Wer sich zum ersten Mal mit börsengehandelten Indexfonds, den Exchange Traded Funds (ETFs) beschäftigt, startet in der Regel mit dem MSCI World oder dem MSCI All Country World (kurz: MSCI ACWI). Doch in diesen Fonds stecken zu zwei Dritteln bis hin zu drei Vierteln Unternehmen aus den USA. Den höchsten europäischen Anteil am MSCI World hat Großbritannien mit gerade einmal 3,70 Prozent, Frankreich folgt mit einem Anteil von 2,85 Prozent. Der Anteil deutscher Aktienunternehmen in dem Welt-Index ist mit 2,30 Prozent verschwindend gering.
Wer den europäischen Aktienunternehmen gerne einen höheren Stellenwert geben möchte, kann dem eigenen Portfolio einen Europa-ETF hinzufügen. Wir erklären Ihnen, welche Indizes die besten europäischen Unternehmen bündeln und welcher Europa-ETF am meisten Rendite bringt.
Welche Europa-ETFs gibt es?
Es gibt ETFs auf sechs bekannte Europa-Indizes. Diese lassen sich noch einmal in zwei Gruppen unterteilen.
In der ersten Gruppe stecken drei Indizes, die lediglich Unternehmen aus dem Euro-Währungsraum beinhalten. Dabei handelt es sich um den Euro Stoxx, den MSCI EMU und den Euro Stoxx 50.
Die zweite Gruppe enthält ebenfalls drei Indizes. Diese umfassen aber neben den Unternehmen aus dem Euro-Raum auch Unternehmen aus weiteren europäischen Ländern, beispielsweise aus Großbritannien und der Schweiz. Bei diesen Indizes handelt es sich um den Stoxx Europe 600, den MSCI Europe sowie den Stoxx Europe 50 Index.
Welche Länder und Unternehmen stecken in Europa-ETFs?
Die Indizes unterscheiden sich in ihrer Zusammensetzung – teilweise gering, teilweise gravierend:
Index | Ausrichtung des Index | Ländergewichtung |
Euro Stoxx | Zugang zu großen, mittleren und kleinen Unternehmen aus elf Ländern der Eurozone | 34 % Frankreich, 25 % Deutschland, 14,6 % Niederlande, 9,2 % Italien, 8,1 % Spanien, 3,4 % Finnland, 3,1 % Belgien, 1,1 % Irland, 0,8 % Österreich, 0,6 % Portugal |
MSCI EMU | Zugang zu rund 220 großen und mittelgroßen Unternehmen aus der Europäischen Wirtschafts- und Währungsunion | 34,1 % Frankreich, 26,2 % Deutschland, 15,2 % Niederlande, 8,3 % Italien, 8,1 % Spanien |
Euro Stoxx 50 | Zugang zu den 50 größten Unternehmen der Eurozone | 40 % Frankreich, 26,2 % Deutschland, 14,9 % Niederlande, 8,4 % Italien, 7,3 % Spanien, 1,7 % Finnland, 1,6 % Belgien |
Stoxx Europe 600 | Zugang zu den 600 größten Unternehmen Europas | 23,8 % Großbritannien, 16,9 % Frankreich, 14,5 % Schweiz, 12,4 % Deutschland, 7,2 % Niederlande, 5,6 % Dänemark, 5 % Schweden, 4,6 % Italien, 4 % Spanien, 1,7 % Finnland |
MSCI Europe | Zugang zu den größten und umsatzstärksten Unternehmen aus den 15 europäischen Industrieländern | 23,1 % Großbritannien, 17,2 % Frankreich, 15,2 % Schweiz, 13,2 % Deutschland, 7,7 % Niederlande |
Stoxx Europe 50 | Zugang zu den 50 größten Titeln des europäischen Aktienmarkts | 24,7 % Großbritannien, 22,9 % Frankreich, 18,3 % Schweiz, 13 % Deutschland, 8,2 % Niederlande, 7,3 % Dänemark, 2,6 % Spanien, 2,1 % Italien, 1 % Belgien |
Quellen: MSCI, Stoxx; Stand: 30. September 2024
Vor- und Nachteile von Europa-ETFs
Wenn Sie aktuell in weltweit streuende Aktienindizes wie den MSCI World, den MSCI ACWI oder den FTSE All-World investieren, haben Sie hauptsächlich Unternehmen aus den USA im Depot. Der Anteil der wichtigsten Wirtschaftsnation der Welt beträgt im MSCI World Index 71,56 Prozent, im MSCI ACWI 64,24 Prozent und im FTSE All-World 62,45 Prozent. Wenn die USA also wirtschaftlich einmal schwächeln sollte, werden Sie das schnell am sinkenden Wert Ihres ETFs bemerken.
Deshalb kann es sinnvoll sein, mit Indizes, die andere Regionen des Globus abbilden, gegenzusteuern und die Gewichtung des USA-Anteils etwas zu senken. Dafür gibt es zahlreiche Möglichkeiten. Sie könnten zum Beispiel die Schwellenländer stärker gewichten, indem Sie auf Indizes wie den MSCI Emerging Markets setzen. Oder Sie entscheiden sich dafür, den Europa-Anteil aktiv zu erhöhen, indem Sie einen ETF wählen, der Unternehmen aus dem Euro-Währungsgebiet oder den europäischen Industrienationen enthält.
Mit einem solchen ETF gehen Sie die Wette ein, dass sich Europa wirtschaftlich gut entwickelt. Behalten Sie recht, wirkt sich das positiv auf Ihren Depot-Wert aus. Irren Sie sich hingegen, bleibt die Rendite wahrscheinlich hinter Ihren Erwartungen zurück.
Wie sich die Wirtschaft Europas beziehungsweise den Euro-Währungsraumes entwickeln wird, kann niemand voraussagen. Typischerweise enthalten Europa-ETFs – je nach gewähltem Index – aber interessante Unternehmen wie den dänischen Pharmakonzern Novo Nordisk, den niederländischen Halbleiterproduzenten ASML oder den deutschen Software-Giganten SAP. Die Aktien solcher Zugpferde wie diese haben in der Vergangenheit beträchtliche Renditen erzielt und die Unternehmen könnten mit ihren Geschäftsmodellen auch in der Zukunft konkurrenzfähig bleiben.
Wie haben sich Europa-ETFs entwickelt?
Die drei Indizes, die lediglich Unternehmen aus der Eurozone enthalten (Euro Stoxx, MSCI EMU, Euro Stoxx 50) haben sich in den vergangenen zwölf Monaten wesentlich besser entwickelt als die Indizes, die den gesamten europäischen Aktienmarkt abdecken. In der Spitze war eine durchschnittliche Jahresrendite von 26,5 Prozent drin.
Betrachtet man die vergangenen fünf Jahre, hat der Stoxx Europe 50 die Nase vorn. Dieser Index enthält ausschließlich die 50 wichtigsten Aktienunternehmen in Europa, zuvorderst Nestle, Novo Nordisk, ASML, LVMH und Shell.
| Durchschnittliche annualisierte jährliche Rendite (EUR) | ||
Index | 1 Jahr | 3 Jahre | 5 Jahre |
Euro Stoxx1 | 20,58 % | 15,03 % | 45,69 % |
MSCI EMU2 | 20,19 % | 14,75 % | 42,75 % |
Euro Stoxx 503 | 22,43 % | 24,07 % | 53,46 % |
Stoxx Europe 6004 | 19,96 % | 15,68 % | 45,47 % |
MSCI Europe5 | 19,74 % | 17,75 % | 44,67 % |
Stoxx Europe 506 | 16,18 % | 26,45 % | 50,17 % |
Quellen: Fondsweb, 1 = iShares EURO STOXX UCITS ETF, 2 = Xtrackers MSCI EMU UCITS ETF 1D, 3 = iShares Core EURO STOXX 50 UCITS ETF EUR, 4 = Amundi Stoxx Europe 600 UCITS ETF Acc, 5 = Xtrackers MSCI Europe UCITS ETF 1C; 6 = iShares STOXX Europe 50 UCITS ETF, Stand: 4. November 2024
Welches sind die besten Europa-ETFs?
Von den sechs Europa-Indizes schnitten in den vergangenen fünf Jahren drei in puncto Performance am besten ab: der Euro Stoxx 50, der Stoxx Europe 50 sowie der Euro Stoxx. In den folgenden Tabellen finden Sie die Top-3-ETFs, die diese drei Indizes abbilden, sortiert nach ihrer Rendite der vergangenen fünf Jahre. Für diese Europa-ETFs können Sie auch Sparpläne abschließen.
Die besten Euro Stoxx 50 ETFs
ETF | ISIN | Laufende Kosten pro Jahr | Performance 1 Jahr / 3 Jahre / 5 Jahre | Replikation | ausschüttend? |
HSBC EURO STOXX 50 | IE00B4K6B022 | 0,05 % | 22,48 % / 24,30 % / 54,11 % | vollständig | ja |
Xtrackers EURO STOXX 50 | LU0380865021 | 0,09 % | 22,45 % / 24,15 % / 53,65 % | vollständig | nein |
iShares Core EURO STOXX 50 | IE0008471009 | 0,10 % | 22,43 % / 24,15 % / 53,64 % | vollständig | ja |
Die besten Stoxx Europe 50 ETFs
ETF | ISIN | Laufende Kosten pro Jahr | Performance 1 Jahr / 3 Jahre / 5 Jahre | Replikation | ausschüttend? |
Amundi ETF STOXX Europe 50 | FR0010790980 | 0,15 % | 16,39 % / 27,14 % / 51,32 % | Swap-basiert | nein |
Deka STOXX Europe 50 | DE000ETFL250 | 0,19 % | 16,28 % / 26,83 % / 50,95 % | vollständig | ja |
iShares STOXX Europe 50 | IE0008470928 | 0,35 % | 16,18 % / 26,45 % / 50,17 % | vollständig | ja |
Der einzige Euro Stoxx ETFs
ETF | ISIN | Laufende Kosten pro Jahr | Performance 1 Jahr / 3 Jahre / 5 Jahre | Replikation | ausschüttend? |
iShares EURO STOXX | DE000A0D8Q07 | 0,20 % | 20,58 % / 15,03 % / 45,69 % | vollständig | ja |
Quelle: JustETF, Fondsweb, NAV-Kurse vom 4. November 2024, Performance in Euro, Rangfolge nach 5-Jahres-Performance
Das ist aktuell der beste Europa-ETF
Gemessen an der 5-Jahres-Performance ist der HSBC EURO STOXX 50 (ISIN IE00B4K6B022) der beste Europa-ETF (Stand: 4. November 2024). Dabei handelt es sich um einen sehr großen ETF mit rund 1,1 Milliarden Euro Fondsvolumen, der seine Dividenden halbjährlich ausschüttet. Der HSBC EURO Stoxx 50 wurde am 5. Oktober 2009 in Irland aufgelegt und enthält 50 Unternehmen. Das sind die zehn größten Positionen des Aktienfonds:
Unternehmen | Land | Sektor | Gewichtung |
ASML Holding NV | Niederlande | Technologie | 8,45 % |
SAP SE | Deutschland | Technologie | 5,92 % |
LVMH Moët Hennessy Louis Vuitton SE | Frankreich | Zyklische Konsumgüter | 4,99 % |
TotalEnergies SE | Frankreich | Energie | 3,98 % |
Siemens AG | Deutschland | Industrieunternehmen | 3,87 % |
Schneider Electric SE | Frankreich | Industrieunternehmen | 3,86 % |
Sanofi SA | Frankreich | Gesundheitspflege | 3,36 % |
Allianz SE | Deutschland | Finanzwerte | 3,28 % |
Air Liquide SA | Frankreich | Rohstoffe | 2,84 % |
L’Oréal SA | Frankreich | Zyklische Konsumgüter | 2,75 % |
Quelle: HSBC, Stichtag: 30. September 2024
Europa Small Cap ETFs
Die meisten Europa-Indizes bilden nur den Markt großer oder mittelgroßer Unternehmen ab. Lediglich der Euro Stoxx Index bietet zusätzlich Zugang zu kleinen Unternehmen aus elf Ländern der Eurozone. Wenn Sie sich für europäische Small Caps interessieren, könnten die folgenden ETFs zu Ihnen passen:
ETF | Ausrichtung | ISIN | Laufende Kosten pro Jahr | Performance 1 Jahr / 3 Jahre / 5 Jahre | Replikation | ausschüttend? |
iShares MSCI EMU Small Cap | Small Caps aus der europäischen Währungsunion | IE00B3VWMM18 | 0,58 % | +18,71 % / -2,75 % / +33,74 % | Sampling | nein |
iShares EURO STOXX Small | Zugang zu den 100 kleinsten Aktien der Eurozone (aus dem STOXX Europe 600 Index) | IE00B02KXM00 | 0,40 % | +17,26 % / -3,62 % / +32,79 % | Sampling | ja |
SPDR MSCI Europe Small Cap | Small Caps aus europäischen Industrieländern | IE00BKWQ0M75 | 0,30 % | +27,78 % / -4,66 % / +32,65 % | Sampling | nein |
Xtrackers MSCI Europe Small Cap | Small Caps der europäischen Industrieländer | LU0322253906 | 0,30 % | +27,30 % / -5,65 % / +32,39 % | Sampling | nein |
BNP Paribas Easy MSCI Europe Small Caps SRI S-Series PAB 5% Capped | ESG-gescreent, maximales Gewicht eines Unternehmens: 5 % | LU1291101555 | 0,26 % | +28,77 % / -8,72 % / +20,90 % | vollständig | nein |
Quelle: JustETF, Fondsweb, NAV-Kurse vom 29. Oktober 2024, Performance in Euro, Rangfolge nach 5-Jahres-Performance
Diese ETFs bieten eine Möglichkeit, in kleinere Unternehmen in Europa zu investieren, die potenziell ein höheres Wachstumspotenzial bieten, aber auch mit höheren Risiken verbunden sind im Vergleich zu großen, etablierten Unternehmen.
Wie viel Europa steckt im MSCI World?
In den vergangenen zehn Jahren hat sich der Europa-Anteil im MSCI World Index erheblich verringert. Während europäische Länder, darunter Großbritannien, Frankreich, Deutschland und die Schweiz, früher etwa 17 bis 20 Prozent des Index ausmachten, sank ihr Anteil bis September 2024 auf etwa 11 Prozent.
Diese Entwicklung ist hauptsächlich auf das starke Wachstum der Börsenwerte US-amerikanischer Unternehmen zurückzuführen, vor allem aus dem Technologiesektor, der die Indexgewichtung immer stärker dominiert. Große US-Konzerne wie Apple, Microsoft und Alphabet haben in den letzten zehn Jahren ihre Marktkapitalisierung massiv gesteigert, was den Anteil der USA im Index auf 71,84 Prozent ansteigen ließ (Stand: 30. September 2024).
Parallel dazu blieb das Wachstum der Marktkapitalisierung europäischer Unternehmen insgesamt hinter den USA zurück. Die Schwäche europäischer Aktienmärkte relativ zu den USA und strukturelle Herausforderungen in Europa – etwa geringere Investitionen in Technologiebereiche – haben dazu geführt, dass die Bedeutung Europas im MSCI World kontinuierlich abgenommen hat.
Europa-ETF oder Dax-ETF: Was ist besser?
Ein Investment in einen Europa-ETF halten wir für eine sinnvollere Beimischung als ein Investment in den Dax. Die deutsche Wirtschaft stagniert momentan, außerdem enthält der Dax lediglich 40 Titel aus Deutschland. Mit einem Europa-ETF sind Sie breiter aufgestellt, gleichzeitig streuen Sie das Risiko über viele Länder. Damit erreichen Sie eine bessere Diversifizierung als mit einem ETF, der lediglich die wichtigsten Unternehmen eines Landes abdeckt. Außerdem sind die größten Dax-Unternehmen in der Regel ohnehin in einem Europa-ETF enthalten.
Wie kaufe ich Europa-ETFs?
Um Wertpapiere wie ETFs und Aktien kaufen zu können, benötigen Sie ein Depot. Ein Depot können Sie sich wie eine Geldbörse vorstellen, in der Sie Wertpapiere kaufen, verkaufen und verwahren.
Ein Depot können Sie bei Ihrer Hausbank, Sparkasse, Direktbank oder Ihrer Online-Bank eröffnen. Außerdem gibt es sogenannte Neobroker. Diese lassen sich in der Regel ausschließlich mit Hilfe der dazugehörigen Smartphone-App nutzen. Der Vorteil an Ihnen ist, dass der Kauf und Verkauf von Wertpapieren (und teilweise auch Kryptowährungen) kinderleicht und besonders kostengünstig – oftmals sogar gratis – ist. Dafür bieten sie jedoch nur wenige Handelsplätze an, ein Filialnetz oder einen persönlichen Ansprechpartner gibt es nicht.
Die Broker unterscheiden sich hinsichtlich ihres Angebots, ihres Service, der Auswahl ihrer Handelsplätze sowie in Bezug auf die Depot- und Handelsgebühren teilweise stark. Wir haben die 20 bekanntesten Depotanbieter miteinander verglichen. Welcher Broker am besten zu Ihnen passt, erfahren Sie in unserem großen Depottest.