In den vergangenen Wochen erlebten die Kryptomärkte einen viel zitierten "zweiten Frühling" – nach einer sehr langen Winterpause. Investoren suchen jetzt nach weiteren Investitionsmöglichkeiten neben Bitcoin & Co. Ein wichtiger Trend der vergangenen Monate: Security Token als werthaltiges Investment.
Krypto-Boom: Security Token liegen im Trend
Auf einen Blick
- Sogenannte Security Token (STOs) verbriefen Vermögenswerte auf der Blockchain.
- Die Bafin sieht kaum ein größeres Risiko als bei traditionellen Wertpapieren.
- Die Verbraucherzentrale rät, sich die einzelnen Risiken der Security Token genau anzuschauen.
Erinnern Sie sich noch an den Hype um die sogenannten Initial Coin Offerings (ICOs) im Jahr 2017? Der Name soll an die Börsengänge von Unternehmen, Initial Public Offerings (IPOs), erinnern. Außer dem Namen hatten die beiden Begriffe jedoch wenig Gemeinsamkeiten. Die aufkommenden ICOs auf der Blockchain wurden schnell bekannt für Betrügereien, grandioses Scheitern und enttäuschte Investoren. Die Security Token sollen jetzt alles besser machen. Und kommen einem Börsengang in der Theorie teilweise erstaunlich nahe.
Eine sinnvolle Weiterentwicklung der ICOs
Security Token setzen bei den Enttäuschungen der ICOs an und sollen Investoren in Zukunft zahlreiche Vorteile bieten – praktisch ein ICO 2.0. Im Gegensatz zu ihrem Vorgänger sind Security Token an echte Vermögenswerte geknüpft: von Aktien über Immobilien bis hin zu Kunstobjekten. Der große Vorteil dabei ist, dass die Token sehr leicht handelbar sind, während viele der Vermögensgegenstände nur äußerst kompliziert zu handeln wären.
Im Unterschied zu ICOs erhalten Investoren mit STOs nicht mehr nur das Versprechen, am Erfolg eines Unternehmens teilzunehmen, sondern tatsächlich einen konkreten Vermögenswert. Viele Experten sehen daher einen starken Anstieg in der "Tokenisierung" von Vermögenswerten auf der Blockchain: In den letzten Monaten häuften sich die Anfragen bei der Bafin bezüglich Security Token. "Vor diesem Hintergrund ist eine größere Anzahl an STOs in nächster Zeit durchaus denkbar", erklärt Dominika Kula, Pressesprecherin der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Bafin).
"Bei Security Token muss man unterscheiden zwischen der technischen Abwicklung der Unternehmensfinanzierung und zwischen den Chancen und Risiken der Mittelverwendung, also der Kapitalanlage", erklärt Niels Nauhauser von der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg. Die Security Token seien dabei nur eine Alternative zu klassischen verbrieften Urkunden. Das bestätigt auch Kula: "Security Token beinhalten grundsätzlich und insbesondere aus rechtlicher Sicht ähnliche Risiken wie klassische Wertpapiere."
Die Risiken im Auge behalten
Es kommt auch auf die konkreten weiteren Risiken der Unternehmen an – nicht nur auf Risiken aus dem Token Sale. Denn das Risiko zwischen Security Token und Aktien dürfte in etwa gleich sein: "Die aufsichtsrechtlichen Spielregeln sind für Wertpapiere dieselben", erläutert Nauhauser.
Der Verbraucherschützer hat sich für biallo.de einmal den in Deutschland bekannten Security Token "Bitbond" genauer angeschaut: Nauhauser sieht die Differenz zwischen dem hohen Emissionsvolumen von 100 Millionen Euro und dem haftenden Eigenkapital der Bitbond finance GmbH von nur 25.000 Euro als sehr kritisch. Er kritisiert auch, dass offen ist, an "wen welche Darlehen vergeben werden und wie die Kreditwürdigkeit sein wird." Nauhauser rät jedem Anleger, sich die Risiken aus dem Verkaufsprospekt näher durchzulesen.
Generell ist allen Investoren zu empfehlen, sich die entsprechenden Whitepaper oder Wertpapierprospekte durchzulesen. Einige Unternehmen versuchen am Security Token-Markt deutlich geringere einstellige Millionenbeträge einzuwerben und dürfen daher – je nach Emissionsland – auf ein Wertpapierprospekt verzichten.
Das Wertpapierprospekt ist aber kein Garant für die Sicherheit eines Investments. Das wird auch schnell offensichtlich, wenn man sich anschaut, wie die Bafin bei der Bewilligung eines Wertpapierprospekts vorgeht. Laut Kula wird das Prospekt auf Vollständigkeit, Verständlichkeit und Kohärenz geprüft. Es geht also mehr darum, zu prüfen, ob alle relevanten Aspekte genannt werden und vollständig aufgelistet sind.
"Das Geschäftsmodell, die Erfolgsaussichten und die inhaltliche Richtigkeit unterliegen nicht der Prüfungskompetenz der Bafin", erklärt Kula. Eine konkrete Inhaltskontrolle findet also explizit nicht statt. Investoren sollten sich daher insbesondere auf das Unternehmen konzentrieren und – ähnlich wie bei einer Investition in Aktien – auf die gleichen Risiken und Chancen achten.
In vielen europäischen Ländern und auch weltweit sind Aufsichtsbehörden momentan immer noch damit beschäftigt, bereits existierende ICOs auf ihre Compliance und Regulierung hin zu überprüfen. Langsam entwickelt sich ein Regelwerk in der Europäischen Union zur einheitlichen Regulierung und Akzeptanz von Token Sales. Kleinere Länder wie Malta und Liechtenstein sind hier deutlich weiter und haben bereits erste Gesetzte oder Gesetzentwürfe, die mehr Rechtssicherheit für Blockchain Start-ups und Investoren bieten – insbesondere im Bereich der Security Token.
Liechtenstein hat beispielsweise diesen Monat das Token- und VT-Dienstleister-Gesetz TVTG – meistens nur "Blockchain-Gesetz" genannt – verabschiedet. Die Regierung des Fürstentums will damit das Potenzial der Blockchain als Basistechnologie für Unternehmen und Investoren rechtssicher zugänglich machen. Das nun verabschiedete Blockchain-Gesetz soll die Rechtssicherheit verbessern und Investoren oder Kunden schützen. Das Gesetz führt damit erstmals die Token als neues Rechtssubjekt ein.
Viele Investoren stehen der Technologie jedoch noch skeptisch gegenüber oder kennen die Vorteile von Security Token bislang nicht. "STOs sprechen natürlich immer noch als Nische Investoren an, die meist technisch versiert sind. Jedoch wächst die Akzeptanz durch die Verwandtschaft zu bekannten Finanzprodukten schnell", erklärt Florian Wimmer, CEO der Monitoring-Plattform Blockpit.
Vorteile von Security Token gegenüber Wertpapieren
Security Token bieten eine Reihe von Vorteilen für Anleger und auch Unternehmen. In der Theorie kann jeder interessierte Investor weltweit diese Security Token erwerben. Er braucht einzig einen Internetzugang und gegebenenfalls ein Wallet. So ein Wallet ist meist ebenfalls kostenlos erhältlich und in wenigen Minuten eingerichtet. Eine Internetverbindung reicht also theoretisch aus, um Security Token und damit auch einen Teil eines Vermögenswertes – auch fractional ownership genannt – zu erwerben.
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In der Praxis sieht dieser Prozess wieder komplizierter aus, da die örtliche Regulierung oft konkrete Vorschriften macht – zum Beispiel, welche Personen aus welchen Ländern investieren dürfen. Oftmals sind bei Security Token Offerings beispielsweise Investoren aus China, Indien oder den USA aufgrund der dort unklaren Rechtslage ausgeschlossen.
Ein Vorteil für private Kleinanleger wird allerdings sofort deutlich: Sie können bisher kaum in lukrative Start-ups investieren, da die Mindestanlagebeträge oftmals prohibitiv hoch sind. Die digitalen Token Offerings erleichtern die Abwicklung eines Investments und senken die Kosten für die Verwaltung. Das ermöglicht auch die Akzeptanz kleinerer Investitionsbeträge von Privatinvestoren. So erhalten auch Kleinanleger Zugang zu einem Markt, der zuvor institutionellen Investoren und vermögenden Privatinvestoren vorbehalten war.
Gerade im Bereich von Kunstgegenständen oder Immobilien wird deutlich, dass Security Token nicht nur einen fractional ownership ermöglichen, sondern auch den Handel vereinfachen. Der Handel von hochwertigen Gemälden etwa ist kompliziert und aufwendig. Eine Übertragung des Rechts aus diesem Gemälde auf einen Security Token ermöglicht jedoch einen blitzschnellen und sicheren Handel auf der Blockchain.
Analog gilt das Gleiche für Immobilien: In Deutschland müssen Eigentümer in das Grundbuch eingetragen werden, um rechtsgültiger Inhaber der Immobilie zu sein. In Zukunft – eine entsprechende Rechtsnovelle vorausgesetzt – könnte dieses Recht digitalisiert werden und auf der Blockchain als Security Token handelbar sein.
Rechtssicherheit von STOs lässt noch zu wünschen übrig
Trotz des regelrechten Hypes um die Blockchain-Technologie, gibt es auch zehn Jahre nach der Veröffentlichung von Bitcoin durch Satoshi Nakamoto noch viele ungelöste Fragen – gerade im Bereich der Security Token.
Die Frage, wie beispielsweise echte Aktien mit den Security Token verknüpft werden können, ist nicht abschließend geklärt. Bislang gibt es in vielen Ländern keine verbindliche Rechtsprechung, die die Verbindung von Token und etwa Kunstgegenständen als Vermögenswerte anerkennt.
Dies ist generell ein wichtiger Aspekt, den potentielle Investoren beachten sollten. In der Tat bieten einige Staaten wie Liechtenstein und Malta oftmals deutlich mehr Rechtssicherheit im Bezug auf die Token, jedoch gibt es natürlich auch hier noch keine Erfahrungswerte hinsichtlich der Entscheidungen von Gerichten.
Das liegt ganz einfach daran, dass bislang keine historischen Erfahrungen vorliegen, wie Behörden mit Security Token umgehen. Auch ist in vielen Staaten nicht abschließend geklärt, wie die Token steuerlich und juristisch behandelt werden. Das ist ein sehr relevantes Risiko für Investoren wie gleichermaßen für Unternehmen.
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Der Faktor Standort ist daher bei einer Investition besonders entscheidend. Auch wenn es bislang wohl nirgendwo 100 Prozent Rechtssicherheit gibt, bieten eine Reihe von Staaten immerhin deutlich kryptofreundlichere Gesetze an. Achten Sie vor einem Investment daher insbesondere auch auf die rechtlichen und politischen Rahmenbedingungen eines Unternehmens.
Ein weiteres ungelöstes Problem ist der Handel von Security Token. Aktionäre auf Basis von Security Token müssten oftmals in ein Aktionärsregister eingetragen werden. Ein Handelsplatz müsste also sicherstellen, dass sämtliche Daten der Investoren erfasst und an die Emittenten weitergeleitet werden. Dies zeigt die Komplexität, der sich Handelsplätze von Security Token widmen müssen. Das erklärt auch, wieso es bis heute keine richtigen Handelsplätze für solche Security Token gibt. "Allerdings arbeiten viele renommierte Börsen daran, dies [einen Handel, Anm. d. Red.] zu implementieren. Unter anderem die Börse Stuttgart, SIX, GSX und viele mehr", erklärt Wimmer.
Fazit
Investoren sollten immer detailliert die Risiken analysieren und sich das Geschäftsprofil des Unternehmens anschauen. Über wie viel Erfahrung verfügt das Unternehmen in dem Bereich? Wie versiert ist das Team und Management? Sitzt die Firma in einem Staat, in dem die Gesetzgebung neuen Gesetzen offen gegenüber steht? Wie sind die Erfolgsaussichten des angestrebten Geschäftsfelds? Diese und weitere Fragen gilt es vor einem Investment zu prüfen.