Auf einen Blick
  • Die Aktie der Deutschen Bank hat sich in den vergangenen Tagen um mehr als zehn Prozent erholt.

  • Aktionäre fragen sich, ob die jüngste Kurserholung nur ein Strohfeuer oder der Beginn einer nachhaltigen Trendwende ist.

  • Die Kursziele der Analysten geben wenig Anlass zur Hoffnung. Zudem wetten sogenannte Shortseller auf einen weiteren Kursverfall der Deutschen Bank-Aktie.
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Trotz Erholung in den vergangenen Tagen – für langfristige Aktionäre der Deutschen Bank ist die Kursentwicklung ein Trauerspiel: Seit März dieses Jahres hat die Aktie rund 30 Prozent an Wert verloren. Seit dem Allzeithoch am 14. Mai 2007 bei umgerechnet 92 Euro (diverse Kapitalmaßnahmen mit eingerechnet) beträgt das Minus sogar 93 Prozent.

Das bedeutet: Wer vor zwölf Jahren 10.000 Euro in die Deutsche Bank investierte, dessen Paket wäre heute nur noch 700 Euro wert. Selbst wenn er alle Dividenden seit 2007 reinvestiert hätte, käme er nur auf einen Wert von 930 Euro.

Der jüngste Kursdruck ist mit den schwachen Quartalszahlen und den Plänen zum Konzernumbau zu erklären. Dieser werde bis 2022 voraussichtlich mit 7,4 Milliarden Euro zu Buche schlagen, teilte die Deutsche Bank Anfang Juli mit. Hierfür werden rund 18.000 Vollzeitstellen abgebaut. Das sind rund 20 Prozent aller Stellen, die vor allem das Investmentbanking betreffen.

Tiefrote Zahlen im Gesamtjahr erwartet

Den Löwenanteil der Kosten für den Radikalumbau – nämlich 3,4 Milliarden Euro – verbuchte Deutschlands größte Bank bereits im zweiten Quartal. Die Belastungen sorgten dafür, dass der Konzern von April bis Juni unterm Strich einen Verlust von 3,15 Milliarden Euro anhäufte. Zum Vergleich: Im Vorjahreszeitraum erzielte das Geldhaus noch einen Gewinn von 401 Millionen Euro.

Wegen der hohen Sanierungskosten stellte Vorstandschef Christian Sewing auch für das Gesamtjahr einen Verlust in Aussicht, ohne dabei konkret zu werden. Ob der Konzern im nächsten Jahr wieder in die Gewinnzone zurückkehrt, ist fraglich. Man arbeite daran, 2020 ein ausgeglichenes oder besseres Ergebnis zu erreichen, sagte Finanzchef James von Moltke. Die Dividenden für 2019 und 2020 wurden vorsorglich gestrichen. Für das vergangene Geschäftsjahr hatte die Deutsche Bank noch elf Cent je Aktie ausgeschüttet.

Analysten sind skeptisch

Die Pläne für den Konzernumbau wurden im Analystenlager zwiegespalten aufgenommen. Goldman Sachs und Bank of America etwa sorgen sich um die Kapitalausstattung der Deutschen Bank, auch wenn die harte Kernkapitalquote im zweiten Quartal mit 13,4 Prozent deutlich über dem gesetzlich vorgeschriebenen Mindestwert von 4,5 Prozent lag und die Liquiditätsdeckungsquote 147 Prozent betrug (gesetzliches Mindestmaß: 100 Prozent). Die Quote gibt das Verhältnis von erstklassigen Aktiva zu den erwarteten Nettoabflüßen in einem 30-Tage-Stressszenario an.

Von den zwölf Analysten, die sich seit Anfang Juli zur Deutschen Bank geäußert haben, rät keiner aktuell zum Kauf der Aktie. Immerhin: Acht Experten schätzen den Titel mit "Neutral" oder "Halten" ein, sehen also keinen Grund zum Verkauf.

Das durchschnittliche Kursziel liegt bei 6,48 Euro, in etwa das aktuelle Kursniveau. Der niedrigste Wert kommt aus dem Hause Barclays. Das Ziel von fünf Euro bietet weiteres Rückschlagspotenzial von gut 20 Prozent. Am optimistischsten sind die Experten von Goldman Sachs. Die US-Investmentbank hat ihr Ziel zwar nach Vorlage der endgültigen Q2-Zahlen leicht von 8,00 auf 7,80 Euro gesenkt. Das macht aber immer noch ein Kurspotenzial von mehr als 20 Prozent.

Deutsche Bank: Die Kursziele der Analysten

Analysehaus Kursziel in Euro Rating
Goldman Sachs 7,80 Neutral
Independent Research 7,25 Halten
NordLB 7,10 Halten
Royal Bank of Canada 7,00 Underperform
DZ Bank 6,90 Halten
UBS 6,60 Neutral
Kepler Cheuvreux 6,50 Halten
HSBC 6,30 Halten
JPMorgan 6,25 Neutral
Credit Suisse 6,00 Underperform
Bank of America 5,10 Underperform
Barclays 5,00 Underweight

Quellen: eigene Recherche / dpa-AFX.

Aktie im Visier von Shortsellern

Sorgen bereitet Aktionären der Deutschen Bank auch die hohe Leerverkaufsquote. Laut Branchendienst "Finanz-Szene" sind mittlerweile knapp fünf Prozent aller Deutsche Bank-Aktien meldepflichtig leerverkauft. Das heißt, sogenannte Shortseller – vor allem angelsächsische Hedgefonds – wetten auf weiter fallende Kurse, indem sie sich Aktien der Deutschen Bank leihen und auf den Markt werfen, um sie dann günstiger wieder einzusammeln. Das Ziel: aus dem Zusammenspiel von Leihkurs, Verkaufspreis und anschließendem Rückkaufspreis den maximalen Gewinn einstreichen.

Die Dunkelziffer der Leerverkäufer dürfte allerdings viel höher liegen. Denn meldepflichtig sind Leerverkäufe erst ab einer Quote von 0,5 Prozent – gemessen an der Marktkapitalisierung von aktuell 13,2 Milliarden Euro liegt die Meldeschwelle damit bei 66 Millionen Euro.

Doch die hohe Leerverkaufsquote hat auch etwas Gutes: Denn irgendwann müssen sich die Shortseller wieder eindecken. Und oft ist es so, dass die Eindeckung von vielen Marktteilnehmern gleichzeitig erfolgt, wenn am Markt eine positive Meldung auftaucht. Schließlich möchte keiner seine leerverkauften Aktien zu teuer beziehungsweise mit Verlust zurückkaufen. Im Fachjargon spricht man vom Short-Squeeze, der oft in einer kurzfristig starken Erholung mündet, da die Nachfrage das Angebot übersteigt. Zuweilen ist ein Short-Squeeze auch der Startschuss für eine langfristige Trendwende.

Was bringt der 12. September?

Eine solche positive Meldung könnte am 12. September unerwartet auftauchen – bei der nächsten Sitzung der Europäischen Zentralbank. Zwar geht die Mehrheit der Marktteilnehmer davon aus, dass EZB-Chef Mario Draghi den Einlagenzins weiter absenken wird – von minus 0,4 auf minus 0,5 Prozent, was auf den ersten Blick schlecht für die Banken wäre.

Allerdings wird im EZB-Rat auch die Einführung eines Staffelzinses nach dem Vorbild der Schweiz oder Dänemark diskutiert. Dann würde der Strafzins auf Einlagen erst ab einem bestimmten Freibetrag greifen. Das würde Banken mit einer hohen Überschussliquidität wie die Deutsche Bank auf jeden Fall entlasten.

Falls Draghi erneut zum unkonventionellen Mittel greift und wie 2016 neben Staatsanleihen auch den Kauf von Unternehmensanleihen ankündigt, könnt es zum Befreiungsschlag für europäische Bankentitel kommen. Denn dann würde nicht nur deren Anleihenportfolio im Wert steigen, sondern auch die eigenen Risikoprämien würden sinken. Dadurch könnten sich die Banken wieder günstiger refinanzieren und somit den Margendruck zumindest abfedern. Den 12. September sollten sich die Hedgefonds auf jeden Fall rot im Kalender anstreichen.

Biallo-Lesetipp

Unsere Umfrage unter gut 1.200 Banken und Sparkassen zum Thema Strafzinsen auf Einlagen hat ein großes Medienecho ausgelöst. Mittlerweile prüft die Bundesregierung sogar ein Verbot von Negativzinsen für Kleinsparer. Wie viele Banken und Sparkassen den negativen Einlagenzins der EZB an ihre Kunden weiterreichen, lesen Sie in unserem Ratgeber Negativzinsen. Wir berichten in zwei weiteren ausführlichen Artikeln wie Sie Negativzinsen vermeiden können und welche Banken bisher noch keine Negativzinsen auf Einlagen berechnen.
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Über den Autor Sebastian Schick

nach seinem Studium für das Lehramt an Gymnasien mit der Fächerkombination Deutsch/Latein/Geschichte in Würzburg und Berlin entschied sich Sebastian Schick für den Journalismus. 2005 absolvierte er die Ausbildung zum Rundfunkjournalisten an der Akademie für Neue Medien in Kulmbach. Direkt im Anschluss volontierte er beim Deutschen Anleger Fernsehen (DAF), wo er sich in seiner zehnjährigen Laufbahn ein umfangreiches Fachwissen zum Thema Geldanlage und Börse aneignete. 2014 baute er in Kooperation mit dem Kurier Medienhaus als Chefredakteur und Moderator den österreichischen TV-Sender DAF-Austria mit auf. 2016 wechselte er zur Biallo & Team GmbH und übernahm Mitte 2017 die Redaktionsleitung. 

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