabenden Staaten.

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Start-up-Nation im Nahen Osten

Die ganze Welt? Nein – im Nahen Osten übersieht man fast ein kleines Land, Israel nämlich. Dieser Staat ist der einzige aus seiner Region, und er ist sehr erfolgreich. Er ist Mitglied der OECD und hat den höchsten Lebensstandard im Nahen Osten. In einigen Wirtschaftszweigen (vor allem Militär, Finanzen und Technik) gehört Israel zu den weltweiten Marktführern. Hierher stammen der USB-Stick, die Tröpfchenbewässerung in der Landwirtschaft und erfolgreiche Mikroprozessoren. Für Israel gibt es ein eigenes Schlagwort: "Start-up-Nation". Was steckt dahinter?

Kurz gesagt: Das kleine Israel ist ein Paradies für Hightech-Firmen. Hier leben zwar nur rund neun Millionen Menschen, aber das Land hat mehr als zehnmal so viele Unternehmen an der US-Börse NASDAQ platziert wie Deutschland. Mehr kommen nur aus den USA selbst und aus China. Nirgendwo sonst auf der Welt gründen sich so viele Tech-Unternehmen pro Einwohner. Das Buch "Start-up Nation Israel: Was wir vom innovativsten Land der Welt lernen können" von Dan Senor und Saul Singer erreichte die Bestseller-Listen der New York Times und des Wall Street Journal.

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Israel als Vorbild für Deutschland

Ein wichtiger Pfeiler dieses Erfolgs ist "Yozma" (hebräisch für "Initiative), ein Regierungsprogramm, das seit den 90er-Jahren steuerliche Anreize für ausländisches Risikokapital schafft und jede Investition mit staatlichen Mitteln verdoppelt. Wen wundert es, dass die IT-Riesen Forschungszentren in Israel unterhalten, seien es Apple, Cisco, Google, Intel, Microsoft, IBM oder andere. Risikokapital oder Venture Capital hat in Israel den mit Abstand höchsten Anteil am Brutto-Inlandsprodukt unter allen Industriestaaten. Das Land liegt vor den USA und weit vor Europa. Mit Bezug auf Deutschland stellt die Friedrich-Naumann-Stifung fest: "Deutschland muss das werden, was Israel längst ist: eine Start-up Nation."

Und auch bei den Ausgaben für Forschung und Entwicklung steht Israel an der Spitze der entwickelten Staaten. Dabei kommt der Löwenanteil aus privaten Unternehmen, und die Hälfte der Ausgaben stammt aus dem Ausland: Das Innovationswunder wird also zu großen Teilen fremdfinanziert.

Risikokapital führt zu Innovationen

Was ist der Grund für die Innovationen in Israel? Es finden sich romantische Erklärungen: Eine Gesellschaft von Pionieren in einer feindlichen Region. Ständiger Überlebenskampf, der zu Mut und Scharfsinn zwingt. Das spielt wohl auch eine Rolle. Allerdings entwickelt auch der findigste Erfinder ohne Geld kein Produkt. Und die Chance auf Risikokapital ist in Israel viel größer als in Deutschland, Frankreich und den USA.

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Aktuell bringt das Land zwischen 1.100 und 1.380 Start-ups im Jahr hervor. Doch noch wichtiger als die Vergangenheit ist die Zukunft. Israel befindet sich auf dem Weg von einer Start-up-Nation zu einer Scale-up-Nation. Das ist die Entwicklung zur nächsten Phase: Start-ups sind innovativ und lassen sich schnell erwerben – eine Scale-up-Nation dagegen konzentriert sich auf den Aufbau großer, erfolgreicher und multinationaler Unternehmen – mit Hauptsitz in Israel.

Über das "Silicon Wadi" zur Scale-up-Nation

Ein Zeichen für diesen Wandel ist das Silicon Wadi, angelehnt an "Silicon Valley". "Wadi" ist das arabische Wort für "Tal" (englisch "Valley") und auch im Hebräischen gebräuchlich. Das ist ein Gebiet mit hoher Konzentration von Unternehmen der Spitzentechnologie, besonders rund um Tel Aviv. Hier finden sich zahlreiche Entwicklungs- und Forschungszentren internationaler Konzerne, wie IBM, Intel, Yahoo und Google. Hinzu kommen Hightech-Unternehmen wie Microsoft, Hewlett-Packard, Philips, Cisco oder Oracle. Aus Deutschland sind die Telekom und SAP stark vertreten. Jedes Jahr kommen etwa 20 neue Entwicklungs- und Forschungszentren hinzu. Der Technologiepark in Be'er Scheva in der Negev-Wüste ist über solche Anfänge längst hinaus: Er ist zum weltweit größten Zentrum für Cybersecurity geworden. Auch hier ist die Deutsche Telekom vertreten.

Es verwundert daher nicht, dass schon früh in der Covid-19-Krise über Forschungsprojekte aus Israel berichtet wurde, die an Impfstoffen arbeiten. Ein wichtiges Plus im Kampf gegen das Virus ist die Technik-Affinität der Bevölkerung. Wissenschaft und Forschung sind Felder, die in der jüdischen Gemeinschaft traditionell positiv besetzt sind. Auf dieser Basis entwickelte Israel Aerospace Industries (IAI) ein robotisches System, das in der Lage ist, Räume in Hospitälern mit UV-Licht virensicher zu desinfizieren, innerhalb von zwanzig Minuten. Das System soll auch in Flugzeugen funktionieren.

Pandemie befördert Hightech in der Medizin

Ein anderes Beispiel ist die "Wahrnehmungsbox" von Elbit Systems, die Patienten ohne Körperkontakt untersuchen kann. Sie kann Puls, Atemfrequenz und Körpertemperatur aus bis zu fünf Metern Distanz ermitteln. Hunderte von Firmen haben sich mittlerweile auf das Virus gestürzt und forschen nach Medikamenten und Impfstoffen. Die Medizin ist mit der Corona-Pandemie zu einem neuen, wichtigen Tätigkeitsfeld von Hightech und Cyber-Tech geworden.

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IAI und Elbit Systems sind Unternehmen, die auch in der Rüstung arbeiten. Sie sind Beispiele für die Zusammenarbeit von Wirtschaft, Forschung und Militär. Die enge Verschränkung von militärischer und ziviler Welt ist für Deutsche ungewohnt bis befremdlich. Von den meisten Israelis wird sie als Selbstverständlichkeit angesehen. Schließlich dienen fast alle Bürger dieses Staates in der Armee, Frauen und Männer, Linke und Rechte. Ebenso normal ist die große Nähe zwischen Universitäten und Industrie, anders als in Deutschland. Ein weiterer Unterschied zwischen beiden Ländern ist die israelische Vorliebe für Improvisation, gepaart mit einer Kultur, in der das Scheitern einer Geschäftsidee keine Schande ist. Man kann immer wieder neu anfangen.

Eine Kultur des Zweifels und des Streits

Die Gesellschaft des Landes ist eine des Disputs und der widerstreitenden Ideen. Der Schriftsteller Amos Oz hat die jüdisch-israelische Gesellschaft so beschrieben: "Eine anarchische Zivilisation, eine Kultur des Zweifels und des Streits." Der Physiker und Nobelpreisträger Dan Shechtman drückt die israelische Mentalität so aus: "Wir Israelis sind ein furchtloses Volk. Deshalb sind wir erfolgreich in den Wissenschaften, und deshalb werden in diesem Land auch so viele Unternehmen gegründet. Die Furcht vor dem Scheitern, die Furcht davor, eine Schande für sich selbst und die Familie zu sein, gibt es bei uns nicht. Wer es in Israel versaut, sei ein bisschen schlauer und fängt noch mal von vorne an."

Last but not least: Bildung ist ein wichtiger Grund, warum Israel in wenigen Jahren zu einem führenden Standort für die digitale Industrie aufstieg. Das Land hat seit seiner Gründung stark in den Bildungssektor investiert, arm an Rohstoffen und umgeben von feindlich gesinnten Nachbarn. Laut OECD gibt Israel 6,5 Prozent seines Bruttoinlandsprodukts für Bildung aus. Deutschland liegt bei 5,4 Prozent, der Durchschnitt in der OECD bei 5,2 Prozent.

Anlegen mit ETF und Einzelaktien

Fazit dieser kurzen Betrachtung: Israel steht an der Schwelle von der Start-up-Nation zur Scale-up-Nation und hat den Wandel von einer arbeitsintensiven hin zu einer wissensintensiven Wirtschaft hinter sich. Dabei hat das Land klassische Stützpfeiler anderer Industrie-Nationen quasi übersprungen, wie Kfz-Produktion, Maschinenbau, Chemische Industrie und Schwerindustrie. Hightech macht rund 80 Prozent der israelischen Exporte aus. Das Land spiegelt den Slogan wieder: "Software Is Eating the World". So formulierte es eine Kolumne des IT-Entrepreneurs und Investors Marc Andreessen im Wall Street Journal, die jedem Unternehmen riet, ein Software-Unternehmen zu werden. Aus dieser Einsicht ergeben sich interessante Perspektiven für Investitionen.

Was macht ein Anleger aus diesen Erkenntnissen? Am bequemsten wäre ein Fonds auf das ganze Land. Leider gibt es keinen in Deutschland handelbaren aktiven Fonds auf Israel, und bei den ETFs gibt es genau einen: den iShares TA-35 Israel. Das "TA" bezieht sich auf die Tel Aviv Stock Exchange. Der ETF bietet Zugang zu den 35 größten und liquidesten israelischen Unternehmen. Darunter ist als am stärksten gewichteter Wert Teva Pharmaceutical, ein Pharma-Unternehmen, das Weltmarktführer bei Generika ist und sich im Portfolio von Warren Buffets Holding Berkshire Hathaway befindet. Der ETF ist physisch replizierend und thesaurierend. Die jährlichen Gesamtkosten betragen 0,6 Prozent, mit einer engen Tracking Difference von 0,07 Prozent. Auf Dreijahressicht liegt die Performance bei minus 1,99 Prozent.

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Ein weiterer Weg wäre Stock Picking, die Auswahl einzelner interessanter Aktien. Dabei könnte man sich große Unternehmen wie das erwähnte Teva Pharmaceutical ebenso ansehen wie kleinere IT-Firmen, die nicht mehr im TA-35 gelistet sind. Ein Beispiel ist CyberArk, ein Unternehmen für Informationssicherheit, das auch im NASDAQ gelistet ist. CyberArk spezialisiert sich auf Sicherheitssoftware für Cyber-Gefahren in Unternehmen. Auf Dreijahressicht steht ein Plus von 177,81 Prozent zu Buche. 

Geboren 1972 in Münster/Westfalen. Bereits während seines Jura-Studiums und anschließenden Referendariats schrieb Alexander als freier Journalist für verschiedene regionale Tageszeitungen. Nach Absolvierung des zweiten Staatsexamens arbeitete er einige Zeit als Anwalt in eigener Kanzlei. Darüber hinaus war er in einer Warschauer Kanzlei tätig, wo er sich intensiv mit den deutsch-polnischen Handelsbeziehungen beschäftigte. Ebenfalls in Warschau unterrichtete er Deutsch als Fremdsprache am Österreich-Institut. 2010 entdeckte Alexander seine Leidenschaft für die Börse. Er ist glühender Verfechter der Buy-and-Hold-Strategie. Sein Depot umfasst ausgewählte Einzeltitel und ein ETF-Weltportfolio. Für biallo.de schreibt Alexander Börsen- und Aktien-Ratgeber. Dazu ist er als Lektor und freier Autor von Sachbüchern und in der Belletristik tätig.

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