Zinswende: Deutlicher Zinssprung für Tages- und Festgeld in Sichtweite?
Kevin Schwarzinger
Redaktionsleitung
Veröffentlicht am: 12.05.2022
Auf einen Blick
Bereits im Juli könnte die Europäischen Zentralbank (EZB) zum ersten Mal seit zehn Jahren die Zinsen erhöhen – mit direktem Effekt auf die Sparzinsen für Tages- und Festgeld.
Schon in den vergangenen Wochen haben etliche Banken ihre Festgeldzinsen deutlich nach oben geschraubt.
Um auf die neue Zinssituation optimal reagieren zu können, sollten sich Anlegerinnen und Anleger nicht zu lange an ein Geldhaus binden, sondern lieber auf Festgelder mit kurzen Laufzeiten setzen.
Börsianer sollten sich gegen fallende Kurse absichern
Das erwartet Sie in diesem Artikel
Sie sind hier:
Deutliche Trendumkehr bei den Sparzinsen
Jetzt besser auf kurze Festgeld-Laufzeiten setzen
Kurzlaufendes Festgeld versus Tagesgeld
Börsianer sollten sich gegen fallende Kurse absichern
Zum Anfang
Mit Spannung fiebern Sparerinnen und Sparer hierzulande auf den 21. Juli 2022 hin. Denn es mehren sich die Zeichen, dass die Europäische Zentralbank (EZB) bei dieser Ratssitzung zum ersten Mal seit elf Jahren die Zinsen anheben könnte. „Es ist geboten, im dritten Quartal, wohl im Juli, den Leitzins anzuheben“, sagte Olli Rehn, Ratsmitglied der EZB, am 9. Mai der Tageszeitung „Welt“. Man werde die Geldpolitik weiter „normalisieren“, außer „der russische Krieg in der Ukraine wirft die europäische Wirtschaft nicht wieder zurück“, erklärte Rehn.
Biallo News
Wollen Sie in Sachen Finanzen auf dem Laufenden bleiben? Dann abonnieren Sie unseren kostenlosen Newsletter!
Bereits Ende April hatte EZB-Vizepräsident Luis de Guindos eine Zinserhöhung in Aussicht gestellt: „Aus heutiger Sicht ist Juli möglich, und September oder später ist auch möglich. Wir schauen uns die Daten an und erst dann entscheiden wir", sagte der Stellvertreter von Notenbank-Chefin Christine Lagarde gegenüber der Nachrichtenagentur „Bloomberg“. Auch EZB-Direktoriumsmitglied Isabel Schnabel deutete in den vergangenen Wochen immer wieder einen Zinsschritt der Notenbank im Juli an. Und selbst die EZB-Chefin Christine Lagarde wurde zuletzt konkreter: Die Anleihenkäufe werden aller Voraussicht nach zu Beginn des dritten Quartals auslaufen, womit die Zinserhöhung „einige Wochen später“ kommen könnte, sagte Lagarde am 11. Mai auf einer Konferenz in Slowenien.
Deutliche Trendumkehr bei den Sparzinsen
In den vergangenen Wochen erhöhten zahlreiche Geldhäuser ihre Konditionen fürs Festgeld, etwa die Renault Bank Direkt, Deutsche Pfandbriefbank (Pbb direkt) und Isbank. Das macht sich auch im Biallo-Index bemerkbar. So haben die durchschnittlichen Festgeldzinsen bei nahezu allen Laufzeiten das Allzeittief verlassen. Zwar notieren die Zinsen für einjähriges Festgeld derzeit im Schnitt bei 0,15 Prozent, doch zum Vergleich: Im März waren es noch 0,13 Prozent pro Jahr.
Jetzt besser auf kurze Festgeld-Laufzeiten setzen
Es ist also nicht mehr die Frage, ob die Zinswende kommt, sondern nur noch wann. Die US-Notenbank Fed hatte bereits im März die Trendwende in den USA eingeläutet und den Leitzins erstmals seit 2018 um 0,25 Prozentpunkte erhöht. Ein deutlicherer Zinsschritt folgte am 5. Mai mit 50 Basispunkten auf nunmehr 0,75 bis 1,00 Prozent.
Ob die EZB bei ihrem ersten Zinsschritt den Hauptrefinanzierungssatz ebenfalls behutsam oder doch gleich um 0,50 Prozentpunkte erhöht, wird sich zeigen. Immer mehr Experten gehen jedenfalls davon aus, dass die EZB zumindest den negativen Einlagensatz im Juli von aktuell minus 0,5 Prozent auf null setzt. Weitere Zinsschritte könnten dann im Herbst und im nächsten Jahr folgen.
Für Sie als Sparerin oder Sparer heißt das: Sie sollten sich nicht zu lange an ein Geldhaus binden und lieber auf Festgelder mit kurzen Laufzeiten setzen. Denn so bleiben Sie sie flexibel, wenn die Sparzinsen auf breiter Front steigen sollten.
Festgelder mit einem Monat Laufzeit
Was viele nicht wissen: Bereits ab einem Monat Laufzeit, können Sie ein Festgeldkonto eröffnen. Wichtig ist immer, dass Sie beim Festgeld auf die Kündigungsmodalitäten achten. Denn während manche Festgeldanlagen sich am Ende der Laufzeit automatisch zum dann gültigen Zinssatz verlängern, gibt es auch Banken, bei denen Sie nicht aktiv werden müssen, sondern die Anlage von selbst ausläuft und Betrag plus Zinsen aufs Referenzkonto bezahlt werden.
Deutlich mehr Zinsen gibt es bei sechs Monaten zu holen. Dabei stechen besonders die Zinssätze von Bigbank und FCA Bank hervor, die beide mit 0,50 Prozent deutlich überdurchschnittliche Festgeldzinsen bieten.
Wer sich die Festgeldangebote bei neun Monaten Laufzeit näher ansieht, stellt fest: Viel tut sich bei dieser Laufzeit nicht. So bietet die Bigbank auch für diesen Zeitraum 0,50 Prozent. Die FCA Bank bietet die Laufzeit von neun Monaten nicht an.
Wenn Sie lieber voll auf Flexibilität setzen möchten, dann kann auch das eine oder andere Tagesgeldangebot für Sie interessant sein. So bietet etwa derzeit die Renault Bank Direkt Neukunden 0,20 Prozent Tagesgeldzinsen für drei Monate garantiert. Danach fällt der Zins zwar auf das Bestandskundeniveau von 0,05 Prozent pro Jahr, dennoch sollten drei Monate reichen, um die Zeit bis zur Zinswende überbrücken zu können. Spitzenreiter im Tagesgeld-Vergleich von biallo.de ist die Bigbank mit 0,35 Prozent pro Jahr.
Börsianer sollten sich gegen fallende Kurse absichern
Obwohl die Börsen in einer ersten Reaktion positiv auf die Zinserhöhung seitens der Fed reagierten, läuteteten die Kurse am Tag darauf die Talfahrt ein. Auch Gold und der Kryptoprimus Bitcoin machen derzeit alles andere als eine gute Figur. Um sich vor einem möglichen Börsenbeben zu wappnen, sollten Sie Ihre Gewinne absichern – mithilfe des sogenannten Stop-Loss-Limits.
Bei einem Stopp-Loss-Limit geben Sie in der Ordermaske eine Kursschwelle ein – je nach Kursgewinn zum Beispiel von zehn oder 20 Prozent unter der aktuellen Notierung – sowie ein Verkaufslimit. Sobald der Kurs die Schwelle erreicht, wird der Verkauf zu Ihrem gewünschten Limit ausgeführt. Allerdings kann es bei illiquiden Werten in einem Crash-Szenario durchaus passieren, dass kein Verkauf zustande kommt, weil es nicht genug Käufer am Markt gibt.
Anders beim normalen Stopp-Loss: Hier wird der Verkauf bei Erreichen der Stopp-Loss-Schwelle automatisch zum nächstmöglichen Preis ausgelöst. Der Verkaufspreis kann dann aber auch niedriger ausfallen als Ihr Wunschpreis. Dafür haben Sie die Kursgewinne aber gesichert.
Im Fall von weiter steigenden Kursen bleiben Sie am Ball. Dann können Sie die Stopp-Loss-Schwelle und Ihr Verkaufslimit von Zeit zu Zeit nachziehen. Alternativ gibt es auch dynamische Limits, die automatisch mitwandern. Kommt es nun zu einem Verkauf, empfiehlt es sich, das Geld auf einem kurz laufenden Festgeldkonto zu parken.
Jahrgang 1988, studierte Geschichte und Philosophie an der Ludwig-Maximilians-Universität in München und war währenddessen bereits als Werkstudent bei biallo.de angestellt. Seit 2016 ist er Mitglied der Redaktion und verfasst dort überwiegend Artikel zu Geldanlagethemen. Daneben publiziert er regelmäßig in Tageszeitungen, wie Münchner Merkur, Rhein Main Presse, Frankfurter Neue Presse oder Donaukurier.