Ihr Marktanteil ist noch gering, aber das Wachstum ist gigantisch: ETFs, die auf Nachhaltigkeit setzen, werden bei Anlegern immer beliebter. Alleine auf der elektronischen Handelsplattform Xetra stieg 2019 nach Angaben der Deutschen Börse das investierte Vermögen in sogenannten "ESG-ETFs" auf 23,2 Milliarden Euro. Das ist mehr als dreimal so viel wie 2018. Das Kürzel ESG steht für Environment (Umwelt), Social (Soziales) und Governance (Unternehmensführung). Die entsprechenden Indizes, in die man dabei mit den Indexfonds investiert, setzen auf Unternehmen, die ökologische, soziale und ethische Aspekte besonders beachten.
ESG ist damit ein wichtiger Trend im ETF-Markt. Ein zweiter sind sogenannte "Faktor"-ETFs. Sie fügen den herkömmlichen Indexfonds, die einen bestimmten Markt möglichst genau nachbilden, einen Schwerpunkt hinzu – die sogenannten "Faktoren". So setzen ETFs mit dem Faktor "Quality" gezielt auf Unternehmen in einem Index, die solide Bilanzen aufweisen. Beim Faktor "Value" geht es um Firmen, deren Aktien unterbewertet sind. Und der Faktor "Low Volatility" steht für Aktien, deren Kurs vergleichsweise wenig schwankt.
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Nachhaltigkeit und Faktorstrategien seien "die zwei großen Trends im ETF-Markt", sagt Patrick Doser, Experte für Faktorstrategien bei iShares, dem ETF-Anbieter der US-Fondsgesellschaft Blackrock. Das Unternehmen hat drei neue ETFs herausgebracht, die beide Dinge vereinen sollen: Faktoren und Nachhaltigkeit.
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Corona-Schock gut gemeistert
Als Grundlage dienen iShares dabei die "eigenen Minimum Volatility ETFs", die ihrerseits auf die breiten Marktindizes MSCI World, MSCI Europe und MSCI USA aufbauen. Die schwankungsarmen ETFs stehen für eine eher defensive, sicherheitsorientierte Investmentstrategie. Sie haben deshalb nach Angaben des Anbieters in den ersten drei Monaten dieses Jahres auch besser abgeschnitten als ihr jeweiliger Vergleichsindex – und damit den Einbruch durch die Corona-Krise vergleichsweise gut gemeistert.
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Hinzu kommt: Unternehmen, deren Kurse eine geringe Schwankungsbreite aufweisen, schneiden gleichzeitig häufig auch in puncto Nachhaltigkeit gut ab. Die Faktor-Strategie "Minimum-Volatility" lasse sich deshalb gut mit einer ESG-Strategie kombinieren, meint ETF-Experte Doser: "Die Strategien ähneln sich stark."
Zwei Strategien in einem ETF
Um aus beiden Strategien eigene Indexfonds zu schaffen, fügt Blackrock dem ETF mit geringer Volatilität zwei Bedingungen hinzu: Die Zusammensetzung der Unternehmen im Fonds muss so ausfallen, dass insgesamt der CO2-Ausstoß des Fonds rechnerisch um mindestens 30 Prozent gegenüber dem Ursprungsindex sinkt – also etwa gegenüber dem MSCI World. Und: Der Grad der Nachhaltigkeit soll gegenüber dem Ausgangsindex um 20 Prozent steigen. Gemessen wird das am sogenannten "ESG-Score", einer Einstufung für die Nachhaltigkeit, die der Indexdienstleister MSCI für die Unternehmen im jeweiligen Index berechnet.
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Um dies zu erreichen, müsse man gegenüber dem Ausgangsindex einige Unternehmen untergewichten oder ganz aus dem Index herausnehmen, erläutert Doser. So enthält der neue "Minimum Volatility ESG"-ETF keine Unternehmen, die Waffen herstellen, Tabak, Kraftwerkskohle oder Ölsande. Ein Blick auf die zehn größten Positionen des weltweiten ETF zeigt Firmen wie den französischen Hygieneartikel-Hersteller Ecolab, die beiden US-Softdrink-Produzenten Pepsico und Coca Cola, den Computerriesen Microsoft oder die britische Unternehmensberatung Accenture. An der Spitze findet sich aber auch das US-Bergbauunternehmen Newmont, das unter anderem wegen der Umweltfolgen seines Gold- oder Kupferbergbaus kritisiert wird.
Die komplette Kennzeichnung eines ETF kann für Neueinsteiger oftmals verwirrend wirken. Deshalb haben wir Ihnen in einem weiteren Artikel die wichtigsten Bezeichnungen und Abkürzungen von ETFs genauer erläutert.
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Bessere Performance als der Markt
Das macht deutlich: Der ETF erfüllt zwar bestimmte vorab festgelegte Kriterien für die Themen Nachhaltigkeit. Erreicht werden diese jedoch über eine rein mathematische Optimierung der Zusammensetzung des Fonds. Diese schließt nicht aus, dass der Indexfonds auch Unternehmen enthält, deren Geschäftspolitik ökologisch oder mit Blick auf Arbeitnehmerrechte problematisch sein kann. Anleger, die auf den Ausschluss solcher Unternehmen Wert legen, sollten sich daher die im ETF enthaltenen Firmen genau anschauen.
Bei der Performance jedenfalls machen Anleger laut iShares mit den ESG-Minimum-Volatility-ETFs nichts falsch. Eine Zurückberechnung der Performance-Daten der europäischen Variante des ETFs auf die vergangenen zehn Jahre zeigt eine durchschnittliche jährliche Rendite von 7,9 Prozent. Zum Vergleich: Der reine Minimum-Volatility-ETF liegt bei 7,65 Prozent, der MSCI Europe erreichte in diesem Zeitraum 5,3 Prozent jährlich. Die Gesamtkostenquote für den Minimum Volatilty ESG-ETF liegt für die europäische Variante bei 0,25 Prozent jährlich, bei der weltweiten Variante sind es 0,3 Prozent, beim ETF für die Vereinigten Staaten 0,2 Prozent.
Der Einbezug von Faktoren kann demnach langfristig die Rendite durchaus verbessern. Und auch das Thema Nachhaltigkeit schadet zumindest der Performance nicht. Anleger sollten aber bedenken, dass Faktor-Strategien vor allem für ganz bestimmte Marktphasen geeignet sind. Minimum-Volatility-Strategien etwa sind in fallenden Märkten von Vorteil. Die Kombination aus Faktorstrategie und Nachhaltigkeit ist demnach eher als Ergänzung eines breiten Portfolios zu sehen. Wer dagegen in erster Linie in das Thema Nachhaltigkeit investieren möchte, sollte reine Nachhaltigkeits-ETFs in Betracht ziehen.
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