





Es war die fünfte Leitzins-Senkung in Folge: Von 3,00 auf 2,75 Prozent hat die Europäische Zentralbank (EZB) zuletzt ihren Einlagenzins herabgesetzt. Dieser EZB-Leitzins ist entscheidend für die Entwicklung der Sparzinsen – also etwa der Zinsen auf Tagesgeld und Festgeld. Die Leitzinssenkungen der Notenbank wirken sich aber auch auf die Kurse von Aktien und Anleihen aus.
Anleger und Sparer fragen sich daher: Wie weit geht es noch runter mit den Zinssätzen – und was heißt das für meine Geldanlage? Zusammen mit der V-Bank hat biallo.de unabhängige Vermögensverwalter gefragt, wie sich die Zinsen weiter entwickeln könnten, was das für Sparprodukte, Anleihen und Aktien heißt – und was die Anlageprofis jetzt beim Thema Geldanlage raten. Die V-Bank ist Partnerbank von rund 500 unabhängigen Vermögensverwaltungen und Family Offices.
Darin sind sich die Anlageexperten weitgehend einig: Die Notenbank dürfte die Zinsen weiter senken. „Sollte die Inflation weiter fallen und die Wirtschaft der Eurozone schwächeln, wird die EZB den Zinssenkungskurs fortsetzen“, sagt etwa Stephan Witt von der Vermögensverwaltung Finum Private Finance. Auch Burkhard Wagner von Partners Vermögensmanagement glaubt: „Der Druck auf die Geldmarktsätze hält weiter an.“ Dafür spreche auch die Diskussion um Zölle und mögliche Handelsstreitigkeiten mit den USA. Das könnte die Wirtschaft schwächen – in Europa, aber auch weltweit.
Sinkende Zinsen sollen dem entgegenwirken. Für Philipp Müller von German Capital Management sind bis Jahresende „noch mindestens ein bis zwei Zinssenkungen realistisch“. Experte Stephan Witt rechnet damit, dass der Einlagensatz bis Ende 2025 auf bis zu 2,50 Prozent sinken könnte. Burkhard Wagner sieht den Satz dann bei 1,75 bis 2,00 Prozent.
"Der Druck auf die Geldmarksätze hält weiter an."
Burkhard Wagner, Partners Vermögensmanagement
Die Deutschen lieben „einfache Anlageprodukte wie Tages- oder Festgeld“, sagt Burkhard Wagner. Doch genau diese Anlagen werden bei sinkenden Leitzinsen „eins zu eins unattraktiver“, meint der Experte. Die Banken werden bei fallenden Zinsen die Konditionen für Sparprodukte „schnell anpassen“, sagt auch Andreas Görler von der Vermögensverwaltung Wellinvest Pruschke & Kalm. Die Folge: „Sinkt das Zinsniveau, erhält man auf Tagesgeld und Co. weniger Erträge.“
Das raten die Experten: Wer auf Tages- und Festgeld setzen will, sollte jetzt längere Laufzeiten wählen, meint Stephan Witt. Damit könne man sich „die aktuell noch vergleichsweise hohen Zinssätze sichern“. Je weiter der Zins nach unten geht, desto eher sollten Sparerinnen und Sparer jedoch nach Auffassung der Anlageprofis Tages- und Festgeld als „Parkplatz” für Liquidität sehen – also für Geldbeträge, die sie relativ kurzfristig benötigen. Die folgende Tabelle zeigt gute Festgeldangebote mit vier Jahren Laufzeit. Dabei sind noch Zinsen von bis zu 3,00 Prozent drin:
Sinken die Zinsen, steigen in der Regel die Kurse bestehender Anleihen. Denn auch deren fester Zins – der sogenannte Kupon – ist derzeit noch vergleichsweise hoch. Die Papiere werden daher bei sinkendem Zinsniveau verstärkt nachgefragt. Das treibt die Anleihekurse in die Höhe. Die Anlageexperten gehen davon aus, dass vor allem länger laufende Anleihen davon profitieren können: Sie reagieren sensibler auf Zinssenkungen.
Das raten die Experten: Anlegerinnen und Anleger, können von den sinkenden Zinsen profitieren, „indem sie jetzt in bestehende Anleihen mit attraktiven Kupons investieren“, rät Philipp Müller von German Capital Management. Insbesondere langfristige Anleihen mit guter Bonität versprechen Kursgewinne. „Der vorhandene Zins und die Kursgewinne bieten attraktive Gesamtrenditen“, sagt Müller.
Auch die Aktienkurse steigen meist, wenn die Zinsen fallen. Denn Aktien werden dann attraktiver im Vergleich zu Zinsanlagen. „Allerdings bestehen global bereits ambitionierte Bewertungsmaßstäbe“, gibt Experte Burkhard Wagner zu bedenken. Soll heißen: Aktien sind nach den Kursanstiegen der vergangenen Monate bereits relativ teuer. Hinzu kommt: Mögliche Handelskonflikte können für Unsicherheit und stärkere Schwankungen an den Börsen sorgen.
Das raten die Experten: Anlegerinnen und Anleger sollten ihre Investitionen breit streuen (Diversifikation). Unter anderem raten die Anlageprofis in unsicheren Zeiten zu Qualitätsaktien mit guten Dividenden: „Defensive Dividendenwerte bieten Stabilität“, sagt Stephan Witt. Und Andreas Görler ergänzt: „In ein ordentliches Portfolio gehören stets Aktien guter Unternehmen, die bereits einige Stressphasen überstanden haben.“