Faire Fonds
Seit 2021 betreiben die beiden Umwelt- und Menschenrechtsorganisationen Facing Finance und Urgewald das Internetportal Faire Fonds. Dort werden knapp 2200 in Deutschland zugelassene Publikumsfonds danach bewertet, ob sie in kontroverse Unternehmen investieren. Gemeint sind Firmen, die mit problematischen Themen in Verbindung gebracht werden können. Das sind etwa Verstöße gegen Menschen- und Arbeitsrechte, die Produktion von Waffen, Kohle oder Öl, Umweltzerstörung, Finanzdelikte oder Korruption.
Faire Fonds vergibt kein konkretes Siegel. Die Plattform bewertet die Fonds jedoch. Maßstab ist der Prozentsatz der im Fonds enthaltenen kontroversen Firmen: Er geht von null bis zu nahezu 100 Prozent. Um problematische Firmen auszumachen, greift Faire Fonds auf externe Auflistungen zurück wie etwa die Ausschlussliste des norwegischen Pensionsfonds oder die Top-100-Waffenproduzenten des Friedensforschungsinstituts SIPRI. Für jeden Fonds listet Faire Fonds dabei auf, welche Unternehmen in welchen kontroversen Bereichen aktiv sind.
Anhand der Faire-Fonds-Liste können Anleger unter anderem sehen: Von den knapp 1.100 bislang untersuchten ESG-Fonds sind lediglich zehn Prozent frei von Kontroversen. Und: Selbst unter den zehn am stärksten belasteten Fonds finden sich zwei ESG-Fonds.
Morningstar Sustainability Rating
Die Fondsrating-Agentur Morningstar hat 2019 ein eigenes Siegel für nachhaltige Fonds aufgelegt. Das Morningstar Sustainability Rating bewertet Investmentfonds auf einer Skala von eins bis fünf. Morningstar vergibt dabei Nachhaltigkeits-Globen: ein Fonds mit fünf Globen schneidet besonders gut bei der Nachhaltigkeit ab.
Hinter dem einfachen Fünf-Stufen-System steht ein Bewertungsmodell, das von nukk bis 100 Punkten reicht. Entscheidend für die Bewertung eines Fonds ist die Nachhaltigkeit der einzelnen Unternehmen darin. Deren Bewertung wiederum setzt sich aus drei Teilbewertungen zusammen. Sie orientieren sich am ESG-Standard. In das Rating geht daher die Umweltbilanz der Unternehmen ein, die soziale Komponente ihrer Firmenpolitik und die Unternehmensführung.
Gute Ratings bekommen demnach Firmen, die energieeffizient wirtschaften, die Luft wenig verschmutzen, Geschlechtergleichheit großschreiben und ein angemessenes Vergütungssystem haben. Die Rating-Agentur verfügt dabei über eine umfassende Fonsdatenbank. Wer auf der Internetseite von Morningstar einen Fonds aufruft, sieht dabei auf den ersten Blick auch die Nachhaltigkeitsbewertung.
MSCI ESG Rating
Das MSCI ESG Rating ist eines der ältesten Nachhaltigkeitsbewertungen im Finanzsektor. Der US-Finanzdienstleister MSCI hat es im Jahr 1999 eingeführt. Heute ist MSCI der weltweit größte Anbieter von ESG-Indizes. Entsprechend hoch ist das Ansehen des ESG-Ratings in der Branche.
Das Rating gibt es für Fonds und für Unternehmen. Bei Firmen misst es, wie gut sie mit sogenannten "ESG-Risiken" umgehen – also etwa mit ökologischen oder sozialen Herausforderungen. Bewertet werden die Firmen in sieben Stufen, die von CCC bis AAA reichen. Firmen mit der Bewertung CCC oder B gelten als "Nachzügler". Sie haben mit Blick auf die Nachhaltigkeit viel aufzuholen. Unternehmen, die dagegen mit AA oder AAA bewertet werden, heißen "Führer". Sie liegen ganz vorne beim Umgang mit ökologischen und sozialen Herausforderungen. Die Bewertung geht dabei vom sogenannten "Best in Class"-Ansatz aus. Das bedeutet: Die Unternehmen werden jeweils mit Wettbewerbern aus derselben Branche verglichen. Auch Firmen aus einer eigentlich nicht nachhaltigen Branche können daher ein gutes ESG-Rating erhalten, wenn sie innerhalb ihrer Branche gut abschneiden.
Das ESG-Rating für einen Investmentfonds ergibt sich schließlich aus den gewichteten Bewertungen der einzelnen Unternehmen, die der Fonds enthält. Wer auf der Internetseite von MSCI nach einem Fonds sucht, erhält dabei nicht nur die Bewertung von CCC bis AAA. Auch die Auswirkung des Fonds auf den weltweiten Temperaturanstieg oder den CO2-Ausstoß lässt sich dort einsehen.
Was bringen Nachhaltigkeitssiegel für Anleger?
Nachhaltigkeitssiegel sollen Anleger bei der Entscheidung für oder gegen ein Finanzprodukt helfen. Sie legen dabei jedoch unterschiedliche Kriterien für Nachhaltigkeit an. Entsprechend unterschiedlich können auch die Bewertungen für einzelnen Finanzprodukte ausfallen.
Ein Beispiel macht das deutlich: Einer der populärsten ETFs, der iShares Core MSCI World, würde nach den strengen Kriterien, die FNG oder Ecoreporter an die Nachhaltigkeit der Produkte anlegen, nie ein Siegel erhalten. Die Fondsdatenbank von Faire Fonds weist ein Drittel aller Firmen in dem ETF als kontrovers aus. Dennoch schneidet der Fonds beim MSCI ESG Rating mit der Bewertung AA sehr gut ab. Auch bei Climetrics erhält der ETF vier von fünf grünen Blättern. Morningstar vergibt für den Fonds drei Globen und ordnet ihn damit bei der Nachhaltigkeit im Mittelfeld ein.
Das zeigt: Die Aussagekraft der verschiedenen Siegel hängt stark davon ab, welche Maßstäbe sie an die Nachhaltigkeit anlegen. Je strenger der Maßstab, desto weniger Produkte werden das Siegel bekommen. Wer daher auf ein hohes Maß an Nachhaltigkeit Wert legt, sollte ein Siegel mit hohem Nachhaltigkeitsanspruch als Entscheidungsmaßstab nehmen. So legen zwar alle hier vorgestellten Siegel und Ratings Ausschlusskriterien für problematische Bereiche fest. Wie das Beispiel gezeigt hat, bedeutet das aber längst nicht immer, dass etwa in einem Fonds keine kontroversen Unternehmen vorkommen.
Um herauszufinden, wie nachhaltig ein Finanzprodukt wirklich ist, sollten Sie daher mehrere der hier vorgestellten Siegel und Ratings nutzen. Den höchsten Anspruch an die Nachhaltigkeit haben zweifelsohne die Siegel von FNG und Ecoreporter. Auskunft über kontroverse Firmen in einem Fonds kann die Plattform Faire Fonds geben. Auch die anderen Siegel und Ratings lassen sich ergänzend zur Bewertung heranziehen. Ein Fonds, der bei allen oder zumindest den meisten Anbietern gut abschneidet, dürfte auch ein hohes Maß an Nachhaltigkeit aufweisen.
Als Anleger sollte Ihnen dabei allerdings bewusst sein: Selbst wenn ein Fonds strenge Kriterien bei der Nachhaltigkeit erfüllt, so ist damit noch nichts über dessen Gewinnchancen und Risiken gesagt. Ob ein Finanzprodukt zu Ihrer Anlagementalität und Risikobereitschaft passt, sollten Sie daher noch einmal auf Basis Ihrer eigenen Präferenzen bewerten. Nachhaltigkeitssiegel treffen darüber keine Aussage.