Einige Sparda-Banken bieten ihren Kunden einen Service, der vor Kurzem noch überall in Deutschland Standard war: Dass Bankkunden am Schalter, am Geldautomaten und bei anderen Sparda-Banken an ihr eigenes Geld kommen, ohne dafür extra zahlen zu müssen. Bei gut 800 von circa 1.300 Banken und Sparkassen ist das mittlerweile anders. Das zeigt unsere jüngste Marktuntersuchung.
Vor rund fünf Jahren setzte die Erosion dieser kostenlosen Dienstleistung bei den Geldabhebungen am Bankschalter ein. Kassierten dafür zunächst vereinzelt einige Banken und Sparkassen, breiteten sich diese Gebühren aus wie eine ansteckende Krankheit. Infiziert haben sich mittlerweile zwei Drittel von knapp 1.300 Geldhäusern. Schlimm hat es die Online-Kunden der Stadtsparkasse Cuxhaven erwischt. Sie zahlen im Kontomodell "GiroPc" 3,50 Euro dafür.
Kunden, die sich über diese Gebühren ärgern, verwiesen die Herren des Geldes auf die Gratis-Versorgung an den Geldautomaten – nach dem Motto: „Bloß raus mit den Kunden aus den Schalterhallen.“ Sie hatten damit offensichtlich einen so großen Erfolg, dass die Rechte anderweitig aufgefüllt werden mussten. Was da naheliegt, ist, als den Kunden die gleichen Medikamente zu verabreichen und diese Form der Bargeldversorgung auch mit Gebühren zu versehen. Das ging dann Schlag auf Schlag.
Waren es vor zweieinhalb Jahren gut 300 Geldhäuser, die eine Gebühr fürs Geldabheben am Automaten kassierten, sind es nun schon mehr als 500 der von uns untersuchten knapp 1.300 Institute. So kommt es vor, dass jede vierte von knapp 400 Sparkassen und 400 von rund 900 Volks- und Raiffeisenbanken (VR-Banken) dazukommen.
Verschont davon bleiben bei diesen Geldhäusern meist nur Girokonten für Schüler und Studenten sowie all jene Kunden, die sich für ein teureres Premiumkonto entschieden haben. Das sind Girokonten für Privatkunden, die bei einem monatlichen Pauschalpreis zwischen acht und 30,00 Euro fast alle Bankdienstleistungen rund ums Gehaltskonto abdecken, also auch Bargeldverfügungen. Es gibt allerdings auch Ausnahmen: So verlangt die Frankfurter Volksbank bei allen Kontomodellen eine Abhebegebühr von 1,02 Euro – also auch beim Premium- und Basiskonto.
Die VR Bank Lausitz behandelt fast alle Privatkunden in Sachen Bargeldversorgung gleich. Egal ob Sie sich für ein Online-Girokonto zum Monatspreis von 2,50 Euro, ein Basiskonto für 3,50 Euro, das Komfortkonto für 8,00 Euro oder das Premiumkonto für 12,50 Euro entscheiden: Wer mit der Girocard am eigenen Automaten Bargeld zieht, zahlt nichts. Aber: Ab der sechsten Verfügbarkeit im VR-Service-Netz müssen alle Kunden einheitlich 4,50 Euro berappen. Lediglich die Studenten bleiben außen vor.
300 Geldhäuser kassieren zur Verfügungen am eigenen Automaten und im Verbund
Die meisten regionalen Geldhäuser, nämlich knapp 300, gehen so vor wie die Kasseler Sparkasse oder die Raiffeisenbank Frankenhardt-Stimpfach. Sie stellen Gebühren in Rechnung, gleich ob der Kunde sich an den eigenen Geldautomaten bedient oder im VR- oder Sparkassen-Verbund. Die Kasseler stehen nach fünf Abhebungen im Monat 0,50 Euro zur Verfügung im Kontomodell Klassik und 1,00 Euro beim Online-Konto. Die Frankenhardter VR-Banker verlangen einheitlich 0,30 Euro bei ihren Konten mit niedrigerem Grundpreis.
Um es noch einmal deutlich zu sagen: Bei der Mehrzahl der regionalen Banken und Sparkassen sind Bargeldverfügungen an den eigenen Automaten und denen im Verbund weiterhin kostenlos. Dafür einige Beispiele.
Im „roten“ Sparkassen-Lager sind das unter anderem:
- Sparkasse Mainz
- Städtische Sparkasse zu Schwelm
- Sparkasse Fürth
- Sparkasse Ulm
- Kreissparkasse Kusel
- Kreissparkasse Ravensburg
Im "blauen" VR-Banken-Lager sind es unter anderem:
- Volksbank Dresden-Bautzen
- Volksbank Vorpommern
- VR Bank München Land
Bei den Münchnern können sich Kunden sogar noch an den Schaltern kostenlos Bargeld geben lassen. Ebenso kundenfreundlich sind die Sparkassen in Fürth, in Esslingen-Nürtingen oder im Rhein-Nahe-Gebiet.
"Fremdgehen" wird immer öfter bestraft
173 Geldhäuser richten ihre Preispolitik offensichtlich nach "moralischen Grundsätzen" aus: Wer "fremdgeht", der zahlt. Das heißt: Wer treu und mutig an den Automaten seiner VR-Bank oder Sparkasse Bargeld zieht, zahlt nichts. Anders ist das bei fremden Sparkassen- beziehungsweise VR-Bank-Automaten
Hier ein paar Beispiele: Die Sparkassen aus Saarlouis, Heinsberg und Ansbach gehören zwar zu den insgesamt 173 regionalen Geldhäusern, bei denen die Kunden die eigenen Automaten unbeschränkt kostenlos nutzen können. Aber eben nur dort.
Bedienen Sie sich bei fremden Sparkassen, werden Gebühren fällig. 1,00 Euro nimmt die Sparkasse Wittgenstein nach fünf freien Verfügungen – einer der höchsten Preise, die wir bei der roten Bankengruppe gefunden haben. Zum Vergleich: Die Stadtsparkasse Kaiserslautern gibt sich mit 0,10 Euro je Abhebung zufrieden. Im Durchschnitt aller Sparkassen stehen Ihnen 0,36 Euro zur Verfügung.
Deutlich mehr, nämlich 0,47 Euro, beträgt der Durchschnittspreis bei den VR-Banken für Fremdabhebungen. Das ist nur auf den ersten Blick verwunderlich. Was viele Leute nämlich nicht wissen: Geht ein VR-Bankkunde oder ein Sparkassenkunde „fremd“, hebt also an einem Automaten im Geldverbund ab, dafür werden Gebühren von einer Bank zur anderen fällig. Die Sparkassen berechnen untereinander 0,76 Euro, VR-Banken jedoch jedes Mal 1,02 Euro. Und zwar unabhängig von der Höhe des Geldbetrages.
Das bedeutet: Kunden, die häufig kleine Beträge bei anderen VR-Banken oder Sparkassen abheben, verursachen durch dieses Verhalten höhere Kosten als jene, die nur ab und zu und dafür einen höheren Geldbetrag aus den fremden Automaten holen. Zahlt der Kunde nicht für das Geldabheben an einem Fremdautomaten, liegt das also nur daran, dass die Bank oder Sparkasse diesen Betrag für ihn übernimmt.
Manche lohnen das "Fremdgehen"
Unverständlich: Während die einen Strafen fürs "Fremdgehen" verhängen, fördern andere genau das. Zum Glück sind das nur wenige – nämlich genau 60.
Die VR Bamberg nimmt beispielsweise 0,10 Euro am eigenen Automaten pro Abhebung, erhebt aber keine Gebühr fürs Abheben im VR-Verbund. Und die Sparkasse Ostprignitz-Ruppin verlangt 0,39 Euro bei Nutzung des eigenen Automaten, steht aber nicht zur Verfügung im Sparkassennetz.
Das "Fremdgehen" ist zudem kostenlos bei unter anderem:
- Volksbank Oldenburg
- Volksbank Lahr
- und Volksbank Kleverland
Geldhäuser mit Erziehungsauftrag
Offen um pädagogisch zu wirken, gönnt jede zweite der gut 500 Banken ihren Kunden ein paar gebührenfreie Abhebungen im Monat, bevor es dann ans Zahlen geht. Zwei „Freischüsse“ hatte man als Kunde der Sparkasse Vorpommern an deren Automaten. Dann werden 0,40 Euro fällig. Den gleichen Betrag zahlt man schon bei der ersten Abhebung bei einer fremden Sparkasse.
Rund 90 VR-Banken gehen ähnlich vor wie die Raiffeisenbank Ratzeburg. Die Fremdgebühren reichen von 1,02 Euro an jene Kunden weiter, die eine bestimmte Anzahl von kostenlosen Abhebungen überschritten haben. Bei den Domstädtern sind es immerhin fünf Stück pro Monat. Nur zwei Freischüsse hatte man bei der Volksbank Limbach. Danach stellt Ihnen die Fremdgebühren von 1,02 in Rechnung.
Etwas Erstaunt waren wir über die Preisgestaltung der Volksbank Stutensee-Weingarten nördlich von Karlsruhe. Denn sie berechnen ihren Kunden für Barabhebungen am Schalter 1,00 Euro, nur 0,05 Euro an den eigenen Automaten und das Gleiche für die ersten vier Abhebungen im Verbund. Ab der fünften Abhebung sind es dann 1,02 Euro.
Man fragt sich: Lohnt es sich für so einen geringen Betrag, den der Kunde zu verärgern hat? „Wir berechnen das nach dem Verursacherprinzip“, sagt Jürgen Gareiß, Marketingleiter bei der Volksbank Stutensee-Weingarten.
"Bei Abhebungen am Schalter entstehen uns viel höhere Kosten. Bei den Automaten geben wir zum Selbstkostenpreis das weiter, was wir ans Rechenzentrum selbst zahlen. Beim Flatkonto für vergleichsweise günstige 7,90 Euro im Monat sind auch diese Serviceleistungen im Pauschalpreis enthalten."
Staffelpreise zum Abgewöhnen
In die gleiche pädagogische Richtung zielt eine andere Preispolitik, die ab und zu betrieben wird und den Kunden das häufige Geldabheben an fremden Geldautomaten verleiden soll: die Einführung von Staffelpreisen. Dies ist besonders häufig bei kleineren VR-Banken zu finden, die damit die 1,02 Euro der Partnerbanken vermeiden wollen:
- Raiffeisenbank Riedenburg-Lobsing: 0,35 Euro – ab der 5. Abhebung eine zusätzliche Gebühr von 1,49 Euro
- Raffeisenbank Wyhl: 0,40 Euro – ab der 6. Abhebung 1,40 Euro
- VR-Bank Ehningen-Nufringen: 0,40 Euro – ab der 5. Abhebung 1,42 Euro
Besser auf die Uhr sehen, um Geld zu sparen
Niedrigzinsen, Negativzinsen, Strafzinsen – schon bei mehr als 480 Banken . Das bringt den meisten Bankern einen Strich durch die Rechnung. Um hier ein bisschen Licht ins Dunkel zu bringen, erklären wir Ihnen in einem ausführlichen Beitrag, was Negativzinsen genau sind . Welche Banken sich gegen das Verwahrentgeld stellen und wie Sie die Strafzinsen vermeiden können, erklären wir in den zugehörigen Artikeln.
So haben wir bei unseren Recherchen Banken gefunden, die ihre Gebühren für Geldabheben nach der Uhrzeit richten. Bei der VR-Bank Passau sind beispielsweise Bargeldabhebungen von Montag bis Freitag zwischen acht und 17 Uhr kostenlos. Ansonsten werden 0,35 Euro auf Rechnung gestellt.
Bei der Volksbank Sandhofen in Mannheim ist der zeitliche Rahmen kostenloser Bargeldverfügungen noch etwas enger zusammengefasst. Danach sollte es über Mittag auch Geld kosten, wenn man an sein Geld will. Wir haben vom Vorstand wissen wollen, was ihn dazu antreibt. Er ist uns bislang eine Antwort schuldig geblieben.
Nachdem wir diese Dinge herausgefunden haben, berichtet die FAZ, dass diese Methoden „nicht neu“ seien und ruft sich in Veröffentlichungen der „Bild-Zeitung“ vor zwei Jahren auf. Was der FAZ-Kollege nicht mehr weiß oder sagt: Auch diese Berichterstattung beruht auf unseren Recherchen. Die Betroffenen und von uns genannten Banken haben daraufhin diese Praxis eingestellt.
Die VR-Bank Passau ruft sich aktuell gegenüber dem Bayerischen Rundfunk darauf auf, dass lange Zeit höchstrichterlich nicht geklärt sei, ob Entgelte für Bargeldabhebungen während der Geschäftszeiten der Banken mit Gebühren belegt werden könnten. Daher hat man heute diese Regelung. Komisch ist nur, das seit Mai dieses Jahres geklärt ist, dass solche Regelungen zulässig sind (BGH-Urteil/AZ. XI ZR 768/17). Da hat die FAZ übrigens recht.
Die Bank hätte die Regelung auch abschaffen können, aber nicht müssen. Dass einige Banken ihre Gebühren nach der Zeit steuern, ärgert die Kunden dieser Geldhäuser zu Recht. Es bleibt abzuwarten, ob die Passauer, die Sandhofener und die anderen sieben Banken dies nun auch ändern. Wir behalten das im Blick.
Unsere Berichterstattung hat schon oft zu kundenfreundlicherem Bankenverhalten geführt. Dies gilt auch für die Preisgestaltung von Basiskonten .