Nun also doch: Die Bundesrepublik hat sich – nach anfänglichem Zögern – am Samstagabend mit ihren Verbündeten auf einen Ausschluss bestimmter russischer Finanzinstitute aus dem internationalen Zahlungskommunikationssystem SWIFT geeinigt. Von den Sanktionen ist auch die russische Zentralbank betroffen, die keine Transaktionen mehr mit den westlichen Finanzmärkten durchführen kann.
Die jüngsten Maßnahmen verunsichern auch hierzulande Anlegerinnen und Anleger, die ihr Geld bei den EU-Töchtern von russischen Banken wie VTB oder Sberbank angelegt haben. Die VTB Europe SE und Sberbank Europe AG haben als rechtlich eigenständige Gesellschaften ihren Hauptsitz in Frankfurt am Main beziehungsweise Wien und sind folglich den Finanzaufsichtsbehörden Bafin und FMA unterstellt. Im Entschädigungsfall greifen also die nationalen Einlagensicherungssysteme.
Sberbank Europe AG droht Zahlungsunfähigkeit
Die Europäische Zentralbank (EZB) warnte am Montag in einer Pressemitteilung davor, dass die Sberbank Europe AG und ihre beiden Töchter in Slowenien und Kroatien „ausfallen oder wahrscheinlich ausfallen“ werden. Grund sei eine Verschlechterung der Liquiditätslage. So sei es bei der Sberbank Europe AG und ihren Tochtergesellschaften „zu erheblichen Abflüssen von Einlagen infolge der geopolitischen Auswirkungen auf ihre Reputation“ gekommen. Die EZB geht davon aus, „dass die Bank in naher Zukunft wahrscheinlich nicht in der Lage sein wird, ihre Schulden oder sonstige Verbindlichkeiten bei Fälligkeit zu bedienen“.
Die Bafin informierte kurz darauf in einer Verbrauchermeldung, dass der einheitliche Abwicklungsausschuss (SRB) – befristet bis 1. März 2022, 23:59 Uhr – gegenüber der Sberbank Europe AG ein Veräußerungs- und Zahlungsverbot erlassen hat. Das sogenannte Moratorium wird von der österreichischen Finanzaufsicht umgesetzt. Demnach darf die Sberbank Europe AG aktuell kein Geld an ihre Kundinnen und Kunden auszahlen. Eine Ausnahme gelte für Einleger, die „zur Sicherung des nötigsten täglichen Bedarfs“ maximal 100 Euro pro Tag abheben dürfen.
Update vom 2. März 2022: Die Sberbank Europe AG hat ihren Betrieb mittlerweile eingestellt.
Hinweis: Wir haben bereits am Freitag auf die Gefahr von möglichen Schieflagen bei russischen Banken hingewiesen und sowohl die Sberbank als auch die VTB aus unseren Vergleichen genommen – nicht zuletzt auch, weil wir damit unsere Solidarität mit der Ukraine deutlich machen wollen.
Was ist mit dem Robo-Advisor der VTB Direktbank?
Bei der VTB Direktbank, einer Zweigniederlassung der VTB Bank (Europe) SE, scheint die Lage im Moment etwas anders gestrickt zu sein als bei der Sberbank Europe AG. Von Seiten der EZB und Bafin jedenfalls gibt es bislang keine Warnmeldungen. „Aktuell richten sich die im Rahmen der jüngsten Ereignisse ausgesprochenen Sanktionen ausschließlich gegen Banken, die entweder das russische Militär oder deren Operationen in den vom Konflikt betroffenen Territorien unterstützen – die VTB Bank Europe SE gehört nicht dazu“, informiert die VTB Direktbank auf ihrer Seite.
Dennoch erhalten wir im Moment gehäuft Anfragen von Leserinnen und Lesern, die Geld bei „VTB Invest“ angelegt haben, dem Robo-Advisor der VTB Direktbank. Sie machen sich Sorgen um ihr Geld. „Wir stehen aktuell in engem Kontakt zur Bank“, sagt Bafin-Sprecherin Dominika Kula gegenüber biallo.de. Aktuell nehme die VTB Bank (Europe) SE zwar keine Neukunden mehr an. Allerdings: „Bestandskunden, die nicht unter die Sanktionen fallen, können aktuell über ihre Guthaben im Rahmen der vertraglichen Vereinbarungen verfügen“, so Kula weiter.
Das bedeutet: Wenn Sie Ihr Depot bei VTB Invest kündigen oder Teilauszahlungen vornehmen wollen, sollte alles reibungslos funktionieren. Kündigungsfristen gibt es bei VTB Invest nicht. Allerdings kann es generell „bis zu fünf Arbeitstage oder mehr“ dauern, bis das Geld auf Ihrem Referenzkonto ist. Schließlich muss der Robo-Advisor die betreffenden Wertpapiere erst an der Börse verkaufen.