


Auf einen Blick
Seit dem 1. Januar 2018 gilt das neue Bauvertragsrecht. Vormals in Form eines allgemeinen Werkvertragsrecht geregelt, jetzt im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) fest verankert. Mit reformiertem Verbraucherschutz, mehr Transparenz und Sicherheit für private Bauherren.
Florian Becker, Geschäftsführer vom Bauherren-Schutzbund e.V. bewertet die neuen Regelungen wie folgt: "Das zum Jahresbeginn in Kraft getretene neue Bauvertragsrecht bedeutet einen Meilenstein für den Verbraucherschutz. Private Bauherren erhalten ab sofort deutlich mehr Sicherheit und Transparenz beim Abschluss von Bauverträgen. Insbesondere profitieren sie von den Bestimmungen des sogenannten Verbraucherbauvertrags, der erstmals im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) definiert wurde. Dieser gilt bei umfangreichen Bauvorhaben, zum Beispiel bei schlüsselfertigen Häusern, Neubauten hinter historischer Fassade oder grundlegenden Modernisierungen."
Inwieweit die neuen Bestimmungen auch Auswirkungen auf Ihre Baufinanzierung haben, erklärt Christian Kraus, Leiter Kommunikation und Marke bei der Interhyp AG: "Bauherren haben größere Planungssicherheit hinsichtlich der Bauzeit und der Baukosten. So können sie aus einer größeren Vielfalt möglicher Darlehensangebote ihre individuellere Baufinanzierung zusammenstellen und bereitstellungszinsfreie Zeiten besser in der Finanzierungslösung berücksichtigen."
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Seit Jahresbeginn ist ein Bauunternehmer dazu verpflichtet, Ihnen als Bauherr vor Vertragsunterzeichnung eine genaue Bau- und Leistungsbeschreibung vorzulegen. Vorteil: Mehr Transparenz und Sicherheit, Sie können Angebote vergleichen und das Mängel- und Kostenrisiko bei der Bauausführung senken.
Pflichtangaben sind unter anderem: Detaillierter Leistungsumfang, Grundrisse, Raumpläne, Schallschutz und Angaben zur Beschreibung der Baukonstruktionen. Auf diese Weise erhalten Sie einen Einblick in die Materialqualität und können kalkulieren, ob eventuelle Zusatzkosten notwendig werden.
"Bauunternehmen müssen Bauherren präzise Informationen zum Bauvorhaben aushändigen. Zudem müssen neue Bauverträge einen konkreten Fertigstellungstermin enthalten. Kann dieser nicht genannt werden, weil zum Beispiel Genehmigungen noch fehlen, muss das Bauunternehmen zumindest angeben, wie lange die Bauphase dauern wird", erklärt Kraus. "Hält sich die Baufirma nicht an die Angaben beziehungsweise den Fertigstellungstermin, muss sie Schadensersatz leisten."
Das neue Bauvertragsrecht gewährt Ihnen ein 14-tägiges Widerrufsrecht nach Abschluss des Bauvertrags, wenn dieser nicht notariell beurkundet wurde. Fehlt im Vertrag ein Hinweis auf das Widerrufsrecht, können Sie sogar zwölf Monate und 14 Tage nach Vertragsunterzeichnung zurücktreten.
Biallo-Tipp: Wollen Sie den Bauvertrag widerrufen, sollten Sie das unverzüglich tun, denn für bereits erbrachte Leistungen müssen Sie einen Wertersatz zahlen und Sie verlieren mit dem Vertragsrücktritt alle Gewährleistungsansprüche gegenüber dem Bauunternehmer.
Galt die Angabe zur Fertigstellung der Immobilie bisher als freiwillig, muss die Baufirma jetzt eine konkrete Bauzeit mitteilen. Kann der Termin nicht eingehalten werden und Ihnen als Bauherr entstehen dadurch Kosten, haben Sie Anspruch auf Schadenersatz.
"Die Baubeschreibung hat verbindliche Angaben zum Zeitpunkt der Fertigstellung des Werks zu enthalten. Steht der Beginn der Baumaßnahme noch nicht fest, ist ihre Dauer anzugeben", sagt Christian Osthus, Leiter der Abteilung Recht beim Immobilienverband IVD. "Aus Sicht des Verbrauchers ist die Beschreibung gut, insbesondere, um eine Vorstellung vom Umfang zu erhalten und diese mit anderen Baubeschreibungen zu vergleichen."
Ungünstige Zahlungspläne mit hohen Abschlagszahlungen in der Anfangsphase des Baus waren in der Vergangenheit keine Seltenheit. Das aktuelle Baurecht hat daher das Thema Abschlagszahlungen neu geregelt. Diese dürfen maximal 90 Prozent der Gesamtvergütung betragen. Allerdings haben Bauherren nicht mehr das Recht, bei Mängeln die komplette Abschlagszahlung zurückzuhalten. Sie können nun nur bei Baumängeln einen angemessenen Teil einbehalten.
Biallo-Tipp: Hat das Bauunternehmen vertraglich fixierte Leistungen nicht oder mangelhaft erbracht, sollten Sie sich Rat von einem Rechtsexperten oder der örtlichen Verbraucherzentrale holen, bevor es zu einer eventuellen gerichtlichen Auseinandersetzung kommt.
Zudem verpflichtet das neue Baurecht Bauunternehmen dazu, alle notwendigen Unterlagen vorzulegen, die Auskunft über die Einhaltung der öffentlich-rechtlichen Vorschriften geben wie beispielsweise Planungsgenehmigungen oder Unterlagen zur Energieeinsparverordnung. Das Bauunternehmen muss Ihnen vor Baubeginn alle Dokumente zur Verfügung stellen, die Sie beispielsweise für die Beantragung von Förderkrediten oder Behördengänge benötigen. Auch das gibt Ihnen mehr Sicherheit und die Garantie, dass nach Fertigstellung keine Nachbesserungen notwendig werden.
Neu geregelt wurde auch die Abnahmefiktion, also die Abnahme der Immobilie vom Bauherren, beziehungsweise die Verweigerung bei vorliegenden Mängeln. "Aus Sicht der Werkunternehmer ist die neu geregelte Abnahmefiktion durchaus positiv", erklärt Christian Osthus vom Immobilienverband IVD. "Diese tritt ein, wenn der Besteller binnen einer vom Werkunternehmer nach Fertigstellung gesetzten angemessenen Frist die Abnahme ohne Benennung von Mängeln verweigert oder sich gar nicht rührt."
Bei Bestellern, die Verbraucher sind, gilt dies jedoch nur dann, wenn diese zusammen mit der Abnahmeaufforderung auf die Folgen einer fehlenden Angabe von Mängeln in Textform hingewiesen wurden.
"Der Besteller kann die Fiktion der Abnahme dadurch verhindern, dass er mindestens einen konkreten Mangel innerhalb der vom Bauunternehmer gesetzten Frist rügt, wobei es hierfür grundsätzlich nicht darauf ankommt, ob der eingewendete Mangel tatsächlich besteht beziehungsweise ob es sich bei dem Mangel um einen wesentlichen oder unwesentlichen Mangel handelt", so Osthus weiter.
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Zusammenfassend sieht Karsten Eiß von der Bausparkasse Schwäbisch Hall die neuen Regelungen positiv: "Bauherren profitieren dank der neuen Gesetzgebung von mehr Sicherheit und Transparenz. Verbraucherbauverträge können zukünftig innerhalb von 14 Tagen ohne Angabe von Gründen widerrufen werden. Baufirmen sind verpflichtet, Bauherren vor Vertragsabschluss eine ausführliche Beschreibung auszuhändigen. Darin festgehalten werden Art und Umfang aller Leistungen, Ansichten, Grundrisse und Schnitte des Hauses sowie eine verbindliche Aussage zur zeitlichen Fertigstellung des Gebäudes. Hat der Hausbau bereits begonnen und die Bauherren haben noch Änderungswünsche, darf sich die Baufirma diesen nicht verweigern, sofern sie zumutbar sind."
Die Zukunft wird zeigen, wie sich das neue Bauvertragsrecht in der Praxis bewähren wird. "Ein Kernanliegen der Neuregelungen liegt darin, private Bauherren zu stärken. Dies wird insbesondere beim Verbraucherbauvertrag sichtbar, der den Neubau (klassisch Fertighaus) und erhebliche Umbaumaßnahmen für einen Verbraucher regelt", sagt Christian Osthus. "Herausgekommen ist ein sehr komplexes Regelwerk, welches sich nun erst einmal in der Praxis einfinden muss. Bis es soweit ist, wird es voraussichtlich noch viel Streit geben, der nicht nur die Gerichte beschäftigen wird."