Das Saarland und der Freistaat Sachsen haben das Bundesmodell im Kern übernommen, für die Erhebung der Grundsteuer B jedoch die Steuermesszahlen angepasst.
Fünf Bundesländer gehen einen komplett eigenen Weg. Grundgedanke ist hier überwiegend ein Flächenmodell. Die Bewertung erfolgt ausschließlich anhand der Grundstücks- oder Wohnfläche – gegebenenfalls zuzüglich eines Lagefaktors. Der Vorteil liegt auf der Hand: Man braucht nur wenige Daten des Grundstücks für die Berechnung, diese sind zumeist bei den Kataster-, Grundbuch- und Bauämtern digital abrufbar. Die Berechnung ist für betroffene Immobilieneigentümer transparent und leicht nachvollziehbar und die Finanzämter brauchen für die Umsetzung weniger Personal. Das Gelbe vom Ei sind die diskutierten Bewertungsansätze der Länder im Einzelfall allerdings auch nicht:
Baden Württemberg: Das Land bewertet seine Immobilien anhand von zwei Kriterien: der Grundstücksfläche und dem Bodenrichtwert. Für die Berechnung werden beide Werte miteinander multipliziert. Im weiteren Schritt wird eine gesetzlich festgelegte Steuermesszahl angewandt – modifiziert nach der Nutzung des Grundstücks. Für überwiegend zu Wohnzwecken genutzte Grundstücke gibt es einen Abschlag. Die Gebäudefläche spielt grundsätzlich keine Rolle. Kritiker sehen gerade darin eine massive Ungerechtigkeit. Es macht wertmäßig nämlich keinen Unterschied, ob auf dem Grundstück ein 2-geschossiges Eigenheim oder ein 12-geschossiges Miethaus steht. Zu den Verlierern dieses Modells zählen Besitzer von Ein- und Zweifamilienhäusern. Sie zahlen künftig deutlich mehr.
Das von Hamburg genutzte Flächen-Lage-Modell vermeidet diese Nachteile. Hier werden Grundstücks- und Gebäudeflächen mit einer Äquivalenzzahl (0,02 Euro für den Boden und 0,40 Euro für das Gebäude) multipliziert. Durch die Differenzierung zwischen guter und normaler Wohnlage bleiben potenziell steigende Marktpreise bei der Berechnung außen vor. Das Flächenmodell bietet deshalb Mietern, Eigentümern und Investoren den besten Schutz vor Mehrbelastungen.
Bayern hat ein noch einfacheres reines Flächenmodell eingeführt. Dabei wird zwischen Grund und Boden sowie Wohn- und Nutzfläche unterteilt.
Hessen und Niedersachsen haben sich zu einem Flächen-Lage-Modell entschieden. Auf die Grundstücksfläche als Ausgangsbasis wird ein Faktor angewendet, der die Lage berücksichtigen soll.
Kann man den Grundsteuerwert des Finanzamtes mit einem Gutachten widerlegen?
Nein, das sieht das Gesetz bislang nicht vor und genau das ist auch der Kardinalfehler der gesamten Reform. Alle Bundesländer bewerten die Grundstücke nach einem mehr oder weniger pauschalierten Verfahren. Eigentümer haben überhaupt keine Möglichkeit, individuelle wertmindernde Besonderheiten Ihres Grundbesitzes vorzubringen. Dagegen wehren sich Grundbesitzerverbände und betroffene Eigentümer vor Gericht.
Wie berechnet sich die Grundsteuer ab 2025?
Die Steuermesszahl wird von aktuell 0,35 % (bzw. 1,00 % in den ostdeutschen Bundesländern) drastisch auf einheitlich 0,034 % gesenkt, um die Wertsteigerungen auszugleichen, die beim Vergleich der aktuellen Verkehrswerte mit den seit 1935 bzw. 1964 nicht mehr aktualisierten Werten zwangsläufig entstehen. Sozialer Wohnungsbau sowie kommunales und genossenschaftliches Wohnen wird zudem steuerlich gefördert werden. Die Steuermesszahl wird um 25 Prozent ermäßigt, wenn für das Grundstück nach § 13 Abs. 3 Wohnraumfördergesetz eine Förderzusage erteilt wird. Für Baudenkmäler ermäßigt sich die Steuermesszahl pauschal um zehn Prozent.
Passen die Kommunen die Hebesätze an, um Steuererhöhungen zu vermeiden?
Darüber wird in vielen Gemeinden gerade beraten. Da die Immobilienwerte stark gestiegen sind, wird sich das Steueraufkommen bei Beibehaltung der aktuellen Hebesätze drastisch erhöhen. Um diesem Effekt entgegenzuwirken, müssten die Kommunen deshalb die bisherigen Hebesätze ab 2025 stark absenken. Darüber entscheidet letztlich jede einzelne Kommune selbst. Um für betroffene Bürger mehr Transparenz zu schaffen haben einige Bundesländer wie Hessen, Nordrhein-Westfalen und Sachsen ihren Kommunen Hebesatzempfehlungen für das Jahr 2025 mitgeteilt und veröffentlicht, um die neue Grundsteuer fair und aufkommensneutral festlegen zu können. Gebunden sind die Gemeindeparlamente an diese Empfehlungen aber nicht. Angesichts leerer Kassen können viele Kommunen die absehbaren Mehreinnahmen gut gebrauchen.
Berlin hat gerade den aktuellen Hebesatz (810 %) für die Grundsteuer B zum 1.1.2025 auf 470% nahezu halbiert. Vorher hatte man 770.000 Grundstücksfälle durchgerechnet um die Folgen der Reform zu beziffern. Bei Anwendung des alten Hebesatzes würde die Grundsteuer 2025 bei Eigentumswohnungen von 276 Euro auf 527 Euro steigen, bei Einfamilienhäusern von 487 auf 1 272 Euro, bei Zweifamilienhäusern von 848 auf 1 685 Euro und bei Mietshäusern von 5 611 auf 11 057 Euro. Mit der Absenkung kostet eine 74 Quadratmeter große Eigentumswohnung im Stadtteil Friedrichshain-Kreuzberg nächstes Jahr 282 Euro Grundsteuer, im alten Jahr waren es 263 Euro.
Einige Kommunen haben die Steuerschraube zuvor schon stärker angezogen. Wie weit das gehen kann, zeigt exemplarisch der Fall Oberursel vor den Toren der Mainmetropole Frankfurt. Die Stadt im Vordertaunus schraubte in den letzten Jahren die Steuerbelastung für Grundbesitz immer weiter in die Höhe. Die Pro-Kopf-Belastung hat sich in der Zeit von 2017 bis 2023 von rund 190 auf 420 Euro mehr als verdoppelt. Grundeigentümer und Mieter sind diesen drastischen Steuererhöhungen nahezu machtlos ausgeliefert.
Die Entwicklung des Grundsteuer B-Hebesatzes in Oberursel:
- 2011: 250%
- 2014: 450%
- 2017: 595 %
- 2020: 750%
- 2023: 947%
Ist die neue Grundsteuer verfassungswidrig?
Der Bund der Steuerzahler hält das neue Grundsteuergesetz für verfassungswidrig. Zusammen mit dem Eigentümerverband Haus & Grund hat er deshalb bei den Finanzgerichten Berlin-Brandenburg (Az. 3 K 3142/23), Köln (Az. 4 K 2189/23), Düsseldorf (Az. 11 K 2310/23 Gr und 11 K 2309/23 Gr) sowie Rheinland-Pfalz (4 K 1205/23) entsprechende Musterklagen auf den Weg gebracht, um das Gesetz zu Fall zu bringen. Die Kläger stützen sich auf ein Gutachten des Rechtsprofessors Gregor Kirchhof, der unter anderem die Bodenrichtwerte als Grundlage für die Grundsteuer für ungeeignet erachtet. Diese werden von Gutachterausschüssen der Kommunen nach der Auswertung von Kaufpreissammlungen gewonnen, sind aber häufig intransparent und nicht nachvollziehbar. Auch die von den Finanzämtern zu Grunde gelegten Nettokaltmieten erweisen sich im Praxischeck vielfach als völlig realitätsfremd.
Die Richter des Finanzgerichtes Rheinland-Pfalz teilen offenbar die Bedenken der prominenten Musterkläger. In zwei parallel entschiedenen Streitfällen (Az. 4 V 1295/23 und 4 V 1429/23) hatte das Gericht bereits am 23. November 2023 ernsthafte Zweifel an der Rechtmäßigkeit der vom Bund vorgegebenen Bewertungsregeln geäußert. In Eilbeschlüssen setzte das Gericht die Vollziehung der angefochtenen Grundsteuerwertbescheide aus und ließt wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtsfragen die Beschwerde zum Bundesfinanzhof (BFH) zu (Az. II B 79/23 und II B 78/23).
Mit Beschlüssen vom 28.5.2024 gaben die Richter des BFH den Klägern Recht. Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Grundstücksbewertung besteht nach Ansicht der Richter bereits deshalb, weil die betroffenen Grundeigentümer einen pauschal ermittelten Grundstückswert gegen sich gelten lassen sollen, ohne dass ihnen die Möglichkeit eingeräumt wird, einen niedrigeren Grundbesitzwert nachzuweisen. Die BFH-Richter äußerten sich allerdings nicht zu der Frage, ob die neue Grundsteuer in ihren Augen gegen die Verfassung verstößt. Haus- und Grund-Präsident Kai Warnecke und Steuerzahlerbund-Präsident Reiner Holznagel streben daher jetzt eine zeitnahe Entscheidung beim Bundesverfassungsgericht an.
Das Finanzgericht Baden-Württemberg hält dagegen nach zwei aktuellen Urteilen vom 11. Juni 2024 (Az. 8 K 2368/22 und 8 K 1582/23)das Grundsteuergesetz des eigenen Bundeslandes für verfassungsgemäß. Das Gericht hat allerdings die Revision zugelassen. Der Streit geht also höchstwahrscheinlich in die nächste Runde.
Was können Eigentümer jetzt noch tun?
In der Kritik stehen besonders die Immobilienwerte, die Finanzämter nach dem Bundesmodell festgestellt haben. Haben Sie Grundbesitz in einem der genannten Bundesländer, sollten Sie Einspruch gegen den Grundsteuerwertbescheid und den Grundsteuermessbescheid des Finanzamtes einlegen – wenn das terminlich noch geht. Das geht klassisch per Post oder digital über das Elsterportal. Ein Formular ist dafür nicht vorgesehen und das Verfahren ist kostenlos, wenn man ohne Steuerberater auskommt. Die Frist für einen möglichen Einspruch beträgt allerdings nur einen Monat nach Zustellung der Post vom Finanzamt. Wer die Einspruchsfrist bereits versäumt hat, kann nur noch abwarten und hoffen, dass das Bundesverfassungsgericht die gesamte Reform kippt.
Wohnfläche überprüfen
Per Einspruch haben Sie auch noch einmal Gelegenheit, Ihre eigenen Angaben im Formular kritisch zu prüfen. Besonders fehleranfällig sind die Angaben zur Grundstücksfläche, zum Baujahr und zur Wohnfläche.
Tipp: Unbeheizte Wintergärten und Dachschrägen zwischen einem und zwei Metern Raumhöhe zählen nur zur Hälfte ihrer Grundfläche mit, Balkone, Loggien, Dachgärten und Terrassen mit einem Viertel, Keller, Treppen, Waschküchen, Abstell- und Heizungsräume gar nicht. Wer unsicher ist, beauftragt einen Fachmann mit der Berechnung. Auch die Unterscheidung zwischen Nutz- und Wohnflächen, sowie die Anzahl von Garagen- und Stellplätzen kann man nachträglich noch korrigieren. Kritisch hinterfragen sollte man auch den vom Amt zugrunde gelegten Bodenrichtwert. Sind hier Fehler passiert und lässt man den Grundsteuerwert bestandskräftig werden, kostet das künftig jahrelang bares Geld.