„Wie kann ich mein Geld innerhalb eines Jahres verdoppeln?“ Diese Frage bekomme ich häufig gestellt. Dabei ist die Antwort ganz simpel: „Seriös geht das überhaupt nicht!“ Es sei denn, man geht bewusst so hoch ins Risiko, dass man auch bereit ist, starke Verluste bis hin zum Totalverlust dafür in Kauf zu nehmen.
Wer das will, könnte beispielsweise alles in Krypto stecken, Knock-out- oder Hebel-Zertifikate kaufen oder ins Casino gehen. Solche hochspekulativen Wetten erfreuen sich großer Beliebtheit. Geblendet von den möglichen hohen Gewinnchancen werden die Verlustgefahren dann gerne verdrängt.
„Gier frisst Hirn!“ Diese anerkannte Börsenwarnung nehme ich ernst. Folgerichtig verzichte ich darauf, mir unrealistische Renditeziele zu setzen, meide allzu riskante Anlagen und komme ohne ständiges, hektisches Umschichten im Depot aus. Der Depotwert wird sich verdoppeln, nicht heute, nicht morgen und auch nicht in einem Jahr, aber gewiss in absehbarer Zeit.
Das könnte ich zwar auch mit breit gestreuten ETFs erreichen, aber ich setze lieber auf Einzelwerte, die ich präzise auswählen kann – und damit passgenau auf sich anbahnende langfristige Veränderungen im Wirtschafs- und Gesellschaftssystem reagieren kann.
An der hohen Anzahl von ca. 200 Einzelwerten hat sich seit der Depotübernahme von Beate im Jahr 2020 nichts geändert. Fast zwei Drittel der Einzelwerte sind ja auch über die Jahre im Depot geblieben. Den Großteil der Transaktionen bilden Teilverkäufe zur Gewinnabsicherung, Teilverkäufe zur Verlustreduzierung und Zukäufe.
Die hohe Zahl an Einzelwerten senkt das Klumpenrisiko. Es stresst mich auch überhaupt nicht, täglich das Depot im Blick zu behalten. Ganz im Gegenteil! Wie ein DJ, der vor 200 Reglern am Mischpult steht, um einen nahezu perfekten Sound zu kreieren, so fühlt es sich für mich meist an, wenn ich das Depot durchgehe und darüber nachdenke, ob ich an der einen oder anderen Stelle etwas umsteuern sollte.
Auch diese Praxis habe ich von „Mutter Börsenoma“ übernommen.
Bei ihr dauerte es auch immer einige Zeit, bis sich ihr Depotwert verdoppelte, manchmal nur vier Jahre, manchmal auch acht. Und auf dem Weg dorthin gab es selbstverständlich auch deutliche Rückgänge des Depot-Gesamtwerts. Solche Korrekturen empfand Beate nie als Rückschlag, sondern sie nutzte sie als Kaufgelegenheit, um weitere Aktien günstig einsammeln zu können.
Folgerichtig finde ich es auch nicht schlimm, wenn ich nach Monaten der Kursanstiege auf breiter Front nun wieder mehr Gegenwind an den Börsenplätzen verspüre. Das gehört unabdingbar zum Abenteuer Geldanlage dazu. So gesehen pressiert es mir auch gar nicht mit den zur Diskussion stehenden Leitzinssenkungen, selbst wenn diese die Aktienrally wieder neu entfachen könnten. Bis dahin bleibe ich geduldig und bescheiden. Das sind keine weit verbreiteten Tugenden in einer immer schneller getakteten Welt, aber auch in diesem Punkt kopple ich mich gerne und bewusst vom Mainstream ab.
Stattdessen freue mich über die bevorstehenden Dividenden-Einnahmen. Die Monate April und Mai sind zumindest, was die Werte der Dax-Familie angeht, die Dividendenmonate schlechthin. Da die schwierige wirtschaftliche Großwetterlage die großen, international vernetzten Unternehmen aus dem Dax und teilweise auch aus dem MDax nicht so hart trifft wie die kleinen, belohnen viele AGs ihre Anteilseigner in diesem Jahr mit noch höheren Dividendenzahlungen als im Vorjahr.
Und wenn ich diese Dividenden dann wieder brav reinvestiere, wird es auch ein bisschen schneller gehen, bis das Etappenziel Depotwertverdopplung erreicht sein wird.
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