Zinsanlagen

Inverse Zinsstruktur – was das für Anleger bedeutet

Andreas Jalsovec
Redakteur
Aktualisiert am: 24.04.2024

Auf einen Blick

  • Die Zinsen für Geldanlagen mit kurzen Laufzeiten sind in vielen Fällen höher als in der langen Frist – und das schon seit einigen Monaten. Das nennt man inverse Zinsstruktur.
  • Eine inverse Zinskurve kann entstehen, wenn die Notenbanken mit einer Anhebung der Leitzinsen das kurzfristige Zinsniveau in die Höhe treiben. Sie gilt auch als Vorbote einer Rezession.
  • Anleger sollten in der derzeitigen Situation genau überlegen, wann sie das angelegte Geld wieder benötigen – und mit einem Teil des Vermögens flexibel bleiben.
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Das erwartet Sie in diesem Artikel

  1. Was ist eine inverse Zinsstruktur?
  2. Was ist die Ursache für eine inverse Zinsstruktur?
  3. Was bedeutet die inverse Zinsstruktur für Tages- und Festgeld-Angebote?
  4. Wie sollten Zinssparer auf die inverse Zinsstruktur reagieren?
  5. Biallo-Tipp: Kostenlosen Newsletter abonnieren und exklusiven Premiumcode erhalten

Es ist eine Zwickmühle für Zinsanleger, die ihr Geld für fünf oder gar zehn Jahre anlegen wollen: Die Langfristanlage lohnt sich derzeit kaum gegenüber einem kurzfristigen Zeitraum. So zeigt der Biallo Festgeld-Vergleich: Wer sich mit seinem Kapital für ein Jahr bindet, erhält dafür bei Anbietern mit höchster Sicherheit bis zu 4,00 Prozent Zinsen. Bei fünf Jahren sind es 3,50 Prozent, bei zehn Jahren 3,25 Prozent (Stand: 24.4.2024). Sollen Anleger also den langen Zeitraum wählen? Oder doch nur für ein Jahr oder zwei Jahre anlegen?

Eine solche Situation, in der die langfristigen Zinsen in vielen Fällen unter den kurzfristigen liegen, nennt man inverse – also umgekehrte – Zinsstruktur. Sie tritt in der Wirtschaft vergleichsweise selten auf. Wir erklären Ihnen, wie eine inverse Zinsstruktur zustande kommt und welche Bedeutung sie für die Wirtschaft hat. Außerdem geben wir Ihnen Tipps, wie Sie sich als Anleger in einer solchen Situation verhalten können.

 

Was ist eine inverse Zinsstruktur?

Eine inverse Zinsstruktur können Anleger derzeit etwa bei den Festgeldzinsen unterschiedlicher Laufzeiten beobachten. In erster Linie bezieht sich der Begriff jedoch auf die Renditen festverzinslicher Wertpapiere, wie etwa Bundesanleihen. Dort spricht man von einer inversen Zinsstrukturkurve, wenn Anleihen mit kurzer Restlaufzeit eine höhere Rendite aufweisen als Papiere, die länger laufen. Beispiele dafür zeigt die Tabelle: So rentieren US-Staatsanleihen – die sogenannten Treasuries – mit Restlaufzeiten von drei Monaten bis einem Jahr mit mehr als fünf Prozent (Stand 24.4.2024). Ein US-Bond, der noch fünf oder zehn Jahre läuft, bringt Anlegern dagegen deutlich weniger Rendite ein.

 

Je länger die Laufzeit – desto geringer die Rendite

Restlaufzeit

Renditen US-Staatsanleihen

Renditen Bundeswertpapiere

3 Monate 

5,43 %

3,65 %

6 Monate

5,38 %

3,59 %

1 Jahr

5,19 %

3,38 %

2 Jahre

4,94 %

3,00 %

3 Jahre

4,80 %

2,71 %

5 Jahre 

4,66 %

2,53 %

10 Jahre

4,63 %

2,52 %

Stand 24.04.2024; Quelle: Investing.com

Ein ähnliches Bild zeigt sich bei Bundesanleihen: Auch dort wird die umgekehrte Zinsstruktur offensichtlich. So rentieren die Bundesanleihen mit einer (Rest-) Laufzeit von zehn Jahren um etwa einen halben Prozentpunkt niedriger als zweijährige Bundeswertpapiere.

Der Vergleich zwischen der Rendite zehnjähriger und zweijähriger Anleihen gilt Experten als wichtigster Indikator für eine inverse Zinsstruktur: Die Differenz – also der sogenannte Spread – zwischen der zehnjährigen und der zweijährigen Anleihe muss negativ sein. Im Beispiel beträgt sie bei den US-Anleihen minus 0,31 Prozentpunkte (4,63 minus 4,94), bei den Bundesanleihen sind es minus 0,48 Prozentpunkte (2,52 minus 3,00). Diese Abstände sind seit Anfang des Jahres in etwa gleich geblieben.

 

Was ist die Ursache für eine inverse Zinsstruktur?

Eine inverse Zinsstruktur ist in einer Volkswirtschaft die Ausnahme. Normalerweise sieht die Zinswelt so aus: Für kurzfristige Anlagen erhalten Investorinnen und Investoren einen niedrigeren Zinssatz als für sogenannte Langläufer. Der Zinssatz steigt, je länger Anleger ihr Geld einem Staat, einem Unternehmen oder einer Bank zur Verfügung stellen.

Eine Erklärung für diesen Zusammenhang liefert die sogenannte Liquiditätspräferenz der Anleger. Der Begriff geht auf den britischen Ökonomen John Maynard Keynes (1883 – 1946) zurück. Seiner Auffassung nach haben Investoren ihr Geld am liebsten flüssig („liquide“). Sie verlangen deshalb für längere Anlagezeiträume höhere Prämien. Denn solche langen Zeiträume bergen Risiken. So kann etwa die Inflation auf lange Sicht steigen oder ein Schuldner in Zahlungsschwierigkeiten kommen. Außerdem weisen Papiere mit längeren Laufzeiten eine höhere Volatilität auf als kurzfristige Papiere. Der höhere Zins soll diese Risiken abdecken.

Wann aber kehrt sich die normale Zinsstruktur um? Das kann der Fall sein, wenn die Notenbanken durch eine Erhöhung der Leitzinsen das kurzfristige Zinsniveau in der Wirtschaft nach oben treiben. Das war im vergangenen Jahr in Europa und den USA der Fall. Grund dafür war die anhaltend hohe Inflation. Die Teuerung ist zuletzt jedoch deutlich zurückgegangen. Die Notenbanken legten deshalb zuletzt eine Zinspause ein. Experten rechnen nun ab Juni 2024 mit einem Zinsrückgang in Europa. Denn hohe Zinsen bremsen nicht nur die Teuerung, sondern auch das Wirtschaftswachstum. 

Langfristig erwarten die Anleger daher wieder sinkende Zinsen. Sie stecken vermehrt Geld in langlaufende Zinspapiere, um sich das jetzige Zinsniveau längerfristig zu sichern. Das lässt die Renditen der langlaufenden Papiere sinken. So haben die jüngsten Äußerungen der Europäischen Zentralbank (EZB) die Erwartung der Anleger auf sinkende Zinsen ab Juni 2024 geschürt. Die Renditen deutscher Staatsanleihen sind daher seit Jahresanfang zurückgegangen. Wie sich der Zinskupon, die Laufzeit und der Kurs von Anleihen auf die Rendite auswirken, erklären wir in einem weiteren Ratgeber.

Das Anheben der Leitzinsen durch die Notenbanken kann also die Zinsstruktur umkehren, wenn die Anleger langfristig eine Abschwächung der Wirtschaft erwarten – und damit sinkende Zinsen. Eine inverse Zinsstrukturkurve gilt daher oft auch als Vorbote einer Rezession in der Wirtschaft.

 

Was bedeutet die inverse Zinsstruktur für Tages- und Festgeld-Angebote?

Eine umgekehrte Zinsstruktur bedeutet für Anleger, dass sie längerfristig mit sinkenden Zinsen rechnen müssen. Wann genau jedoch diese Zinswende eintreten wird und sich die Zinsstruktur wieder normalisiert, ist meist schwer vorherzusagen. Eine Auflösung der Inversion setzt in der Regel dann ein, wenn die Notenbanken beginnen, die Leitzinsen zu senken. Dann fallen statistisch gesehen auch die Renditen bei kurzen Laufzeiten stärker als bei langen Laufzeiten, bis wieder normale Verhältnisse eingetreten sind. 

Die Mehrheit der Experten geht derzeit davon aus, dass die Zinspause der EZB im Juni 2024 endet und die Notenbank dann erstmals die Zinsen wieder senkt. In den USA dagegen dürfte sich die Zinssenkung noch etwas nach hinten verschieben. Dort ist die Inflation zuletzt wieder gestiegen.

Die Festgeldzinsen weisen bislang bei kürzeren Laufzeiten – etwa von einem Jahr – oft noch immer höhere Werte auf als bei längeren. Die Tabelle unten zeigt aber auch: Die Zinsstruktur bewegt sich zum Teil bereits wieder in Richtung Normalisierung. Ein Beispiel dafür sind die Festgeldzinsen der estnischen Bigbank*: Dort weisen die Laufzeiten von sechs Monaten bis drei Jahre denselben Zins auf. 

Bei Anbietern wie der schwedischen Klarna, der italienischen CA Auto Bank* oder der tschechischen J&T Direktbank* ist die Zinsstruktur ab einem Jahr dagegen noch invers. Der Abstand allerdings zwischen den kürzeren und den längeren Laufzeiten ist bei den meisten Anbietern seit Jahresanfang geschrumpft. Und: Im Vergleich zum Jahresanfang sind die Festgeldzinsen bei fast allen Laufzeiten zurückgegangen. Das spiegelt die Erwartung auf sinkende Zinsen auch in näherer Zukunft wider.

Das bringt Festgeld mit unterschiedlichen Laufzeiten

Laufzeit

Bigbank*

Klarna

CA Auto Bank*

Credit Plus*

J&T Direktbank*

6 Monate

3,60 %

3,38 %

2,90 %

3,42 %

k.A.

1 Jahr

3,60 %

3,56 %

3,40 %

3,20 %

3,50 %

2 Jahre

3,60 %

3,48 %

3,20 %

3,25 %

3,40%

3 Jahre

3,60 %

3,44 %

2,90 %

3,15 %

3,00 %

4 Jahre

3,50 %

3,37 %

2,90 %¹

3,10 %

3,00 %

5 Jahre

3,30 %

k.A.

k.A.

3,00 %

2,90 %

10 Jahre

3,30 %

k.A.

k.A.

k.A.

k.A.

Anbieter mit mindestens guter Sicherheit; ¹mit einer Frist von 32 Tagen kündibar; k.A. – kein Angebot/keine Angabe; Stand 24.4.2024, Quelle: Biallo-Recherche, Internetseiten der Anbieter

 

Wie sollten Zinssparer auf die inverse Zinsstruktur reagieren?

Für Festgeldanleger ist die Situation derzeit knifflig. Den höchsten Zins bieten die Banken häufig bei einer Laufzeit von einem Jahr. Das zeigt auch die Tabelle oben – mit Ausnahme der Creditplus*. Wer derzeit auf einjähriges Festgeld setzt, geht allerdings das Risiko ein, dass am Ende der Laufzeit die Zinsen bereits gesunken sind und die Wiederanlage deswegen weniger Rendite bringt. 

Kürzere Laufzeiten beim Festgeld sollten Anleger daher dann wählen, wenn der Anlagezeitraum auch zu ihren Bedürfnissen passt. Wer das Geld etwa im Frühjahr des nächsten Jahres wieder flüssig braucht, für den ist das einjährige Festgeld jetzt eine sinnvolle Anlage. Ähnliches gilt für einen Zeitraum von zwei Jahren. 

Wer dagegen einen Teil seines Vermögens für einen längeren Zeitraum nicht benötigt, kann diesen Teil jetzt durchaus noch in langfristiges Festgeld stecken. Damit sichert man sich die noch immer ganz guten Zinsen für mehrere Jahre. Die besten Zinsen für fünf Jahre bieten derzeit Anbieter wie die Bigbank mit 3,30 Prozent, die niederländische Leaseplan Bank mit 3,35 Prozent oder die deutsche Pbb Direkt mit 3,50 Prozent. Sie verzinst den Zinsertrag sogar jeweils erneut, so dass ein Zinseszinseffekt entsteht. 

Für den Rest des Anlagebetrags empfiehlt sich ein gut verzinstes Tagesgeld. Damit bleiben Sie flexibel, sollten Sie einen Teil des Geldes kurzfristig benötigen. Gute Tagesgeldkonditionen für Neukunden bieten derzeit die die niederländische DHB Bank* mit 4,05 Prozent und die luxemburgische Advanzia Bank* mit 3,90 Prozent. Beide Institute garantieren den Zins für drei Monate. Danach fällt er auf 2,90 Prozent bei der DHB Bank und 2,10 Prozent bei der Advanzia Bank. Die spanische Openbank* sowie die Suresse Direkt Bank* garantieren Tagesgeld-Anlegern 3,80 Prozent für sechs Monate und zahlen danach 2,80 Prozent.

 

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Über den Redakteur Andreas Jalsovec

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Hat als Redakteur in mehreren (Wirtschafts-) Redaktionen gearbeitet – unter anderem beim Anlegermagazin Börse Online, bei der Münchner Abendzeitung, der Schwäbischen Zeitung und der Nachrichtenagentur epd. Der promovierte Ökonom schreibt vor allem über Anleger- und Verbraucherthemen. Vor seinem Wechsel zu Biallo.de war er für die Wirtschaftsredaktion der Süddeutschen Zeitung tätig.

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