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Immobilieninvestment

Crowdinvesting in Immobilien: Wenn 15 Prozent Zinsen locken

Thomas Öchsner
Autor
Veröffentlicht am: 02.09.2024

Auf einen Blick

  • Schon mit kleinen Beträgen ab zehn oder 100 Euro können Privatanlegende per Crowdinvesting in Immobilienprojekte investieren und hohe Zinsen kassieren.
  • Das Risiko, das angelegte Geld zu verlieren, ist mit der Krise am Immobilienmarkt jedoch deutlich gestiegen.
  • Experten geben Tipps, was Anlegende beachten sollten.
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Das erwartet Sie in diesem Artikel

  1. Was ist Crowdinvesting in Immobilien?  
  2. Wie funktionieren solche Investitionen in Immobilien?
  3. Wie hoch sind die Zinsen bei Crowdinvesting in Immobilien?
  4. Wie sicher sind solche Immobilieninvestments, wie groß ist das Risiko?
  5. Lohnt sich Crowdinvesting aktuell noch?
  6. Wie gut werden Verbraucher über Crowdinvesting-Projekte informiert?
  7. Wie sehen aktuelle Angebote der Plattformen aus?
  8. Worauf sollten Anleger beim Crowdinvesting achten?
  9. Alternativen: Wie kann ich noch mit wenig Geld in Immobilien investieren?  

Schon mit zehn oder 100 Euro kann es losgehen, es locken Zinsen von sieben bis zu 15 Prozent. Wer nicht genug Geld hat, sich eigene vier Wände zu leisten, kann per Crowdinvesting in Immobilien investieren. Zehntausende Anleger und Anlegerinnen haben dies in den vergangenen Jahren probiert. Doch nun müssen viele um ihr Geld fürchten, weil der Immobilienmarkt von einer Pleitewelle erschüttert wird. Wie sich mit wenig Geld als Schwarmfinanzierer mit Immobilien Geld verdienen lässt – die Vor- und Nachteile.

 

Was ist Crowdinvesting in Immobilien?  

Es geht um eine nicht mehr ganz neue Form der Geldanlage, die Renditen verspricht, wovon Tagesgeld- und Festgeld-Sparer trotz des Zinsanstiegs in den vergangenen zwei Jahren nur träumen können: Wer mit eher geringen Einsätzen mit Immobilien Geld verdienen, dabei nicht auf Immobilienfonds setzen und selbst entscheiden will, in was für ein Immobilienprojekt eigenes Geld fließen soll, kann per Crowdinvesting in Immobilien derzeit sieben, acht oder sogar bis zu 15 Prozent an Zinsen bekommen – wenn alles gut geht.  Die Rede ist von der Schwarmfinanzierung in Immobilien. Der Schwarm (Crowd) – das sind Anlegerinnen und Anleger, die eher kleinere Beträge in einzelne Immobilienprojekte investieren. In der Regel mischen bei solchen Schwarmfinanzierungen nach Angaben des Deutschen Bankenverbands immer drei Beteiligte mit:

  • die Anleger, die Kapital für Immobilienprojekte zur Verfügung stellen,
  • das Unternehmen, das ein Projekt an den Markt bringen will und
  • die Vermittlungsplattform im Internet, die die Anlegenden quasi als Kreditgeber und die Unternehmen als Kreditnehmer zusammenbringt (siehe Grafik).
So funktioniert Immobilien-Crowdinvesting

Tipp: Crowdinvesting nicht mit Crowdfunding verwechseln

Crowdfunding und Crowdinvesting werden oft synonym verwendet. Tatsächlich sollten Sie die Unterschiede kennen, auch wenn immer der Schwarm mit dabei ist. Beim Crowdfunding beteiligen sich viele Geldgeber mit vergleichsweise geringen Summen, um ein innovatives, kreatives oder kulturelles Projekt zu verwirklichen. Die vielen kleinen Geldbeträge bilden das Startkapital. Die finanzielle Unterstützung ist nach Angaben des Deutschen Bankenverbands grundsätzlich aber eher als eine Spende zu verstehen, auch wenn es als Gegenleistung zum Beispiel eine namentliche Erwähnung als Spender oder Spenderin oder etwa einen Anteil an einer Ernte bei einem landwirtschaftlichen Projekt geben kann. Deshalb besteht auch kein wirtschaftliches Risiko.  

Anders beim Crowdinvesting in Immobilien: Alle drei Beteiligten, die Betreiber der Plattform, die Anlegenden als Geldgeber und die Immobilienfirmen, haben eine Gewinnabsicht, wollen Geld verdienen. Und das kann gutgehen – oder auch nicht. Schlimmstenfalls verlieren Anleger ihren gesamten Einsatz (siehe Risiken unten).

 

Wie funktionieren solche Investitionen in Immobilien?

Geht alles glatt wie in der Theorie geplant, läuft das Geschäftsmodell folgendermaßen ab: Ein Unternehmen, nicht selten ein Bauträger oder Projektentwickler, hat nicht genug Eigenkapital und/oder bekommt nicht ausreichend Bankenkredite, um ein bestimmtes Immobilienprojekt zu entwickeln und umzusetzen. Das Unternehmen arbeitet deshalb mit Crowdinvesting-Plattformen im Internet wie Exporo, Genocrowd, Zinsbaustein, Bergfürst, Dagobertinvest oder Engel & Völkers Digital Invest zusammen.  

Diese Crowdinvesting-Plattformen sammeln das Geld bei den privaten Anlegern ein, die das als Darlehen an das Unternehmen weiterreichen. Oft wird das so erworbene zusätzliche eigenkapitalähnliche Geld genutzt, um Kredite oder günstigere Konditionen von der Bank zu bekommen. Ist genug Geld vom Schwarm eingesammelt, wird das Projekt hochgezogen. Die Anleger erhalten Zinsen, meist für kurze Laufzeiten von bis zu drei Jahren.  

Nach Bauende wird die Immobilie weiterverkauft, und klappt alles wie vorgesehen, erhält die mitfinanzierende Bank ihren Kredit zurück und die Investoren ihr eingezahltes Geld inklusive der bis dato aufgelaufenen Zinsen bei der Rückzahlung des Kapitals. Die Plattformen wiederum kassieren vom Projektentwickler fürs Vermitteln hohe Provisionen, für die Anleger ist ihr Investment hingegen „gebührenfrei“.  

Vor der Zinswende und dem Ukraine-Krieg hat das Geschäftsmodell des Immobilieninvestments meistens noch recht gut funktioniert. Inzwischen aber sind etliche Immobilienfirmen in eine Schieflage geraten, vor allem dann, wenn sie schon vor dem Immobilienboom schlecht, zu riskant und/oder zu optimistisch kalkuliert und gewirtschaftet haben. Das liegt vor allem daran:  

  • Die Hypothekenzinsen haben sich seit Anfang 2022 bis heute fast vervierfacht. Das macht die Finanzierung von Immobilienprojekten deutlich teurer.
  • Die Baupreise sind kräftig gestiegen, das trifft nicht nur private Häuslebauer, sondern gerade auch die Bauträger.
  • Bürogebäude, vor allem in der Peripherie, sind infolge des Trends zum Homeoffice nicht mehr so gefragt. Es gibt mehr Leerstand, die Mietpreise in sogenannten B- und C-Standorten sinken.
  • Es gibt weniger Käufer und Käuferinnen, die die Immobilienpreise finanzieren können, trotz des Preisrutsches für Wohn- und Gewerbeimmobilien. Die Käufer sind wählerischer und zurückhaltender geworden. Das macht es für die Immobilienentwickler schwieriger, ihre Projekte mit Gewinn zu verkaufen.

Lesen Sie dazu den Ratgeber:Ist jetzt ein guter Zeitpunkt für den Immobilienkauf?” von biallo.de.

Wie können Anlegende konkret in Immobilien per Crowdinvest investieren?

Wenn Sie ein Immobilien-Investment als Teil der Crowd trotz der hohen Risiken in Erwägung ziehen, müssen Sie sich zunächst bei einer oder mehreren Plattformen wie Exporo, Genocrowd und Co. anmelden. Dann werden Sie automatisch über mögliche neue Immobilienprojekte per Mail informiert.  

Egal ob es um eine Wohnanlage, ein Bürohaus, ein Pflegeheim oder Einzelhandelszentrum geht, Sie können sich als potenzieller Anleger für ein bestimmtes Projekt vormerken lassen und erhalten dann von den Plattformen eine Nachricht, an welchem Tag und zu welcher Stunde die sogenannte Zeichnung online erfolgen kann. Aber dann müssen Sie auch Zeit haben, sich zu kümmern und zum Beispiel mittags um 12 Uhr am PC zu sitzen, um die Höhe Ihres Einsatzes anzumelden. Vor zwei, drei Jahren hieß das noch, dass Sie nicht unbedingt zum Zug gekommen wären. Die Projekte wurden nicht selten binnen weniger Minuten oder in wenigen Stunden unters Volk gebracht, weil die Nachfrage größer war als das Angebot.  

Das hat sich mittlerweile geändert: Die Anlegenden sind vorsichtiger geworden, haben mit Tagesgeld und Festgeld eine gute Alternative, um Zinsen von zumindest drei Prozent und mehr zu bekommen. Die Internetplattformen müssen deshalb mehr dafür tun, um genug Anlegende mit ausreichend Kapital für ein Projekt zu finden. Heute müssen Immobilieninvestment-Anbieter Werbebriefe verschicken, in denen Kundinnen und Kunden gefragt werden, ob sie nicht den Erlös aus einem früheren Projekt in ein neues Investment stecken wollten. Außerdem buhlen die Plattformen verstärkt um ihre Kundschaft mit Gratifikationen wie zum Beispiel „150 Euro Investmentbonus“ (Exporo) oder „bis zu 100 EUR Cash-Booster“ für Neuinvestoren (DagobertInvest) oder mit einem Zinsbonus von bis zu 2,0 Prozentpunkten für Frühzeichner (Genocrowd). Trotzdem kann es nun bei vielen der neuen Projekte mehrere Wochen dauern, bis das gewünschte Kapital eingesammelt wird, sofern das überhaupt gelingt.

 

Wie hoch sind die Zinsen bei Crowdinvesting in Immobilien?

Vor drei, vier Jahren gab es für Immobilieninvestments noch Zinsen von meist vier bis fünf Prozent – in der damaligen Niedrigzinsphase ein attraktives Angebot. Jetzt liegen die Zinsen bei oft sieben bis neun Prozent. In der Spitze gibt es sogar 15 Prozent. Eine goldene Regel besagt aber: Je höher die versprochenen Zinsen, desto höher das Risiko.

 

Wie sicher sind solche Immobilieninvestments, wie groß ist das Risiko?

Die goldene Regel „Je höher die in Aussicht gestellte Rendite, desto höher das Risiko“ gilt natürlich auch bei der Schwarmfinanzierung: „Es besteht immer das Risiko eines Totalausfalls, das heißt, die Anleger sehen ihre Einlage nicht wieder“, sagt Investment-Experte Stefan Loipfinger. Er betreibt das Anlegerschutzportal Investmentcheck.de. Dieses Risiko hängt mit der Finanzierungsform zusammen. Anleger werden bislang überwiegend über sogenannte Nachrangdarlehen an der Finanzierung der Immobilie beteiligt. „Geht der Projektanbieter pleite, wird vorrangig die Gläubigerbank aus dem Erlös einer Zwangsversteigerung bedient. Andere Gläubiger wie Kleinanleger gehen schlimmstenfalls leer aus“, sagt Loipfinger.  

Im Insolvenzverfahren ist dann für die Forderungen der Crowd oft nichts mehr oder nur noch wenig da. Und das dürfen die Anbieter auch nicht verschweigen. Bei Exporo zum Beispiel steht auf der Homepage unter „Risikohinweis“: Anlagen in Schwarmfinanzierungsprojekten seien „mit Risiken verbunden, einschließlich des Risikos eines teilweisen oder vollständigen Verlusts des angelegten Geldes“. Solche Anlagen seien nicht durch die EU-Einlagensicherungssysteme geschützt. Und weiter: „Sie erhalten möglicherweise keine Rendite aus Ihrer Anlage (…). Sie werden die Anlageinstrumente möglicherweise nicht jederzeit verkaufen können. Selbst wenn Sie sie verkaufen können, können Sie doch Verluste erleiden.“  

Anlegende sollten aber auch darauf achten, ob die Vermittler „qualifiziert nachrangig ausgestaltete Darlehen“ zur Verfügung stellen, auch dies findet sich in den Risikohinweisen. Dabei tragen die Darlehensgeber, sprich die Anleger, ein höheres Risiko als reguläre Fremdkapitalgeber. Der Grund: Wegen der eigenkapitalähnlichen Haftungsfunktion des Nachrangkapitals trifft den Darlehensgeber ein unternehmerisches Verlustrisiko. Trotzdem erhält der Darlehensgeber keine gesellschaftsrechtlichen Mitwirkungsrechte.  

Und nicht nur das: Sämtliche Ansprüche des Darlehensgebers aus dem Nachrangdarlehensvertrag – das gilt besonders für die Ansprüche auf Zinszahlung und Rückzahlung des Darlehens – lassen sich gegenüber dem Darlehensnehmer nicht geltend machen, wenn dies für den Darlehensnehmer einen Grund für die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens herbeiführen würde oder wenn in dieser Phase bereits ein Insolvenzgrund vorliegt. Im Fachjargon ist hier von der „vorinsolvenzlichen Durchsetzungssperre“ (Zahlungsvorbehalt) die Rede. Das bedeutet in der Praxis: Die Ansprüche wären dauerhaft in ihrer Durchsetzung gesperrt, solange die Krise des Darlehensnehmers nicht behoben ist. Unterm Strich kann diese spezielle Haftungsregelung ebenso zum Totalverlust des investierten Kapitals führen.

Tipp: Crowdinvesting-Plattformen richtig einschätzen

Eigentlich sollten Crowdinvesting-Plattformen eine Art Gatekeeper sein, die Projekte filtern und damit das Schlimmste verhindern. Schließlich hängt davon auch ihr Ruf ab.  

Die Stiftung Warentest warnte aber Anfang 2024: „Die Plattformen gelten nur als Finanzanlagenvermittler, nicht Berater. Sie bieten Unternehmen auch Dienstleistungen zu den Angeboten an – ein potenzieller Interessenkonflikt und möglicher Anreiz, auch weniger aussichtsreiche Projekte zu promoten.“ So sieht es auch Experte Loipfinger: Der enorme Wettbewerb unter den Plattformen und die Aussicht auf hohe Provisionen von den Projektentwicklern hätten dazu beigetragen, dass die Plattformen auch Geschäfte mit weniger seriös kalkulierenden Projektentwicklern eingegangen wären und eingehen.

Bei Exporo heißt es dazu auf der Homepage: Ein Experten-Team prüfe die Projekte in einem mehrstufigen Prozess genau. Das führe dazu, dass nur Projekte den Anlegern angeboten werden, „die diesen mehrstufigen Prüfprozess erfolgreich durchlaufen“ Und weiter: „Derzeit liegt die Quote der angenommenen Projekte bei unter zehn Prozent.“ Loipfinger kritisiert aber: „Im Fall des Scheiterns wollen Plattformen nichts von ihrer Verantwortung bei der Produktauswahl wissen. Er kann von zahlreichen Fällen berichten, in denen sich Plattformen dann auf die Verantwortung der Projektentwickler herausreden. Man hätte nur deren Informationen ungeprüft übernommen, um bei Verlusten keine Haftung übernehmen zu müssen.

Bei der noch recht jungen genossenschaftlichen Crowdinvesting-Plattform Genocrowd setzt man auf die Expertise der Raiffeisenbank im Hochtaunus („Meine Bank“), die sich auf die gewerbliche Immobilienfinanzierung spezialisiert hat.  „Wir begleiten jedes Projekt auf der Kreditseite, wenn das Projekt auf der GenoCrowd platziert werden soll. Somit stellen wir den Löwenanteil der Finanzierung durch uns als Bank dar“, sagt Michael Wahab, der für die Raiffeisenbank im Hochtaunus als Berater von GenoCrowd fungiert. „Von daher haben wir ein ureigenstes Interesse daran, dass die Projekte erfolgreich verlaufen.“ Bislang gab es bei Genocrowd noch keinen Projektausfall. Von den bis dato 16 vollfinanzierten Projekten habe man bereits acht Nachrangdarlehen vollständig zurückgezahlt, teilweise auch vorzeitig.

 

Lohnt sich Crowdinvesting aktuell noch?

Die einfache Antwort auf diese Frage lautet: kommt drauf an. Jeder, der womöglich mühsam erspartes Geld für Immobilien-Investments verwendet, geht letztlich eine Wette auf den Erfolg eines bestimmten Projekts ein. Das kann funktionieren, und dann sind weit überdurchschnittliche Renditen möglich. In mehr und mehr Fällen funktioniert es aber eben nicht.

Schon vor sieben Jahren gab es für Immobilien-Schwarmfinanzierer die ersten Problemfälle: Im Jahr 2017 stellten nach Angaben von Stiftung Warentest zwei Projektentwicklungsgesellschaften Insolvenzantrag, die in Berlin-Tempelhof zwei Mikroapartmenthäuser mit dem Namen Luvebelle bauen. Damit nicht genug: Bis Ende 2019 hatte es bei mehr als 260 über Crowdinvesting abgewickelten Immobilienprojekten bereits sechs Totalausfälle gegeben. Bei zwei Bauvorhaben in Marburg fiel Exporo sogar auf einen Hochstapler herein, der ins Gefängnis wanderte.  

Anfang 2020 hatte Loipfinger in der Süddeutschen Zeitung bereits vorausgesagt: „Sobald der Immobilienboom in Deutschland endet, werden die meist nachrangigen Darlehen der Schwarmanleger reihenweise wie Seifenblasen platzen!“ Nun, sagt er, „ist das riesige Blutbad in vollem Gange“. Er kritisiert, dass etliche Investments von vorneherein auf wackligen Pfeilern standen. Viele Projektentwickler hätten gar nicht damit gerechnet, dass es auch einmal nicht aufwärts gehen könne am Immobilienmarkt, sondern abwärts.

Loipfinger hat auf seinem Portal Investmentcheck Mitte Juli eine neue Analyse vorgelegt. Er sagt: „Ich habe in mehr als 30 Jahren Berufserfahrung noch nie eine derartige Häufung von Insolvenzen auf dem Kapitalmarkt erlebt.“ Von den etwa 4.200 Produkten in seiner Datenbank gibt es knapp 1.000 Projekte, also bei fast jedem vierten Projekt, Zahlungsausfälle bis hin zum Totalverlust. Ein Großteil dieser Vermögensanlagen  sind dabei Crowdinvesting-Projekte, quer über alle Branchen, also auch für Projekte in den Sparten Erneuerbare Energien, Landwirtschaft, mittelständische Unternehmen oder Kultur- und Bildungsprojekte. Davon entfallen wiederum die meisten auf Immobilien-Projekte, die in der Sparte Crowdinvesting etwa einen Marktanteil von 80 Prozent haben dürften.  

Loipfingers Analyse deckt sich mit einer Untersuchung von Stiftung Warentest: Die Warentester nahmen dabei 2.760 Crowdinvesting-Projekte, die zwischen 2015 und 2022 als Vermögensanlagen, meist über besondere Formen von Darlehen, auf den Markt kamen oder kommen sollten. Mehr als zwei Milliarden Euro hatten Anlegende in die Vorhaben investiert. Das Ergebnis: Bis Ende Oktober 2023 kamen die Warentester auf 255 Gesellschaften, die in den vergangenen acht Jahren insolvent wurden. Allein von Januar bis Ende Oktober 2023 waren es 63 Firmen, damit dürfte es 2023 so viele Insolvenzfälle wie nie zuvor in der jungen Branche gegeben habe.  

Betroffen vom möglichen Ausfall der Rückzahlung infolge einer Insolvenz ist demnach Anlegergeld in Höhe von mehr als 50 Millionen Euro, allein im Jahr 2023. Weiter berichtet die Stiftung: „Bei gut 300 Projekten sind Zahlungen überfällig. Insgesamt seien bei mindestens einem Fünftel „Total- oder Teilausfälle zu befürchten“.  

Dass es zu Ausfällen und verzögerten Zahlungen kommen kann, zeigt auch die Bilanz von Exporo, der als einer der führenden Anbieter in Deutschland gilt: Das Unternehmen hat nach eigenen Angaben seit der Gründung im Jahr 2014 rund 600 Projekte mit einem Volumen von mehr als 1,1 Milliarden Euro vermittelt. 700 Millionen Euro wurden davon an die mehr als 35.000 Anlegerinnen und Anleger zurückgezahlt, davon 70 Prozent pünktlich oder frühzeitig.  

Bei den abgeschlossenen Projekten wurden laut Exporo 52 Prozent vorzeitig zurückgezahlt und 18 Prozent pünktlich. Verspätete Rückzahlungen gab es demnach bei 29 Prozent aller abgeschlossenen Projekte, bei einem Prozent sei die Rückzahlung „ausgefallen“. Die Bilanz dürfte sich aber nicht nur bei Exporo auf Grund der Häufung von Pleiten in den nächsten Monaten und Jahren deutlich verschlechtern.

Auch Anlegerinnen und Anleger von Crowdfunding-Plattformen berichten laut Stiftung Warentest zunehmend von Problemen. Dies bestätigt auch Experte Loipfinger, auf dessen Plattform Anleger von ihren Erfahrungen berichten und sich in Foren austauschen können. Er sagt: „Es mehren sich die schlechten Nachrichten, gerade auch bei Immobilien-Projekten, die früher als eher sicher beworben wurden, jetzt nicht nach Plan laufen und schlimmstenfalls in die Insolvenz geraten.“

 

Wie gut werden Verbraucher über Crowdinvesting-Projekte informiert?

Die „Marktwächter Finanzen“ der Verbraucherzentrale Hessen prüften bereits 2017 bei 33 Internetplattformen Unterlagen von insgesamt 83 Crowdinvesting-Projekten. Dabei kam kein gutes Zeugnis für die Anbieter heraus: So seien die Angaben zu einzelnen Projekten häufig unpräzise gewesen, die Ausführungen zu Laufzeit und Kündigungsmöglichkeiten unklar oder widersprüchlich formuliert. Die Marktwächter-Experten stellten außerdem fest, dass es Verbraucherinnen und Verbrauchern nur schwer möglich sei, die Kosten und damit auch die Angebote zu vergleichen. Schon deshalb sei es unmöglich, irgendwelche Testsieger zu ermitteln.

Der Auswertung zufolge lagen die einmalig anfallenden Kosten und Provisionen, wie beispielsweise die Vermittlungsgebühr, die die Emittenten an die Plattform entrichten, in mehr als der Hälfte der Fälle zwischen rund sechs und elf Prozent der Darlehenssumme. „Das sind oft erhebliche Anteile der vom Verbraucher investierten Summe, die gar nicht in das eigentliche Vorhaben fließen. Es finden sich in den Vermögensanlagen-Informationsblättern außerdem auch keine standardisierten Angaben, die Verbrauchern einen Vergleich der Kosten in unterschiedlichen Projekten ermöglichen“, sagte ein Sprecher des hessischen Marktwächter-Teams. Grundlage für die Untersuchung waren die Verträge und die gesetzlich vorgeschriebenen Informationsblätter über die Projekte.

 

Wie sehen aktuelle Angebote der Plattformen aus?

Exporo

Neubau eines Mehrfamilienhauses mit voraussichtlich 33 Wohneinheiten sowie vier Reihenhäuser mit insgesamt 2.815 qm Wohnfläche. In Aussicht gestellte Rendite: 8,5 Prozent pro Jahr. Finanzierungsziel: 1.614.000 Euro. Minimal- / Maximallaufzeit: Dezember 2025 / September 2026.  

Genocrowd

Errichtung „Fitter Living“ Nord-Property-Hochbau, Landau-Pfalz, 37 Wohn- und 4 Gewerbeeinheiten mit einer Gesamtfläche von 4.064 qm.  In Aussicht gestellter Zins: 10,0 Prozent pro Jahr, Laufzeit bis 31. Dezember 2025. Finanzierungsziel: 1,2 Millionen Euro.  

DagobertInvest

Restaurierung der Villa Schwerzenbach in Bregenz, nahe Bodenseeufer, mit 501 qm Grundstücksfläche und 1.277 qm Nutzfläche. Das historische Anwesen aus dem 19. Jahrhundert wird nach Abschluss der Renovierungsarbeiten über 14 Wohnungen und ein Büro verfügen und anschließend an einen Betreiber vermietet. In Aussicht gestellter Zins: 10,0 Prozent pro Jahr, Laufzeit 18 Monate mit bis zu sechsmonatiger Verlängerungsoption. Finanzierungsziel: 550.000 Euro.  

Hinweis gemäß § 12 Abs. 2 Vermögensanlagengesetz: Der Erwerb dieser Vermögensanlage ist mit erheblichen Risiken verbunden und kann zum vollständigen Verlust des eingesetzten Vermögens führen.

Vermittler von Immo-Crowds im Überblick

Crowdinvesting Plattformen im Überblick

 

Worauf sollten Anleger beim Crowdinvesting achten?

Für Anlegende, die Laien auf dem Immobilienmarkt sind, ist es äußerst schwierig zu beurteilen, ob ein Projekt wie geplant laufen wird oder nicht. Sie können aber auf diese Punkte achten:  

  • Wer per Crowdinvesting Geld anlegen will, sollte sich bewusst machen, dass das keine solide Altersvorsorge ist. Es ist eher eine Spielerei. Sie sollten dafür auch nur „Spielgeld“ benutzen, also Geld, dessen Verlust Sie ohne schlaflose Nächte verschmerzen können.
  • Haben Sie an einem Projekt Interesse, sollten Sie dies penibel prüfen. Im Blick sollten Sie vor allem haben, ob Kosten und Risiken transparent dargestellt werden, wie hoch die Kosten sind und wie realistisch der Zeitplan und die Prognosen zu Gewinnen und Renditen sein könnten.
  • Lesen Sie deshalb lieber das Vermögensanlagen-Informationsblatt (VIB) wirklich durch, bevor Sie investieren. Es ist maximal drei Seiten lang. Darin werden nicht nur das zu finanzierende Projekt mit Laufzeit und Kündigungsfrist beschrieben, sondern auch die Kosten, Provisionen und Risiken offengelegt. Achten Sie auf klare Formulierungen. Im Zweifelsfall gilt immer: „Besser die Finger von dem Projekt lassen, als es zu finanzieren“, warnt Loipfinger.
  • Selbst Exporo rät, „nicht mehr als zehn Prozent Ihres Reinvermögens in Schwarmfinanzierungsprojekten anzulegen“. Schon diese Quote ist aber reichlich hoch bemessen. Je nach Vermögen und Risikostruktur des Wertpapierportfolios sollten dies eher deutlich weniger, aber auf keinen Fall mehr sein.
  • Sie sollten das Geld verteilen, um das Risiko zu streuen. Lieber in fünf Projekte jeweils 1.000 Euro stecken als in ein Projekt 5.000 Euro.
  • Um Angebote mit ungeklärter Baugenehmigung, langen Laufzeiten sowie mit unerfahrenen Projektentwicklern sollten Sie lieber einen Bogen machen.
  • Prüfen Sie, ob der Projektentwickler bereits andere Projekte über den Schwarm mitfinanziert hat und ob dies ohne Probleme gelungen ist.
  • Bei Fundings mit der Nummer II oder III rät Loipfinger besonders genau hinzuschauen, weil mit solchen Anschlussfinanzierungen häufig nur Vorgängerinvestments zurückbezahlt wurden, die nicht plangemäß aus dem Verkauf der Objekte bedient werden können.
  • Rechnen Sie Immer damit, dass ein Totalverlust möglich ist, und bedenken Sie: Die Rendite wird in der Regel selbst dann negativ, wenn das Risiko verteilt ist. Um bei dem 5.000-Euro-Beispiel zu bleiben: Wenn ein Projekt mit einer 1.000-Euro-Investition pleitegeht und alle anderen Projekte mit einem Investitionsvolumen von 4.000 Euro im Durchschnitt sieben Prozent Zinsen über eine Laufzeit von zwei Jahren abwerfen, bringt das 560 Euro Zinsen, davon gehen eventuell noch Kapitalertragssteuern ab.  Bei einer Rückzahlung von 4.000 Euro sind das bestenfalls 4.560 Euro – ein Verlust von 440 Euro, der ehrlich gerechnet noch höher ist: Denn eine Festgeldanlage hätte in den zwei Jahren 350 Euro Zinsen bringen können. Am Ende wären also 5.350 Euro auf dem Konto (jeweils ohne Zinseszins gerechnet).
  • Seit dem 15. Juli 2019 gilt für alle Crowdinvesting-Projekte eine maximale Zeichnungsgrenze pro Anleger von 25.000 Euro. Wenn Sie mehr als 1.000 Euro investieren möchten, müssen Sie mindestens über 100.000 Euro Vermögen verfügen oder Sie dürfen nicht mehr investieren, als Sie in zwei Monaten durchschnittlich netto verdienen. Die persönlichen Angaben dazu machen Sie.  

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Was können Sie tun, wenn ein Projekt gescheitert ist oder zu scheitern droht und die Rückzahlung Ihres Geldes gefährdet ist?

Die Stiftung Warentest rät:

1. Auf die vorgeschriebenen Informationen schauen

Unternehmen, die per Crowdinvesting ihre Projekte finanziert und dafür Vermögensanlagen herausgegeben haben, müssen ihren Jahresabschluss spätestens sechs Monate nach Geschäftsjahresende beim Bundesanzeiger zur Veröffentlichung einreichen. Wenn dieser auf unternehmensregister.de stark verspätet oder nicht abrufbar ist, ist das ein Warnzeichen. Sie haben sogar das Recht, sich den Abschluss zusenden zu lassen (Paragraf 23, Absatz 1 Vermögensanlagengesetz).

2. Selbst nach den Gründen für Probleme suchen

Sie haben festgestellt, dass Zins- oder Rückzahlungen ausgefallen sind? Dann hilft es, auf Recherchereise im Internet zu gehen. Häufig gibt es schon Foren/Initiativen von Anlegenden, die sich über ein Projekt in Schieflage austauschen. Oder Sie gründen selbst eine Interessengemeinschaft mit eigener Internetseite, wie zum Beispiel ein Anleger der Plattform Bergfürst.

3. Auf die Suche nach Mitstreitern gehen

Die Kosten für rechtliche Schritte seien bei Crowdinvestings „im Verhältnis zum Schaden oft unverhältnismäßig hoch, sie können ihn auch weit übersteigen“, warnt die Stiftung Warentest. So sehe bei 1.000 Euro das Gesetz knapp 700 Euro für Gerichtskosten und Anwaltsgebühren vor, durch zwei Instanzen wären es gut 1.500 Euro im Fall einer erfolglosen Klage. Auch ist es schwierig, Anwälte zu finden, die wegen des hohen Aufwands solche Fälle übernehmen. Anders sieht es aus, wenn sich Anleger zusammenschließen und gemeinsam einen Rechtsanwalt beauftragen.  

 

Alternativen: Wie kann ich noch mit wenig Geld in Immobilien investieren?  

Hier gibt es vor allem drei Möglichkeiten:  

  1. Sie können in offene Immobilienfonds Geld stecken, die derzeit zum Teil aber auch unter dem Preisrutsch am Gewerbe- und Wohnimmobilienmarkt leiden.
  2. Sie können auf Immobilien-ETFs setzen.
  3. Sie können in Reits investieren.

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Thomas Öchsner, Jahrgang 1961, ist seit 1991 Wirtschaftsjournalist. Bei der Münchner Abendzeitung hat er als stellvertretender Ressortleiter für das Ressort „Geld“ gearbeitet. 1999 wechselte er zur Süddeutschen Zeitung. Dort war er zunächst Redakteur für Finanzen in der Wirtschaftsredaktion in München, später neun Jahre Korrespondent für Sozial- und Arbeitsthemen in der Parlamentsredaktion in Berlin. Wieder zurück in der Münchner Zentrale leitete er das Finanzteam in der Wirtschaftsredaktion. Für die SZ hat er den wöchentlichen Newsletter „SZ Geld“ und das Magazin „GELD“ entwickelt. Seit Juni 2021 arbeitet Öchsner als selbständiger Autor für die SZ, biallo.de und andere Medien. Aktuelles Buch: Ihr Vermögensturbo ab 50, Geldanlage für eine bessere Rente.

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