





Jetzt nur nichts verpassen, denken sich viele Anlegerinnen und Anleger. Nach einer Aneinanderreihung von Kriegen und Krisen geht es seit einigen Monaten bei den meisten großen Aktien-Indizes stetig bergauf. Es sind in erster Linie die großen US-Technologiefirmen, die durch gute Geschäftszahlen glänzen, getrieben auch von den Möglichkeiten, die sich für sie im Kontext zur Künstlichen Intelligenz ergeben.
Während es möglich ist, auf der Kurzstrecke mit den unterschiedlichsten Ideen das eingesetzte Kapital zu vermehren, bedarf es auf der Langstrecke vor allem einer Fähigkeit: der mentalen Stärke.
In den vergangenen Jahren waren Ausdauer, Geduld und Mut gefragt, um nicht den Fehler zu begehen, Aktien zu Tiefstpreisen am Markt zu verramschen. Das Gegenteil zu tun, erwies sich gerade im Jahr 2022 im Rückblick als besonders hilfreich. Während Panik vorherrschte und durch die Sozialen Medien noch verstärkt wurde, musste man schon sehr selbstsicher und zielstrebig sein, um Aktien und ETFs zuzukaufen.
Nun zeigt sich, dass die Zukäufe von damals eine gute Idee gewesen sind, vor allem wenn man auf Substanz gesetzt hat. Mut zum Zukauf benötigt man bei steigenden Kursen kaum noch, mentale Stärke ist jedoch gerade auch im bullischen Markt gefragt.
Beate riet bereits in ihrem ersten bekannten Ratgeber, dem „Börseneinstieg mit Spaß und Spannung“ aus dem Jahre 2001 zum antizyklischen Handeln. Damals begann gerade die Dotcom-Blase zu platzen und Beate schichtete bereits im Vorfeld die mit Teilverkäufen eingelösten Gewinne in defensivere Bereiche wie zum Beispiel Versorger-Aktien und Basiskonsumgüter um.
Zu Zukäufen in Chargen kam es dann erst wieder nach deutlichen Kursrückgängen.
Vor der Finanzkrise 2008 wiederholte sie dieses Vorgehen, das ein zentraler Baustein der Hoch-Tief-Mut-Strategie wurde - und ich übernahm diese Methodik dann bei weiteren ausgeprägten Kursanstiegen und den darauffolgenden Rücksetzern vor allem in den Jahren 2020 und 2022.
Das Wichtigste ist – wie fast immer – ruhig und besonnen zu bleiben. Trotz der Kursanstiege auf breiter Front sind nicht alle Titel überbewertet.
Ich lehne es aber ab, übermütig zu werden und aggressiv hochlaufenden Werten hinterherzulaufen. Ich muss ja nicht auf jeder Party dabei sein!
Auch ein aggressives Investment mit Hilfe von Hebelprodukten oder Zertifikaten kommt für mich nicht in Frage. Auf das ständige Traden, das sich nach Ansicht vieler Charttechniker aus den jeweiligen Chart-Konstellationen ergeben sollte, verzichte ich gerne auf diesen „Schnickschnack“ und spare mir dadurch unnötige Transaktionskosten.
Stattdessen reduziere ich spekulativere Growth- und hoch bewertete Technologie-Aktien, bei denen die Kurse schneller angestiegen sind als die Gewinne. Die besten Pferde bleiben zwar weiterhin im Stall, aber die Kursanstiege schöpfe ich ab, um die Verkaufserlöse dann in niedriger bewertete Titel umschichten zu können, die nicht im Fokus der Berichterstattung stehen.
Den Mut hebe ich mir auf für kommende schwierige Börsenphasen. Jetzt geht es darum, nicht übermütig zu werden.
Damit setze ich die Tradition der Börsen-Oma fort, die eine Meisterin der Langstrecke war. Bis heute kenne ich niemanden aus dem Börsen-Business, der mental so stark ist wie sie.
Neben Künstlicher Intelligenz gibt es noch viele weitere wichtige Branchen. Abgeleitet von den wichtigen Veränderungsprozessen unserer Zeit, die durch den Klimawandel, dem medizinischen Fortschritt, dem demografischen Wandel und der Notwendigkeit der Verteidigungsfähigkeit in Gang gesetzt worden sind, ergeben sich viele weitere spannende Investitionsmöglichkeiten.
Langfristig bin ich mit der breiten Streuung auf viele Szenarien vorbereitet und habe zudem genügend Rücklagen für schlechtere Zeiten, in denen dann wieder mutiges und entschlossenes Handeln gefragt sein wird. Solche Zeiten werden mit Sicherheit kommen, aber ich habe auch nichts dagegen, wenn der Bullenmarkt noch längere Zeit anhält.
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