Angst vor einer weltweiten Wirtschaftskrise
Hintergrund für die Ängste sind die negativen wirtschaftlichen Folgen einer möglichen Ausbreitung des Virus. Sie lassen sich am Beispiel China verdeutlichen: Dort stehen Fabriken still. Das legt die Lieferketten von Firmen lahm, die in China produzieren. Große internationale Unternehmen wie Apple, Coca Cola und Microsoft haben deshalb bereits Gewinnwarnungen für das erste Quartal ausgegeben. Eine massive Ausbreitung der Epidemie über China hinaus würde die Weltwirtschaft in eine tiefe Krise stürzen - mit entsprechenden Auswirkungen auf die Aktienmärkte.
Die Vorboten dieser Entwicklung sind bereits zu beobachten. Die bisherige Widerstandsfähigkeit der Börsen sei mit dem Auftreten der Corona-Fälle in Italien und anderen Ländern außerhalb Chinas gebrochen, stellen Aktien-Experten fest: "Die eigentlich längst überfällige Korrektur hat begonnen und dürfte sich zumindest solange fortsetzen, bis klarer erkennbar ist, wie groß der wirtschaftliche Schaden durch das Virus ist", schreiben etwa die Analysten der Privatbank M.M. Warburg in einer Analyse zu den Corona-Folgen.
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Biotech- und Pharmaaktien legen zu
Doch es gibt auch einige Aktien, die in der Corona-Krise zulegen. Sie stammen aus Bereichen, die von der Ausbreitung oder der Bekämpfung des Virus profitieren. Also etwa Biotechnologie-Firmen, die an einem Medikament gegen Covid-19 arbeiten oder auch Unternehmen, die Schutzkleidung und Atemmasken herstellen.
So stieg etwa die Aktie des US-Pharmaunternehmens Gilead Sciences innerhalb eines Monats um fast 14 Prozent. Gilead stellt den Wirkstoff Remdesivir her, der nach Auskunft der WHO derzeit der einzige weltweit ist, der gegen das Virus helfen könnte. Auch Aktien von Unternehmen, die an einem Impfstoff gegen Covid-19 arbeiten gewannen deutlich. So stieg der Kurs des US-Biotech-Startups BioCryst im Monatsvergleich um 20 Prozent.
Der Kurs der Pharmafirma Novavax verdoppelte sich sogar in diesem Zeitraum. Wie BioCryst arbeitet auch Novavax an einem Corona-Impfstoff. Die niederländisch-deutsche Pharmafirma Qiagen profitiert ebenfalls von der Corona-Angst. Das Unternehmen stellt Testkits zur Diagnose des Virus‘ her. Sie hat sie bereits an chinesische Krankenhäuser geliefert. Nun sollen die Analyse-Produkte in weitere Länder in Südostasien und Europa verkauft werden.
Auch Hersteller von Schutzkleidung profitieren
Nicht nur Biotech- und Pharmafirmen sind jedoch derzeit gefragt. Auch Unternehmen, die Ausrüstung zum Schutz vor dem Virus herstellen, profitieren von der Angst. So hat etwa die deutsche Medizintechnik-Firma Draegerwerk Geschäftsbereiche, in denen Schutzmasken und ABC-Anzüge hergestellt werden. Das hat den Kurs der Aktie zuletzt deutlich steigen lassen. Alleine am Freitag legte er um fast 20 Prozent zu. Auch das US-Unternehmen Alpha Pro stellt Schutzmasken her. Der Kurs der Aktie verzehnfachte sich zeitweise innerhalb einer Woche. Profitieren konnten außerdem US-Firmen wie Lakeland Industries und Ecolab, die Schutzbekleidung (Lakeland) und Produkte zur hygienischen Reinigung (Ecolab) herstellen.
Einige Analysten rechnen darüber hinaus damit, dass auch Aktien von Online-Händlern wie Amazon oder dem chinesischen Pendant Alibaba im Zuge der Corona-Angst gewinnen könnten. Hintergrund: Breitet sich das Virus weiter aus, bleiben die Menschen eher zu Hause und bestellen mehr Waren im Internet. Bislang hat sich das im Kurs der Aktien jedoch noch kaum niedergeschlagen.
"Nicht in das fallende Messer greifen"
Ohnehin sollten Anleger bei einem Kauf der Aktien möglicher Corona-Profiteure vorsichtig sein. Denn der Kurs dieser Aktien kann - je nach Nachrichtenlage - stark schwanken. So hätte etwa eine Nachricht über Erfolge bei der Entwicklung eines Impfstoffs zwar einen Kurssprung beim entsprechenden Pharma-Unternehmen zur Folge. Andererseits wäre damit die Kurs-Phantasie bei den Herstellern von Schutzbekleidung schnell dahin.
Auch sonst sollten Anleger angesichts der unsicheren Lage an den Aktienmärkten derzeit eher zurückhaltend agieren. So raten etwa die Experten von M.M. Warburg dazu, sich nicht von allen Aktienanlagen zu trennen. Für Zukäufe sei es aber noch zu früh. Stattdessen habe man "die Aktienquote etwas reduziert und Liquidität aufgebaut, die wir wieder einsetzen werden, sobald sich der Nebel etwas gelichtet hat". Aktienstratege Halver von der Baader Bank sieht es ähnlich: Anleger sollten derzeit "nicht in das fallende Messer greifen und die weitere Entwicklung abwarten". Erst wenn "alle zittrigen Hände den Markt verlassen haben", könne man die Kursabschläge zu weiteren Aktien-Engagements nutzen.
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