Geld sei kein sehr feminines Thema, meinte einst Hollywood-Diva Mae West. Leisten kann sich – blicken wir auf die Lücken und Statistiken – eine derartige Einstellung wohl kaum eine Frau. Je eher sie mit dem Aufbau von Vermögen und der Altersvorsorge startet, desto besser ist sie später aufgestellt.
Was junge Frauen unternehmen können, wie Geringverdienerinnen vorsorgen und warum eine Beratung unumgänglich ist, erklärt uns Cindy Mergener, Senior Financial Consultant bei finmarie GmbH, einer Vermögensberatung für Frauen, im Interview.
Was sollten Frauen ihrem späteren Ich, dem Renten-Ich, sagen?
Cindy Mergener: Erst mal sollte Frauen klar sein, wie sehr sich die Rentenlücke durch eine Unterbrechung der Erwerbstätigkeit vergrößert. Die Höhe lässt sich kalkulieren. Etwa in unserer Beratung. Mit dem Wert legen wir individuell fest, wie viel im Zweifelsfall monatlich gespart werden muss, um die Lücke zu schließen.
Macht es aus Ihrer Sicht Sinn, freiwillig weiter in die gesetzliche Rentenkasse einzahlen?
Cindy Mergener: Worin investiert wird, ist wieder individuell. Aufgrund des demografischen Wandels würde ich die gesetzliche Rentenkasse aber als Letztes in Betracht ziehen.
In der Babypause muss man weiter Geld in die private Vorsorge stecken. Wie kann das funktionieren, wenn man nicht erwerbstätig ist?
Cindy Mergener: Entweder schaffen Familien es, die finanzielle Planung danach auszurichten. Das bedeutet, trotz geringerem Budget mehr zu sparen. Vielleicht fängt der Partner einen Teil auf. Oder die Frauen holen es nach und erhöhen die Sparrate signifikant, wenn sie wieder in Vollzeit arbeiten. Wenn das denn so kommt.
Cindy Mergener, Senior Financial Consultant bei finmarie GmbH (Foto: Moritz Weiß)
Welche Produkte eignen sich für eine Frau in welcher Lebensphase? Fangen wir mit Ausbildung und Studium an.
Cindy Mergener: Grundsätzlich brauchen sie ein Tagesgeldkonto für den Notgroschen. Der gehört allein aus psychologischen Gründen auf ein anderes Konto als das Girokonto. ETF Sparpläne eignen sich, um erste Erfahrungen am Kapitalmarkt zu machen.
Nächster Lebensabschnitt, die Berufsanfängerin.
Cindy Mergener: Hier gilt das gleiche. Einen Notgroschen, also das zwei- bis dreifache Netto-Monatseinkommen, auf dem Tagesgeldkonto ansparen. Dann in eine breiter diversifizierte Geldanlage gehen, gerne auf ETF-Basis.
Eine Frau wird Mutter. Was kann sie unternehmen?
Cindy Mergener: In jedem Fall ihr eigenes Girokonto und eigenen Notgroschen haben! Dann ist es stark davon abhängig, wofür gespart werden soll. Kinder oder Altersvorsorge? Es ist individuell abzuklären, wie viel Liquidität angelegt werden kann. Soll es ein regelmäßiger Sparplan sein, eine Einmalanlage oder beides? Welches Ziel liegt dahinter?
Liquidität, Sparraten, Notgroschen – Themen, über die viele noch nie nachgedacht haben.
Cindy Mergener: Je komplexer das Leben und je spezifischer die Ziele, desto schwerer ist es, zu pauschalisieren. Meiner Meinung nach ist eine Beratung für Frauen ab einem bestimmten Alter oder einer bestimmten Lebenslage unumgänglich. Fehlentscheidungen im Bereich Geldanlage können unfassbar viel kosten.
Je älter wir werden, desto weniger Zeit haben wir für die Geldanlage und den Zinseszinseffekt. Lohnt es sich für Frauen mit 50+ noch Geld anzulegen?
Cindy Mergener: Auf jeden Fall. Natürlich gilt grundsätzlich bei der Geldanlage "die Zeit ist dein Freund." Aber eine konservative Ausrichtung im Depot kann eine attraktive Wertentwicklung mit sich bringen. Die kann jetzt nach gestiegenen Zinsen auf Tagesgeld und Sparkonten deutlich besser ausfallen.
Schauen wir auf Frauen, die in einem schlecht bezahlten Frauenberuf arbeiten. Gerade Geringverdienerinnen droht Altersarmut. Was können sie tun?
Cindy Mergener: Ein sehr schwieriges Thema. Rein rational betrachtet, sehr undankbar. Emotionslos lässt sich nur feststellen, dass mehr Einnahmen generiert werden oder Ausgaben gekürzt werden müssen. Nur so lässt sich adäquat vorsorgen.
Sparen, wenn man fast nichts verdient?
Cindy Mergener: Dass das leichter gesagt ist als getan, ist mir völlig klar. Unser Tag hat nur 24 Stunden. Wo also mehr Einnahmen hernehmen, wenn mein Hauptjob nicht besser bezahlt wird? Wichtig ist, die finanzielle Haushaltsplanung bestmöglich zu strukturieren, um "Liquiditätsüberschüsse" sofort zu identifizieren und anzulegen. Kleine Beträge haben vor allem über längere Zeiträume einen ordentlichen Einfluss auf die Vermögensbildung. Im Positiven natürlich.
Welche Tipps hast Du noch für unsere Leserinnen?
Cindy Mergener: Zwei Sachen. An alle Frauen gerichtet, bitte macht eure Steuererklärung! Sogar Studentinnen können unter Umständen mehrere tausend Euro an Steuerrückerstattung generieren.
Und der zweite Tipp?
Cindy Mergener: Sichert euch und eure Arbeitskraft ab. Wir neigen dazu, alles Mögliche um uns herum abzusichern, aber nicht uns selbst. Denkt mal darüber nach, worauf ihr zurückgreift, solltet ihr nicht mehr arbeiten können.
An was denken Sie konkret?
Cindy Mergener: Eine Berufsunfähigkeitsversicherung, alternativ eine Grundfähigkeitsversicherung oder eine Dread Disease Versicherung. Alle ersetzen das Einkommen durch monatliche Zahlungen oder eine Einmalzahlung. Entfällt das Krankengeld und Sie sind nicht abgesichert, muss das Vermögen angegangen werden, bevor der Staat mit der Erwerbsminderungsrente eintritt. Stellen Sie sich vor, Sie verdienen im Jahr 40.000 Euro und plötzlich fällt das Einkommen weg. Wie will man als Familie 40.000 Euro auffangen?