Die Dominanz der US-Börsen könnte bald Geschichte sein – das ist eine der zentralen Thesen, die Kapitalmarktstratege Carsten Roemheld von der Investmentgesellschaft Fidelity in Anbetracht des politischen und wirtschaftlichen Weltgeschehens bei einer Veranstaltung an diesem Donnerstag (5. Juni 2025) formulierte. Hintergrund: Politische Unsicherheiten, schwächelndes Wachstum und eine rückwärtsgewandte Industriepolitik belasteten die Vereinigten Staaten zunehmend, so Roemheld.
Hat die USA ausgedient? In welche Indizes Finanzexperten jetzt investieren würden
USA steuern in die Sackgasse – Wachstumsprognosen drastisch gesenkt
Roemheld verweist auf die seit Trumps Amtsantritt gewachsenen Schwankungen der Märkte und insbesondere auf den Kursrutsch im April: "Seit Donald Trumps Amtsantritt wurden die Märkte in starke Volatilitäten geworfen. Das lässt sich aber nicht unbedingt an den Index-Ständen ablesen. Und das, obwohl die Unsicherheiten der Anlegerinnen und Anleger so groß sind wie nie zuvor."
Besonders kritisch sieht er die aktuellen US-Wachstumszahlen. Während 2024 noch ein Plus von 2,3 Prozent erwartet wurde, liege die Prognose für dieses Jahr nur noch bei 1,3 Prozent. Schuld daran sei auch Trumps protektionistische Wirtschaftspolitik: Zölle steigen, altbewährte Handelsbeziehungen leiden, Investitionen bleiben aus.
"Die USA setzen derzeit auf ein Modell aus den 1930- und 40er-Jahren, in denen die USA von Zöllen lebten und keine Steuern erheben mussten", warnt Roemheld. Gleichzeitig sei das Land beim Wiederaufbau von Produktionsketten überfordert. "Ohne verlässliche Standortpolitik lassen sich keine langfristigen Investitionen realisieren." Ähnlich hatte sich zuletzt auch der Kapitalmarktexperte Stefan Riße gegenüber biallo.de geäußert.
Neue Chancen: Europa und Asien im Aufwind
Während die USA mit hausgemachten Problemen kämpfen, sieht Roemheld Chancen in anderen Märkten: "Mid- und Small Caps in Europa sind noch unterbewertet – da steckt viel Potenzial drin." Auch Asien, insbesondere China, könne mit innovativen Unternehmen wie der Künstlichen Intelligenz "Deep Seek" punkten. Trotz stagnierender Immobilienpreise und Konsumzurückhaltung seien die Aktien-Bewertungen dort attraktiv.
Ein Grund für den Strategiewechsel vieler Anleger: Die sogenannten "Magnificent Seven"-Unternehmen (darunter Apple, Microsoft, Alphabet) verlieren an Wachstumsdynamik. "Die USA sind nicht mehr das Maß der Dinge", so Roemheld. Der US-Dollar biete zudem nicht mehr die Krisensicherheit vergangener Jahre. Wer heute ein zukunftsfestes Portfolio aufbauen will, komme um eine regionale Diversifikation nicht herum.
ETF-Strategie überdenken: Aktive Lösungen im Kommen
Auch Stefan Kuhn, Vertriebschef für ETFs bei Fidelity Europa, sieht in der aktuellen Entwicklung eine Zäsur für ETF-Anleger: "Wir sehen eine Rotation aus US-Aktien heraus."
Passive Produkte wie der MSCI World Index seien stark auf die Vereinigten Staaten fokussiert – aktuell liegt der US-Anteil bei über 70 Prozent. Kuhn empfiehlt: "Ein wenig aus den USA zurückziehen, aber nicht komplett verabschieden. 50 bis 60 Prozent US-Anteil sind sinnvoll."
Statt auf reine Indexabbildung zu setzen, gewinnen aktive ETFs laut Kuhn an Attraktivität. Sie vereinen die Vorteile von Transparenz und Kosteneffizienz mit aktivem Risikomanagement und professionellem Research.
Fazit: Jetzt umschichten und diversifizieren
Die Fidelity-Experten sind sich einig: Die kommenden Monate bleiben schwankungsintensiv, und US-Aktien bieten längst nicht mehr die besten Wachstumsaussichten. Stattdessen tun sich in Europa, Asien, Lateinamerika und den Schwellenländern neue Chancen. Diese lassen sich zum Beispiel mit Investments in einen MSCI Emerging Markets ETF oder einen Europa-ETF auf den Stoxx 600 ergreifen. Geeignete ETFs finden Sie in unserem Ratgeber "In Europa investieren: Das ist der beste Europa-ETF".
Um einen ETF zu kaufen, benötigen Sie ein Depot. Den für Sie am besten geeigneten Broker finden Sie in unserem Depotvergleich: