IPOs

Flop beim Börsengang: Lohnt sich die Birkenstock-Aktie für Anleger?

Andreas Jalsovec
Redakteur
Aktualisiert am: 12.10.2023

Auf einen Blick

  • Mit einem Einstandskurs von 41 US-Dollar – elf Prozent unter Ausgabepreis – verpatzt der Sandalen-Hersteller Birkenstock sein Debüt an der New Yorker Börse (NYSE).
  • Das Unternehmen ist auf Wachstumskurs. Es hat sich vom biederen Anbieter von Gesundheitsschuhen zur angesagten Lifestyle-Marke gemausert. Das macht die Aktie für Anleger interessant.
  • Ob der Börsengang ein Signal für weitere Börsen-Kandidaten sein kann, muss sich erst noch zeigen.
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Das erwartet Sie in diesem Artikel

  1. Warum geht Birkenstock überhaupt an die Börse?
  2. Warum wählt Birkenstock die USA für den Börsengang?
  3. Wie sieht es mit Börsengängen in Deutschland aus?
  4. Sollten Anleger die Birkenstock-Aktie kaufen?

Den Begriff „an die Börse gehen“ durfte man selten so wörtlich nehmen: Denn mit dem Sandalen-Hersteller Birkenstock hat jetzt ein traditionsreiches deutsches Unternehmen buchstäblich den Schritt an den Aktienmarkt gewagt. Am Mittwoch (11. Oktober) notierte die Birkenstock-Aktie (ISIN JE00BS44BN30) erstmals an der New Yorker Börse (NYSE). Doch das Debüt war eher ein Debakel: Der erste Kurs lag bei 41 US-Dollar, aus dem Handel ging die Aktie mit 40,20 US-Dollar. Verglichen mit dem Ausgabekurs von 46 Dollar ist das ein Minus von knapp 13 Prozent. Dabei war der Ausgabepreis bereits vorsichtig in der Mitte der Zeichnungsspanne von 44 bis 49 US-Dollar gewählt worden. Wir beantworten die wichtigsten Fragen zum populärsten deutschen Börsengang 2023.

 

Warum geht Birkenstock überhaupt an die Börse?

Das dürfte auch mit der Geschichte der Schlappen-Firma zu tun haben. Denn die Anfänge des Unternehmens jähren sich im nächsten Jahr zum 250. Mal – ein passender Anlass, um ein neues Kapitel in der Firmengeschichte aufzuschlagen. Im Jahr 1774 ließ sich Johann Adam Birkenstock im Kirchenarchiv der hessischen Stadt Langen-Bergheim als Schuhmacher eintragen. Seine Nachfahren blieben diesem Kerngeschäft bis heute treu. Bekannt wurde Birkenstock vor allem mit seiner Einlegesohle, die es seit Ende des 19. Jahrhunderts gibt. Wegen ihr gilt die Firma als „Erfinder des Fußbetts“ – und sie war deshalb mit ihren Sandalen lange vor allem bei Ökos und medizinischem Personal beliebt.

Das änderte sich spätestens 2021. Da übernahm die Investmentfirma „L Catterton“ das Unternehmen. Hinter dem Finanzinvestor stehen die US-Private Equity-Firma Catterton und der Luxuskonzern LVMH des französischen Milliardärs Bernard Arnault, zu dem unter anderem die Marken Louis Vuitton und Moet & Chandon gehören. Sie kauften Birkenstock für vier Milliarden US-Dollar (3,8 Milliarden Euro). Mit dem Börsengang nehmen sie nun rund 1,5 Milliarden US-Dollar (1,4 Milliarden Euro) ein – und machen so einen Teil ihrer Investition wieder zu Geld. Etwa ein Drittel des Börsen-Erlöses fließt dabei ins Unternehmen selbst – zur Schuldentilgung.

 

Warum wählt Birkenstock die USA für den Börsengang?

Obwohl Birkenstock seine Produkte zu 95 Prozent in Deutschland produziert, ist die Aktie in New York notiert. Das hat zum einen mit der Größe des US-Aktienmarktes zu tun, sagen Experten: Dort sei deutlich mehr Liquidität vorhanden als in Europa. Das bedeutet: Das Interesse der Investoren ist größer, bei einem Börsengang lassen sich daher höhere Kurse erzielen. Bei Birkenstock ist diese Rechnung jedoch nicht aufgegangen. Für New York spricht aber noch ein weiterer Grund: Nordamerika ist mittlerweile der größte Markt für Birkenstock. Mehr als die Hälfte seines Umsatzes erwirtschaftet das Unternehmen dort.

Tatsächlich ist die deutsche Firma in den USA mittlerweile eine Kultmarke. Influencer und Promis wie Kristen Stewart oder Gwyneth Paltrow tragen die Sandalen mittlerweile genauso wie Models oder Jugendliche. Einen gehörigen Anteil an diesem Erfolg hat Firmenchef Oliver Reichert. Seit seinem Aufstieg zum Vorstandsvorsitzenden im Jahr 2013 verpasste er dem Unternehmen ein hippes Image und erweiterte die Produktpalette. Der Umsatz stieg seitdem jährlich im Schnitt um etwa zwanzig Prozent auf 644 Millionen Euro. Der Gewinn lag im ersten Halbjahr des laufenden Geschäftsjahres unterm Strich bei 40,2 Millionen Euro.

 

Wie sieht es mit Börsengängen in Deutschland aus?

Dass das Birkenstock-IPO (Initial Public Offering, englisch für Börsengang) in New York und nicht in Frankfurt stattfand, sehen einige Experten als Rückschlag für den deutschen Aktienmarkt. Tatsächlich sah es in den vergangenen Jahren mau aus mit Börsengängen in Deutschland. Einzig das Porsche-IPO im vergangenen Jahr erregte Aufmerksamkeit auf dem Frankfurter Parkett.

Anfang 2023 wagte zunächst nur der Internetdienste-Anbieter Ionos den Schritt aufs Parkett. Andere mögliche Kandidaten hielten sich zurück. Grund dafür ist das schwierige Marktumfeld: Hartnäckige Inflationhohe Zinsen und eine schwache Konjunktur sind schlechte Voraussetzungen für den Gang an den Aktienmarkt. Das Rüstungsunternehmen Renk etwa machte deshalb jetzt bei seinem geplanten Börsengang einen Rückzieher.

Zwei Firmen jedoch haben es dennoch getan: Im Juli ging der Wasserstoff-Spezialist Thyssenkrupp Nucera an die Börse und erlöste dabei mehr als 600 Millionen Euro. Vom Ausgabekurs von 20 Euro ist die Aktie zuletzt auf rund 18 Euro gefallen. Ende September folgte das Börsendebüt von Schott Pharma. Es brachte der Konzernmutter, dem Mainzer Glashersteller Schott, gut 800 Millionen Euro ein. Schott Pharma war zu einem Ausgabekurs von 27 Euro an die Börse gegangen. Derzeit liegt der Aktienkurs bei etwa 34 Euro.

Die beiden jüngsten Börsengänge könnten der „Auftakt für eine wieder regere IPO-Tätigkeit sein“, schreiben daher die Experten der Unternehmensberatung PWC in ihrer aktuellen Analyse zum „Emissionsmarkt Deutschland“. Sollte sich der Trend fortsetzen, könnte sich Deutschland sogar „europaweit zum Vorreiter für eine Wiederbelebung des IPO-Marktes entwickeln“. So liebäugeln derzeit etwa der Tankkartenanbieter DKV Mobility, der Parfumhersteller Douglas und das Mobilitätsunternehmen Flix, bekannt durch die Flix-Busse, mit dem Gang an den Aktienmarkt.

 

Sollten Anleger die Birkenstock-Aktie kaufen?

Das hängt ganz von ihrer Anlagestrategie ab. Birkenstock gilt als solides mittelständisches Unternehmen, das seit Jahren regelmäßig Gewinne macht und konstant wächst. Die Firma ist darüber hinaus eine starke Marke – mit anderen Worten: ein klassischer Value-Wert.

Einige Analysten halten die Aktie allerdings jetzt bereits für hoch bewertet. Das könnte das Kurspotenzial nach oben begrenzen. Rechnet man alle Aktien des Unternehmens zusammen, dann liegt der Börsenwert von Birkenstock auf Basis des Schlusskurses vom ersten Handelstag bei etwa 7,5 Milliarden US-Dollar, das sind knapp 7,1 Milliarden Euro. Zum Vergleich: Beim deutschen Sportartikelhersteller Puma liegt die sogenannte Marktkapitalisierung ähnlich hoch. Bei der britischen Schuh-Kultmarke Dr. Martens sind es umgerechnet nur knapp 1,6 Millarden Euro.

Hinzu kommt das schwierige Marktumfeld: Inflation und Zinsen dürften noch eine Weile hoch bleiben. Wann sich die Konjunktur erholen wird, ist daher unklar. Das könnte auch die Aktienmärkte dämpfen. Wer sich für die Birkenstock-Aktie interessiert, kann daher auch erst einmal noch abwarten. Möglicherweise ergibt sich bei schwächelnden Börsen in einigen Wochen ein besserer Einstiegszeitpunkt – zu einem noch niedrigeren Kurs als beim jetzigen Börsengang.

Was dabei für Birkenstock spricht ist der Lifestyle-Faktor: Die ehemaligen Gesundheitslatschen gehen mittlerweile als Luxustreter durch – und Luxus läuft bekanntlich auch in schwierigen Zeiten gut. Wie nachhaltig dieses Image ist, muss sich allerdings erst noch langfristig zeigen.

Über den Redakteur Andreas Jalsovec

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Hat als Redakteur in mehreren (Wirtschafts-) Redaktionen gearbeitet – unter anderem beim Anlegermagazin Börse Online, bei der Münchner Abendzeitung, der Schwäbischen Zeitung und der Nachrichtenagentur epd. Der promovierte Ökonom schreibt vor allem über Anleger- und Verbraucherthemen. Vor seinem Wechsel zu Biallo.de war er für die Wirtschaftsredaktion der Süddeutschen Zeitung tätig.

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