





Auf einen Blick
In Krisenzeiten mit turbulenten Börsen suchen viele Anleger nach widerstandsfähigen Investments. Oft wird dabei an Renten- oder Immobilienfonds gedacht, denn diese Fonds schwanken vergleichsweise wenig. Allerdings bestehen bei beiden Kategorien Rückschlaggefahren. Rentenfonds drohen durch Zinsanhebungen oder Verkaufsdruck am Bondmarkt Verluste; offene Immobilienfonds wackeln, weil Handel-, Gewerbe- und Hotelobjekte von Zahlungsausfällen und rückläufigen Preisen bedroht sind.
Eine Alternative zu den klassisch defensiven Fondskategorien können risikooptimierte Aktienfonds und -ETFs sein. Solche Portfolios verfolgen defensive Anlagestrategien und laufen dadurch wesentlich ruhiger als klassische Aktienfonds.
Nicht erst seit dem Corona-Crash arbeiten Fondsgesellschaften daran, die Schwankungsbreite ihrer Aktienfonds zu verringern. Das Ergebnis sind sogenannte Low-Vola-Fonds – also Aktienfonds, die eine geringere Volatilität aufweisen als der Markt.
Die Volatilität gibt die Stärke der Kursschwankungen eines Wertpapiers in einem bestimmten Zeitraum an. Starke Kursschwankungen entsprechen einer hohen Volatilität, schwache einer niedrigen. Allgemein gilt: Je höher die Volatilität eines Wertpapiers ist, desto größer ist das Risiko von Kursverlusten, aber auch die Chance auf Kursgewinne.
Weit über 100 solcher Fonds sind allein in Europa am Markt. Mit Blick auf das verfolgte Ziel, können sich die Ergebnisse dieser Fonds durchaus sehen lassen.
Das Geheimnis von Fonds mit geringer Volatilität ist ihre gezielte Titelauswahl. Einerseits werden Aktien aus weniger schwankungsintensiven Branchen bevorzugt, andererseits filtern die Fondsmanager besonders wertstabile Aktien heraus und kaufen diese schwerpunktmäßig ein. Zu solchen Titeln zählen in der Regel sehr solide Unternehmen, die profitabel wirtschaften und nur gering verschuldet sind.
Eine Reihe von Low-Vola-Fonds fokussieren neben der Volatilität auf ein weiteres Auswahlkriterium: das Klumpenrisiko. Hier achten die Fondsmanager darauf, dass die Kursentwicklung der Aktien in bestimmten Börsenphasen nicht zu stark korreliert. Dies kann zum Beispiel bei Autoaktien der Fall sein, etwa wenn der Fonds in einen Autokonzern und zugleich in dessen Zulieferer-Unternehmen investiert ist. Bei schlechten Nachrichten für die Autoindustrie fallen sowohl die Aktien des Autobauers als auch die der Zulieferer.
Ein drittes Auswahlkriterium von Low-Vola-Fonds ist eine Beschränkung der Titelgewichtung. Die Fonds verfolgen bestimmte Obergrenzen für einzelne Aktien, Branchen oder Länder. Dadurch soll die Kursabhängigkeit des Fonds von hochgewichteten Papieren oder Branchen verringert werden.
Die defensive Anlagestrategie von Low-Vola-Fonds zeigt vor allem bei Börsenschwächen ihre Stärken. So machten viele Fonds in den zurückliegenden Crashwochen deutlich weniger Verlust als ihr Vergleichsmarkt. Die Praxis zeigt, dass Low-Vola-Fonds das Kursrisiko um 20 bis 30 Prozent gegenüber einem Standardindex reduzieren können.
Interessant ist in diesem Zusammenhang die Betrachtung des maximalen Wertverlustes, denn mit der Höhe des Kursrückgangs wächst überproportional der erforderliche Gewinn, um den Rückgang auszugleichen. So ist bei einem Kursverfall von 50 Prozent ein Gewinn von 100 Prozent nötig, um den Verlust auszugleichen. Bei 60 Prozent Verlust, sind bereits 150 Prozent nötig.
Wie vergleichsweise robust Low-Vola-Fonds sind, zeigt ein Blick auf europäische Aktien. Während der Aktienindex MSCI Europe von Jahresanfang bis Ende April einen Verlust von rund 18 Prozent verkraften musste, schlugen sich vergleichbare Low-Vola-Fonds in diesen ersten Wochen des Corona-Crashs besser. Die Performance dieser Fonds profitiert von geringeren Wertverlusten. Beispiele:
Der aktiv verwaltete Aktienfonds Robeco QI European Conservative Fund lag in den ersten vier Monaten des Jahres 13,8 Prozent im Minus.
Ebenfalls deutlich besser als der Vergleichsmarkt lief der Deutsche Quant Equity Low Volatility Europe NC, der zu mindestens 75 Prozent in europäische Aktien anlegt. Von Januar bis April beträgt die Performance minus 9,6 Prozent.
Auf der anderen Seite zeigt sich aber auch: In Phasen, in denen es an den Börsen rasch bergauf geht, verlieren die Low-Vola-Fonds gegenüber herkömmlichen Aktien meist an Boden. So legte der MSCI World seit dem 18. März, dem Tiefpunkt der Corona-Krise, in Euro gerechnet bis Mitte Oktober um knapp 36 Prozent zu. Der Robeco-Fonds gewann dagegen "nur" knapp 27 Prozent.
Aber nicht nur in Krisenzeiten versprechen "Low-Vola-Strategien" überdurchschnittlich gute Renditen. Auch langfristig betrachtet sind die Renditen solcher Fonds mindestens so hoch wie diejenigen des allgemeinen Aktienmarktes – und das bei geringerem Risiko. Mit anderen Worten: Auf lange Sicht erwirtschaften Aktien mit niedrigem Risiko und geringer Schwankung erwiesenermaßen höhere Renditen.
Ein Erklärungsansatz für die positive Langzeit-Performance von Low-Vola-Aktien findet sich in deren Qualität. Hinter schwankungsarmen Einzeltiteln stehen häufig Unternehmen mit stabilen Geschäftsmodellen. Diese sind in Zeiten geringen Wirtschaftswachstums oder in fallenden Märkten widerstandsfähiger und verlieren weniger an Wert. Solche Qualitätsaktien haben zudem in der Regel nur einen geringen Verschuldungsgrad.
Auswertungen zeigen, dass Low-Volatility-Fonds nicht nur für defensive Anleger geeignet sind. Sie eröffnen auch für risikobewusste Investoren Chancen – vor allem zur Diversifikation ihres Depots. Ein breit gestreutes Portfolio verbessert nämlich nicht nur die Krisenresistenz, sondern ermöglichen ebenso langfristige Erträge über den reinen Kapitalerhalt hinaus.
Studien zeigen, dass Aktien mit geringer Volatilität häufig bessere Erträge erwirtschaften als Aktien mit hoher Volatilität. Bei einem langfristigen Anlagehorizont profitieren Investoren nicht durch risikoreiche Investments, sondern durch eine lange Haltedauer.
Einen anderen Weg als Low-Vola-Fonds verfolgen Aktienfonds mit klassischen Absicherungsstrategien. Diese aktiv verwalteten Fonds begrenzen die Volatilität, indem sie sich gegen fallende Märkte mit sogenannten Optionen und Futures absichern und gleichzeitig auf substanzstarke Aktien setzen.
Zwei Fonds stechen in Krisenzeiten positiv hervor: Der Dirk Müller Premium Fonds und der LuxTopic Flex von Robert Beer. Letzterer lag in den ersten Wochen der Corona-Krise sogar zweistellig im Plus.
Zum Vergleich: Der Weltaktienindex MSCI World hat im gleichen Zeitraum gut zehn Prozent verloren.
Wie die Absicherung genau funktioniert, erklärte Robert Beer, Fondsmanager des LuxTopic Flex kürzlich im Interview mit dem Investmentmagazin "Fonds Professionell": "Vereinfacht gesagt kaufen wir Puts, also Terminkontrakte, die von fallenden Kursen profitieren." Das koste in Aufwärtsphasen zwar einen Teil der Performance und die meiste Zeit sei die Absicherung unnötig. "Kommt es dann aber plötzlich hart auf hart – so wie in der Corona-Krise –, zahlt sich die Strategie aber aus", erklärt der Fondsexperte. Neben der Absicherung setzt Beer in seinem Fonds unter anderen auf substanzstarke und liquide Unternehmen wie Apple, Intel oder Amazon.
Eine andere Vorgehensweise versucht der unter dem Beinamen "Mr. Dax" bekannt gewordene Fondsmanager Dirk Müller. Müller hat vor kurzem den Videospielehersteller Activision Blizzard zugekauft. "Activision Blizzard als einer der größten Computerspiele-Anbieter bekommt gerade Millionen neue Spieler, die sich zu Hause langweilen und nach Ablenkung suchen", begründet der Fondsmanger jüngst im Interview mit "Wallstreet Online" seine Kaufentscheidung.
In unruhigen Börsenzeiten gilt es, einen kühlen Kopf zu bewahren und nicht überstürzt zu reagieren. Wer statt auf Fonds lieber auf ETFs setzt hat auch da Möglichkeiten der Risiko-Beschränkung. Denn Schutz vor Kurskapriolen bieten neben risikooptimierten Investmentfonds auch risikooptimierte ETFs. Solche ETFs bilden keine herkömmlichen Börsenindizes wie den deutschen Leitindex Dax oder den global anlegenden MSCI World ab. Denn die in risikooptimierten Indizes enthaltenen Unternehmen werden nicht wie üblich nach ihrer Marktkapitalisierung gewichtet, sondern nach ihren Kursschwankungen. Diese werden anhand der Volatilität gemessen.
Risikooptimierte Indizes, die sich auf Wertpapiere mit geringen Kursschwankungen fokussieren, werden als Minimum Volatility ETFs oder Low Volatility ETFs bezeichnet. Diese Indizes gehören in den defensiven Bereich und zeigen ihre Stärken tendenziell in schlechten Marktphasen.
Indizes und ETFs mit einer geringen Volatilität wurden konstruiert, um bei Marktrückgängen und hoher Volatilität Risiken zu senken. Allerdings dürfen Anleger nicht vergessen: In Aufwärtsmärkten bleibt die Entwicklung von Minimum-Volatility-ETFs hinter dem Markt zurück, weshalb sie in Boomphasen in der Regel nicht zu den Performance-Überfliegern gehören. Dagegen schneiden sie in Abwärtsmärkten besser ab, was unterm Strich häufig zu einer Outperformance gegenüber dem Vergleichsmarkt führt.
Fazit: Minimum-Volatility-ETFs eignen sich für kostenbewusste Anleger, die für ihr Portfolio eine Risikoreduzierung in allen Börsenphasen suchen, dabei aber nicht auf Rendite verzichten wollen.
Dass schwankungsarme ETFs in turbulenten Marktphasen Vorteile haben, lässt sich am Beispiel des MSCI World zeigen. Während der klassische MSCI World Index aufgrund der durch die Corona-Krise ausgelösten Unsicherheiten von Januar bis April in Euro gerechnet gut zehn Prozent einbüßte, hielt sich der MSCI World Minimum Volatility mit Verlusten von lediglich sieben Prozent deutlich besser.
Auch über einen längeren Betrachtungszeitraum schneidet der risikooptimierte Index nicht schlecht ab. Per Stichtag 14. Oktober beträgt die Fünf-Jahres-Performance mehr knapp 55 Prozent, während der klassische MSCI-World-ETF bei gut 60 Prozent im Plus liegt.
ETFs auf den MSCI-World-Index oder den MSCI-Europe-Index haben wie üblich zum Ziel, ihre Benchmark möglichst genau abzubilden. Mehrere Anbieter haben entsprechende ETFs aufgelegt. Die Tabelle zeigt, wie sie sich innerhalb des letzten Jahres und der letzten drei Jahre entwickelt haben.
Name |
ISIN |
Wertenwicklung 1 Jahr* |
Wertenwicklung 3 Jahre* |
---|---|---|---|
MSCI World Index |
|||
iShares Edge MSCI World Minimum Volatility Ucits ETF |
IE00B8FHGS14 |
2,82 % |
23,40 % |
Xtrackers MSCI World Minimum Volatility UCITS ETF 1C |
IE00BL25JN58 |
2,80 % |
23,44 % |
MSCI Europe Index |
|||
iShares Edge MSCI Europe Minimum Volatility UCITS ETF |
IE00B86MWN23 |
-1,63 % |
10,58 % |
Quelle: Biallo.de / Mountainview Data GmbH, Stand 14. Oktober 2020, *in Euro gerechnet.
Umwelt- und Klimaschutz rückt immer mehr in den Fokus von Investoren und Anlegern. Daher verwundert es nicht, dass nun auch im Segment Minimum Vola erste ETFs mit dem Schwerpunkt nachhaltige Aktien zu finden sind. Ein Beispiel ist der Anbieter iShares, der gleich zwei schwankungsarme nachhaltige Aktien-ETFs offeriert:
Das Risiko in Krisenzeiten lässt sich auch mit traditionell gering schwankenden Anlageklassen eindämmen. Eine Möglichkeit sindRentenfonds. Rentenfonds investieren den größten Teil ihres Kapitals in festverzinsliche Wertpapiere. Das können je nach Ausrichtung des Fonds zum Beispiel Staatsanleihen aus dem In- und Ausland sein, Pfandbriefe von Hypothekenbanken oder auch Unternehmensanleihen. Je nach Bonität der Emittenten sind die Fonds mehr oder weniger risikoreich.
Rentenfonds, die ihr Geld in europäische oder internationale Staatsanleihen mit guter Bonität investieren, gelten als sehr sicher. Allerdings war die Wertentwicklung vieler Fonds in den vergangenen Jahren aufgrund der Tiefzinsen eher mau, zudem zogen Anleger mehr und mehr Geld aus diesen Fonds ab.
In der Corona-Krise änderte sich jedoch das Bild. Viele Anleger schichteten Geld, das sie in Aktien angelegt hatten, wieder in schwankungsarme Rentenfonds um. Viele Fonds konnten so Verluste wettmachen, ihre Jahresrenditen ins Plus schieben und halfen auf diese Weise, die Portfolios vieler Anleger zu stabilisieren. Beispiele:
Auch sogenannte Absolute Return Fonds halten sich in Krisenzeiten wacker und verzeichneten zuletzt teils deutliche Gewinne. Die Spezialfonds versuchen in jeder Marktphase, so auch in fallenden Märkten, einen möglichst hohen Ertrag beziehungsweise eine positive Performance zu erzielen. Zum Einsatz kommen deswegen unterschiedlichste Anlageinstrumente wie Aktien, Anleihen oder Derivate.
Ein positives Beispiel ist der Amundi Funds Volatility World, der auf Jahressicht sage und schreibe 20 Prozent im Plus liegt. Der Fonds investiert in vergleichsweise hohem Maße in Derivate, also etwa in Optionsscheine auf Aktienindizes in Europa, USA und Asien. Allerdings birgt eine solche Strategie hohe Anlagerisiken.
Wichtig: Anleger sollten die jüngsten Kursgewinne von Anleihe- oder Derivate-Fonds nicht überbewerten. Es gilt weiterhin wachsam zu sein, denn ebbt die Virus-Krise wieder ab oder gibt es Erfolge bei der Suche nach einem Impfstoff, können die alternativen Anlagen schnell an Wert verlieren.
Eine wichtige Investment-Möglichkeit in Krisenzeiten sind offene Immobilienfonds, vor allem solche, die in Wohnimmobilien investieren. Diese sind meist deutlich weniger als Aktien oder Gewerbeimmobilien von der aktuellen Krise betroffen.
Trotz möglicher Corona-Auswirkungen sprechen für mit Wohnimmobilien bestückte Fonds verschiedene Vorteile:
Fazit: Unterm Strich sind offene Wohnimmobilienfonds zwar auch von den Auswirkungen der Krise betroffen. Hier ist vor allem die Stundungsmöglichkeit der Mieten für drei Monate oder länger zu nennen. Im Vergleich zu anderen Assetklassen sind die Risiken aber überschaubar.
Beispiele:
Hinweis: Anstatt in einzelne offene Immobilienfonds oder Reitso zu investieren kann man es sich auch einfacher machen und in Immobilien-ETFs anlegen – also in börsengehandelte Fonds, die die Wertentwicklung bestimmter Immobilienindizes abbilden.