Streuung: Der einzige Lunch, der gratis ist
"Diversification is the only free lunch in investing", sagt Markowitz. Anders formuliert: Die Diversifikation des Kapitals auf verschiedene Anlageklassen und Regionen kostet nichts, bringt aber einen großen Gewinn. Nämlich ein besseres Rendite-Risiko-Profil. Die Streuung des Vermögens kann das Risiko im Portfolio um ein Viertel bis ein Drittel reduzieren. Immerhin. Aber warum lässt es sich nicht ganz vermeiden?
Die Antwort: Es gibt ein Risiko, das sich auch bei optimaler Mischung der Vermögenswerte nicht "wegdiversifizieren" lässt – das systematische Risiko oder auch das allgemeine Marktrisiko. Einem Terroranschlag wie am 11. September 2001 etwa entgehen Sie nicht durch Streuung, ebenso wenig wie einem Handelskrieg, einem Erdbeben oder einem Krieg in Nahost. Zum systematischen Risiko gehören auch Änderungen der Wechselkurse und Zinssätze sowie die Inflationsrate. Das alles muss man also wehrlos hinnehmen.
Für das systematische Risiko erhält der Anleger ein Plus an erwarteter Rendite, als Ausgleich für seine Wehrlosigkeit. Je höher das Risiko, desto höher der erwartete Ertrag. Man erkauft sich also mehr Renditechancen mit mehr Risiko. Durch Streuung mindern lässt sich allerdings das unsystematische Risiko. Dazu gehören etwa Managementfehler, der Tod des Unternehmensleiters oder das Bonitätsrisiko bei Unternehmensanleihen. Diese Risiken bei einzelnen Unternehmen reduziert man, indem man auf viele setzt.
Wie hoch soll das Risiko des Portfolios sein? Das bestimmt sich aus dem Anteil der risikoarmen (relativ sicheren) Anlage am Portfolio. Wenn Sie einem diversifizierten Aktienportfolio etwa zehn Prozent Bundesanleihen beimischen, sinkt das Risiko dadurch – mischen Sie 25 oder 40 Prozent bei, entsprechend natürlich noch mehr.
Robo-Advisor sind wie ein Homo oeconomicus
Hieraus erklärt sich, warum Robo-Advisors – zusammengesetzt aus robot (Roboter) und advisor (Berater) – so erfolgreich bei der Umsetzung der Modernen Portfoliotheorie nach Markowitz sind: Bei der Aufteilung des Vermögens zu einem effizienten Portfolio gehen sie so vor, wie man sich auch das Vorgehen des Ideal-Typus "Homo oeconomicus" vorstellt – in einem streng rationalen, mathematischen Prozess, der mit den Kennzahlen von Rendite, Volatilität und Korrelation rechnet.
Die Maschine kennt keine menschlichen Abneigungen (wie: "Ich mag einfach keine Rohstoffe") oder Vorlieben ("Ich will mein Heimatland eben übergewichten"). Solche persönlichen Geschmäcker verschlechtern gewöhnlich das Ergebnis. Und solche Abweichungen vom "optimalen Portfolio" sind unnötig, weil sie sich vermeiden lassen, anders als etwa die Kosten der Geldanlage, die man nur möglichst niedrig halten kann.
Vermeidbare Fehler sind ärgerlich. Sie beruhen oft auf Selbstüberschätzung, die ihrerseits auf einer Wissensillusion (Illusion of Knowledge) basieren kann oder auf einem Übermaß an Informationen (Information Overload). Weil Menschen nun einmal kognitiv beschränkt sind, überschätzen sie sich gern und treffen entsprechend falsche Entscheidungen bei der Geldanlage.
An dieser Stelle kommen wieder die Stärken einer naiven Diversifikation wie im Talmud zum Tragen. Sie nimmt den Menschen und seine Schwächen beim Investieren mit einfachen, eindeutigen Regeln an die Hand. Denn es ist tatsächlich wichtig, sich bei der Konstruktion des Portfolios nach einer festen, langfristigen Strategie und objektiven Werten zu richten und nicht davon abzuweichen.
Die weitaus größte Bedeutung kommt den Anteilen der Assetklassen im Gesamtportfolio zu. Diese Asset Allocation (Vermögensallokation) macht den Löwenanteil der Rendite aus, weitaus mehr als die Auswahl einzelner Aktien etwa.