Die meisten Experten sind sich einig: Um die steigende Inflation zu bekämpfen, wird die Europäische Zentralbank weiter die Leitzinsen erhöhen. Doch wie viel Spielraum haben die Währungshüter noch?
Javier Anton: Die Inflation ist einer der besorgniserregendsten Aspekte, der sich auf das Wirtschaftswachstum auswirken könnte. Die russische Invasion in der Ukraine hat zusammen mit der Unterbrechung der Lieferketten, insbesondere der Energie- und Lebensmittelversorgung, einen kostentreibenden Inflationsdruck erzeugt, der die Zentralbanken dazu zwingt, die Geldpolitik zu straffen und alle erforderlichen Maßnahmen zur Inflationskontrolle zu ergreifen. Weitere Zinserhöhungen seitens der Europäischen Zentralbank werden vom Markt daher erwartet. Wie hoch diese ausfallen werden, wird sich noch zeigen.
Wie geht es Ihrer Meinung nach mit der Inflation weiter? In den USA sehen wir bereits erste Anzeichen einer Trendwende.
Anton: Wir hoffen, dass die Zentralbanken in der Lage sind, die Inflation einzudämmen. Wie viel Zeit das in Anspruch nehmen wird, hängt auch vom sogenannten Zweitrundeneffekt ab und wie sich dieser auf die Löhne auswirkt – also von der weiteren Lohn-Preis-Entwicklung. In den USA hat die Federal Reserve schnell und in deutlich höherem Tempo mit Zinserhöhungen reagiert. Dort liegt der Leitzins bereits bei 4,00 Prozent, was zu einer Abflachung der Inflation geführt zu haben scheint. Es wird allerdings noch einige Monate dauern, bis sich das bestätigt und sich die Preisniveaus tatsächlich stabilisieren.